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Stimmen jüdischer Berlinerinnen und Berliner zum Holocaust-GedenktagMichael Müller hält an 365-Euro-Ticket festDatenklau im Kammergericht bestätigt

nie wieder.

Heute vor 75 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit und den menschenverachtenden Gräueltaten der Deutschen an diesem Ort ein Ende gesetzt. 1,1 Millionen Menschen brachten die Nazis hier um: vor allem Juden, aber auch Roma, Kriegsgefangene und Homosexuelle. Sie nahmen ihnen ihre Habseligkeiten, ihre Würde und letztlich das Leben.

Er wünschte, wir Deutsche hätten für immer aus der Geschichte gelernt, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am vergangenen Donnerstag in der Gedenkstätte Yad Vashem. „Aber das kann ich nicht sagen, wenn Hass und Hetze sich ausbreiten. Das kann ich nicht sagen, wenn jüdische Kinder auf dem Schulhof bespuckt werden. Das kann ich nicht sagen, wenn unter dem Deckmantel angeblicher Kritik an israelischer Politik kruder Antisemitismus hervorbricht. Das kann ich nicht sagen, wenn nur eine schwere Holztür verhindert, dass ein Rechtsterrorist an Jom Kippur in einer Synagoge in Halle ein Blutbad anrichtet.“

Wir alle sollten uns das bewusst machen. Gegen das Vergessen. Gegen die Wiederkehr. Den Holocaust-Gedenktag haben wir zum Anlass genommen und Berlinerinnen und Berliner jüdischen Glaubens um einen Satz gebeten – über jüdisches Leben in Berlin heute, über Wünsche, Hoffnungen und Ängste. Für einen Blick auf Gegenwart und Zukunft. 40 Antworten.

Eric Adamson (28): „In Berlin jüdisch zu sein, bedeutet für mich, selbstbewusst in der Stadt zu leben, aus der mein Großvater einst fliehen musste und gleichzeitig die Befürchtung zu haben, diese Stadt eines Tages auch verlassen zu müssen.“

Elio Adler (49, Vorstandsvorsitzender WerteInitiative e.V.): „Aus der Geschichte lernen gilt auch für uns Juden; ‚Nie wieder‘ reicht als Basis nicht mehr – wir müssen uns unüberhörbar einbringen, ‚wofür‘ diese Gesellschaft stehen soll.“

Debora Antmann (30): „Geographisch liegt Berlin irgendwo zwischen Empowerment und Schmerz: Während unsere eigenen jüdischen Stimmen, die starken, kämpferischen und widerständigen immer lauter werden, werden es auch die von rechts und verschieben dabei die Grenzen des Sagbaren unter unsere Haut.“

Mark Belkin (19, studiert aktuell in Münster): „Ich fühle mich wohl in Münster mit seiner einen Synagoge, schwärme aber gelegentlich von den vielen in Berlin.“

Oliver Bradley (54, European Jewish Association und Europe Israel Press Association): „Ich wünsche mir nicht nur, dass Opfer und deren Freunde eine unverhandelbare Nulltoleranz gegenüber in- und ausländischen Hasspredigern, Rassisten und deren Apologeten erbringen, sondern auch zusätzliche Milliardeninvestitionen in die Erweiterung und Befestigung von zuvor erfolgreich nachgewiesenen Bildungs- und Sozialprojekten, die endlich zum nachhaltigen Abbau von strukturelle Vorurteilen führen können.“

Mike Delberg (30): „Ich bin 100 Prozent jüdisch und 100 Prozent deutsch. Meine Kippa trage ich mit Stolz – jeden Tag und überall.“

Daniel Donskoy (30, Schauspieler): „Ich sage nicht, dass Berlin kein Antisemitismus-Problem hat, aber glücklicherweise überwiegt in der deutschen Hauptstadt noch der Gedanke der Freiheit. Hoffenlich bleibt das so.“

Yorai Feinberg (38, Restaurantbesitzer): „Ich wünsche mir, dass die Menschen in diesem Land mich aufgrund meines Verhaltens lieben oder hassen und nicht wegen meiner Herkunft.“

