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Autokennzeichen voller Nazisymbole Seltsames Stühlerücken in der Senatskanzlei Schlagabtausch im Kulturausschuss

nach dem Kapitel „Vampir-Alarm bei der SPD“ (Checkpoint von gestern) setzen wir die Nosferatu-Diaries heute mit dem Ergebnis unserer Umfrage zum besten Hauptdarsteller-Duo beim Casting für die Soap „Ach Du liebes Bisschen!“ fort. Demnach liegen Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini (Motto: „Wir sind nicht Nosferatu“) knapp mit 35% vor Kian Niroomand und Jana Bertels (32%). Ein heißes Rennen um Platz 3 liefern sich Raed Saleh und Luise Lehmann (20%) mit „Kenne ich fast alle nicht“ (12%).

Um für ihre Favoriten ein besseres Ergebnis bei der Checkpoint-Umfrage zu erzielen, wurde allerdings gestern früh in einigen aufgeregten SPD-Zirkeln ordentlich getrommelt – und auf fiese Tricks zur heimlichen Mehrfachabstimmung hingewiesen. Genießen Sie also den Stand der Dinge, aber genießen Sie ihn mit Vorsitz, pardon: mit Vorsicht – hier wird mit harten Bandagen gekämpft, und das wegen eines Aufrufs zur Wiederwahl des Landesvorsitzenden Saleh über den exklusiven Zugriff auf einen Mailverteiler vielleicht sogar demnächst auch noch vor Gericht (CP von gestern).

Apropos Raed Saleh: Zufällig genau heute vor einem Jahr, also am 9.4.2023, jubelte der (Noch-)SPD-Chef anlässlich der Mitgliederbefragung zur Koalition mit der CDU in einem Twitter-Post (für die Jüngeren: Twitter war mal ein soziales Netzwerk, das inzwischen unter dem Namen „X“ rechtextremistischem und antisemitischem Furor freien Lauf lässt): „Bin sehr stolz auf die gute und faire Debatte innerhalb meiner Partei.“ Es kommentieren seine innerparteilichen Widersacher: „Höhöhö“. Lesen Sie hier morgen in den Nosferatu-Diaries das nächste Kapitel: „Lieber Blutspende als Parteispende“.

Bei der Abstimmung vor einem Jahr stimmte eine Mehrheit der SPD-Mitglieder, angefeuert unter anderem von Raed Saleh, für eine Koalition mit der CDU. Aber war das die richtige Entscheidung aus heutiger sozialdemokratischer Sicht? Was meinen Sie?

Umfrage/Opinary SPD Opposition

Räuber verkleideten sich als falsche Polizisten“ lautet ein legendärer Satz aus dem Tagesspiegel, der sich als echte Schlagzeile verkleidete und tatsächlich so gedruckt wurde (ist lange her, da haben wir noch mit dem Messer in der Mettage redigiert). Inzwischen haben alle dazugelernt – auch die Räuber, die sich als echte Polizisten verkleiden (da sind die Erfolgsaussichten größer). Erfasst werden sie seit Anfang des Jahres unter dem Sammelbegriff „falsche Amtsträger“ (auch falsche Richter und Staatsanwälte tauchen da auf), aber festzustellen ist: Die Verkleidungen werden offenbar schlechter – in Berlin wurden im vergangenen Jahr nur noch 241 solcher Delikte erfasst (zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren es noch 1708). Aber Achtung: Auch richtige Polizisten können mal falsch abbiegen.

In der heutigen Checkpoint-Originalausgabe haben wir zusätzlich u.a. folgende Themen für Sie im Angebot:

+ In Berlin fährt ein Auto mit einem offiziellen Kfz-Kennzeichen voller Nazisymbolik herum. Wie kann das sein? Welche Buchstaben- und Zahlenkombinationen sind noch so erlaubt, welche verboten? Wir haben mit der Verkehrsverwaltung darüber gesprochen, die Antworten sind… nun ja: interessant.

