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Grüne an SPD: „Sagt nein zu Benzin und Beton“ Prominentester Wal-Berliner „Moby Dick“ kehrt zurück nach Tegel Neuköllner Restaurant wegen Kakerlaken geschlossen

von Stefan Jacobs
& Lotte Buschenhagen
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heute beginnen im Schöneberger Euref-Campus die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen, inklusive Pressetermine an passenden Orten: Auftakt vormittags vor der Schmiede, Statements fünf Stunden später in der Werkstatt. Mal schauen, was die sogenannte Dachgruppe für den Koalitionsvertrag zusammenschraubt. Details sollen ab Montag von 13 Fachgruppen ausgehandelt werden. Wegner, aktuell Vorsitzender einer zu 87 Prozent männlichen Fraktion, kündigte Gleichstellung als „ein wichtiges Thema“ an. Giffey beschrieb in der „Süddeutschen“ die von ihr proklamierte „Fortschrittskoalition“: Die müsse sich um die „Transformation der Stadt“ kümmern, auch um Klimapolitik und Integration. Und darum, „dass wir auch in Fragen wie Gleichstellung, Queerpolitik oder von sicheren Radwegen weiterkommen. Aber dafür müssen die Basics stimmen. Ordnung, Sicherheit, Sauberkeit.“ Klingt nach maximaler Schnittmenge.

Während Giffey sagt: „‘Seele verkaufen‘ klingt, als seien die Christdemokraten der Teufel“, konnte sich der Landesausschuss der Grünen am Dienstagabend auf die SPD als Teufel einigen. „Sagt nein zu Benzin und Beton“, beschwor Fraktionschef Werner Graf die Genoss/innen, die er in „babylonischer Gefangenschaft“ von Giffey wähnt. Grafs Co-Chefin soll die bisherige Senatorin Bettina Jarasch werden – anstelle von Silke Gebel, die für sie nach eigener Aussage „einen Schritt zur Seite“ macht. Bei den Linken wurden Anne Helm und Carsten Schatz als Fraktionsvorsitzende wiedergewählt. Im ersten Halbjahr 2024 soll der gesamte Fraktionsvorstand neu gewählt werden für die zweite Hälfte dieser kurzen Legislaturperiode.

Im großen Tagesspiegel-Interview zählt SPD-Fraktionschef Raed Saleh vor den Verhandlungen schon mal das Unverhandelbare auf (T+ sowie heute in Zeitung und E-Paper) – im Wesentlichen die Gebührenbefreiung für Kitas, Hort (bis 3. Klasse), Schulessen und Schülertickets. Auf der Friedrichstraße hätte Saleh gern eine „echte Flaniermeile“, bei der A100-Verlängerung durch Friedrichshain verweist er aufs Nein eines Parteitages, die Randbebauung des Tempelhofer Feldes sieht er kritisch. Wegner dagegen will sich dafür die Zustimmung per Volksabstimmung von oben holen. Der Bald-Bürgermeister ist sich sicher, dass es heute eine Mehrheit dafür gibt. Und was sagen Sie zur möglichen Wiederholung des Volksentscheides? Meinungen bitte an checkpoint@tagesspiegel.de.

Während sich das Spitzenpersonal der SPD schwertut mit Verzicht, passiert im Mittelbau Bemerkenswertes: „Wir müssen demütig anerkennen, dass ein Großteil der Bürger*innen uns nicht mehr als die führende politische Kraft in Berlin sieht“, schreibt der Fast-Abgeordnete Fabian Fischer in einem Brief an seine Partei. Er war durch ein Überhangmandat ins neue AGH eingezogen, während es für andere nicht mehr reichte. Deshalb gibt Fischer sein Mandat jetzt an den Neuköllner Marcel Hopp (SPD) ab: „Ich mache damit den Weg frei für einen sehr guten Freund und einen der besten Abgeordneten, die ich kenne“. Zugleich schwört er der SPD seine Treue: „Ich werde weiterhin unsere Abgeordneten Franziska, Derya und Marcel unterstützen.“