Ruben Gerczikow (23, Vorstandsmitglied der Jüdischen Studierendenunion Deutschland): „Ich würde mir einen konsequenteren Kampf gegen JEDE Form von Antisemitismus wünschen.“

Juna Grossmann (43, Bloggerin): „Wir haben gerade in Berlin das Glück eines vielfältigen jüdischen Lebens auch außerhalb der Gemeindestrukturen, dennoch sind wir von einer Normalität auch 2020 noch sehr weit entfernt, vielleicht weiter als vor 20 Jahren.“

Michael Groys (28): „Das Geheimnis der Erinnerung heißt Erlösung – dafür steht der Holocaustgedenktag.“

Walter Homolka (55, Rabbiner  und Hochschullehrer): „Aus der unermesslichen Schande Deutschlands ist ein demokratisches Gemeinwesen erstanden, das unser aller Respekt verdient und die Bereitschaft, es gegen heutige Feinde zu verteidigen.“

Jeremy Issacharoff (65, Botschafter Israels in Deutschland): „Jüdisch in Berlin leben heißt, jeden Tag Zeitreisender zwischen der Gegenwart und der schrecklichen Vergangenheit zu sein und dabei zu hoffen, dass die Vergangenheit nie wieder unsere Zukunft in so verheerender Weise beeinträchtigen wird.“

Liliana Jendroska (25): „Als progressive Jüdin wünsche ich mir mehr Sichtbarkeit und Förderung von liberalem jüdischen Leben in Berlin und ein Bewusstsein der nicht jüdischen Mehrheitsgesellschaft über die Vielfältigkeit jüdischer Menschen und Lebensweisen in Deutschland und der Welt.“

Anetta Kahane (65, Autorin): „In Berlin zu leben macht mich froh und oft todunglücklich. Das hängt nicht vom Wetter ab, sondern davon, wie sehr ich gerade die Juden dieser Stadt vermisse. Mal nebenbei, mal heftig aber immer tut es furchtbar weh. Wir waren mal so viele mehr.“

Leonard Kaminski (32): „Ich liebe mein jüdisches Leben in Berlin, weil mir nichts fehlt und ich mich verwirklichen kann, wie ich es möchte – aber ich frage mich schon länger: Wie lange noch?“

Maikel Kletsel (25): „In Berlin offen als Jude leben bedeutet leider auch in Gefahr leben, was mich tief traurig macht.“

Sigmount Königsberg (Vorstand Jüdische Gemeinde Berlin): „Imagine all the people/ Living life in peace /(…)/And the world will be as one.“

Michael Levin (18): „Das Judentum in Berlin ist eine aufblühende Community bestehend aus Juden mit verschiedenen Herkünften, Sprachen und Wertvorstellungen.“

Sergey Lagodinsky (44, Grüne): „Juden leben in Deutschland nicht, damit diese Gesellschaft sich dadurch besser fühlt – sie sind kein Ersatz für die Ermordeten und keine Projektion der gesellschaftlichen Erinnerung, sondern ein selbstverständlicher Bestandteil unserer Gesellschaft.“

Lea Levy-Lambert (27): „Es herrscht noch so viel Unwissen über den Holocaust und das Judentum: Als ich Kollegen und Freunden von meinem Besuch im Haus der Wannsee-Konferenz erzählte, wussten viele gar nicht, was das ist.“

Armin Langer (29, Koordinator Salaam-Schalom Initiative): „In keiner Stadt auf der Welt außerhalb von Israel wächst die jüdische Bevölkerung dermaßen wie in Berlin – darin liegen große Chancen für die Zukunft, die wir nicht vertun dürfen.“

Myriam: „Ich wünschte, die Bedeutung des Judentums als Ursprungsreligion für die anderen abrahamitischen Religionen würde mehr gewürdigt werden und wir würden durch die vielen Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten eine Verbundenheit miteinander erkennen.“

Nina Peretz (37, Freunde der Synagoge Fraenkelufer) „Ein Haus für die jüdische Gemeinschaft Berlins in all ihrer Vielfalt zu bauen, bedeutet: Wir sind hier, um zu bleiben.“

