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Bundesverfassungsgericht entscheidet heute darüber, ob Berliner Wiederholungswahl stattfinden kannNach Abbruch von BVV-Sitzung in Lichtenberg: Vorsteherin und Stadtrat widersprechen in gemeinsamer Erklärung den bisherigen BerichtenNach 142 Jahren sind in Berlin die letzten Telefonzellen vom Netz gegangen

Wahl oder Nichtwahl? Diese Frage wird heute, voraussichtlich gegen 9.30 Uhr, das Bundesverfassungsgericht beantworten. Die Karlsruher Richter entscheiden, ob die Wiederholungswahl in Berlin am 12. Februar stattfinden kann oder zunächst ausgesetzt wird. Klar ist schon jetzt: Es gibt eigentlich nur noch schlechte Optionen.

Gestern wurde bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht sich auf jeden Fall auch nach dem 12. Februar mit der Rechtmäßigkeit der Wahlwiederholung auseinandersetzen wird. Allen Mitgliedern des Abgeordnetenhauses wurde die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 2. März Stellung im Hauptsacheverfahren zu nehmen. Dass es zu diesem überhaupt kommt, hielten die meisten Experten bis vor kurzem noch für unwahrscheinlich.

Damit bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder das Bundesverfassungsgericht räumt die Wahl heute – keine zwei Wochen vor dem offiziellen Termin – erstmal ab und verschiebt sie auf unbestimmt. Oder die Abstimmung findet statt, dann aber mit dem Wissen, dass die Karlsruher Richter noch über die Wiederholungswahl entscheiden. Überlegen Sie gern, welche Option Sie für die schlechtere halten: Die wird es dann wahrscheinlich.

Wenn Sie sich trotz aller Ungewissheiten intensiv auf die Wahlwiederholung vorbereiten wollen, lege ich Ihnen den aktuellen Checkpoint-Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ ans Herz. Meine Kolleg:innen Ann-Kathrin Hipp und Lorenz Maroldt sprechen über das SPD-Blinken in Richtung Ampel, Berlin-Bashing aus Hessen und schwarz-grüne Tauschgeschäfte. Und wenn Sie beim Hören denken: Was die können, das kann ich auch – dann bewerben Sie sich doch: Wir suchen Verstärkung im Podcast-Team des Checkpoints.

Unter Berlinerinnen und Berlinern mit iranischem Background kursiert offenbar die Idee, bei der Berlin-Wahl den CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen auf den Wahlzettel zu schreiben. Das berichtete die iranische Musikerin Fariba Farahani auf Twitter. Röttgen selbst, der immer wieder auf die Proteste gegen das autoritäre Regime aufmerksam macht, hält das für keine gute Idee: „Indem Sie ungültig wählen, verschwenden Sie ihre Stimme“, schreibt er ebenfalls auf Twitter. „Wählen Sie eine demokratische Partei. Das würde mich am meisten freuen!“

Auch Farahani sagte auf Checkpoint-Anfrage, dass sie die Idee „absolut falsch“ findet. Sie zeige aber die „Unzufriedenheit und die Enttäuschung“ der iranischen Diaspora in Berlin mit der deutschen Außenpolitik.

Neue Wendung bei der vermeintlichen Skandal-Sitzung der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am vergangenen Donnerstag. Zur Erinnerung: Die Sitzung wurde abgebrochen, weil SPD-Bezirksstadtrat Kevin Hönicke die Vorsteherin der BVV, Kerstin Zimmer (Die Linke), angebrüllt haben soll. Diese habe daraufhin unter Tränen den Saal verlassen. Zuvor hatte Zimmer Hönicke bei einer Rede unterbrochen. Aus der Lichtenberger Linksfraktion wurden zuletzt Rücktrittsforderungen gegenüber Hönicke laut.

Gestern sprachen sich Hönicke und Zimmer aus und veröffentlichten anschließend eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Situation vollkommen anders schildern. Zwar entschuldigte Hönicke sich für seinen „unsachgemäßen Umgangston“, gleichzeitig versichert Zimmer, dass Hönicke sie „zu keiner Zeit“ angebrüllt habe. „Es ist falsch, dass ich wegen Herrn Hönicke in Tränen ausgebrochen bin und den Saal verlassen habe“, schreibt Zimmer und macht ihrer eigenen Fraktion Vorwürfe: „Ich wollte nach einem kurzen Disput nur kurz zum Durchatmen nach draußen gehen. In dieser Zeit ist leider alles auf falschen Annahmen begründet durch Dritte eskaliert worden.“

Angesprochen dürfte sich davon unter anderem der Linken-Verordnete Antonio Leonhardt fühlen. Er hatte den Fall publik gemacht. Dem Checkpoint sagte Leonhardt: „Ich bin fassungslos und schockiert über die Erklärung. Das widerspricht allem, was Frau Zimmer uns intern in den vergangenen Tagen berichtet hat.“ Den Vorwurf einen Skandal inszeniert zu haben, wies Leonhardt zurück. Zimmer selbst wollte sich über die Erklärung hinaus nicht weiter äußern. Welche Version auch immer stimmt: Es scheint, dass die Lichtenberger Linken einiges aufzuklären haben.

