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Bildungspolitiker sehen geplante Projekt-Kürzungen als „Schlag vor den Kopf“Berlin will neue Mitarbeiter mit Wohnungen ködernOttilie Klein soll neue Generalsekretärin der Hauptstadt-CDU werden

von Christian Latz
und Lotte Buschenhagen
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wir starten in den grauen Tag mit einem Leuchtturm, besser gesagt, einem Kultur- und Bildungsleuchtturm. Nichts anderes ist die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB). Nur an welchem Standort sie künftig leuchten soll, ist weiterhin umstritten. Auf den Vorstoß von Kultursenator Joe Chialo (CDU) reagierte man am Dienstag in der schwarz-roten Koalition eher verhalten:

+ „Im Haushalt ist das Thema nicht vorgesehen, das ist auch nicht verwunderlich. Das ist eine neue Projektidee, die jetzt zur Diskussion steht“, sagte ein eher einsilbiger Finanzsenator Stefan Evers (CDU).

+ „Der Vorschlag kommt in dieser Form sehr überraschend. Ich bezweifle, dass dieser Standort die beste Lösung ist“, erklärte Mathias Schulz, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Könnte auch daher rühren, dass nach Tagesspiegel-Informationen weder die SPD noch weite Teile der CDU von dem Plan gewusst haben sollen. Dabei arbeiten die ZLB und der Eigentümer des Quartiers 207, das Immobilienunternehmen Tishman Speyer Properties, im Hintergrund offenbar schon seit mehr als einem halben Jahr an der Idee, zuletzt tatkräftig unterstützt von Chialo. ZLB-Chef Volker Heller glaubt aber nicht, dass die anfängliche Geheimniskrämerei seinen neuen Wunschstandort noch stoppen könnte: „Es wäre schon eine scharfe Kehrtwendung, wenn dieses Vorhaben jetzt aufgrund von Befindlichkeiten blockiert würde.“ Apropos Kehrtwendung – auf der Visualisierung ihrer Vision macht die ZLB aus der Friedrichstraße: wieder eine Fußgängerzone.

Wir bleiben in Mitte und schauen an der Museumsinsel vorbei. Dort soll eine Freitreppe vor dem Humboldt-Forum zum Spreekanal führen. Irgendwann. Bislang wächst an der Uferbaustelle nur Gras. Das Einzige, was sich hier bewegt: der Ball, den sich Senat und Bezirk Mitte gegenseitig zuwerfen. Der Senat baut die Treppe erst dann, wenn der Bezirk erklärt, den fertigen Bau samt Aufzug danach zu unterhalten. Und kassierte dafür bislang nur Absagen.

Doch nun die Wende: Der Bezirk ist mittlerweile zum Betrieb bereit, sagt Verkehrsstadträtin Almut Neumann (Grüne) – allerdings nur, wenn die Finanzverwaltung dauerhaft die Kosten dafür trägt. Nur heißt es dort auf Checkpoint-Anfrage: „Ein Antrag des Bezirks Mitte über die Zuweisung der Unterhaltskosten liegt der Senatsverwaltung für Finanzen nicht vor.“ Für eine Entscheidung fehlten so „wesentliche Details“. Vorerst bleibt es also beim längsten Treppenwitz der Stadt.

Sie suchen eine Wohnung? Dann fangen Sie einen Job beim Land an! Um für Mitarbeiter attraktiver zu werden, zieht der Senat alle Register und will künftig wieder Beschäftigtenwohnungen anbieten, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Dienstag bei der Vorstellung vom „Personalentwicklungsprogramm 2030“. Was könnte 2023 in Berlin schließlich wertvoller sein als ein Dach über dem Kopf. Aber auch mit mehr Geld und einem flexibleren Laufbahnrecht will das Land neue Köpfe gewinnen. Nötig ist's allemal: Etwa 7000 Stellen im Landesdienst sind derzeit nicht besetzt.

Ausgerechnet bei Projekten zur Gewaltprävention und Demokratieförderung in Schulen will der Senat im neuen Doppelhaushalt sparen (CP von gestern), und überrumpelt damit die Bildungspolitiker aus den eigenen Reihen. „Das ist ein Schlag vor den Kopf“, sagte Sandra Khalatbari (CDU) dem Checkpoint. In den anstehenden Haushaltsberatungen werde man sich die Kürzungen „sehr genau anschauen“.

