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Soll die Julius-Leber-Kaserne umbenannt werden? Berlinale sucht weiterhin nach einem Hacker Wegner gegen höhere Parkgebühren für SUVs

diese Woche bricht der Frühling in Berlin sich Bahn. Und die Buchmesse um die Ecke in Leipzig zieht wieder viele Menschen in den Bann. Wir blättern deshalb heute zuerst im aufregendsten Roman über unsere Metropole, „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin – geschrieben 1929 und immer noch nicht schlecht gealtert. Hier lesen wir: „Am Alexanderplatz reißen sie den Damm auf für die Untergrundbahn. Man geht auf Brettern. Die Elektrischen fahren über den Platz die Alexanderstraße herauf durch die Münzstraße zum Rosenthaler Tor. Rechts und links sind Straßen. In den Straßen steht Haus bei Haus. Die sind vom Keller bis zum Boden mit Menschen voll.“ Mit der Sonne kommen nun alle Menschen raus. Und selbst der Alex sieht ganz kurz fast schön aus.

Vor drei Wochen lief der Abspann der Berlinale – und geriet bezüglich des Nahost-Konflikts zum Drama mit politischer Schieflage. Neben einseitigen Schuldzuweisungen an Israel von Preisträgern auf der Abschlussgala blieb vor allem ein antisemitisches Posting vom Account der Berlinale-Sektion Panorama hängen, auch wenn dieses kurz darauf wieder gelöscht wurde. Die Berlinale sprach von einem „Hackerangriff“ und erstattete Anzeige gegen Unbekannt. Was ist daraus inzwischen geworden? Die Berlinale nimmt dazu auf Checkpoint-Nachfrage nicht konkret Stellung und verweist auf die laufenden Ermittlungen des Landeskriminalamts. „Uns liegen bislang keine Ergebnisse vor“, schreibt Berlinale-Sprecherin Frauke Greiner.

Interessant allerdings ist: Der Aufsichtsrat, zu dem die scheidende Leitung vor einer Woche zum Rapport antreten musste, verlangte vom Festival, künftig „eine unautorisierte Nutzung der Social-Media-Kommunikation der Gesellschaft“ auszuschließen – was durchaus den Schluss nahelegen kann, womöglich könnte ein Mitarbeitender der Berlinale etwas mit den Posts zu tun gehabt haben, wenn auch unautorisiert. Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) wollte zuletzt im Rechtsausschuss auch nicht konkreter werden (Video hier). Die einst beim Verfassungsschutz für Cyberabwehr zuständige Badenberg stellte aber sicherheitshalber klar: „Ein Hackerangriff bedeutet, dass ein Unberechtigter sich Zugriff verschafft hat auf das IT-System eines Dritten – in dem Fall auf das die Berlinale-Leitung.“ War dieser Unberechtigte ein der Berlinale Unbekannter oder nicht? Diese Frage bleibt nach dem Festival weiterhin offen, auch wenn der Vorhang längst gefallen ist.

Alte Namen geben der Geschichte ein Gewicht in unserer Gegenwart. Bei der Julius-Leber-Kaserne in Wedding zeigt sich dabei ein historischer Makel: Viele für wichtig genommene Menschen sind männlich. So unterschlägt die Ehrung des von den Nationalsozialisten ermordeten Widerstandskämpfers Julius Leber das Wirken seiner Frau Annedore. Auch sie war im Widerstand aktiv. Der Historiker Nicolas Basse schlägt nun vor, den Kasernennamen um ihren zu erweitern. Was hält die Bundeswehr davon? Das wollten wir vom Landeskommando Berlin (LKdoBE) wissen, das unsere Anfrage an das Territoriale Führungskommando (TerrFüKdoBw) weiterleitete. Dieses wiederum verwies an das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), welches sich bislang nicht zurückgemeldet hat. Damit ist schon mal klar: Für eine Umbenennung bräuchte es den ganz langen Dienstweg.

Weiter geht’s hier mit einer Warnung: Berlin hat immer noch zu wenige Warnsirenen. Bis Ende vorletzten Jahres sollten 411 über Berlin verteilt auf Dächern stehen, etwa auf Feuerwachen, landeseigenen Wohnhäusern und der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Um Berlin vollständig mit Alarmtönen zu warnen, bräuchte es wegen der besonderen Topografie sogar 580 Sirenen. Doch bislang sind nur 218 montiert und davon auch nur 140 einsatzbereit, wie am Montag im Innenausschuss bekannt wurde. Für vielen Sirenen laufe noch der Abnahmeprozess, hieß es. Die Gründe dafür sind die üblichen: zu wenig Material, zu wenige Fachkräfte, zu wenig Nachdruck.