Zufällig direkt vor dem Frauentag lag in diesem Jahr der „Equal Pay Day“ – der rechnerische Termin im Jahr, bis zu dem Frauen unbezahlt gearbeitet haben. Immerhin beträgt die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in Berlin nur zehn Prozent (bundesweit: 18 Prozent) – bei starken Schwankungen in unterschiedlichen Altersgruppen. Heuchelnde Unternehmen, die zum Frauentag weichgespülte Inspirationsbilder posten, entlarvt übrigens der Gender-Pay-Gap-Bot auf Twitter: Der Account antwortet auf Firmenposts zum Frauentag mit der Lohnlücke im Unternehmen. Zum Beispiel bei der Unternehmensberatung „Shearman & Sterling“, die ankündigt, den Frauentag mit einer Diskussion zur Ungleichheit zu feiern – Kommentar des Bots: „In dieser Organisation ist das Einkommen von Frauen 52 Prozent geringer als das von Männern“. 

PS: Am 9.3.1959 wurde auf einer New Yorker Spielzeugmesse die erste Barbie präsentiert. Barbie wird also heute 64 und kann über den Ruhestand nachdenken (sofern Ken nicht auf ihrem Geld sitzt).

Am Dienstag haben wir hier über den zweieinhalb Meter tiefen „Aha-Graben“ berichtet, der in Kombination mit seitlichen Zäunen den Bundestag vor sog. besorgten Bürgern mit Krawallbedarf und schlecht gealterten Prinzen mit Umsturzphantasien schützen soll. Nun hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die CP-Anfrage zu Details beantwortet. Demnach gehört der Graben zum Neubau des Besucher- und Informationszentrums, das von 2025 bis 2029 entstehen soll. 192 Mio. Euro waren dafür 2021 avisiert, „Kosten für Projektrisiken und Baupreissteigerungen nicht enthalten“. Der „Aha-Graben“ (benannt nach dem gleichnamigen Effekt) sei „ein gängiges Gestaltungselement der Gartenbaukunst und wird aus der Ferne nicht wahrgenommen.“ Die Aussicht vom Platz der Republik aufs Gebäude werde also nicht verhunzt.

 

Telegramm

Wir blicken auf Russlands Terrorkrieg gegen die Ukraine: Die russische Söldnergruppe Wagner hat laut ihrem Chef Jewgeni Prigoschin den „östlichen Teil“ der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut eingenommen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte gestern vor einer bevorstehenden russischen Einnahme Bachmuts. Ex-FSB-Offizier Igor Girkin vermutet währenddessen auf Telegram, dass Russlands Winteroffensive trotzdem scheitern werde.

Alle aktuellen Ereignisse können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier.

Nach einjährigem Gastspiel in Treptow-Köpenick ist der prominenteste Wal-Berliner nach Tegel zurückgekehrt: Die Stern- und Kreisschifffahrt hat ihren Ausflugsdampfer „Moby Dick“ wieder an den alten Standort verlegt. Nicht wegen des Protests aus Reinickendorf (der Bürgermeister hatte sich dereinst per Brief beschwert), sondern weil die Reederei für die Tour über den Müggelsee wegen dessen überbordender Beliebtheit „für diese Saison ein größeres Schiff planen konnte“. Die Tourenplanung für den Wal, der im Mai übrigens 50 wird, stehe noch nicht fest, heißt es bei Stern & Kreis auf CP-Anfrage.

Das Bezirksamt Neukölln hat seine Social-Media-Kompetenz bewiesen: „Ekelalarm im indischen Restaurant“, verkündete das BA via Twitter. „Ein Gast hat am Donnerstag eine Kakerlake bei der Essenabholung entdeckt und unsere Lebensmittelkontrolle informiert. Die Kollegen haben gestern eine große Kakerlakenfamilie angetroffen. Und Mäusekot. Und Schimmel. Und das Restaurant geschlossen.“ Es folgte die altkluge Rückfrage eines Users: „Blattella germanica, Blatta orientalis oder Periplaneta americana?“ Die Replik des BA in Behördenlatein: „Exodus Ordnungsamtis“. Das Restaurant wurde nicht genannt, aber es ist ja nun eh zu.

Polizeipräsidentin und Innensenatorin präsentieren heute die neuen Motorräder, die die Abteilung Verkehr der Berliner Polizei bekommen hat, darunter erstmals vier vollelektrische. Summa summarum sehr erfreulich.