Erste Gelegenheit dazu gab es am Dienstag. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hatte die schwarz-roten Fachpolitiker zum Haushaltsgespräch geladen. Nun aber reden in Geldfragen nur noch die Parlamentarier. „Der Ball liegt ab jetzt ausschließlich beim Parlament“, so SPD-Bildungspolitiker Marcel Hopp. Dort sieht man Gesprächsbedarf. Schließlich, sagte Hopp, sei bei den Kürzungsvorschlägen „das letzte Wort noch nicht gesprochen“.

ÖPNV gegen Fußgänger und Radfahrer: Zu diesem Duell führt die Verlängerung der Tram nach Moabit. Wo Passanten bislang zwischen Rathaus Tiergarten und der Thusnelda-Allee die Turmstraße queren konnten, sind die beiden Überwege jetzt verschwunden. Wer hinüber will, muss nun hundert Meter Umweg gehen. Denn die BVG hat die Querungen nach den Gleisarbeiten nicht wieder hergestellt und stattdessen durch Absperrungen ersetzt – obwohl der Planfeststellungsbeschluss das Gegenteil vorsieht.

Ein Problem? Nicht aus Sicht der Senatsverkehrsverwaltung. Die Straßenverkehrsbehörde sehe „Sicherheitsrisiken“ beim Queren, weil die Tram an der Stelle kehre, heißt es auf Anfrage des Abgeordneten Taylan Kurt (Grüne). Also Barriere für immer? Nicht ganz. Wenn die Tram verlängert wird, kommt auch der Überweg zurück. Frühestens 2028.

Berlin wird seine Ratten nur mit viel Gift los. Allein Charlottenburg-Wilmersdorf hat 2022 mehr als 35.000 Euro für Köder ausgegeben (Q: AGH-Anfrage June Tomiak, Grüne). Blöd nur, dass das Gift immer wieder zwischen die falschen Zähne gelangt: Aus den letzten drei Jahren sind dem Senat dutzende Fälle versehentlich vergifteter Tiere bekannt, darunter 19 Füchse, 17 Waschbären und ein Dachs sowie drei mögliche Fälle bei Hunden und Katzen.

Grund genug, um ganz auf sanftere Mittel umzusteigen? Geht nicht, sagt der Senat: Laut Umweltbundesamt lasse sich eine „Häufung von Ratten meist nur mit Giftködern bekämpfen.“ Dem Senat sei zwar bekannt, dass im Ausland bereits Mittel zur Verringerung der Fruchtbarkeit von Ratten erprobt und zugelassen seien. Das sollen aber schön die anderen testen: „Eine Forschungsförderung ist derzeit nicht geplant.“

Telegramm

Unsere Analyse zum Unterrichtsausfall vom Tagesspiegel-Innolab stößt bei den Eltern der Hauptstadt auf großes Interesse (und Sorge!). Gerade in Marzahn-Hellersdorf sieht es katastrophal aus: An der Johann-Julius-Hecker-Schule lag die Ausfallquote bei 29 % der Schulstunden. Wer auch die Schule des eigenen Kindes checken möchte: Bitte hier entlang.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen Till Lindemann eingestellt. Laut den Ermittlern sei der Tatverdacht nicht hinreichend. Mögliche Vorwürfe hätten sich nicht konkretisieren lassen können. Zudem hätten sich mögliche Geschädigte bislang nicht an die Strafverfolgungsbehörden gewandt, sondern nur an Medien. Weitere Hintergründe lesen Sie hier.

Zur Nachfolge von Stefan Evers als Generalsekretär der Berliner CDU hält sich die Partei bislang offiziell bedeckt, auch wenn schon lange ein offenes Geheimnis ist, dass die Bundestagsabgeordnete aus Mitte, Ottilie Klein, künftig den Job machen soll. Am Mittwoch werden sie und Parteichef Kai Wegner es nun bei einem Pressetermin offiziell machen.