Monty Ott (Vorsitzender Keshet Deutschland e.V.): „Jüdischsein in Deutschland steckt voller Widersprüche und das ist wundervoll; ich wünsche mir, dass jüdisches Leben nicht nur auf bestimmte, gängige Vorstellungen verengt, sondern in seiner Vielfältigkeit wahrgenommen wird.“

Shlomit Tripp (49): „Jüdisches Leben in Berlin heute, bedeutet ‚Hummus for Peace‘ essen, ‚Pride-Schabbat‘ feiern und zu Chanukka mit tausend Menschen am Brandenburger Tor frieren.“

Liam Rickertsen (Rabbiner): „Dass junge Deutsche es auf sich nehmen, ein freiwilliges Jahr in der Gedenkstätte Auschwitz zu verbringen, um Besuchergruppen deutscher Jugendlicher zu informieren und zu führen, macht mir Hoffnung, dass es nach über 75 Jahren doch irgendwann möglich wird, dass jüdisches Leben in Deutschland wieder selbstverständlich sein wird und unsere Einrichtungen nicht permanent durch Polizeipräsenz und Sicherheitsdienste geschützt werden müssen.“

Patricia Romanowsky (31): „Ich wünsche mir weniger von dem mulmigen Gefühl, wenn ich mit kippatragenden Freunden unterwegs bin und dafür mehr Momente wie den mit meinem türkischstämmigen Taxifahrer Mustafa – als ich von einem jüdischen Event kam und davon erzählte, meinte er nur: Es ist egal, welche Religion wir haben, wir sind alle Menschen.“

Yoram Roth (51): „Unsere Geschichte ist lang, ich bin dankbar, dass mein Vater Rafael als einer der Initiatoren des Jüdischen Museum in Berlin helfen konnte, die ganze Story zu erzählen.“

Ben Salomo (43, Rapper): „Ich würde mir wünschen, dass ich diese ritualisierten ‚Nie wieder‘-Bekundungen vieler deutscher Politiker endlich ernst nehmen könnte, doch das schaffe ich leider nicht, wenn ich mitansehen muss, wie sie islamistischen Regimen, die den Holocaust leugnen, so partnerschaftlich gegenüberstehen. Ich würde mir wünschen, dass die Berichterstattung zum Israel-Palästina-Konflikt endlich ausgeglichen gehandhabt wird – und dass die Geschichte des Holocausts und der Gründung Israels der neuen Generation ehrlich und lückenlos vermittelt werden.“

Sarah Serebrinski (41, Geschäftsführerin Rabbinerseminar zu Berlin): „Bei all der berechtigten Wut über den ‚wiederaufkeimenden’ Antisemitismus in Deutschland, schaue ich auch hoffnungsvoll auf die positive Entwicklung jüdischen Lebens in Deutschland, mit immer mehr jüdischen Gemeinden, einem diversen Judentum, Rabbinerausbildungen, Kulturschaffenden und einer aktiven Jugend – wir sind hier um zu bleiben.“

Shahak Shapira (31, Künstler): „Mein Wunsch ist, von dem eintönigen Interesse der Presse für Juden, das nur im Zusammenhang mit Antisemitismus stattfindet und Menschen jüdischer Herkunft ausschließlich als Opfer darstellst, verschont zu werden. Unsere Gesellschaft muss sich endlich anderen Kulturen aufrichtig öffnen, um voranzukommen.“

Anja Siegemund (53, Direktorin Stiftung Neue Synagoge Berlin): „Viel Neugier auf und Lernen-Wollen über Judentümer, jüdische Geschichte und Kultur, und zwar als integraler Bestandteil der Gesellschaft, und damit gleichzeitig das Aufbrechen von Zuschreibungen, was ‚das Eigene‘ und was ‚das Andere‘ ist – das wünsche ich mir.