Eintreten zum Austreten! Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz meldet die Umrüstung von weiteren 50 öffentlichen Toiletten auf Gratisbetrieb: keine Karte, kein Klimpergeld, sondern einfach Knopf neben der Tür drücken. Insgesamt sind damit 100 Gratistoiletten in Betrieb, also rechnerisch alle neun Quadratkilometer eine. Die Standorte gibt’s zum Download auf der Verwaltungsseite, wahlweise als Excel-Tabelle oder als PDF. CP-Servicehinweis: Die Excel-Datei ist die kleinere, was Downloadzeit spart, wenn’s pressiert. Möge das Netz mit dir sein!

Fleischlastige Anfrage des FDP-Abgeordneten Felix Reifschneider: Der erkundigte sich nach den „Steakholdern“ beim Bauprojekt Pankower Tor und den Umzugsmodalitäten der streng geschützten Kreuzkröten. Die Prüfung der Ersatzflächen dauere an, schreibt der Senat. Unklar sei auch noch, wie groß die „Anzahl an Laichschnüren und Weibchen“ im neuen Gebiet sein müsste, damit die Umsiedlung als erfolgreich gelten darf. Aktueller Zwischenstand des gesamten Bauprojekts daher: „Ein Termin für den Abschluss kann nicht seriös benannt werden.“

Die Tierschutzorganisation Peta informiert: „Uns ist ein Fehler unterlaufen. Bitte ignorieren Sie unsere vorangegangene Pressemeldung. Das Bezirksveterinäramt Berlin-Mitte gehört nicht zu den Flops unseres Rankings. Wir bitten Sie, dies in Ihrer Berichterstattung zu berücksichtigen.“ Okay.

Die Hochschule für Wirtschaft und Recht hat eine Mitteilung zum Frauentag überschrieben mit: „Feminismus – Nichts tun, verlängert den Status Quo“. Nanu, fehlt da etwa ein Ausrufezeichen? Oder versuchen wir’s doch lieber ohne das Komma? Bei der Lösung des Rätsels hilft CP-Gastautor Wilhelm Tell: „Der brave Mann denkt an sich(,) selbst zuletzt.“

Die Bauverwaltung sucht ab sofort drei Tarifbeschäftigte „für städtebauliche Projekte von dringendem Gesamtinteresse in der Äußeren Stadt. Das Aufgabengebiet umfasst u.a. die „Koordinierung und Umsetzung schwieriger Bebauungsplanverfahren von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung bzw. im Gesamtinteresse Berlins“, Projektmanagement sowie „Durchführung von planungsrechtlichen Prozessen mit partizipativen Beteiligungsverfahren“. Sicher ein kurzweiliger Job dieser Zeit, in der das offizielle Gesamtinteresse Berlins gerade neu verhandelt wird.

Wen es eher ins urbane Bullerbü zieht als in die tiefen Baugruben der Peripherie, der oder die wird vielleicht beim BA Friedrichshain-Kreuzberg fündig. Das sucht „für die neue Organisationseinheit Klima und Internationales im Bereich der Bezirksbürgermeisterin“ eine/n Klimabeauftragte/n. Die Stelle ist (passend zum Thema) unbefristet und in Voll- oder Teilzeit möglich. Wobei für die Rettung der Welt selbst 39,4 Wochenstunden knapp scheinen.

Zitat

„Die Mietpreisrally in Berlin ist ein Ausreißer unter allen untersuchten Städten.“

Das Immobilienportal Immowelt in einer Mitteilung, derzufolge die Angebotsmieten von Bestandswohnungen in Berlin binnen drei Monaten um 27 Prozent auf durchschnittlich 12,55 Euro gestiegen sind. Nur München ist (bei geringerem Anstieg) noch deutlich teurer.

 

Tweet des Tages

Ein Berliner Winter entspricht sieben Menschenjahren.

