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Oberverwaltungsgericht bestätigt Flaggenverbot Senat kopiert Münchens „Weltstadt mit Herz“-Slogan HU veranstaltet Symposium zur Zukunft des Essens

weil Putin die Russen so gerne glauben lassen möchte, sein Krieg gegen die Ukraine sei ein Krieg gegen die Nazis wie einst im Zweiten Weltkrieg, standen die Sowjetischen Ehrenmale in Berlin am gestrigen „Tag des Sieges” unter besonderer Beobachtung. Angekündigt hatten sich u.a. die „Nachtwölfe“, Putins Lieblingsrocker. Mit 150 Motorrädern wollten sie angedröhnt kommen, am Ende schafften es gerade mal 15 nach Berlin – nicht der erste Rechenfehler in diesem Krieg.

Eher geistig umnachtet war eine Besucherin des Ehrenmals im Tiergarten – sie trug ein T-Shirt mit Stalinkonterfei auf der Brust, dazu auf Russisch der Schriftzug „Mit mir hätte es das nicht gegeben” (hier fotografiert von unserem Kollegen Julius Geiler). Tja, was hätte es denn mit Stalin wohl sicher nicht gegeben? Richtig: Die Möglichkeit, mit solchen Bullshit-Shirts vor einem öffentlichen Denkmal zu posieren.

Bereits am Vortag hatte es in Berlin unschöne Bilder gegeben, die als Videos um die Welt gingen – sie zeigten u.a., wie der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk als Nazi verunglimpft wurde und Berliner Polizisten eine große blau-gelbe Fahne beschlagnahmten (CP v. gestern). Das Verwaltungsgericht hob das Fahnenverbot für die ukrainischen Farben gestern zunächst auf, am Abend wurde diese Entscheidung vom Oberverwaltungsgericht aber wieder kassiert.

Als Ukrainerin diese Videos zu sehen und Gesänge zu hören, ist schon extrem schmerzhaft“, sagt Krista-Marija, Sprecherin des Vereins „Vitsche“, in unserem Checkpoint-Podcast „Berliner & Pfannkuchen“: „Während Leute meiner Familie sich im Keller vor Sirenen verstecken müssen, andere sterben und Leute in Mariupol um ihr Überleben kämpfen, wird man hier als Nazi bezeichnet. Das ist einfach surreal.“

Und wie fühlte sich der 9. Mai in Moskau an? Die russische Journalistin Anna Beres hat sich beim morgendlichen Gassigehen mit ihrem Hund ein paar Gedanken dazu gemacht und sie für uns in diesem eindrucksvollen Text hier aufgeschrieben.
  
Welche Rolle Hunde in diesem Krieg spielen, wird sicher ein Thema für die Geschichtswissenschaften – Präsident Selenskij hat jedenfalls gerade einen Jack-Russel-Terrier mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet, im Beisein des kanadischen Premiers Justin Trudeau. Der kleine Hund mit dem Namen „Patron“ soll schon an 200 Stellen Sprengstoff gefunden und so weitere Explosionen verhindert haben. Der Checkpoint sagt dazu Wuff und Wow!

Und hier noch ein Blick auf die Ereignisse der vergangenen Stunden:

+++ Bei russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa sind in der Nacht zum Dienstag mindestens ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt worden. Das berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf die örtliche Militärführung.

+++ Entgegen Berichten über die vollständige Evakuierung aller Zivilisten aus dem von russischen Truppen belagerten Werk Azovstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sollen sich dort immer noch rund 100 Zivilpersonen aufhalten. Zudem hielten sich immer noch rund 100.000 Menschen in der schwer zerstörten Stadt auf, sagte der regionale Verwaltungschef Pawlo Kyrylenko am Montagabend.

+++ US-Präsident Joe Biden unterzeichnete ein Gesetz, das - ähnlich wie das Lend-Lease-Gesetz aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs - die Lieferung von Rüstungsgütern an die Ukraine und andere osteuropäische Staaten erleichtert. Biden sprach von einem „wichtigen Instrument zur Unterstützung der ukrainischen Regierung und des ukrainischen Volkes in ihrem Kampf zur Verteidigung ihres Landes und ihrer Demokratie“ gegen den Krieg von Russlands Präsident Wladimir Putin.

