Dicht bewölkt, abziehender Schneeregen, maximal 7°C

Er ist wieder da: Olaf Scholz über seine Russland- und Coronastrategien„Die Politik lässt uns im Stich“ – 100 Schülersprecher:innen formulieren ihre ForderungenBerliner entwickelt Terminsoftware für Bürgerämter – darf sie aber nicht nutzen

nachdem Olaf Scholz in der vergangenen Woche vorbildlichst alle (öffentlichkeitswirksamen) Kontakte reduziert hat, ist er wieder da. Am Mittwochabend, gegen 21:45 Uhr, hat sich der Bundeskanzler im ZDF heute-journal blicken lassen, viel geredet und sogar ein bisschen was gesagt: Ja, er hat bereits mit dem russischen Präsidenten gesprochen, ja, er plant demnächst nach Moskau zu fliegen und nein, er hat sich keinen Rat von seinem Vorgänger Gerhard Schröder geben lassen. Warum auch, „wenn ich die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland richtig verstehe, gibt es nur einen Bundeskanzler, und das bin ich“.

Zur aktuellen Vielleicht-Corona-Strategie sagt Scholz: „Wir machen das, was für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land richtig ist – nämlich dafür zu sorgen, dass wir möglichst viele Leben und möglichst viel Gesundheit schützen durch diese Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, einvernehmlich mit den Ländern, mit Beschlüssen im deutschen Bundestag als Grundlage dafür und auch von einem sehr großen Konsens in Deutschland getragen.“ Da ist der Bundeskanzler dann doch wieder viele. Mehr heiße Luft als Luftfilter. Die aktuellen Regel-Unterschiede der Bundesländer haben wir aus Gründen hier für Sie zusammengefasst (T+).

Apropos Luftfilter: Während Berlins Schulsenatorin in einem Rundschreiben an alle Schulleitungen klarmacht, dass die Präsenzpflicht nur wochenweise ausgesetzt werden kann, haben bundesweit 100 Schülersprecher:innen (31 aus Berlin) einen offenen Brief an die Politik geschickt. „Wir können Ihre aktuelle Politik, die uns alle im Stich lässt, psychisch belastet und körperlich gefährdet, nicht länger mittragen“, heißt es darin. Gefordert werden neben Luftfiltern in allen Klassenräumen: kostenlose FFP-2-Masken, angemessene Quarantänemaßnahmen, PCR-Pooltestungen, Unterstützung von Distanzunterricht, eine bessere technische Ausstattung und die Entlastung der Abschlussjahrgänge. „Wir werden in überfüllte Klassenräume mit unzureichenden Infektionsschutzmaßnahmen gezwungen. Damit werden vermeidbare Infektionen mit ‚milden‘ Verläufen oder gar Todesfälle bei Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in Kauf genommen. Dies gilt es zu verhindern! (…) Der aktuelle Durchseuchungsplan ist unverantwortlich und unsolidarisch.“ #Siewerdenlaut

An dieser Stelle noch ein kleiner, leiser Hinweis in eigener Sache: Wegen einer Corona-Lage erscheint der Checkpoint heute als Notfall-Ausgabe. Mit am Werk waren Anke Myrrhe, Matthieu Praun, Sarah Borufka, Joana Voß und Kathrin Maurer (die Ihnen das Ganze heute morgen um 6.30 Uhr ins Postfach geschickt hat). Viel Liebe fürs Team und keine Sorge: Von der Not-Not-Not-Lage sind wir noch weit entfernt.

Zu Berlins Allzeit-Termin-Not-Not-Lage: Ein hier lebender Softwareentwickler aus Kanada hat vergangene Woche eine Webseite livegeschaltet, die freie Bürgeramtstermine findet. Ein „öffentlicher Guerilladienst“, wie er sagt – der allerdings nach sieben Stunden schon wieder eingestellt wurde. Die Begründung: das Programm widerspreche den Regeln von „berlin.de“. Eine Konsequenz aus 2015? Wir erinnern uns: Schon damals war die Wartezeit ein Daueraufreger, worin drei Unternehmer um „Mister Germany 2013“ ein Geschäftsmodell witterten und ein Portal entwickelten, auf dem Berliner:innen kurzfristig einen Termin buchen konnten. Für schlappe 25 Euro gab’s einen innerhalb von fünf Tagen; wer 45 Euro übrighatte, musste nur zwei Tage warten. Das Start-Up hatte, ähnlich wie der Kanadier vergangene Woche, einen Algorithmus entwickelt, der den Kalender der Bürgerämter rund um die Uhr „beobachtet“. Damals blockierte die Landesregierung den Dienst kurzerhand (mittlerweile erledigt das Start-Up gleich ganze Behördengänge für kaufkräftige, meist englischsprachige Kund:innen). Und heute? Hat der Guerilla-Programmierer „berlin.de“ kontaktiert, in der Hoffnung, dass er das Tool wieder aktivieren darf. Hoffen wir mal mit.