Allegra Silbiger (48): „Vor 20 Jahren bin ich mit vorsichtigem Optimismus in die Stadt gezogen, aus der meine Großeltern 1933 geflohen sind, und nun frage ich mich fast täglich, ob ich den Moment rechtzeitig erkennen werde, in dem ich mit meinen Kindern weg muss.“

Hermann Simon (72, Gründungsdirektor Centrum Judaicum): „Die Vielfalt jüdischen Lebens in Berlin ist gleichermaßen unerwartet wie erfreulich.“

Anna Staroselski (23, stllv. Vorsitzende Jüdische Studierendenunion Deutschland): „Aus der Geschichte zu lernen, bedeutet Verantwortung zu übernehmen und die Zukunft zu gestalten – ich sehne mich nach einer differenzierten Debattenkultur und einem gesunden gesellschaftspolitischen Klima. Schluss mit Hass und Ausgrenzung!“

Yehuda Teichtal (48, Rabbiner): „75 Jahre nach Auschwitz wird die Lehre der Vergangenheit der Gegenwart in Deutschland als Lehre stehen, damit wir zu einem positiven Miteinander, der Stärkung des jüdischen Lebens und der Völkerverständigung aller Menschen beitragen.“

Fabian Wolff (30): „Berlin ist dann am besten, wenn sich hier kurz erahnen lässt, wie schön und kompliziert jüdisches Leben in Brooklyn, der Upper West Side, in Tel Aviv oder in London sein muss.“

Michael Wolffsohn (72, Historiker): „Ich wünsche mir, dass Politik, Polizei, Publizistik und das ‚Publikum‘, also alle, dafür sorgen, dass die diversen Nahostkonflikte, wenn überhaupt, dort stattfinden und Berlin nicht weiter eine der Nebenfronten ist.“

Michael Wuliger (68, Publizist): „Wir bewegen uns mittlerweile in Deutschland – und auch hier in Berlin – auf sehr dünnem Eis; ich weiß nicht, wie lange es noch trägt.“

Mehr Beiträge zum Holocaust-Gedenktag finden Sie unter: www.tagesspiegel.de/themen/nie-wieder.

Berliner Schnuppen

von Naomi Fearn

Die <strong>Berliner Schnuppen</strong> in voller Länge gibt’s täglich mit dem<strong> Checkpoint-Abo</strong> – <a href="https://checkpoint.tagesspiegel.de/"><strong>hier</strong></a> geht’s zur Anmeldung.

Telegramm

„Hallo, ihr Lieben!“ – mit diesen Worten stattete Familienministerin Franziska Giffey der Berliner SPD-Fraktion am Wochenende in Nürnberg einen Spontanbesuch ab. Weil sie sowieso gerade in der Gegend war. Und weil so ein Besuch ja sicher nicht schaden kann. Der Vorstand der Berliner Sozialdemokraten wird im Mai neu gewählt. Über die Spitzenkandidatur wird voraussichtlich im Frühjahr 2021 entschieden. Geordnet ist aktuell nichts. „Wir warten, dass sie bald was sagt“, meinte eine Genossin vor Ort. Bis dahin hätte Michael Müller zumindest noch das erste Wort.

Allen Warnungen zum Trotz will der Regierende es unbedingt: das 365-Euro-Ticket. Eine entsprechende Resolution („sozialer Klimaschutz“) hat die SPD-Fraktion am Samstagabend beschlossen. Jährlich 160 Millionen Euro soll den Senat das Vorhaben kosten. Eine Summe, die potentielle Wählerstimmen aufwiegen: 2020 sei „ein Jahr der Chancen, in dem wir wichtige Themen kommunizieren können – und das müssen wir nutzen“, sagte Müller. 2021 wartet die Wahl.

Zwei Jahre sind es noch… Und schon jetzt wirkt die rot-rot-grüne Koalition wie eines dieser Ehepaare, das seine besten Tage längst gezählt hat und allein deshalb zusammenbleibt, weil es an Alternativen mangelt. Da wird vorgeworfen und gekämpft und alle schauen zu. Zum Beispiel auf Twitter. Wer sich selbst ein Bild machen will: Staatssekretär vs. Bezirksbürgermeisterin vs. Landtagsabgeordneter vs. Senatskanzleichef vs. Senatsverwaltung für Verkehr – hier.