Ein unübliches Problem kommt allerdings in Berlin hinzu: die technischen Schnittstellen. Das Bundesamt für Katastrophenschutz kann die Sirenen der Hauptstadt bislang nicht ansteuern. Dies sollte nach Checkpoint-Recherchen eigentlich schon bis Ende letzten Jahres der Fall gewesen sein. Nun aber lässt Innen-Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) wissen, der Testbetrieb beim diesjährigen bundesweiten Warntag im September werde wieder „ohne die Sirenen in Berlin“ stattfinden. Dabei wäre es schon schlau, sich an Alarmsignale zu gewöhnen, findet Berlins Bundeswehr-Kommandeur Jürgen Karl Uchtmann. Der Brigadegeneral mahnt, die Bevölkerung solle schon ab der Schule aufgeklärt werden, was welche Signale bedeuteten und wie man sich dann verhalten müsse. Bis wir irgendwann so weit sind, geht in Berlin nur folgende Warnung raus: Sirene, wir hören nichts!

Umfrage/Opinary Warnsirenen

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Im heutigen Newsletter würden Sie dann noch dazubekommen:

- Bunte Autos: Warum Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner Parkgebühren für SUVs ablehnt.

- Vielfältiger Fußball: Wir verlosen Karten für die Lesung des früheren Nationalspielers Thomas Hitzelsperger, der durch sein Outing den Profifußball wachrüttelte.

- Frech an der Friedrichstraße: Das Comic des Tages von Naomi Fearn spaziert durch die zukünftige Fußgängerzone.

- Mein Checkpoint-Lesetipp für Sie ist heute die aktuelle Liebeskolumne „Ins Herz“. Darin beschreibt Helena Piontek eine Liebesbeziehung, die von den Gitterstäben eines Gefängnisses getrennt wird. Elena ist schwanger, als Badr in Kairo festgenommen wird, weil er angeblich für mehr Demokratie demonstrierte. Seine kleine Tochter kennt er nur von den monatlichen Besuchszeiten der Mutter. Wie kämpft Elena für ihre Liebe und die Zusammenführung der zerrissenen Familie? Und kann am Ende die Hoffnung siegen? Die ganze, dramatische Geschichte lesen Sie hier.

Telegramm

Berlin haut rein: Durchschnittlich fünf Polizeieinsätze gibt es an den Schulen der Stadt pro Unterrichtstag. Dabei steigt die Zahl der Rohheitsdelikte. Mit der fehlenden Förderung an den Grundschulen hat das natürlich nichts zu tun, versuchen Bildungspolitiker glaubhaft zu machen. Aber wer soll das glauben?

Berlin haut’s raus: Das KaDeWe wird verkauft. Viel mehr über den angestrebten Immobiliendeal durch einen Treuhänder nach der Signa-Pleite weiß man noch nicht. Außer dies: Billig wird das teure Kaufhaus ganz sicher nicht.

Zahlen Sie mit Karte? Ja, ich bin schließlich Asylbewerber. Nach dieser Logik will der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) Bargeldabhebungen mit der Bezahlkarte für geflüchtete Menschen begrenzen. So solle verhindert werden, dass Geld ins Ausland überwiesen werde und zum Beispiel im Nachhinein Schlepperorganisationen bezahlt würden, sagte Wegner dem Tagesspiegel. Die politische Rechnung für diese Idee zahlt wohl Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD). Sie ist bisher dagegen, kann aber wohl gegen den zunehmenden Druck auch aus anderen Bundesländern wenig ausrichten.

Nun aber endlich gute Nachrichten:

Abgefahren: Vergangene Woche wurden in Berlin 249 Fahrräder als gestohlen gemeldet, im Wert von 368.603 Euro. Und was bitte soll das Gute daran sein? In der Woche davor waren es 14 Zweiräder mehr. Das glauben Sie nicht? Zählen Sie gerne nach auf unserer Fahrraddiebstahl-Karte. Und lassen Sie uns gerne ein Bike da.

Abgespart: Berlin wirtschaftet sparsam, zumindest was die privaten Haushalte betrifft: Weit mehr als die Hälfte legt monatlich 100 bis 150 Euro beiseite, wie Umfragen von Commerzbank und Berliner Sparkasse zeigen. Am meisten gespart wird aufs Sparbuch. Es bringt nicht viel ein – außer etwas mehr Sicherheit in unsicheren Zeiten. Vielen ist das Rendite genug.

Aufgetürmt: Er war klein, aber fein, der Eiffelturm im Wedding. Doch der 13 Meter hohe Holz-Nachbau des Pariser Stahlriesen verwitterte und musste letztes Jahr gefällt werden. Dank einer Spendenkampagne und der Hilfe vieler Schulklassen wird er nun wieder aufgebaut (via BZ). Das neue Eschenholz soll auch länger halten. So wie die deutsch-französische Freundschaft.

Aufgehübscht: Die Bahn benennt heute einen ICE in Spree um. „Natürlich wird der Zug stilecht mit Spreewasser getauft“, lässt der Konzern auf Checkpoint-Anfrage wissen. Die Waggons sollen danach vor allem zwischen Berlin und Nordrhein-Westfalen verkehren. Die Spree fährt also nicht nach Athen.