@katjaberlin

Stadtleben

Essen & Trinken – Chicken-Schnitzel-Sandwich, vegetarisches Chakhokhbili (ein langsam geschmorter Eintopf mit Tomaten, Dill, geröstetem Fenchel und Kichererbsen), Pistazien-Rosenwasser-Kuchen ... Das Rocket & Basil sieht nicht nur gut aus, es riecht auch fantastisch. In dem Café mixen die Schwestern Sophie und Xenia persische Einflüsse mit Asien, Australien und, klar, Berlin. Unter der Woche gibt es Frühstück und Mittagessen, am Wochenende Brunch und Cocktails. Auf ihrer Homepage verraten sie sogar einige Rezepte, etwa das für den umwerfenden Kardamom-Orangen-Cheesecake. Di bis Fr 11.30-15 Uhr; Sa/So 10-16 Uhr, Lützowstraße 22, U-Bhf. Kurfürstenstraße

Berliner Gesellschaft

Geboren – „Lieber Enno (* 4.3.2023), wir wünschen dir kleinem Neu-Karlshorster das großartigste Leben! Wir haben dich lieb!“

GeburtstagEmma Bonino (75), italienische Politikerin, Außenministerin (2013-2014) / Katja Ebstein (78), Sängerin und Schauspielerin / Patrick Hausding (34), Wasserspringer / Corinna Kirchhoff (65), Theater- und Fernsehschauspielerin / „Orlando Körner, Orchesterwart der Komischen Oper, alles Liebe zum 60. von Birgit.“ / Giovanni di Lorenzo (64), Journalist und Autor / Mijajlo Marsenic (30), Handballspieler bei den Füchsen Berlin / Franz Xaver Ohnesorg (75), Musikmanager, Intendant der Berliner Philharmonie (2001-2003) / „Lieber Opi, ich möchte meinem ehemals besten Kollegen ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren, Polli“ / „Liebe Saskia, alles Gute zum Geburtstag, Deine Matterhörner“ / Walfriede Schmitt (80), Schauspielerin / Hans Stimmann (82), Architekt und Stadtplaner / Suga (Agust D, bürgerlich Min Yoon-gi) (30), südkoreanischer Musiker, BTS / Wolfgang Wieland (75), Jurist und Politiker (Grüne), Berliner Senator (2001-2002)

Nachträglich: „Karsten wird 70 Jahre alt. Für dein neues Lebensjahrzehnt alles erdenklich Liebe und Gute wünscht dir die Kleene“ / „Lieber Nicholas (‚Nikki‘), alles Liebe zu Deinem Geburtstag. Freue mich auf das nächste Bayernspiel mit Dir zusammen.“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Gundula Brühl, * 4. September 1932 / Lutz Faulring, verstorben am 16. Februar 2023, Berliner Wasserbetriebe / Dr. med. Andreas Johannes Angelo Fernandes, * 5. Juni 1959 / Prof. Dr. rer. pol. Klaus Dieter Harms, * 19. Juli 1940 / Maria Harms, * 1. August 1941 / Dr. Gerhard Hoffmann, * 18. Mai 1935, Nervenarzt, Psychotherapeut, Psychoanalytiker / Bernhard Kleber, * 17. März 1944 / Uwe Alfred Kurt Voß, * 21. Oktober 1932

Stolperstein Hedwig Markendorf (geb. Abramowitz) wurde am 25. April 1874 geboren. Sie lebte mit ihrem Mann Gustav und ihrer erwachsenen Tochter Else zusammen. Das Ehepaar wurde am 3. Oktober 1942 mit dem „3. Großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet, Hedwig Markendorf starb heute vor 80 Jahren. An sie erinnert ein Stolperstein in der Dahlmannstr. 24 in Charlottenburg.

Encore

Volkshochschulen sind so etwas wie die Alpenpanoramen der Berliner Bildungslandschaft: Maximale Anmut und Vielfalt, alles dabei vom Gletscherfloh bis zum Problembär. Ein Blick ins aktuelle Programm der Xhainer VHS bestätigt das einmal mehr: „Effektive Kommunikationswerkzeuge für agile Leader“ / „Bin ich hochsensibel?“ / „Träume und was sie uns sagen“ / „Dirty Tricks der Rhetorik“ / „Ab heute entspannter durch den Alltag“. Letzterer ist am Sonnabend – und natürlich AUSGEBUCHT, VERFLUCHT NOCH MAL!!

Ebenso agil wie entspannt recherchiert für diesen CP haben Thomas Lippold und Co-Autorin Lotte Buschenhagen. Das Stadtleben hat mit viel Gefühl Antje Scherer geschrieben, den Träumen entsagt für die Frühproduktion hat Lionel Kreglinger. Morgen serviert Ihnen hier Christian Latz rhetorisch saubere Nachrichten. Machen Sie’s gut!

Ihr Stefan Jacobs

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