„Die Unfallmeldungen der Polizei klingen oft wie aus der Perspektive des verständnisvollen Beifahrers geschrieben“, hieß es am Samstag im Checkpoint. „In der vergangenen Nacht verletzte sich ein Fußgänger bei einem Verkehrsunfall in Neukölln“, heißt es in einer polizeilichen Pressemitteilung am Sonntag. Was wirklich passiert ist, erfährt, wer weiter- und Details liest: Ein Polizeieinsatzfahrzeug hat einen 19-Jährigen angefahren.

Nach dem tödlichen Schuss eines Polizeibeamten auf eine Frau in Friedrichshain haben sich am Samstagabend rund 50 Menschen zu einer unangemeldeten Demonstration versammelt. „Rest in Peace Maria“, schrieben sie auf die Fahrbahn und „Polizei = Mörder“. Die Verstorbene soll zur Antifa gehört haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt – standardmäßig – wegen vorsätzlicher Tötung.

Verdacht bestätigt: Nach dem Virenbefall des Kammergerichts sind –entgegen anders lautender Aussagen u.a. von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) – Daten abgeflossen. Bleibt zu hoffen, dass nicht in schmutzige Hände.

Verdacht nicht bestätigt: Die Frau, die sich im Klinikum Mitte in einem Isolierzimmer befindet, ist nicht am Coronavirus erkrankt. Grundsätzlich rät die Senatsgesundheitsverwaltung Berlinerinnen und Berlinern: Händewaschen, nicht in die Hand niesen, Abstand halten, häufiges Lüften der Innenräume.

Linke Hure gegen rechte Zeitung – unter diesem Titel sammelt die Berliner Prostituierte Salomé Balthus derzeit 15.000 Franken, um juristisch gegen den Schweizer Journalisten Roman Zeller vorzugehen. Der buchte, nachdem seine Interviewanfrage abgelehnt worden war, ein Dinner-Date („angeblich, um in den Genuss meiner Dienstleistung zu kommen“) und verfasste daraufhin ein 3-seitiges Portrait – nie autorisierte Zitate inklusive.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand irrtümlich, Roger Köppel habe das Dinner-Date gebucht. Wir bitten, dieses Versehen zu entschuldigen.

„Tempelhof-Schöneberg wühlt im eigenen Müll“ – im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht wird exemplarisch der Restmüll bezirklicher Liegenschaften und Schulen analysiert. Erster Befund: zu viel Biomüll. (Q: Berliner Morgenpost).

Interessante These von Leser Manfred D. zur Müllproblematik in Neukölln: „Ich bin der Meinung, dass die Einheimischen nicht ihren Müll vor die Haustür ablegen. Die ständigen Berichte aller Medien über die Vermüllung Neuköllns lockt Müll-Touristen aus anderen Bezirken an. Da, wo schon etwas liegt, stelle ich meins dazu. Vielleicht sollte man mal ein halbes Jahr oder gar nicht mehr darüber berichten.“ Wir geben das mal so weiter.

„Den Personalausweis gibt’s bei Edeka“, schreibt die Berliner Morgenpost. Neben Backshop, Austernbar, Weinkeller und Kräutergarten will der Einzelhändler im Shopping Center an der Schloßstraße 1 in Steglitz ein mobiles Bürgeramt errichten. An einem Terminal sollen sich Kunden mit ihrem neuen Personalausweis anmelden und anschließend alle Leistungen des Bürgeramts in Anspruch nehmen können: „Fotos machen, den Reisepass verlängern, eine Parkvignette beantragen, den Wohnsitz anmelden.“ Mission impossible ist gestartet.

Berlin hat’s mal wieder in die New York Times geschafft. Der Grund: die Griessmühle. Ein Auszug: „Berlin is known for its freewheeling club scene, but in the last decade, that culture has come under increasing pressure from real estate investors and infrastructure projects. The situation is complicated by an acute housing shortage, and the city’s dramatic economic growth. (…) According to the Club Commission, a group dedicated to promoting and protecting Berlin’s night life, about 100 clubs have closed over the past decade, and about 25 venues are currently under threat. There’s even a German word for it, ‚clubsterben‘ or ‚club dying‘  that has entered the mainstream lexicon.