Aufgrund der explodierenden Gas- und Heizölpreise hat die Bundesregierung gerade einen Heizkostenzuschuss beschlossen. Einmalig 135 Euro sollen Wohngeldbezieher, 115 Euro Studenten und Azubis mit Bafög erhalten. Einen vollständigen Kostenerlass bekommen derweil die Mieter:innen der Wohnungsgesellschaft Gewobag – die können nämlich erst gar nicht heizen. Während das „Steuerungsmodul“ in einem Prenzlauer-Berg-Haus mittlerweile ausgetauscht werden konnte, sitzen Mieter:innen der Dolgenseestraße weiter im Kalten: Bereits seit Oktober funktionieren die Heizungen nur unregelmäßig. Die Ursachen sind laut Gewobag „vielseitig“: Mängel bei den Ventilen, eine lückenhafte Dokumentation der Heizanlage, eine fehlerhafte Anlagen-Einstellung, fremde Zugriffe durch Unbefugte (bevor der Zugang verschlossen wurde) und die unsachgemäße Nutzung der Fußbodenheizung. Kleiner Grund zur Hoffnung: „Aktuell kontaktieren wir sukzessive die betroffenen MieterInnen und beheben die Probleme in den Wohnungen vor Ort.“

Noch keiner da: Die Kontrollgremien der wichtigsten Landesbetriebe haben weiterhin keinen Vorsitzenden. Eigentlich ist es üblich, dass der Wirtschaftssenator das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden übernimmt. Doch der scheint kein so großes Interesse zu haben. Tagesspiegel-Informationen zufolge will Stephan Schwarz (parteilos) zumindest den BVG-Posten an seinen Wirtschaftsstaatssekretär Tino Schopf abtreten. (Sie erinnern sich vielleicht, das war der SPD-Abgeordnete, der eventuell auch deshalb Staatssekretär wurde, damit Saleh seinen engen Vertrauten Torsten Schneider wieder im AGH unterbringen konnte). Um das umzusetzen, müsste allerdings erstmal ein Gesetz geändert werden. Das ganze Geschacher hat Tanja Buntrock exklusiv für Sie aufgeschrieben (hier zu lesen mit T+).

Für mehr Farbe im grauen Februar: Am heutigen Donnerstag erscheint unser Queerspiegel-Newsletter mit neuem Outfit, neuer Regelmäßigkeit (zweimal im Monat) und neuen Inhalten. Unter anderem wird künftig je ein „Ally des Monats“ vorgestellt, also Unterstützer*innen der queeren Community. Den Auftakt macht Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), die erzählt, wie sie schon im Elternhaus für den Kampf um Teilhabe sensibilisiert wurde, warum der Vatikan mal einen Kirchenbann gegen sie ausgesprochen hat – und dass sie hofft, weiterhin auf CSDs eingeladen zu werden („Der CSD ist eine Rebellion für Anerkennung“). Wer jetzt nicht abonniert, ist selbst schuld: queer.tagesspiegel.de.

Telegramm

„Er hätte auf keinen Fall fahren dürfen.“ Rund zweieinhalb Jahre nach dem SUV-Unfall mit vier getöteten Fußgänger:innen in der Invalidenstraße hat die Staatsanwaltschaft auf eine Strafe von eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung plädiert. Am 17. Februar will das Landgericht ein Urteil verkünden.

Früher musste man mit dem Esel zur Volkszählung, heute gibt’s den Zensus: Insgesamt 10 Millionen Deutsche werden noch in diesem Jahr bundesweit befragt, 700.000 aus Berlin und Brandenburg.

2.819.271 Berliner:innen sind – Stand Mittwoch – geimpft. Noch vor wenigen Wochen war Berlins Regierende zuversichtlich, bald die 80-Pozent-Marke zu knacken. Mathe mit dem Checkpoint: Ziel vorerst verfehlt.