Zitat

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um neue Energien, neue Leute, neue Möglichkeiten reinzulassen.“

Christian Streich, nach mehr als 12 Jahren beim SC Freiburg längst eine Trainerlegende, gelingt etwas Außergewöhnliches in der Fußball-Bundesliga: ein selbst gewählter Rückzug.

 

Kiekste

Nein, an diesem Bild war keine Künstliche Intelligenz beteiligt. Die künstlerische Intelligenz hingegen ist Leserin Gabi Geis zuzurechnen, die dieses Foto aus dem 7. Stock eines Gebäudes im Hansaviertel geschossen hat. Vielen Dank! Auch Ihre fantastischen Berlin-Bilder erreichen uns per checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Liebste Anne, alles Gute zum 36. Geburtstag! Danke, dass du meine Freundin bist und mein Leben so viel bunter machst. Möge dein neues Lebensjahr voller Lachen, Liebe und magischer Momente sein. Ich und viele weitere sind so dankbar, dich zu haben!“ / Nadja Auermann (53), Model und Schauspielerin, wurde als Abiturientin in einem Berliner Café entdeckt / „Liebe Bini, herzliche Grüße zum Geburtstag von Karsten, Mark und Gesine und den Enkeln:innen Line, Leni, Ben, Mavie und Simon – ‚Nicht aufgeben‘! Horst“ / „Liebe Martina, alles Liebe zum Geburtstag, ob in Charlottenburg oder am Bodensee. Weiterhin viel Reiselust, Kunstgenuss und cineastische Erlebnisse, letztere gerne mit mir! Herzlichst Sandra“ / Louis Olinde (26), Basketballprofi, spielt bei Alba Berlin / Maik Penn (43), Politiker (CDU), seit 2016 MdA / Tommi Piper (83), Schauspieler und Synchronsprecher (u.a. lieh Piper seine Stimme dem Außerirdischen Alf in der gleichnamigen Sitcom) / Luca Scheel (22), Profifußballerin, spielt seit 2019 als Mittelfeldspielerin für Union Berlin / Ines Schmidt (64), Politikerin (Die Linke), seit 2016 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses / „Lieber Walter, herzlichen Glückwunsch! So schön, dass es euch gibt. Von Herzen M&B“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

GestorbenProf. Dr.-Ing. Hans Dietmar Aurich, verstorben im Februar 2024 / Wolfgang Breyer, * 20. Februar 1955 / Prof. Dr. Dietmar Findeisen, * 9. März 1935 / Naomi Iwata, * 7. April 1974 / Jutta Matzner-Eike, * 19. Mai 1937, Psychoanalytikerin und Soziologin / Werner Manfred Sachs, * 2. Mai 1935, verstorben am 11. Februar 2024, „Ehrenmitglied der Berliner Taxi-Innung seit 1962“

StolpersteinClara Hermann, geb. Mosberg, kam am 30. November 1866 in Hagen zur Welt. Sie war mit Moritz Hermann verheiratet. Das Ehepaar hatte mindestens einen Sohn. Wann die Familie nach Berlin zog, ist nicht überliefert. 1923 wohnte der Schriftsteller Franz Kafka einige Monate bei den Hermanns zur Untermiete. Am 10. Juli 1942 wurde die 76-jährige Clara von den Nazis nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 19. März 1943 ermordet wurde. An Clara Hermann erinnert ein Stolperstein in der Muthesiusstraße 20 in Steglitz.

Encore

Tiere gehen immer – außer, wenn es mit ihnen nicht mehr geht. 19 lebende und ein totes Zwergkaninchen haben Polizisten und eine Veterinärbeamtin aus der vermüllten Einraumwohnung eines 38-Jährigen in Hellersdorf geholt. Der psychisch kranke Mann, der die Tierärztin mit dem Tod bedrohte und sich selbst als „Oberhase“ bezeichnete, wehrte sich massiv gegen sieben Beamte und die Sicherstellung. „Ganze Wolken von Fliegen kamen den Einsatzkräften nach Öffnung der Wohnung entgegen“, teilte der Bezirk nun mit. „Die durch Inzucht vermehrten Kaninchen hatten die Matratzen der Schlafcouch zerfressen und darin Gänge und Wurfhöhlen angelegt.“ Die Tiere werden trotz Platznot in der Amtlichen Tiersammelstelle in Obhut genommen. Auch der Mensch soll betreut werden. Er bedarf laut Amtstierarzt Steffen Mehl „ebenfalls professioneller Hilfe“.

Helfen Sie heute mit, dass dieser Frühlingstag ein schöner für viele Menschen wird. Geholfen bei diesem Checkpoint haben Thomas Lippold und Alexander Fröhlich (Recherche) sowie Antje Scherer (Stadtleben) und Johannes Boldt (Produktion). Morgen begrüßt Sie hier wieder Margarethe Gallersdörfer. Und ich grüße Sie!

Ihr Robert Ide

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