Falls Sie sich fragen, ob der Wedding schon da war: Am Wochenende wurden in einer öffentlichen Facebookgruppe 13 „totlangweilige Gemüsemuffins“ verschenkt, die bei einem Kindergeburtstag eher wenig gut ankamen. „Mais, Erbsen, Paprika und Käse.“ Dazu die Anmerkung der Schenkenden: „Mit Bier geht es ggf.“ Sonst wäre der Wedding auch schon wieder weg.

Kulinarisch weitaus hochwertiger geht’s zu, wenn „Checkpoint-Live“ am 24. Februar auf der eat!Berlin gastiert. Das Küchenteam des Hotel Adlon serviert im Tipi am Kanzleramt ein Vier-Gänge-Menü und wir kredenzen das passende Rahmenprogramm. Mit Gesprächsrunden, Musik, Spielen und mit – einen Gast dürfen wir schon verraten – Franziska Giffey (SPD). Wir sind gespannt, seien Sie es auch. Tickets und Informationen gibt’s hier.

Auf die Plätze, fertig, los! Die Checkpoint-Laufgruppe feiert ihr Comeback. Am 22. Februar geht’s los. Felix Hackenbruch ist wieder am Start. Und wir freuen uns sehr auf Altbekannte und Neumitmachende. Ort- und Zeit werden demnächst bekannt gegeben. Bis dahin gerne erste (unverbindliche) Anmeldungen und Streckenideen an checkpoint@tagesspiegel.de.

Eine traurige Meldung zum Schluss: Kobe Bryant ist tot. Die US-amerikanische Basketballlegende und seine 13-jährige Tochter kamen am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz in Texas ums Leben.

Außerdem im Checkpoint für AbonnentInnen:

+ Bezirksamt Mitte vs. „Nordkoreahostel“
: Heute entscheidet das Verwaltungsgericht über den Verbleib der Herberge.

+ Der ganz normale Wahnsinn: Wo man 1.125 Euro für ein WG-Zimmer hinblättern muss – und was man dafür bekommt.

+ Sex, Drugs und Rock’n’Roll – aber feministisch! Wohin Sie dafür heute Abend gehen können.

+ Wieder da: Für diese wahnwitzige Neuauflage in der Komischen Oper gibt es jetzt Karten!

+ Weiß auf weiß: Dieses groteske Kammerspiel sollten Sie in dieser Spielzeit nicht verpassen.

Unterstützen Sie guten Berlin-Journalismus mit einem Checkpoint-Abo (die ersten 30 Tage sind kostenlos). Zur Anmeldung.

BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

„Außerdem, das ist kein natürlicher Wald – er ist angepflanzt worden für die Papierherstellung & und nur ein kleiner Teil wird für die GF 4 verwendet.“

Nach Anwohnerprotesten verteidigt Tesla-Chef Elon Musk die Rohdung eines Kiefernwaldes – naja, zumindest versucht er es.

 

Tweet des Tages

Kampfszenen in Berlin-Mitte: Junger Tourist brezelt mit seinem EScooter mitten durch die Fußgänger am Ampel-Übergang. Aggressive Seniorin schubst ihn einfach um. Kann mich nicht entscheiden, wen von beiden ich gerade unsympathischer finde.

@markuswierz

Stadtleben

Essen & Trinken – Hell, bescheiden eingerichtet, aber gemütlich: Das Hom am Wildenbruchplatz 5 ist der Inbegriff eines Lesecafés. Der Nachwuchs findet hier in der Spielecke gleichaltrige Gesellschaft, während man in Ruhe bei einem Americano oder Chai Latte in dem Buch weiterschmökern kann, das man gerade liest, aber viel zu lange nicht mehr aufgemacht hat. Quasi nebenbei wird man von den vegetarischen und veganen Köstlichkeiten verwöhnt, die die sympathischen Betreiberinnen Hana, Maddie and Camilla in der Küche zaubern: Sei es „Brot mit Zeug“ (wer liebt es nicht?), Gemüsequiche oder die veganen Pancakes. Von den selbstgemachten Kuchen und üppigen Torten, die alles andere als vegan aussehen, es aber sind, ganz zu schweigen! Tägl. 10-18 Uhr, U-Bhf Rathaus Neukölln