Ich biete ihm an, dass ich ihn selbst impfe und über alle Risiken aufkläre. Die sind bei einer Nichtimpfung deutlich höher“, sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (Q: „Bunte“) und meint damit Bayernprofi Joshua Kimmich. Wo Promis sich weigern, pikst der Chef noch persönlich. Da passt auch der Titel von Lauterbachs aktuellem Buch: „Bevor es zu spät ist“

Wer keinen Termin bei Karl Lauterbach hat, kann sich voraussichtlich ab nächster Woche in der Apotheke impfen lassen. „Keine Konkurrenz für impfende Hausärzte“, sondern eine Angebotserweiterung. In der Hoffnung, dass dann auch die Nachfrage steigt.

„Ich wär‘ so gerne Millionär“, sangen schon die Prinzen. Und was soll man sagen: Dann hätten sie sich zumindest diese 99 Quadratmeter große top-nicht-sanierte Bude in Prenzlauer Berg kaufen können (949.857,36 Euro; Foto hier). Dafür könnte das „hier präsentierte Objekt schöner und zentraler nicht gelegen sein“.

Stichwort schön: Die Stadt und Land Wohnbauten GmbH lässt an 16 Standorten in Neukölln und Treptow-Köpenick Spielplätze erneuern. Wer schon immer mal sein Tobeparadies gestalten wollte, sollte sich jetzt mit einem guten Angebot bewerben. Themenvorschläge nehmen auch wir gerne entgegen: Welcher Mottospielplatz fehlt Berlin? Schreiben sie uns an checkpoint@tagesspiegel.de.

Noch ein Blick in die digitale Zukunft: Gegen Ende des zweiten Pandemiejahres schreibt das ITDZ eine Videokonferenzlösung für Berlins Behörden aus. Nicht fehlen dürfen dabei Screensharing, Nutzung im Browser und eine Chatfunktion. Was gänzlich fehlt: Barrierefreiheit. Checkpoint-Hinweis: Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit hat Videokonferenzprogramme verglichen. Kann man mal reingucken.

Guck mal, Bayern! „Auch eine Waschmaschine nehmen Sie nicht mit der S-Bahn mit heim“, erklärte Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) letzte Woche im Interview mit der Münchener Abendzeitung. Die Berliner Antwort darauf gibt’s hier (in einem Bild). Mit verkehrswendefreundlichen Grüßen.

„Toilettenposse in der Hasenheide“, meldet Kollegin Madlen Haarbach. Berlins erstes „Missoir“, eine Art Urinal für Frauen und laut Hersteller ein „Meilenstein der Geschlechtergerechtigkeit“ ist schon nach zwei Monaten wieder Geschichte. Der Grund: das Geld (T+). Vielleicht doch nur ein Millimeterkiesel.

Kleine Korrektur aus unserer Demo-Rubrik: Die Klima-Mahnwache hatten am Dienstag natürlich nicht die „Omas gehen Rechts“, sondern die „Omas gegen Rechts“ angekündigt. Die gehen grundsätzlich eher links.

Meilenweit zu rechts abgebogen sind dagegen ein 24- und ein 43-Jähriger, die sich am Dienstagnachmittag Parolen schreiend & den Hitlergruß zeigend durch die Rathauspassagen am Alex bemerkbar machten. Immerhin: Die gewünschte Aufmerksamkeit bekamen sie: Die Polizei Berlin vermeldet 2 Festnahmen, 2 Anzeigen, 2 erkennungsdienstliche Behandlungen und 1 erlassener Haftbefehl.

Zitat

„Könnt ihr euch noch an den Müllhaufen in der Corinthstr. 19 erinnern? Viele Bürger beschwerten sich und ich stellte eine offizielle Anfrage an Stadträtin Gerold (GRÜNE). Es hat sich etwas getan: Der Müllhaufen wurde umzäunt. Toll!“ 

Timur Husein, CDU-Bezirksverordneter in Friedrichshain-Kreuzberg

 

Tweet des Tages

Am Wertstoffhof: ‚Wat hammse?‘ ‚Teppich, Altholz und den letzten Liebhaber!‘ ‚Teppich inne 2, Holz inne vier und Liebhaber in die sieben! Aber ohne Piercings, is nich abbaubar! Soll ick mit anfassen?‘ ‚Nö, geht!‘ Ist halt alles nicht so kompliziert in Berlin!

