Überwiegend bedeckt bei max. 11°C

Müllsünder leben in diesen Bezirken gefährlichFast täglich Fototermine mit Giffey und SchreinerParteien starten Europawahlkampf in Berlin

Anzeige

Das Abgeordnetenhaus soll in seiner Aktuellen Stunde heute auf Antrag der SPD über „Wissenschaftspolitik in Berlin“ debattieren. Naheliegenderes Thema wäre der zwar einträchtig verkündete, aber umfassend verminte schwarz-rote Haushalt. Grüne und Linke luden gestern zu einem Presse-Statement heute vor Sitzungsbeginn, in dem sie nach CP-Informationen genau das anprangern wollen. Grünen-Fraktionschef Werner Graf sagte dem CP vorab, dass es eine zentrale Frage für Berlin sei, wie der Senat mit den Milliardendefiziten umgehen will. Die Landesfinanzen sähen nach nur einem Jahr Schwarz-Rot „so mies aus wie seit dem Bankenskandal nicht mehr“. Man habe auf die Anmeldung einer Aktuellen Stunde verzichtet, „um dem Regierenden Raum zu geben, Rede und Antwort zu stehen“. Aber der drücke sich, während die sozialen Träger weiter vor Kürzungen bangen und niemand wisse, wie trotz gestrichener Wohnungsbauzuschüsse künftig bezahlbare Bleiben entstehen sollen.

Klischees sind auch nicht mehr, was sie mal waren. Ausgerechnet in den grün regierten Bezirken scheint die Vermüllung des öffentlichen Raumes am konsequentesten verfolgt zu werden: In einer – allerdings unvollständigen – Statistik der wegen fallengelassener Kippen, Einwegbecher usw. sowie Tretminen eingeleiteten Verfahren liegt F’hain-Xberg mit 559 im vergangenen Jahr klar vorn, gefolgt von ChaWi (347). Bei den gleich am Tatort per Kartenzahlung erledigten, für alle Bezirke erfassten Fällen, ist der Vorsprung sogar noch größer (Xhain 703, ChaWi 358, Mitte 143, Pankow 83, Lichtenberg 40, Neukölln 38, TempelSchön 12, StegZehl und TrepKöp je 7, die anderen null). Erfragt hat die Zahlen, die dem CP vorab vorliegen, die Abgeordnete Julia Schneider (Grüne, tada!), die resümiert, dass demonstrative Bußgelderhöhung nur funzt, wenn Verstöße tatsächlich verfolgt werden.

Berlins mutmaßlich nervigste Ampel ist sogar noch nerviger als gestern berichtet: ein CP-Leser merkt an, dass die genannten 78 bis 85 Sekunden Wartezeit „in Ausnahmefällen zu Spitzenverkehrszeiten“ zur angeblichen Beschleunigung der Tram in der Turmstraße just das Ende der Strecke betreffen, auf dem die Bahn leer ins Kehrgleis fährt. Wie das die notorisch vom Stau ausgebremste M10 beschleunigen soll, erschließt sich weder ihm noch einer anderen Leserin, die schreibt, dass es oft 78 plus 85 Sekunden Wartezeit für die Fußgänger seien, die so „samt Kindern zu ‚Rotläufern‘ umerzogen“ würden. Die Verkehrsverwaltung hat nach eigenem Bekunden keine Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Dauer der Rotphase und Anteil der Rotgeher, wie sie dem Abgeordneten Taylan Kurt (Grüne) mitteilte: „Der Senat geht davon aus, dass die geltenden Verkehrsregeln eingehalten werden.“ Der Senat war offenbar lange nicht draußen.

Aber wir helfen gern, die Datenlage zu verbessern.

Opinary/ Umfrage bei Rot über die Ampel gehen

Gestern hat jemand von der Berliner FDP beim Checkpoint angerufen, um zu fragen, ob man sich a) erinnere und b) auf den Europa-Wahlkampfstart mit den Spitzenkandidatinnen Maria-Agnes Strack-Zimmermann (Bund) und Anastasia Vishnevskaya-Mann (Land) am Sonntag im Loft am Salzufer hinzuweisen. Wie ein Rundruf bei der Konkurrenz ergab, wird’s überall ernst: Die CDU präsentiert am Freitag im Adenauerhaus mit Kai Wegner, Generalsekretärin Ottilie Klein und Spitzenkandidatin Hildegard Bentele „Inhalt und Optik des Berliner Wahlkampfes“. Die Grünen haben ihre Kampagne mit Spitzenkandidatin Terry Reintke am Montag vorgestellt, planen Veranstaltungen am 13. Mai und 5. Juni. Die SPD startet Sonntag „mit der Plakatierung von bis zu 20.000 Flächen“. Die Linke versammelt Prominenz aus Bund und Land nächsten Freitag am Rosa-Luxemburg-Platz, die „in angenehmer Atmosphäre und bei Musik und Erfrischungen Interessierten Rede und Antwort stehen“ will. Das BSW will seine Plakatkampagne am Mittwoch präsentieren.