+ Leise, still und heimlich verließ im vergangenen Jahr ein langjähriger Vertrauter von Kai Wegner seinen hoch dotierten Job in der Senatskanzlei – und das unter seltsamen Umständen: Ohne ein Wort des Abschieds oder des Dankes verschwand einer der beiden damaligen Leiter des gerade erst eingerichteten Leitungstabs beim neuen Regierenden Bürgermeister, erst aus seinem Büro und dann auch aus dem Organigramm. Wir haben die Hintergründe recherchiert und sind auf einige Seltsamkeiten gestoßen.

+ Mehr als 20.000 gefährliche Gegenstände wurden im vergangenen Jahr an den Gerichtseingängen konfisziert, darunter Messer, Reizspray und Pistolen - aber auch jede Menge Alltagsgegenstände, die mit viel Fantasie als Waffe benutztwerden könnten. Die kuriose Liste der verbotenen Dinge sollten sie jedenfalls kennen, falls Sie jemals an einer Verhandlung teilnehmen wollen (oder müssen).

+ Steht ihr Fahrrad noch da, wo Sie es abgestellt haben? Schauen Sie lieber mal nach, denn derzeit werden außergewöhnliche viele Räder gestohlen – wann und wo, können Sie heute wieder exklusiv in unserem datengestützten Klau-Counter nachschauen.

+ Damit Sie bei den Berlinkrimis nicht den Überblick verlieren, gibt’s bei uns jetzt eine neue Rubrik: Crimepoint. Und natürlich können Sie die Bücher, die wir vorstellen, auch gewinnen.

+ Apropos gewinnen: Heute haben wir Tickets für die Lesung des Autors und Regisseurs Thorsten Glotzmann dabei – im Gespräch mit der Schriftstellerin und Moderatorin Ronja von Rönne stellt er am Abend sein Buch „Herr G. hat Angst. Und macht sich auf eine Reise durch Philosophie, Wissenschaft und Spiritualität“ im Pfefferberg-Theater vor.

+ Alles das und noch viel mehr (z.B. das gesamte Angebot auf tagesspiegel.de) erleben Sie mit unserem T-Plus Abo. Sie können es zurzeit hier unter diesem Link sechs Wochen lang für nur einen Euro testen  – ich bin gespannt, wie es Ihnen gefällt.

Telegramm

Kleiner Schlagabtausch im Kulturausschuss zur Nachfolge des verstorbenen Volksbühnen-Intendanten René Pollesch zwischen Senator Joe Chialo und Daniel Wesener von den Grünen:

W.: „Meine Fraktion würde gerne wissen, wie sich das Verfahren zur Findung und Benennung darstellt.“

CH.: „Die Totenruhe gebietet es nicht, jetzt schon über einen Prozess öffentlich zu reden. Ich hoffe, dass es eurerseits dafür Verständnis gibt.“

W.: „Da das letzte eine Frage war, lautet die Antwort Nein. Denn Ihre Antwort, Herr Senator, die haben Sie ja schon in der letzten Sitzung vor zwei Wochen gegeben. Und ich weiß auch nicht, was die Totenruhe mit der kulturpolitischen Verantwortung zu tun hat, die insbesondere Sie, aber wir alle für dieses Haus tragen.“

Ch.: „Natürlich gibt es eine interimistische Intendanz dahingehend, dass das Haus aus sich heraus fortgeführt wird, mit starker Unterstützung der Senatsverwaltung. Sie haben es richtigerweise angemerkt, dass wir vor zwei Wochen dazu gesprochen haben und dazwischen war auch noch Ostern. Ich kann verstehen, dass man natürlich schnelle Antworten haben will, aber das müssen nicht unbedingt die besseren sein.“

Die S-Bahn bereichert unser beliebtes Betriebsstörungsbingo jetzt auch weltstädtisch auf Englisch: „Train service is currently irregular“ war gestern die einzige Info für ungefähr eine Million gestrandete Fahrgäste auf gleich sechs unterbrochenen Linien in Schöneweide. Die Aufforderung,
Richtung BER den Fernbahnsteig zu nutzen, scheiterte an dessen Überfüllung - dass der Regio auch nicht fährt, wurde außerdem geheim gehalten. Wir sagen danke schön – der nächste Spieleabend ist gerettet.