@Sumpfkuh

Stadtleben

Essen – Hoch über den Dächern der City West und mit Blick auf den Zoo isst man im NENI Berlin, und zwar israelisch. Das Restaurant war eines der Ersten, das die derzeit so angesagte Levante-Küche in die Hauptstadt brachte. Auf der Karte: Na klar, Hummus, aber auch Sabich (köstliche, gebackene Aubergine, serviert mit Tahina, Tomatensalsa und weichem Ei), Sashimi Lachs und ein Korean Fried Chicken Salat mit Granatapfelkernen. Mit dem „Balagan“-Menü (55 Euro p.P.) schlemmen Sie sich einmal quer durch die Karte – viel Hunger mitbringen, die Portionen sind ordentlich! Mo-Do 12-23 Uhr, Fr-So 12.30-23 Uhr, Budapester Straße 40, S+U-Bhf Zoologischer Garten

„Wir sind die Neuen“

60 der insgesamt 147 Parlamentarier sind in dieser Legislaturperiode neu im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Checkpoint stellen wir sie vor.

Name: Frank Balzer (CDU)
Beruf: Diplom-Verwaltungswirt, Bezirksbürgermeister a.D.
Alter:  57 Jahre
Wahlkreis: Reinickendorf (WK 6)
Berliner Lieblingsort: Laufen im Tegeler Fließ
Eine Sache, auf die ich mich 2022 in Berlin freue: „Wenn im Frühjahr/Sommer 2022 die Coronamaßnahmen soweit zurückgefahren werden, dass es wieder ein gesellschaftliches Leben gibt.“

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Harald Christ (50), Bundesschatzmeister der FDP / Ulrich Karger (65), Schriftsteller und Religionslehrer / „Liebe Mama, Achtzig ist ein sehr stolzes Alter. Wir wünschen dir dafür vor allem Gesundheit, Zufriedenheit und Humor! Wir haben dich lieb ;-))) Beate+René, Angela+Guido sowie Erik+Tamara und Vincent“ /  Markus Schulz (47), DJ und Musikproduzent / Andrea Tietz (58) „Oberpfälzerin in Lichtenrade“ / „Lieber Wilfried Weingarten, zu Deinem 83. Geburtstag die besten Glückwünsche. Bleib gesund, auch ohne Indien und Myanmar von Armin F. “

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Henning Korn, * 15. Oktober 1936, Künstler und Pädagoge / Fred Riedel, * 25. Januar 1935 / Dietlind Tumm, * 2. September 1941 / Bauing. Bernd Westphal, * 30. August 1940 / in memoriam: Waltraut Mau, *11. Februar 1939, Bühnen- und Kostümbildnerin, Mitbegründerin des Grips Theaters, verstorben am 1. Februar 2022

StolpersteinSelma Goldschmidt wurde heute vor 146 Jahren, am 3. Februar 1876, in Pinne (Provinz Posen) / Pniewy geboren. Seit 1917 wohnte Selma mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Bertha in der Kreuzberger Oranienstraße 207. Gemeinsam wurden sie im März 1942 mit dem „11.Osttransport“ in das jüdische Ghetto Piaski (Polen) deportiert, ab da verlieren sich die Spuren der beiden Schwestern. Seit dem 2. Mai 1996 erinnert an der Oranienstraße ein Stolperstein an Selma und Bertha Goldschmidt.

Encore

Wir enden mit „Berlin, ein Kirchenaustritt“, aufgezeichnet von Fabian Müller in der aktuellen „Zeit“

An einem Wintertag im Berliner Amtsgericht. Bei der Einlasskontrolle frage ich den Justizbeamten, wo ich denn meinen Kirchenaustritt erklären könne. „Nach der Treppe rechts, auf die Tür links neben dem Schaukasten zu“, sagt er, um dann mit völlig ungerührtem Gesicht fortzufahren: „Dort wartet bereits Luzifer auf Sie.“

Morgen meldet sich hier (sofern keine Not-Not-Not-Lage dazwischenkommt) himmelhochjauchzend Anke Myrrhe. Bis bald!

Ihre Ann-Kathrin Hipp

Berlin braucht guten Journalismus!

Finden Sie auch? Unterstützen Sie uns!
JETZT GRATISMONAT STARTEN

Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

Das finden Sie gut? Dann unterstützen Sie uns mit dem neuen Tagesspiegel Plus-Abo! Für 14,99 € im Monat erhalten Sie den ungekürzten Checkpoint-Newsletter, den Checkpoint am Wochenende und das Beste vom Tagesspiegel im Web und in der App. Und Sie ermöglichen uns, auch weiterhin vor Ort zu sein, genau hinzuschauen und unabhängig zu bleiben. Die Anmeldung dauert nur eine Minute. Wir würden uns freuen!