Was geht sonst noch in Berlin? Ach ja, die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen endet am Donnerstag. Während die Maske bei den meisten, die sie noch tragen, recht schnell verschwinden dürfte, wird es bei den zahlreichen Hinweisen auf die Pflicht etwas länger dauern. Die „vielen Tausend Aufkleber an Bussen und Straßenbahnen“ sollen nach Ende der Maskenpflicht zwar schnellstmöglich entfernt werden. „Dies wird wegen der großen Zahl aber etwas Zeit in Anspruch nehmen“, schreibt BVG-Sprecher Markus Falkner auf Checkpoint-Anfrage. Alle digitalen Hinweise auf die Maskenpflicht in den Fahrzeugen sollen dagegen sofort am Donnerstag verschwinden. Nerd-Wissen zum Ausdrucken: Die Maskenpflicht im ÖPNV wurde in Berlin am 27. April 2020 eingeführt und war dann genau 1011 Tage in Kraft.

Umfrage freiwillig Maske ÖPNV

Noch länger her ist der erste Runde Tisch zum Thema E-Sport des Berliner Senats. „Die E-Sport-Branche in Berlin hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt“, sagte der damalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) anlässlich des Treffens mit Vertretern der Branche. „Für das Land ist es sehr wichtig, mit den Akteurinnen und Akteuren im Gespräch zu bleiben und weiterhin gemeinsam die Rahmenbedingungen zu schaffen und zu gestalten.“

Der FDP-Abgeordnete Roman-Francesco Rogat hat jetzt, drei Jahre später, mal nachgefragt, wie es so ausschaut mit den Rahmenbedingungen. Ergebnis: Zahlen und Daten zum Thema E-Sport – Fehlanzeige. Förderprogramme – Fehlanzeige. Anerkannte E-Sportvereine – null. Aber, aber… die Sportverwaltung wäre nicht die Sportverwaltung, wenn sie nicht doch noch diese Knaller-Ankündigung hätte: „Für das 1. Halbjahr 2023 ist der zweite Runde Tisch E-Sport geplant.“

Telegramm

US-Präsident Joe Biden hat sich gegen eine Lieferung von Kampfjets vom Typ F-16 an die Ukraine ausgesprochen. Auf die Frage von Journalisten, ob er für eine Lieferung der Kampfflugzeuge an die Ukraine sei, antwortete Biden am Montag in Washington mit „nein“. Die ukrainische Führung drängt ihre westlichen Verbündeten derzeit mit Nachdruck zur Lieferung von Kampfjets.

Alle aktuellen Ereignisse können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier.

Am 12. Januar 1881 ging auf dem Potsdamer Platz in Berlin der erste Fernsprechkiosk Deutschlands in Betrieb. Seit Montag ist diese 142 Jahre alte Technik in Deutschland Geschichte. Die Telekom hat alle noch übrigen 12.000 Telefonzellen vom Netz genommen. In Berlin standen, Stand 2016, noch 1232 Exemplare.

Ebenfalls verschwunden sind seit gestern wieder die Autos von einem Teil der Friedrichstraße. Der Vollzug der Sperrung hat den breiten Ärger in der Stadt darüber nochmal nach oben gespült: Anrainer werfen der Verkehrssenatorin Bettina Jarasch vor, Wahlkampf auf ihre Kosten zu machen.

Auch FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja schaute gestern an der Friedrichstraße vorbei. Dem Checkpoint sagte er: „Jedes Kind lernt den Grundsatz: Erst denken, dann handeln. Nur Bettina Jarasch scheint das noch immer nicht verinnerlicht zu haben.“ Später erinnerte Czaja nochmal daran, warum das Wort Freiheit zur Floskel des Jahres 2022 gewählt wurde: Er posierte mit einem Schild, auf dem stand: #freedrichstraße. Mehr zum Thema Freiheit lesen Sie ganz am Ende dieses Checkpoints.

Noch ‘ne Runde Schienen-Ersatzverkehr gefällig? Bitte: Seit gestern sind die U-Bahnlinien U1 und U3 zwischen den Bahnhöfen Kottbusser Tor und Warschauer Straße unterbrochen. Grund: Die U-Bahnen sind zu laut und sollen leiser werden. Bis zum 5. März brummen daher Busse durch die Skalitzer Straße.

Kein Witz: Berlin hat einen Sonderpreis bei der ersten Verleihung des Fußverkehrspreises erhalten. Vergeben hat ihn der Fußgängerverband FUSS e.V. Den Sonderpreis erhielt Berlin für seine Parklet-Förderung (auch das ist kein Witz).

Wir bleiben beim Verkehr: Die Bewegung Fridays For Futures hat am kommenden Freitag zu deutschlandweiten Protesten gegen den Ausbau von Autobahnen aufgerufen, explizit auch gegen den Ausbau der A100. Ob die Proteste gegen die Autobahn auch auf der Autobahn stattfinden, ist nicht bekannt.