Auch am BER gibt’s eine Zugabe: Unsere Meldung gestern über Wartezeiten am Gepäckband von anderthalb Stunden nach einem Flug aus Fuerteventura wird deutlich getoppt – unser Leser Michael Dzimkowski wartete zwei Stunden auf seinen Koffer, und Oliver Falk-Becher berichtete nach einem Flug aus Neapel sogar von drei Stunden,die Begründung: „Personalmangel“. Dzimkowski schrieb deswegen der Flughafengesellschaft, die Antwort ist reif für den Checkpoint: Schuld ist demnach der von der Fluggesellschaft (nicht vom Flughafen) beauftragte Bodenverkehrsdienstleister, den das „Qualitäts- und Beschwerdemanagement“ des BER in der Mail „dieser sogenannte Abfertiger“ nennt. Wir stellen fest: Schöner ist ein Abfertiger hier noch nicht abgefertigt worden.

Apropos Radverkehr: Falls Sie aus der Meckerecke rauswollen, drei Leitungserfahrungen sowie einschlägige juristische Kenntnisse und vertiefte Kenntnisse von Planungsprozessen im Bereich Rad- und Fußverkehr haben, dann können Sie es ja mal mit der ausgeschriebenen Stelle „Leitung des Referates IV F – Förderung des Rad- und Fußverkehrs“ versuchen. Angeboten wird u.a. „Gleitzeit“ (gilt nicht im Stau). Achtung: Die Vorgängerin hat die Verwaltung gerade fluchtartig verlassen - Sie brauchen also eine Haut so dick wie ein Mountainbikemantel und Nerven stark wie Crossrad-Speichen. Dafür dürfen Sie sich dann aber auch „Fahrradchefchen von Berlin“ nennen.

Wir bleiben noch einen Moment im Sattel – unser Leser Volker Holzke schreibt:

Adäquat zum ‚Betriebsstörungsbingo‘ und zum „Fahrradklau-Counter“ möchte ich ein „Ausreden-Puzzle“ von Radlern und Radlerinnen auf Berliner Gehwegen anregen. Hier gleich mal zwei Beispiele, protokolliert auf dem Gehweg in der Gélieustraße zwischen Hindenburgdamm und Birkbuschstraße in Steglitz (gut von Familien mit Kindern frequentiert, eine Kita gibt’s hier auch). Von mir freundlich auf ihr Fehlverhalten angesprochen, bekam ich folgende Antworten:

+ „Das Kopfsteinpflaster auf der Straße ist mir zu holprig.“ (Radfahrerin, die den Hinweis, dass man ein Fahrrad auf einem Gehweg auch schieben kann, mit einem ungläubigen Blick quittierte.)

+ „Ich fahre doch schon Schritttempo!“ (Radfahrer, der sich zwischen mehreren Personen auf dem Gehweg hindurchlavierte.)

Ok, soweit das. Und ich möchte wetten: Da kommt noch mehr – mitmachen können Sie per Mail an checkpoint@tagesspiegel.de. Ausreden von falsch parkenden Autofahrern nehmen wir dann gleich auch noch entgegen. Mal sehen, welches Bild sich schneller füllt.

Gestern hatten wir Sie hier gefragt: Wäre Tempo 40 wie in anderen europäischen Städten auch auf Hauptstraßen üblich nicht ein guter Kompromiss? Ein Blick in Mailbox zeigt: Die Idee stößt offenbar auf Gefallen – aber nicht auf den guten Glauben, dass daraus was wird.