Mit einem T+-Abo bekommen Sie

+ sechs Wochen lang für 2,4 Cent pro Tag die Vollversion des Checkpoints. In der lernen Sie heute mehr über die vielen gemeinsamen Fototermine zweier Senatorinnen. Sie lesen, warum die Verkehrsverwaltung mehrere wichtige Briefe noch nicht beantwortet hat und erfahren mehr über die Strafanzeige einer Berliner Schulleitung.

+ Im Stadtleben können Sie Tickets fürs Schlosspark-Theater gewinnen.

+ Außerdem bekommen Sie Zugriff auf sämtliche T+-Artikel, die nicht nur das Wichtige der Welt erklären, …

+ … sondern auch wunderbar unnützes Berlin-Wissen wie ganz aktuell das BVG-Typenlexikon des Kollegen Jörn Hasselmann.

Telegramm

Die Berliner Blamage bei der Gedenkstunde zur Befreiung des KZ Sachsenhausen, bei der kein Vertreter von Senat und Abgeordnetenhaus anwesend war, um den gemeinsamen Kranz niederzulegen (CP von gestern), beruhte laut Senatssprecherin Christine Richter auf einem „internen Missverständnis“ und solle sich nicht wiederholen. Auch die durch Abwesenheit glänzende CDU-Fraktion will in Zukunft „selbstverständlich“ wieder teilnehmen. Der Veranstaltungshinweis sei „leider untergegangen“.

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, will der Senat demnächst einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Erhöhung des Pensionsalters für Beamte auf 67 Jahre regeln soll. Der Beamtenbund lässt prompt ausrichten, dass er da nicht mitmacht, solange die Besoldung nicht ebenfalls aufs bundesweit übliche Niveau steigt.

Rund 40 Prozent der Berliner Mitglieder haben laut SPD bisher über die künftigen Landesvorsitzenden abgestimmt. Dass die Erwartungen damit nicht gerade übertroffen wurden, legt eine Mail an die Mitglieder nahe, in der gleich vier ehemalige Regierende zur Stimmabgabe aufrufen. „Die Berliner SPD braucht eine starke Stimme ihrer Mitglieder und die künftigen Landesvorsitzenden eine möglichst hohe Wahlbeteiligung, um gestärkt aus dieser Mitgliederbefragung hervorzugehen“, schreiben Franziska Giffey, Michael Müller, Klaus Wowereit und Walter Momper. Morgen Abend ist Einsendeschluss, dann wird ausgezählt.
 

Selten ist die Personalnot in der Pflege so deutlich geworden wie durch den Notruf einer Fachkraft, die nach absolvierter Doppelschicht niemanden hatte, dem sie die 142 Bewohner:innen für die Nacht überlassen konnte. Im Tagesspiegel (wahlweise in Ihrem Briefkasten, am Kiosk oder als E-Paper) haben wir heute einen Schwerpunkt zur Situation im Allgemeinen und den Zuständen in dem Friedrichsfelder Heim im Besonderen. Außerdem bitten wir Sie um Hilfe: Welche Erfahrungen haben Sie mit Berliner Pflegeheimen gemacht? Horrorgeschichten, Überraschungen und Lobreden nimmt CP-Kollegin Lotte Buschenhagen via lotte.buschenhagen@tagesspiegel.de entgegen. Die Veröffentlichung ist auch anonym möglich.

Alle Jahre wieder derselbe heiße Scheiß: Unter dem Glasdach wird es im Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden unerträglich warm, weil die Klimaanlagen nicht funktionieren. Auch diesmal scheiterte eine geplante Reparatur. Die gute Nachricht: Bei den für die nächsten Tage angekündigten einstelligen Höchsttemperaturen dürfte es sich in der Stabi gut aushalten lassen.

Die Gesamtzahl der in Berlin zugelassenen Autos steigt von Jahr zu Jahr – aber seit 2022 nur noch wegen immer mehr gewerblicher Fahrzeuge. Deren Zahl wuchs seitdem um rund 25.000 auf jetzt 193.000, während die Zahl der privaten Autos um gut 22.000 abnahm auf aktuell 1,051 Millionen. Rein elektrisch sind 20.000 Dienst- und 15.000 Privatwagen unterwegs, also erst drei Prozent der Flotte (Q: Innenverwaltung auf Linken-Anfrage).

