„Lavendelblüte und entspannte Checkpointlektüre unter dem blauen Himmel der Provence“, funkt CP-Leserin Sabine Nehls aus Frankreich. Der Hund grüßt wohl auch...
Beach, Berge oder Balkonien – nehmen Sie uns mit! An dieser Stelle zeigen wir während der Sommerferien, wo Sie gerade den Checkpoint lesen. Schicken Sie uns ein Foto mit einem Satz zum Urlaubsort an checkpoint@tagesspiegel.de.
Angesichts einer stagnierenden Impfkampagne bei steigender Inzidenz überbieten sich Berliner Politikerinnen derzeit mit Vorschlägen, wie man Impfangebote schafft, die angenommen werden: von Strafen (04.07., DRK/Mario Czaja) über „Freikarten für Museen, Konzerte oder Sportveranstaltungen“ (05.07., SPD/Franziska Giffey), freien Zoo- und Tierpark-Eintritt bei Impfung (09.07., Grüne/Antje Kapek), Impf-Partynacht mit DJs (09.07., SPD/Dilek Kalayci) bis hin zu einer Corona-Impflotterie (14.07., Neukölln/Amtsarzt Nicolai Savaskan).
Nebenbei passiert sogar etwas, wenn auch etwas weniger extravagant als erhofft: Mobile Impfteams wollen an belebten Orten impfen – ab Freitag zuerst auf dem Neuköllner Hermannplatz (10 bis 17 Uhr, Wohnort egal, Staatsbürgerschaft egal, Ausweis mitbringen). Samstag öffnet der erste Berliner Impf-Drive-in bei Ikea (Profi-Tipp: Man darf auch zu Fuß kommen). Und die BVG kündigte an, ab kommendem Wochenende in der BVG-Zentrale zu impfen, buchbar via Doctolib. Ob es zu spät ist für weitere Vorschläge? Mir läge ja die Erschließung impfskeptischer Zielgruppen am Herzen: Wie wäre es mit Impfmeditation? Impfyoga? Mobilen Impfteams auf Querdenker-Demos? Als wohlwollendes, unverbindliches Angebot, versteht sich.
Oder soll’s doch lieber die Impfpflicht sein? Wir haben Sie gefragt (CP von gestern). Einige Leser finden, gegen die Pandemie „hilft nur eine klare Verpflichtung, zumindest derjenigen, die bei uns mit Menschen zu tun haben, die vor Infektionen geschützt werden müssen“ (Gerhard Bechtoldt). Eine Pflicht für Personal an Kitas und Schulen sei vertretbar, den Kids steht schließlich Bildung zu (Hannelore Kern). Andere verweisen auf die individuelle Risikoabwägung: „Muss jeder für sich selbst entscheiden“ (Harald Oczko). Gegen die Pflicht ist auch Ursula Brundiers – ebenso dagegen, dass es wegen Impfverweigerern weitere Lockdowns und Einschränkungen gibt. Kann sich ja jeder schützen. Ähnlich sieht es Peter Clever: „Man muss in einer freien Gesellschaft die aushalten, die sich nicht impfen lassen wollen. Aber diese müssen dann auch aushalten, wenn sie sich besonderen Schutzmaßnahmen unterwerfen müssen“. Gero Neugebauer schreibt: Wer sich freiheitlich gegen eine Impfung entscheidet, „erwirbt dadurch weder das Recht noch die Freiheit, andere zu infizieren.“
Die Schöneberger Hausverwaltung Blaczko GmbH & Co. KG ist schon öfter (1, 2) wegen Fiesheit und Schikane der Mieter ihrer 25 Immobilien aufgefallen – wir erinnern an hämische Mails infolge des Mietendeckel-Urteils („zu früh gefreut“, grinsende Emojis, knappe Rückzahlfrist), Sicherheitspersonal vor Wohnhäusern und fragwürdige Verträge (CP vom 22.05.). Nun sind neue Vorwürfe bekannt geworden (nd berichtete zuerst): Überwachungskameras in Hausfluren und Hinterhöfen, Infiltration einer internen Telegram-Gruppe und der Verdacht, dass Mieter, die sich organisieren, gezielt schikaniert werden.