Berliner Gesellschaft

GeburtstagUdo Böhlefeld (63), „Tot el millor! Feier schön! Robin und Anne“ / Nora von Collande (62), Schauspielerin und Autorin / Ulrich Deppendorf (70), Jurist und Fernsehjournalist, ehem. Leiter des ARD-Hauptstadtstudios (2007-15) / Gerhard Hanke (64), Stadtrat in Spandau (CDU) / Birgitt Heidinger (70), „der verschwiegensten Büroleiterin und allerbesten Kollegin ever alles Liebe zum 70. Karla und Peter“ / „Alfred Hürmer, Filmproduzent“ / Christa Markl-Vieto (69), ehem. Stadträtin in Steglitz-Zehlendorf (Grüne) / Maria Luise Meier / Hans Modrow (92), letzter Vorsitzende des Ministerrates der DDR / Eva Padberg (40), Model, Moderatorin und Schauspielerin / Vivienne Puttins (28), Schauspielerin / Joachim Raithel (65), „Vogtländer Berlinauskenner“ / Benjamin von Stuckrad-Barre (45), Schriftsteller und Journalist

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestorben Ingo Dann, * 17. März 1965 / Andreas Geist, * 25. Januar 1960 / Prof. Dr. Günter Mardus, * 27. September 1924, Gründungsmitglied der Technischen Fachhochschule Berlin, heute Beuth Hochschule / Eckehard Timm, * 13. Januar 1950, Studienrat i.R.

Stolperstein – Heute vor 76 Jahren wurde Jenny (Jeanette) Gelbstein (Jhg. 1865) von den Nazis in Theresienstadt ermordet, wohin sie am 17. März 1943 deportiert worden war. Sie lebte in der Michaelkirchstraße 5/6 in Mitte.

Gedenken – Anlässlich des Holocaustgedenktages finden heute berlinweit zahlreiche Veranstaltungen statt, die erinnern, mahnen, aufklären. Eine kleine Auswahl: In Steglitz-Zehlendorf haben die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt eine Kranzniederlegung am Mahnmal auf dem Gelände des ehemaligen Außenlagers des Konzentrationslagers Sachsenhausen (Wismarer Straße / Eugen-Kleine-Brücke) um 15.30 Uhr organisiert. Mit einem „Lightflashmob“ erinnern die Schüler und Schülerinnen der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule (u. a.) am Güterbahnhof Moabit an die über 32.000 Berliner Juden, die von dort aus in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden (17-19 Uhr). Am Abend präsentieren drei Autoren im Haus der Wannsee-Konferenz ein „Album aus Auschwitz“ (Beginn: 18.30 Uhr), und im Willy-Brandt-Haus wird Peter Lilienthals  Films „David“ von 1979 gezeigt (19 Uhr, Stresemannstraße 28). Im Anschluss wird es ein Gespräch mit dem Regisseur geben, der 1939 mit seiner Mutter vor den Nationalsozialisten nach Uruguay floh. Eine (nicht vollständige) Übersicht weiterer Gedenkveranstaltungen finden Sie hier. 

Encore

Eine Woche lang nur saisonal-regional ernähren – Kollege Hannes Schrader hat’s versucht. Alles was aus Berlin, Brandenburg und Polen kommt, war okay. Bedeutete vor allem: Weißkohl, Karotte, Steckrüben, rote und bunte Bete, Champignons, Wirsing – und Äpfel, die bereits monatelang eingelagert waren. Dazu Wurst vom glücklichen Brandenburger Schwein. Käse gab’s nicht – der Sommer war zu trocken. Die ganze Geschichte lesen sie hier (inklusive Crème-fraîche-Drama). Nachversuchen erwünscht!

Morgen serviert Ihnen Kollege Julius Betschka an dieser Stelle die heißesten News aus Berlin. Kommen Sie gut durch den Tag!

Ihre Ann-Kathrin Hipp

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