wir beginnen mit einem kurzen Blick auf die aktuelle Situation der Ukraine.
+++ Die G7 wollen die Ukraine so lange unterstützen wie nötig – finanziell, humanitär, diplomatisch, militärisch. Dem per Video zugeschalteten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sicherten die in Schloss Elmau tagenden Regierungschefs auch ein Wiederaufbauprogramm zu.
+++ Die Zahl der Menschen, die bei einem russischen Raketenangriff auf ein gut besuchtes Einkaufszentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk getötet wurden, stieg bis zur Nacht auf 13. Hinzu kommen mindestens 40 teils schwer Verletzte. Auch in anderen ukrainischen Städten hat die russische Armee zivile Ziele angegriffen.
+++ Die Nato will laut ihrem Generalsekretär Jens Stoltenberg mehr als 300.000 Soldaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen.
In unserem Tagesspiegel-Newsblog informieren wir Sie fortlaufend über alle Entwicklungen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Nach dem laut Feuerwehr „schlimmsten Wochenende in diesem Jahr“ wird jetzt heiß diskutiert, wie sich der zum Normalfall gewordene Ausnahmezustand beim Rettungsdienst in den Griff bekommen lässt. Um die Dimension des Problems zu illustrieren: Samstagvormittag blieben 27 Rettungswagen unbesetzt, weil 106 Mitarbeiter fehlten. Notrufe konnten nicht abgearbeitet werden, Rettungswagen fuhren quer durch die Stadt und Löschfahrzeuge zu medizinischen Einsätzen, die obendrein – wie so oft – nicht immer dringend waren. Es erscheint fast unvermeidlich, dass echte Notfälle in der Masse der Bagatellen, kombiniert mit Personalmangel, untergehen. Es geht um Leben und Tod – und betrifft potentiell jede/n.
Pünktlich zum Beginn der wettertechnisch durchaus ernstzunehmenden Siebenschläferzeit verkündet Jörg Riemann, Chefmeteorologe des Dienstes „Wettermanufaktur“, am CP-Telefon „was Schönes im Sinne der Natur“: Auf die nächtliche Erfrischung sollen Mittwoch und Freitag insgesamt drei weitere Regengebiete folgen, wie es sie seit Monaten nicht gab. Wenn Wünsche erlaubt sind: Das seit 2018 aufgelaufene Defizit summiert sich inzwischen auf 500 Liter pro Quadratmeter, also fast eine komplette Jahresmenge. 100 Liter fehlen allein seit Jahresbeginn – mit fatalen Folgen für die Natur. 35 Grad sind laut Riemann vorerst nicht wieder zu befürchten, Richtung Sommerferienstart nächste Woche eher deutliche Abkühlung. „Endlich scheint sich grundsätzlich etwas zu ändern beim Wetter. “ Wir bleiben drin, äh, dran.
Neulich Abend an unserem Lieblingsflughafen: Der letzte LH-Flug aus FFM ist gelandet, die Passagiere sind auf dem Weg durchs Terminal. Als Letzter steigt ein Rollstuhlfahrer aus, rollt durch eine One-Way-Glastür ins Terminal, erreicht den Aufzug neben der Treppe – doch der ist tot. „Der Knopf neben dem Aufzug führt zur Feuerwehr, die erst sagt, sie kümmere sich, aber dann, dass sie nicht zuständig sei und man sich beschweren solle und die Zustände am BER ohnehin unglaublich seien“, erzählt er dem CP. Nach einer einsamen Dreiviertelstunde findet der Passagier eine Ecke mit Handyempfang und ruft die 110 an. Die Polizei schickt den Sicherheitsdienst – und fragt später lieber noch mal nach, ob wirklich jemand gekommen sei.
Die Flughafengesellschaft bedauert auf CP-Anfrage das Malheur, das gar nicht passieren könne, weil bei stillgelegten Aufzügen entweder ein anderer Weg beschildert oder die Schleuse deaktiviert werde. Dank Videoüberwachung aller Terminalbereiche könne das Personal auch sehen, wenn jemand strande. Soweit zur Theorie. Und zur Praxis: Am fraglichen Tag habe wohl irgendwer das Warnschild entfernt. Man prüfe die Abläufe nochmals.