Die Blaczko-Hausverwaltung weist alle Vorwürfe gegenüber dem Checkpoint als „abwegig“ zurück. Die „Mieter:innengewerkschaft“, die Initiative, mithilfe der sich die Bewohner organisieren und die auch juristisch gegen Blaczko vorgeht, wird von der Hausverwaltung als „fremdgesteuerte Vereinigung“ bezeichnet. „Es scheint, die Mitglieder werden aufgehetzt und verlieren den Bezug zur Realität.“ Die Berliner Beauftragte für Datenschutz Maja Smoltczyk teilt mit, man überprüfe derzeit mehrere Fälle „über eine potenziell rechtswidrige Videoüberwachung in wenigstens neun verschiedenen Liegenschaften“ der Blaczko-Hausverwaltung; die Frist zur Stellungnahme laufe noch. Laut Mio Decker von der Mieter:innengewerkschaft habe die Hausverwaltung mittlerweile einige der Kameras wieder abgebaut.
In der Senatsgesundheitsverwaltung rumort es: Der Personalrat hat einen Brandbrief geschrieben, in dem er Senatorin Dilek Kalayci (SPD) Führungsversagen vorwirft. In dem Schreiben, das dem Checkpoint vorliegt (zuerst berichtete der RBB), steht, die Beschäftigten seien „am Ende ihrer Kräfte“, was – hier wird es spannend – nicht nur an der Arbeitsbelastung durch Corona liege, sondern auch, so der Vorwurf, an schlechtem Umgang und Ausübung von Druck: „Wiederholt“ sei „respektloses und unangemessenes Verhalten“ von Kalayci und Staatssekretärin Barbara König (SPD) beklagt worden, die Rede ist von „Wutausbrüchen und persönlichen Anfeindungen“. „Bin ich die Einzige, die arbeitet?“, soll Kalayci etwa einer überarbeiteten Truppe vorgeworfen haben.
Es herrsche hoher Druck, Beratung durch die Fachleute („in den Augen der Senatorin Widerworte gegen ihre Anweisungen“) sei unerwünscht.Konkrete Fragen zu den Vorwürfen wollte die Senatsverwaltung dem Checkpoint nicht beantworten, Sprecher Moritz Quiske verwies auf ein allgemeines Statement: Man habe den Brief erhalten und prüfe die Vorschläge sorgfältig. „Und klar, das gemeinsame Gespräch dazu wird gesucht.“
Der Arbeitskampf geht auch in der Privatwirtschaft weiter – für Samstag haben die „Gorillas“-Rider einen Streik angekündigt. Am Dienstag will sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit Mitarbeitern treffen (Kollege Christoph Kluge berichtet), zudem mit der Geschäftsführung sprechen. Vielleicht kann er bei der Gelegenheit Gorillas-CEO Kağan Sümer fragen, wie er solche Aussagen genau meint: „Es gibt zwei Elemente von Charisma. Das eine ist der Geist, das andere die Flamme“; das „Team“ solle „Geist und Flamme“ sein (Q: interne, geleakte Mail an Mitarbeiter).
Feuer und Flamme sind die Berlinerinnen für ihre Parks, vor allem, seit sie die Clubs ersetzen. So weit, so bekannt – ob und wie sehr Anwohnende sich durch beim Feiern entstehenden Lärm und Müll gestört fühlen, hingegen nicht: Die Verwaltung erfasst entsprechende Beschwerden nicht, räumt sie auf Anfrage der Abgeordneten Sebastian Czaja und Thomas Seerig (FDP) ein. Bekannt ist nur: Die Polizei erfasste 713 Straftaten „mit Covid-19-Bezug“ in Parks, Grünanlagen und an Gewässern, zudem 1.110 Ordnungswidrigkeiten dieser Art (März 2020 bis Juni 2021).
Aber Berlin wäre nicht Berlin, wenn diese Zahlen nicht mit einem Behördenpingpong kämen: Mehrere Bezirke (Steglitz-Zehlendorf, TempelSchön, Neukölln, Lichtenberg, Mitte) haben, heißt es in der Antwort der Innenverwaltung, „entschieden, dass sie (…) keine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungen, sondern ausschließlich der Polizei sehen.“ Die sieht das natürlich anders. Für die kommende Legislaturperiode schlage ich folgenden, immerhin zur Hälfte realitätsnahen Leitspruch als Kompromiss vor: Berlin – dreckige Parks, saubere Zuständigkeiten.
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Madita Oeming forscht zu Pornos. Meinen Kolleginnen Julia Prosinger und Selina Bettendorf hat die Kulturwissenschaftlerin alles erzählt, was Sie schon immer über Pornografie wissen wollten.