Ausstieg rechts: Der Berliner AfD-Abgeordnete Antonin Brousek hat die Partei und Fraktion im Abgeordnetenhaus verlassen. Brousek habe persönliche Gründe für seinen Parteiaustritt angegeben, hieß es am Dienstag aus Partei und Fraktion. Ob er sein Mandat im Parlament behält, blieb zunächst offen.

Kurz war er Deutschlands bekanntester Nicht-Radweg: Die unmittelbar vor Eröffnung gestoppte Radroute auf der Ollenhauerstraße in Reinickendorf. Dann erklärte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) am 17. Juli doch die „zeitnahe Freigabe“. Und sechs Wochen später? Ist der Radweg noch immer nicht eröffnet. Warum? Sind wir vorerst radlos.

Ekel-News aus Schöneberg: Im Ententeich im Rudolph-Wilde-Park sind am Montag dutzende tote Fische an die Oberfläche getrieben. Der Grund: Umweltpumpe und Belüftung waren kaputt. Dazu kamen Hitze und Besucher, die die Enten mit Brot gefüttert hatten – und der Teich ist umgekippt. Mittlerweile habe das Wasser durch eine mobile Belüftungsanlage wieder einen stabilen Zustand erreicht, schreibt das Bezirksamt auf Anfrage – rund 30 tote Tiere wurden bereits geborgen. Die Schrott-Pumpe sei weiterhin defekt, doch ein Ersatz sei beauftragt. Checkpoint-Aufruf an alle Parkbesucher: Essen Sie Ihre harten Schrippen gefälligst selbst.

Ab auf den Dachboden! Für eine Ausstellung sucht der Treptower Spreepark Erinnerungen, Fotos und Eintrittskarten des verfallenen Vergnügungsparks. Die will der Park nächsten Herbst im „Eierhäuschen“ auf dem Gelände präsentieren – Anekdoten und Memorabilia bitte an hello@spreepark-artspace.berlin.

In eigener Sache: Wer derzeit in Berlin Wohngeld beantragt, kann nur den Antrag abschicken und hoffen, dass das Geld die nächsten Monate noch reicht, ehe sich das Amt vielleicht mal meldet. Sind auch Sie dringend auf Wohngeld angewiesen, warten nun aber bereits Ewigkeiten auf Ihren Bescheid? Dann melden Sie sich bei uns unter checkpoint@tagesspiegel.de.

Wir unterbrechen für eine wichtige Eilmeldung: Happy Birthday, Pit und Paule! Die Panda-Zwillinge werden heute vier Jahre alt. Das feiert der Zoo ab 9 Uhr auf der Panda-Außenanlage samt „Geburtstagsüberraschung“. Heißer Checkpoint-Tipp: Es könnte sich um Bambus handeln. Allet Jute, ihr Kleenen.

Schönefeld macht den Abflug. Also, jetzt so richtig. Am Sonnabend feiern Gemeinde und Flughafengesellschaft den Abschied vom BER-Terminal Nr. 5: Ein letztes Mal steht der Flughafen Schönefeld dann für Besucher offen, bevor auf dem Gelände ein neues Stadtviertel entsteht. Schönefelds Bürgermeister Christian Hentschel freut sich zudem, das 20-jährige Bestehen der örtlichen Gemeinde zu feiern sowie – äh, „die langersehnte Eröffnung des BER“, heißt es in der Pressemitteilung. Viele hätten nie gedacht, dass der BER aufmacht, mancher glaubt eben noch immer nicht dran.

Zitat

„Meine Seele war im Krimimodus gefangen.“ 

Der Schauspieler Charly Hübner spricht im Tagesspiegel-Interview über seine Arbeit, Berlin und warum er heute trotzdem lieber in Hamburg lebt.

 

Tweet des Tages

ab jetzt zählen wir die tage bis zum ersten grünkohl die gute jahreszeit sie ist bald wieder da

@Bucksen

Stadtleben

Essen & Trinken – Die Anju Bar „Dotori“ fusioniert koreanische Tapas mit Naturwein und Craft Beer. „Anju“ steht dabei für die kleinen Happen, die zum Teilen auf den Tisch kommen. Darunter finden sich frittierte Pfannkuchen mit Kimchi oder traditionelles Gelee aus Eichelmehl vor. Das „Menü für Zwei“ umfasst die Favoriten der kleinen Speisen in zwei Gängen und von den Inhaber:innen Chi und Dax ausgewählt. Do-Sa 17.30-23 Uhr. Gustav-Adolf-Straße 159, Weißensee, Tramhaltestelle: Prenzlauer Allee/Ostseestraße

Kiekste

Jetzt, wo die Tage wieder grauer werden, kam dieser schillernde Sonnengruß vom Tegeler See genau richtig. Dank an Filip Kokeza! Mehr Berlin-Bilder gern an checkpoint@tagesspiegel.de!