Was bewahrt einen vor solchen Pannen? Vielleicht eine spätabendliche Easyjet-Flugumleitung nach Hannover, wie eine Tsp-Kollegin sie gerade wegen sieben Minuten Verspätung und Kollision mit dem Nachtflugverbot (Wie kam noch mal dieser famose Standort zwischen lauter Wohngebieten zustande?) erlebt hat. Morgens um fünf wurden dann alle inkl. Müttern mit Babys mit Bussen – nein, nicht nach Berlin, sondern zum BER gekarrt und ohne weiteren Kommentar ausgespuckt. Frage an die Flughafengesellschaft: Wie oft passieren solche Umleitungen eigentlich, z.B. im vergangenen Monat? „Sehr unregelmäßig, so dass sich keine validen Mittelwerte bilden lassen.“ Und warum fährt einen der Bus nicht in die City? Das sei Sache der Fluggesellschaften.
Für Donnerstag lädt die Flughafengesellschaft zu einer Pressekonferenz, auf der die Chefin „einen Ausblick auf den Sommerverkehr geben“ und die diesbezüglichen Vorbereitungen erläutern will. Die Berliner Bundespolizeidirektion veröffentlichte bereits am Freitag Tipps für den Sommer-Check-In. Kurz gesagt: Dokumente prüfen, mindestens eine Stunde vor Boardingbeginn (nicht zu verwechseln mit der Abflugzeit!) an der Kontrolle sein, nur ein Handgepäck mitnehmen und in der Warteschlange vor dem Röntgen schon mal Jacke aus, Mütze ab und Hosentaschen leer.
Post von CP-Leserin Carmen Wegge, SPD-MdB aus Bayern: Mit Erstaunen habe sie im CP (am 20.6.) gelesen, dass die Bundestagsabgeordneten, „also wir, kollektiv gegen unser eigenes Abgeordnetengesetz verstoßen sollen. Wir haben zu Beginn unseres Mandats im Oktober alle einen Abfragebogen von der Bundestagsverwaltung erhalten und bis Januar unsere Angaben zu Nebeneinkünften, Vereinsämtern usw. gegenüber der Bundestagspräsidentin erklärt.“ Weil die Bundestagsverwaltung wegen neuer Bestimmungen wohl Anpassungsbedarf habe, dauere die Veröffentlichung länger. Aber in der Zwischenzeit hätten sie und andere ihre Angaben bereits selbst online gestellt. Wir lernen: It’s the bureaucracy, stupid! Und bestätigen den Gewinn des versprochenen Checkpotts (meldepflichtig).
Wien, Imbiss-Abriss, Kindergeld
Wien hat, was Berlin so dringend bräuchte: sozialen Wohnungsbau höchster Qualität. Warum gibt’s das hier bisher nicht? Antworten liefert Teil 3 der Serie „Stadt der Zukunft“.
Telegramm
Am Freitag stand im CP, wie die Masse parlamentarischer Anfragen die Verwaltung lahmlegt und dass viele Infos sich einfach googeln ließen. Prompt veröffentlicht das Abgeordnetenhaus eine Anfrage von Adrian Grasse (CDU) mit zehn Einzelfragen zum Handyempfang in Steglitz-Zehlendorf (z.B. „Wie ist die Mobilfunkabdeckung im Bereich Dahlem-Dorf (Königin-Luise-Straße, Ecke Thielallee)?“). Also hat sich die Wirtschaftsverwaltung für Grasse gründlich durch die Seiten von Berlin.de und Bundesnetzagentur gearbeitet – und dafür sicher was anderes liegenlassen.
Heute entscheidet die Vollversammlung der Berliner IHK, ob Barbara Jeschke die künftige Präsidentin wird oder Sebastian Stietzel der Präsident. Mein Kollege Kevin P. Hoffmann hat beiden vorab zehn ebenso simple wie erhellende Fragen gestellt. An dieser Stelle nur so viel: Katze Putzi spielt auch mit. Und wer’s geworden ist, kann sich gleich heute Abend beim IHK-Sommerfest präsentieren.