Die Grüne Jugend Berlin macht derweil mit schlecht gemachten Fake-Zitaten Wahlkampf in Berlin, nur um sich später zu entschuldigen, den Fake nicht ausreichend kenntlich gemacht zu haben. Der Checkpoint fordert: Social-Media-Führerschein-Pflicht im Wahlkampf!

Fredi Bobic, Ex-Sport-Geschäftsführer bei Hertha BSC, hat kurz vor seiner Entlassung nochmal unter Beweis gestellt, dass er dem Job am Ende vielleicht nicht ganz so gewachsen war. Auf die Frage eines rbb-Journalisten, ob nach der Derbypleite gegen Union der Trainerstuhl von Sandro Schwarz wackle, antwortete Bobic: „Nein. Wenn du nochmal frägst, kriegst du eine gescheuert.“

Service-Meldung zum Schluss: Heute endet nicht nur der trostloseste aller Monate, sondern auch die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung. Bisher sind deutschlandweit nur gut zwei Drittel der Erklärungen eingegangen.

Zitat

„Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern einen Kräftemangel.“

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch wirbt im Wahlkampf offenbar für mehr Fitness-Studios in der Stadt.

 

Tweet des Tages

Berlin, ich werde all deine Fehler und Schwächen ab jetzt widerstandslos akzeptieren, wenn du mir dafür einfach nur die U2 zurückgibst.

@die_gabe

Stadtleben

Essen & Trinken – Wussten Sie, dass die Mensa der TU Berlin ein überragendes Angebot bezüglich Verpflegung liefert? Von der 20. Etage des Telekom-Gebäudes am Ernst-Reuter-Platz blickt man in der Cafeteria „Skyline“ endlich wieder über die Dächer Berlins, gleichzeitig lässt es sich schmackhaft und preiswert kräftigen. Der Mittagstisch wird von 11.30 bis 14.30 Uhr angeboten. Mo-Fr 11-17 Uhr, Ernst-Reuter-Platz 7, U-Bhf Ernst-Reuter-Platz

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Liebe Andi, wir wünschen dir viel Liebes und Gutes zum Geburtstag! Sabine und Dieter.“ / Helmut Baumann (84), Tänzer, Choreograf, Schauspieler und Musicalregisseur / Sebastian Baumgarten (54), Theaterregisseur und Intendant, u.a. Maxim Gorki und Komische Oper / Ulrich Khuon (72), Intendant des Deutschen Theaters und ehemaliger Präsident des Deutschen Bühnenvereins / Ramona Kühne (43), Profiboxerin / „Lydia wird 44! Darauf einen (oder zwei) Eierlikörpfannkuchen. Happy birthday!“ / „Jill Marowski, beste Tochter der Welt, wird 49.“ / „Julia Mitrach, Perle der Lausitz, alles Liebe und keep on rocking! Deine Judith“ / Raúl Richter (36) Schauspieler / Helke Sander (86), Filmregisseurin, Schauspielerin und Autorin / Thomas Schadt (66), Dokumentarfilmregisseur, Kameramann und Fotograf / Jaron Siewert (29), Handballtrainer der Füchse / „Lieber Simon, schön das du unser Schwiegersohn bist, zu deinem Geburtstag gratuliert dir Mahlsdorf.“ / Jenny Wolf (44), ehemalige Eisschnellläuferin / „Mein Lieblingsmensch Dr. Stephan Zapfe wird 67“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben –„In liebevollem Gedenken: Andreas Bundschuh“, * 3. April 1966 & gestorben am 31. Januar 2019 / Brigitte Hirscher, * 21. Dezember 1940 / Wolfhart Thiel, * 28. Dezember 1946 / Reymar von Wedel, * 15. April 1926 / Gisela Westphal, * 12. Februar 1935

Stolperstein – Hildegard Hanna Salinger kam als geborene Blum am 3. April 1914 zur Welt. Am 3. Oktober 1942 deportierten die Nationalsozialisten sie nach Theresienstadt. Dreieinhalb Monate später, am 23. Januar 1943, wurde sie weiter nach Auschwitz verschleppt, wo sie heute vor 80 Jahren ermordet wurde. In der Knesebeckstraße 86 in Charlottenburg erinnert ein Stolperstein an sie.

Encore

„Auch Schneekanonen sind Freiheit“ twitterte der Freizeit-Philosoph und stellvertretende bayrische Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Wochenende. Und warum auch nicht? Freiheit ist alles. Alles ist Freiheit. Hier die Top 5 Checkpoint-Freiheiten:

+ Auch Gulaschkanonen sind Freiheit.

+ Auch Unfreiheit ist Freiheit.

+ Auch Fettungen sind Freiheit.

+ Auch Wahlen sind Freiheit.

+ Auch Wiederholungswahlen sind Freiheit.

Frei von der Leber weg hat heute Thomas Lippold für diesen Checkpoint recherchiert. Sophie Rosenfeld hat freimütig das Stadtleben verfasst. Und Florian Schwabe ist (fast) freiwillig sehr früh aufgestanden und hat diesen Checkpoint produziert. Morgen begrüßt Sie hier Nina Breher mit dem Neusten aus der Stadt der Freiheit.

Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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