Zu den weiteren Themen des Tages:

Wie Sie ja wissen, hilft der Checkpoint immer gern bei der Suche, zum Beispiel nach verschollenen Hunden oder nicht vorhandenen Wohnungen. Heute geht’s aber mal um die Kategorie „Herz verloren“. Das hat nämlich eine Freundin unserer Leserin Annette Eschmann am Samstagmittag während ihres Tinder-Dates – allerdings nicht an den Mann, mit dem sie sich zum Bummel über den Winterfeldmarkt und anschließendem im „Gottlob“ verabredet hatte, sondern an den Herren am Nebentisch: „Gesucht wird der große, blonde Mann mit schwarzen Jeans und schwarzer Jacke, ca. 55 Jahre alt, der am Nebentisch einen Salat gegessen und eine Selters getrunken hat. Meine Freundin (ca. 1,70 groß, blond, blaue Jeans, Turnschuhe, weiße weite Bluse) hätte viel lieber mit diesem Herrn geplaudert. Er geht ihr nicht aus dem Kopf. Bitte melden unter: a-eschmann@gmx.de.“
 
Der einzige Finderlohn, den der Checkpoint im Fall des Sucherfolgs fordert: Die ganze Geschichte muss unserem Checkpoint-Kollegen Robert Ide für seine Liebeskolumne erzählt werden.

Und da wir schon dabei sind, hier gleich noch das nächste Gesuch in Liebesdingen: „Mein hochbetagter Vater hat seinen Ring und den seiner verstorbenen Frau in Pankow-Wilhelmsruh verloren. Er ist untröstlich. Die beiden Ringe sind mit einer durchsichtigen Angelschnur aneinandergeknotet.” Irgendwo zwischen dem Gewerbegebiet am Ende der Hertzstraße und der Hauptstraße ist das Malheur vermutlich passiert. Falls Sie sich die Ringe geangelt haben, schicken Sie uns doch bitte eine Nachricht an checkpoint@tagesspiegel.de.

Kopieren geht über Studieren“, das hat schon meine Oma gewusst (oder hat sie „Probieren“ gesagt? Ach, egal…). Und damit wären wir bei Franziska Giffey, die gestern für unser Städtchen als Austragungsort des EM-Finales 2024 warb (Entscheidung heute, 13 Uhr). Die Begründung (u.a.): Berlin sei eben einfach eine„Weltstadt mit Herz“. Hm, das kommt Ihnen bekannt vor? Tja, mir auch. Gemeinsam mit meiner Oma habe ich nämlich im TV das WM-Finale 1974 gesehen, Austragungsort: München – und wie hat sich München damals genannt (offiziell sogar von 1962 bis 2008)? Na klar: „Weltstadt mit Herz.“ Damit dürfte der offizielle Senats-Slogan „Berlin bleibt anders“ jedenfalls erledigt sein (München ist übrigens Berlins härteste Final-Konkurrentin).

Telegramm

Berlins berühmtester Kleinbagger, der inzwischen zum Radlader mutierte (CP-Klassiker aus Friedrichshain-Kreuzberg), wird noch berühmter: Stadträtin Annika Gerold stellt das Gerät der interessierten Weltöffentlichkeit morgen um 10 Uhr am Lagerplatz im Viktoriapark vor.

Oha – Berlin hat ein Klo-Problem (und damit sind ausnahmsweise nicht die Nicht-Sichtschutz-Wände gemeint): Bereits 8000-mal wurden in diesem Jahr die Geldkassetten öffentlicher Toiletten aufgebrochen, Betreiber Wall spricht von einer „nie dagewesenen Dimension“.

Aproklo, nein quatsch: Apropos: Das BA Neukölln sucht gerade „WC-Trennwände aus Schichtstoff-Verbundelement ca. 33 m² / H = ca. 2,00 m und Drehtüren / 8 St.“ – in dieser Stadt wird offenbar alles geklaut.