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Unserer liebsten und tollen Enkeltochter Aurelia ganz viel Glück zum 6. Geburtstag und zum 1. Schultag (2.9.) die allerbesten Wünsche ♥️“ / Stefan Bollinger (69), Politikwissenschaftler und Historiker / „John Brown: Bei ,Wolken und Licht' im Barberini begehen wir deinen 78. Geburtstag nach 30 tollen gemeinsamen Jahren. Herzlichen Glückwunsch! Deine Ingrid“ / Barbara König (54), SPD-Politikerin / Siegfried Lorenz (78), Opernsänger, lernte an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin / „Geburtstagspost für die allerbeste Mamsi überhaupt! Für dich nur das Beste und alles, was du dir für die Zukunft wünscht. hdggggdl! S+F“ / Christoph Meyer (48), MdB (FDP) / „Herzlichen Glückwunsch zum 80. Geburtstag, lieber Golffreund Joachim Minkus“ / André Niklaus (42), ehem. Zehnkämpfer / Wolf Roth (79), Schauspieler, u.a. in zahlreichen deutschen Kriminal- und Fernsehserien / Elisa Schindler (25), Fußballspielerin (Abwehr) beim 1. FC Union Berlin / Helge Schneider (68), Unterhaltungskünstler, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller, im Oktober 2023 in Berlin / Marcus Weichert (48), CDU-Politiker und Geschäftsführer des Jobcenters in Dortmund / Viktor Worms (64), Journalist und Fernsehmoderator u.a. bei der ZDF-Musik-Show „Hitparade“ 1986 in Berlin

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Dr. Günter Hans Bernd Firnau, * 22. September 1939 / Monika Laube, geb. Thiele, * 31. Juli 1944 / Hanna Mindermann, * 2. Februar 1978 / Prof. Dr.-Ing. habil. Hermann Schlimme, * 21. Februar 1969

Stolperstein – Elsa Posner (geboren 1883 in Greifenhagen, Pommern) wohnte mit ihrem Bruder, Dr. Gustav Posner, und seiner Frau Margarete in der Sybelstraße 44 in Charlottenburg. Elsa blieb ledig und arbeitete, laut eigenen Angaben, als Haushaltshilfe bei Jenny Gerson-Gidsun. Nachdem ihr am 25. August 1942 das Formular der allen Juden abverlangten „Vermögenserklärung“ vorgelegt wurde, ahnte sie die nahende Deportation. Um sich dieser zu entziehen, beging sie im Alter von 58 Jahren, heute vor 81 Jahren, Suizid. Ebenso wie ihr Bruder und ihre Schwägerin.

Encore

Berlins Polit-PR hat einen neuen Lieblings-Stunt gefunden: Sport-Wettkämpfe! Am 16. September tritt die Lichtenberger Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne) in einem Lastenrad-Rennen gegen Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) an (13 Uhr, Verkehrsschule Baikalstraße). Am vergangenen Wochenende setzte Treptow-Köpenicks Bürgermeister Oliver Igel (SPD) die Segel bei der „Bürgermeisterregatta“. Und drüben aus Spandau schallt es: „Schlag den Bezirksbürgermeister“ – keine Aufforderung zur Gewalt an Frank Bewig (CDU), sondern zum Basketballspiel in der Freizeitsportanlage Südpark (10. September, 14 Uhr). Ihre Sportwetten bitte unter checkpoint@tagesspiegel.de abgeben.

Mit an Bord mit Recherchen war heute Thomas Lippold. Sophie Rosenfeld verausgabte sich fürs Stadtleben und im Frühdienst brachte Kathrin Maurer alles ins Ziel. Morgen steht für Sie hier Margarethe Gallersdörfer im Startblock. Machen Sie es gut!

Ihr Christian Latz

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