Telegramm
Fünf Berliner Polizisten erhielten gestern Kolleginnenbesuch der unerwünschten Art. Sie sollen rassistische und rechte Inhalte in Chatgruppen verbreitet haben. Wie Margarethe Gallersdörfer aus Polizeikreisen erfuhr, handelt es sich dabei um Detlef M. – dem Treptower Wachleiter wird vorgeworfen, nach dem Terroranschlag am Breitscheidplatz Polizeiinterna in einer Chatgruppe von zwölf Neuköllner AfD-Mitgliedern und Rechtsextremisten geteilt zu haben.
Vor einer Woche wurde Erk Acarer im Hinterhof seines Neuköllner Wohnhauses bedroht und verprügelt – in einem Video stellte er eine direkte Verbindung zur türkischen Regierungspartei AKP her. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt. Jetzt fordert der im Exil lebende türkische Journalist politische Konsequenzen: die Sicherheit von Exiltürken in ganz Europa sei in Gefahr. „Wenn die EU und die Bundesregierung diesen Angriff nicht ernst nehmen, denke ich, dass es noch gefährlichere Angriffe geben wird“, sagte er auf einer Pressekonferenz von „Reporter ohne Grenzen“. „Erdoğans Leute werden immer mehr“, sagte auch Exiljournalist Can Dündar. Auf die Frage, wie sicher er sich in Berlin fühle, sagte Acarer dem RBB: „Ich fühle mich nicht sicher.“
Elon Musk darf weiterbauen: Das Oberverwaltungsgericht wies eine Eilklage von Umweltschützern ab. Sie hatten einen Baustopp gefordert.
Baustoff fordert derweil Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD): Damit ein Modellprojekt, in dem Apotheken legal und kontrolliert Cannabis verkaufen dürfen, doch noch stattfindet, verklagt das Land Berlin das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das das Vorhaben abgelehnt hatte.
Abgeordnetenhausmitglied Maik Penn lehnt derweil zeitgenössische Sprache ab. Bei Facebook machte der CDU-Mann am Mittwoch seinem irgendwoher kommenden Ärger Luft und benutzte ein Wort für Schokoküsse, das eine rassistische Bezeichnung für Schwarze Menschen enthält. Dazu schrieb er: „Und ich verwahre mich davor, dafür als Rassist bezeichnet zu werden.“ Kann man machen – aber ist halt nicht logisch. In der Kommentarspalte erklärt Penn, der zudem Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Treptow-Köpenick ist, dann noch rasch den Stimmverlust seiner Partei: Dass „manch frühere große Partei eben nicht mehr groß ist, in manchen Bundesländern inzwischen eher einstellig“, habe „auch solche Gründe…“, schreibt Penn. Wir klappen Facebook lieber ganz schnell wieder zu.
… bleiben aber beim Thema Verbotskultur: Große Kreuzfahrtschiffe dürfen sich ab August nicht mehr in Venedigs Lagune breit machen, in die sie sowieso kaum gepasst haben. Wo soll das nur hinführen mit dieser Cancel Culture? Was kommt als Nächstes? Ein Bierbike-Verbot zu Hauptverkehrszeiten? Sichere Radwege statt Umsonstparkplätze auf dicht befahrenen Straßen?
Es ist kompliziert zwischen „Herzenssache“-Bürgermeisterkandidatin Franziska Giffey und der SPD, berichtet Kollege Robert Kiesel. Offiziell steht die ganze Berliner SPD hinter ihr, aber intern gärt es – nicht alle ihrer Positionen passen den Genossinnen.
Themawechsel: Ein Griff ins Klo sind nach Ansicht der „Anonymen Anwohnenden“ die neuen Citytoiletten. Das Kollektiv will am heutigen Donnerstag um 18 Uhr dagegen protestieren, dass Männer in den neuen City-Toiletten Berlins kostenlos pinkeln können, Frauen aber zahlen müssen, berichtet Kollegin Sigrid Kneist. Am Treffpunkt, der Citytoilette Falckensteinstraße in Kreuzberg, könnte es, nun ja, feuchtfröhlich zugehen. Das Motto: „Wenn das Klo was kosten soll, pissen wir die Wände voll!“
Zitat
„Das Berliner Schloss ist schreckliche Architektur.“
Princess Marilyn Douala Manga Bell, kamerunisch-französische Sozialökonomin, die einer zentralafrikanischen Königsfamilie entstammt.
Tweet des Tages
suche seit circa 1.5 jahren mit freundin eine wohnung/wg und ich denke langsam erscheint es mir realistischer eine höhle aus lehm auf eine verkehrsinsel zu bauen statt weiter zu suchen.