Kleiner Tipp: Die Hochschule für Technik hat die Beschaffung eines Brillenglasrandschleifsystems ausgeschrieben – das neue Motto lautet offenbar: „Studieren mit Durchblick“.

Und hier was für Spanner: Auf dem Corbusierhaus (Westend) lässt sich ein Turmfalkenpärchen per Webcam zuschauen – das „Vorher“ haben Sie allerdings schon verpasst, jetzt sind sie gerade beim Brüten.

Die beiden sollten sich allerdings beizeiten um einen Kitaplatz kümmern: In 40 Stadtgebieten gibt es keinerlei Platzreserven mehr – vor allem am Stadtrand wird es eng, nur in einigen Innenstadtlagen entspannt es sich leicht (dafür werden dort sicher demnächst die Altenheimplätze knapp).

Wir kommen zur Frage für Checkpoint-Kenner: Auf welchen Tag haben wir wohl diesmal unser jährliches Teamtreffen gelegt? Ok, das war leicht! Natürlich auf den Tag des Scheiterns, den Unglückstag schlechthin – also auf Freitag, den 13. Und damit geht’s schon gleich los: Kommt freitags nicht immer unser Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ fürs Wochenende raus? Wer soll denn den diese Woche dann machen? Tja, und jetzt raten Sie mal, was uns dazu eingefallen ist… richtig: Sie können den diesmal machen! Denn wir sammeln quasi als Kontrastprogramm Ihre Berliner Erfolgsgeschichten: Wie, wo und wann hat etwas in Berlin so richtig gut funktioniert? Schicken Sie uns eine Sprachnachricht an die 0172 99 39 576 (Whatsapp, Signal oder Telegram) oder hinterlassen Sie uns Ihre Anekdoten auf dem Anrufbeantworter. Wir freuen uns drauf!

Nachtrag I zur Meldung „Na, so ein Zufall“ (CP v. gestern): Ben Schneider, Vorsitzender der SPD Marzahn-Nord und Co-Vorsitzender der Jusos MaHe, schreibt dazu: „Lieber Checkpoint, ich kenne sowohl Gordon Lemm als auch Stephanie Jehne ganz gut und habe letztere nicht auf dem Foto erkennen können. Auch wenn ich mir natürlich wünschen würde, dass es Stephie gleich doppelt geben würde.“ Ok, dann putzen wir jetzt wohl mal besser unsere Kontaktlinsen, danken für den Hinweis, bitten die Beteiligten um Entschuldigung und wünschen dem Bürger:innenrat viel Erfolg!

Nachtrag II zur Meldung „Buswerbung für die BER-Eröffnung 2007“ (CP v. gestern): Unser Leser Michael Laurisch weist auf die Website „traditionsbus.de“ hin. Hier steht, was es mit dem ominös aus der Zeit gefallenen 181er auf sich hat – und wer sein größter Feind ist (Spoiler: der Flughafen ist es nicht).

Nachtrag III zur Meldung „Senat plant Flussbad-Ausstieg“ (CP v. gestern): Der Streit um die Stufen in die Spree wird zum schlechten Treppenwitz: Während die Verkehrsverwaltung, die Stadtentwicklungsverwaltung und der Bezirk Mitte immer noch bei einer Endlospartie Behördenpingpong die Zuständigkeit ausspielen, wollen die Initiatoren das Projekt mit der Drohung retten, ein Ende mit Schrecken würde noch teurer als ein Schrecken ohne Ende – das wollten wir hier noch festhalten, damit es nicht untergeht.

Zitat

Hinweis: Trotz sorgfältiger Recherche kann leider keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die hier gelisteten Wasserspielplätze zum gewünschten Zeitpunkt auch tatsächlich in Betrieb sind. Wir bitten um Verständnis.“

Anmerkung zum Artikel „Planschen & Wasserspielplätze“ auf dem offiziellem Hauptstadtportal „berlin.de“.
 

 

Tweet des Tages

Was ziehen die Berliner denn noch aus, wenn erstmal Hochsommer wird?