Was macht eigentlich der Zensus? Zu beträchtlichen Teilen wartet er auf eine Retourkutsche, ersatzweise auf Briefmarken: Ein Erhebungsbeauftragter berichtet, er versuche seit Wochen, seine ausgefüllten Fragebögen zurückzusenden. Das Amt für Statistik melde sich jedoch nicht. Er habe nur kommentarlos einige Freiumschläge für die Rücksendung der Bögen erhalten. „Ich habe gefragt, was mit den restlichen 5,8 Kilo Papier ist, die ich laut Handbuch unbedingt zurückgeben muss. Keine Reaktion.“ Geduld ist eine Tugend, um die man das Papier beneiden mag.
Wie wird Franziska Giffeys Gespräch mit dem Fake-Klitschko aufgearbeitet? So zum Beispiel. Und so.
Falls Sie gestern die Fahrt in einem der neuen Züge auf der S46 genossen haben und sich fragen, wie die Klimatisierung (die es nur in der neuen Baureihe gibt) eingestellt ist: „3 Grad kälter als draußen“, lautet die Regel. Hoffentlich lässt sich das vor dem Winter ändern. Und für alle, die über die affenheißen U-Bahnen fluchen: Das muss laut BVG so, denn klimatisierte Züge im Tunnel würden die Bahnhöfe derart aufheizen, dass die Fahrgäste schon vor dem Einsteigen kollabieren könnten und nicht erst danach.
Dazu passt das brandheiße Revival unseres CP-Betriebsstörungsbingos (die Älteren werden sich erinnern), das homeofficebedingt eingeschlafen war: „Wegen einer witterungsbedingten Störung (Überhitzung der Schienen durch Sonneneinstrahlung) und damit verminderter Streckengeschwindigkeit kann es auf den Linien S8, S85 und S9 zu Verspätungen und vereinzelten Ausfällen kommen“, meldete die S-Bahn gestern. Am Nachmittag waren zwischen Baumschulenweg und Plänterwald nämlich fast 1300 Grad, wie Fahrgäste gern bestätigen werden.
Heiße News vom Wohnungsmarkt suchen die Kolleg:innen aus unserem Story-Ressort: Sie haben die Massenbesichtigung überlebt – nur um dann doch von jemandem ausgestochen zu werden, der die ramponierte Ikea-Küche des Vormieters für 6000 Euro übernimmt? Sie sind nach 25 Jahren rausgeflogen und zahlen jetzt für ein Zimmer weniger das Fünffache? Oder wie Kevin Kühnert immer noch nicht zu Haus? Trösten Sie sich – und schreiben Sie’s uns an story@tagesspiegel.de.
In Berlin regieren sie routiniert mit, aber überregional bleiben die Linken eine Trümmertruppe, wie sich im Gefolge des Parteitages erweist: „Die Linke hat sich als Sprachrohr jener positioniert, die Waffenlieferungen an die Ukraine klar ablehnen, aber dabei sehen, dass Putin in diesem Konflikt der Aggressor ist, für eine imperialistische Politik steht,“ twitterte die frisch wiedergewählte Vorsitzende Janine Wissler. Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn widerspricht: „Diese Positionierung kann ich nicht nachvollziehen. Sie ist dem Ernst der Situation nicht angemessen. Sie ist in der Sache zutiefst unsolidarisch. Sage ich explizit als Linker. Das ist m.E. nicht links, sondern Vogel-Strauß-Politik. Drumherumgelogen.“
Orange macht braun: „Zigaretten und Hundekot in Szene gesetzt“, verspricht die BSR zum Start ihrer sommerlichen Werbekampagne für mehr Sauberkeit in Berlin. Das wird sicher köstlich. Parallel läuft bis 7. Juli ein Gewinnspiel auf Social Media. Vom CP gibt’s als Bonus diesen Witz obendrauf: Treffen sich zwei Mistkäfer auf einem Pferdeapfel. Sagt der eine: „Du, ich muss dir was erzählen!“ Darauf der andere: „Aber bitte nichts Ekliges, ich esse gerade.“
Zitat
„Mir war so eine tiefe Zerrissenheit bei Hertha BSC sowie die Spaltung zwischen den Ultras und den restlichen Mitgliedern in diesem Umfang nicht bewusst.“
Frank Steffel, der nach seiner gescheiterten Präsidentschaftskandidatur bei dem Fußballverein nun Präsident der Berliner Füchse bleibt (Q: „Kicker“). Deren Vizepräsidenten haben Steffels Rücktrittsangebot vom Sonntag (vor der Wahlniederlage) nämlich abgelehnt.