Zitat

Schlaflos in Berlin kann nicht die Lösung sein.“

Franziska Giffey hält nichts vom Vorschlag der Grünen-Abgeordneten Antje Kapek, zur Entlastung der Straßen den Lieferverkehr in die Nachtstunden zu verlegen. Tja, hat vielleicht schon mal jemand darüber nachgedacht, die Bürgersteige hochzuklappen? Wäre vielleicht ein Kompromiss. Sonst heißt es demnächst womöglich noch: Berlin ist Tag und Nacht dicht (ok, sowieso, aber dann auch gleich richtig).

 

Kiekste

Gesehen am BSR-Hof Hagauer Weg in Zehlendorf von Leser Uwe Soukup. Sauber! Weitere „schrottreife“ Bilder aus Berlin gern an: checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag Tim Bendzko (39), deutscher Singer-Songwriter / René Bielke (62), ehem. Eishockeytrainer / Clueso, bürgerlich: Thomas Hübner (40), deutscher Sänger, Rapper, Songwriter, Produzent und Autor / Thomas Doll (58), Fußballtrainer und ehem. Nationalspieler / „90 Jahre, so fit wie Du bist, werden Dir (hoffentlich) noch viele Geburtstage ins Haus stehen. Es grüßt Dich auf diesem Weg Dein Vetter Jörg.“ / „Hoch soll sie leben, unsere Emily, die Herrscherin über ihre RKI Viren. Grüße von Opa“ / Danny Freymark (41), für die CDU im AGH / „Lieber Helmutfreund, wir wünschen Glück, Zufriedenheit mit Gesundheit und Freuden über Freuden! MJ“ / Oliver Igel (46), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick (SPD) / Irene Köhne (72), Politikerin (SPD) / Landry Nnoko (30), ehem. Basketballspieler bei Alba Berlin / Wolfgang Schomburg (76), ehem. deutscher UN-Strafrichter für das frühere Jugoslawien und Ruanda, Bundesrichter (BGH) sowie Staatssekretär (Justiz) in Berlin / Hanna Steinmüller (31), MdB für Bündnis 90/Die Grünen / „Trudi, 70 Jahre kaum zu glauben, (fast) immer lustig, hilfsbereit, an allem und vielen interessiert, das wirst Du heute. Noch viele schöne Jahre wünschen Dir Gitti und Norbert“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Dieter Fitterling, * 16. Juli 1936 / Ilse Gause,* 20. April 1940 / Barbara Held, * 18. August 1969 / Eva-Margarete Jurgeit,geb. Stoltenburg, verstorben am 21. März 2024, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande/ Dipl. Ing. Jürgen Nottmeyer, * 5. Dezember 1927

Stolperstein – Alfred Zitrin wurde am 26. September 1905 in Berlin geboren. Er war bis 1939 als Kaufmann tätig. Danach wurde er als Gleisarbeiter bei der Reichsbahn zwangsverpflichtet. Im Rahmen der sogenannten „Fabrikaktion“ wurde er 1943 nach Auschwitz deportiert und musste dort für die I.G. Farben Zwangsarbeit leisten. Auf Befehl „höchster Stellen“ wurde er kurze Zeit später nach Berlin zurückgeschickt und ins „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren verschleppt. Dort ermordeten ihn die Nazis heute vor 81 Jahren. Auf der Kopernikusstraße 5 in Friedrichshain erinnert ein Stolperstein an Alfred Zitrin.

Spannend zu sehen war heute, wie Florian Schwabe, Alexander Fröhlich, Anna Thewalt, Teresa Roelcke und Stefan Jacobs geholfen haben, die Geheimnisse Berlins zu lüften.  Ums Stadtleben hat sich Sophie Rosenfeld gekümmert, und Neele Schumacher war ganz früh hellwach für die Produktion. Morgen weckt Sie hier dann wieder Anke Myrrhe – bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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