Stadtleben
Trinken – Eine gute Weinbar in Berlin zu finden mag schwierig sein. Schön, dass es Internet-Seiten wie Berlin Drinks gibt, die eben solche empfehlen. Da gibt es beispielsweise das Rocket Wine in Mitte, auch das Mr. Susan und die bis jetzt gebliebene Geheim-Bar „Meine Bar“. Manchmal ist es schade, dass wir Geheimtipps empfehlen müssen; weil sie dann ja keine mehr sind. Aber wir meinen es gut. In diesem Kontext ist auch die Bar Freundschaft eine Herzenssache. Mit kühlem Wein en masse gibt es hier eine Sommerterasse, ein exzellentes Sandwich und ein Weinviertel Wagram aus dem Burgenland.
Das ganze Stadtleben mit den Sommertipps im „Stadt-Land-Fluss“-Format gibt's mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.
Berlins Spitzenkandidat:innen-Check
5 x 1: Bis zur Abgeordnetenhauswahl stellen wir den Spitzenkandidat:innen von CDU, FDP, Grüne, Linke und SPD jede Woche eine Frage, die sie mit nur einem Foto beantworten dürfen. Diese Woche: Worauf könnten Sie in Berlin gut verzichten? Heute: Bettina Jarasch (Grüne).
Foto: IMAGO / Future Image
>Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Sebastian Andersson (30), Fußballer bei Union / Frank Glaubrecht (78), Schauspieler und Synchronsprecher / „Zum 60. für unseren Vater Harald Händel nur das Beste! Coms-Experte, Sportler, Debattierer, Weltenbummler – bleib weiterhin so aktiv! Deine drei Kinder“ / Dieter Herzog (75), ehem. Fußballprofi / „Einen fröhlichen Geburtstag wünschen Heike Kieser die ehemaligen Zimmernachbarn aus Berlin“ / „Ein Hoch auf Papa und Schwiegervater Manfred (74)! Ändere dich bitte nicht, bleib genauso wie du bist, denn wir alle lieben Dich, Du bist geil! Judith & Nicolas“ / Hans-Jürgen Miller / „Winne Wolf, sozialer Vermieter auf der „Roten Insel“, Unterstützer lokaler Künstler, Freund“
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Gestorben – Ulrich Germer, Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe / Rose-Marie Hildebrandt, * 1. Juli 1926, Lehrerin / Klaus-Jürgen Krüger, * 18. August 1942, Diplom-Psychologe
Stolperstein – Pessa Paulina Blech (geb. Goldberg) ist im Jahr 1874 in Warschau geboren. Am 3. August 1942 wurde sie im Alter von 68 Jahren mit dem 35. „Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie heute vor 78 Jahren, vermutlich aufgrund der unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager. Zu ihrem Gedenken liegt in der Manteuffelstr. 49 ein Stolperstein.
Encore
Die Checkpoint-Serie „Berlin weltweit“ führt heute nach Berlin, Maryland. Hier hat die Stadtverwaltung vorgestern ihre Sitzung gefilmt und ins Netz gestellt. Alles ist drin, vom Schwur auf die Verfassung der USA bis zur Verabschiedung. Die zweieinhalbstündige Diskussion, in der es etwa um eine Brache geht, die verkauft oder ein Skatepark werden könnte, hält Berlin, Maryland, seitdem in Atem: „Die Versicherung ist um etwa 20 Prozent gestiegen, das müsste untersucht werden“, schreibt eine Anwohnerin, „was bekommen wir für unsere Grundsteuer?“ ein anderer. Auch Lob ist dabei: „Danke an die Verwaltung für das Mähen des Westgrabens letzte Woche.“ Das Schweigen eines Politikers wird bemängelt und polemisch kommentiert: „Er ist wohl damit zufrieden, ein weiterer unehrlicher Politiker zu sein.“ Leider findet die Diskussion ein jähes Ende, als die Verwaltung sich einmischt: „Auf Facebook nehmen wir keine Fragen und Kommentare entgegen.“ Dieser Enthusiasmus kommt uns fast bekannt vor.
Recherchiert hat heute Lotte Buschenhagen, das Stadtleben hat Juliane Reichert serviert. Dank Kathrin Maurer (Produktion) erreicht Sie dieser Newsletter pünktlich. Morgen lesen Sie hier von Robert Ide.
Ihre Nina BreherBerlin braucht guten Journalismus!
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