Tweet des Tages
Klar ist jedenfalls: Kubicki duscht länger als er nachdenkt.
Stadtleben
Auf die Hand – Als erfrischende Alternative zum klassischen Speiseeis reicht die Eisdiele „Mein Lieblingseis“ in Strandbarmanier Frozen-Yogurt-Desserts über die Theke. In der Belziger Straße 7 wird der gefrorene Joghurt mit Toppings wie frischem Obst über den Becherrand hinweg befüllt. Mit den Füßen im Sand bringt der leckere Tipp gegen die Hitze Abkühlung von innen und außen. Di-So 13-20.30 Uhr, Schöneberg, U-Bhf Kleistpark
Das ganze Stadtleben – mit jeder Menge Womenpower – gibt’s im Tagesspiegel-Plus-Abo.
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Sebastian Czaja (39), FDP-Fraktionsvorsitzender im AGH und stellv. Landesvorsitzender / Reinhold Kopp (73), Jurist und ehem. SPD-Politiker / „Liebes Peaches vom Ammersee, lass Dich küssen und Dir ein wundervolles neues Alter wünschen. Mr. B.“
+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++
Gestorben – Peter Maus, * 24. März 1948, Kammersänger, Professor der UdK / Dr. Ing. Manfred Kiemle, * 11. Oktober 1932 / Erika Weber (geb. Bartsch), * 12. März 1934, Studiendirektorin i.R.
Stolperstein – Die Berlinerin Else Grün kam am 10. März 1891 zur Welt. Erst wurde sie zwangsweise in die Pasteurstraße 43 umgesiedelt. Später kam sie in die überfüllte Sammelstelle Große Hamburger Straße 26, wo sie für ihren Abtransport registriert wurde. Heute vor 79 Jahren deportierten die Nationalsozialisten sie nach Auschwitz, um sie dort zu ermorden. In der Augsburger Straße 29 in Charlottenburg liegt ein Stolperstein, um ihrer zu gedenken.
Encore
Kürzlich wurde in dieser Publikation die SPD gelobt. Es ging um den Antrag „Berlin bleibt La-Lü-La – kein Tinnitus-Piepen in der S-Bahn!“, der es für den Parteitag bereits auf die Konsensliste geschafft hatte (CP vom 2.6.). Auch in der CP-Leserschaft waren (bei rund 1400 abgegebenen Stimmen) 70 Prozent für die Rettung des Dreiklangs. Aber: Der Zug ist abgefahren, der Antrag zurückgezogen worden. Das hat mit EU-Verordnung 1300/2014 „über die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Union für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität“ sowie mit DIN EN 14752 „Seiteneinstiegssysteme für Schienenfahrzeuge“ (laienhaft: „Zugtüren“) zu tun. Hören wir mal rein: Vorgeschrieben ist ein „schnell pulsierender Ton (6-10 Impulse pro Sekunde)“ mit 1900 Hertz (+/-50 Hz) und einem Schalldruck von 70-76 Dezibel oder 5-10 dB über dem Umgebungspegel bei variablen Piepsern, zu messen bei Beginn des Türschließsignals. Fazit: Die SPD bleibt unerhört (und ein bisschen La-Lü-La). Und bei der neuen S-Bahn piept es normgerecht zum Hirnerweichen.
Für diesen CP hat schnell pulsierend auch Thomas Lippold recherchiert und mitgeschrieben. Ins Stadtleben ist Sophie Rosenfeld eingestiegen, die Morgenrunde hat Cristina Marina gedreht. Morgen nimmt Sie hier Robert Ide mit.
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