@CafeRizz

Stadtleben

Essen – In der „Frea Bakery“ gibt es Backwaren wie den Spandauer (Croissantteig mit Vanillecreme), aber wer sie ergattern will, sollte schnell sein, vieles ist schon mittags ausverkauft. Das Eckcafé von Jasmin Martin und David Suchy, die seit Langem das nahegelegene Frea Restaurant betreiben, hat eben viele Fans. Neben Süßem gibt es hier Sauerteigbrot sowie Frühstücks- und Mittagsgerichte, alles vegan und zero waste. Mi-So 8-15 Uhr, Gartenstraße 9, S-Bhf Nordbahnhof

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Mark Andre (58), Komponist / „Der „alten“ Rita Aryceus aus Berlin zum Geburtstag viele dicke Bussis von Edda aus Hannover“ / Hartmut Bitomsky (80), Filmemacher und ehem. Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie (2006-2009) / „Dem abhanden gekommenen Sohn Ferdinand D. die herzlichsten Glückwünsche von deinen Eltern“ / „Herzlichen Glückwunsch liebe Marlies Kahlert. Wir sollten uns einmal wieder in die Augen schauen, Achim Melchior“ / Peter Luther (80), ehem. CDU-Gesundheitssenator (1991-1996) / Dr. Nicole Mikisch (55), Chirurgin, Olympia-Teilnehmerin Leichtathletik und mehrfache Deutsche Meisterin / Ralf Rothmann (69), Schriftsteller

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Prof. Dr. Hans Michael Bock, * 2. September 1941 / Thomas Delling, Projektmanager bei der Dilax Intelcom GmbH / Etta Meer, * 27.Januar 1941, Friseurmeisterin / Ursula Schrobsdorff, * 4. August 1920

StolpersteinGerhard Lazarus wurde am 10. August 1898 in Berlin geboren. Er war zweimal verheiratet. Mit seiner ersten Ehefrau Liselotte Lipmann hatte er zwei Kinder, Peter, Jahrgang 1927 und Dieter, Jahrgang 1930, beide in Berlin geboren. Im Jahr 1939 emigrierte Gerhard Lazarus zunächst nach Großbritannien. Während des Krieges lebte er in Ciney in Belgien. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Belgien und in die Niederlande wurde er heute vor 82 Jahren, am 10. Mai 1940, im SS-Sammellager Mechelen interniert. Von dort wurde Gerhard Lazarus am 24. Oktober 1942 mit dem 14. Transport nach Auschwitz deportiert, wo Nationalsozialisten ihn am 28. November 1942 ermordeten. An der Kreuzritterstraße 16 in Frohnau erinnert ein Stolperstein an Gerhard Lazarus.

Encore

Sonst noch was? Naja, eine Kleinigkeit vielleicht: Während ganz Deutschland auf das 9-Euro-Ticket wartet, um mit der Bimmelbahn zum Spottpreis die RE-publik zu erkunden (insbesondere Sylt, merken Sie sich das Stichwort „Syltpokalypse“, melden die Kollegen vom „Business Insider“: „Osterurlaub auf Sylt: Sohn von Verteidigungsministerin Lambrecht reiste in Regierungs-Hubschrauber“. Immerhin wissen wir jetzt, was der Begriff „Helikopter-Eltern“ wirklich bedeutet. Die Flugstunde im Heli kostet laut BI übrigens 5300 Euro, in 9-Euro-Tickets umgerechnet macht das 588 Monate Sylt (Q: „Mathe mit dem Checkpoint“). Aber vielleicht rückt Familie Lambrecht beim nächsten Mal ja auch zusammen – je mehr Menschen mitfliegen, desto günstiger wird’s...

Auch Team Checkpoint hat heute zusammengelegt – recherchiert und mitgeschrieben haben Ann-Kathrin Hipp, Julius Betschka, Thomas Lippold, Teresa Roelcke, Joana Voss und Sarah Borufka. Lionel Kreglinger war unser Frühproduzent, und morgen früh begrüßt Sie hier Christian Latz. Bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

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