Von dem zum Jahresbeginn in Betrieb gegangenen Hubschrauberlandeplatz am Helios-Klinikum Buch sind in den ersten beiden Monaten 200 Einsätze geflogen worden, also reichlich drei pro Tag. Bis 2030 rechnet die Luftfahrtbehörde im Jahresmittel mit täglich fünf bis sechs Einsätzen, in den Sommermonaten eher mit acht bis neun. Zum Vergleich: Am Unfallkrankenhaus Marzahn waren es im vergangenen Jahr 2447 Flugbewegungen, also sechs bis sieben pro Tag (Q: Senat auf Anfrage Jan Lehmann, SPD). Dass es über Pankow gefühlt viel häufiger als früher knattert, liegt laut einer Auswertung der Flugsicherung (auf Anfrage Lars Bocian, CDU) vor allem an deutlich mehr Polizeiflügen.

Der SPD-Abgeordnete und Ex-Senator Andreas Geisel hat die Antwort auf seine sechste parlamentarische Anfrage zur Barrierefreiheit des Betriebsbahnhofs Rummelsburg erhalten. Die wochenweisen Zahlen zur Verfügbarkeit des Aufzuges (zwischen 91 und 96 Prozent), die die Bahn auf seine fünfte Anfrage hin geliefert hatte, kamen ihm nämlich nordkoreanisch vor, weil der Lift in Wahrheit wochenlang kaputt war. Wo also kamen die tollen Zahlen her? Laut der Bahn stammten sie aus einem Modul, das automatisch Daten sendet und wegen der offenkundigen Verbreitung von Fake News nun „umgehend ausgetauscht“ wurde. Jetzt muss nur noch jemand den Aufzug reparieren.

Zitat

„Die Idee, dass man das Berliner Wohnungsbauproblem auf diesem sehr kleinen Stück Stadt, wo Berlin am ältesten ist, lösen muss, ist eine städtebauliche Grausamkeit und extrem mittefeindlich.“

Der Historiker und Stadtforscher Benedikt Goebel erklärt im Interview, warum er die Planungen für den Molkenmarkt falsch findet, wie es besser ginge, und warum er die Klage gegen den Neubau der Mühlendammbrücke unterstützt.

 

Kiekste

Dieses „Wölkchen“ am Ku’damm haben wir Leserin Sandra Ronca zu verdanken. Weitere (Wetter-)Phänomene aus Berlin gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem KIEKSTE-Wettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

>

Berliner Gesellschaft

Geburtstag Marco Brauchmann (39), CDU-Politiker und Lehrer, Bezirksstadtrat in Treptow-Köpenick und Leiter der Abteilung Weiterbildung, Schule, Kultur und Sport / Christian Dürr (47), Politiker, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion / Sanna Englund (49), Schauspielerin, u.a. in der Fernsehserie „Notruf Hafenkante“ und Model / Vanessa Fischer (26), Torhüterin beim 1. FFC Turbine Potsdam / Haile Gebrselassie (51), ehem. äthiopischer Leichtathlet, viermaliger Gewinner des Berlin-Marathons / Jakov Gojun (38), Handballspieler, bis 2021 bei Füchse Berlin / Konradin Groth (77), klassischer Trompeter, Professor an der Universität der Künste Berlin / Bernd Hengst (77), Musiker, Trompeter und Schlagersänger (Band „Die Flippers“) / Neo Rauch (64), Maler, bedeutender Vertreter der „Neuen Leipziger Schule“ / Esther Schweins (54), Schauspielerin, u.a. in „Vorstadtkrokodile 2“ und Komödiantin / Thomas Seerig (64), Politiker, Ortsvorsitzender der FDP Steglitz / Jutta Trapp (76), ehem. Tischtennis-Nationalspielerin (u.a. Mannschaftseuropameisterin und Berliner Rekordmeisterin)

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Robert Bachmann, * 29. November 1972 / Jörg Uwe Günter Beier, * 1969 / Ellen Ebeling, * 28. Juni 1938, Pädagogin / Sieglinde Franziska Huber-Bockinger, * 2. April 1936 / Herbert Mondry, * 1940, langjähriger Vorsitzender des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin / Dr. med. Thorsten Nöthel, * 18. März 1961, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie

Stolperstein – Der Berliner Alfred Nathan Reisner (Jg. 1895) war als Bankbeamter tätig und heiratete 1926 die Kunstgewerblerin Lilli Brandt. Aufgrund der Verfolgung jüdischer Menschen durfte er später nur noch als Buchhalter bei der Jüdischen Gemeinde arbeiten. 1942 wurde das Ehepaar von den Nazis in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Alfred Reisner heute vor 80 Jahren ermordet wurde. Auf der Pestalozzistraße 15 in Charlottenburg erinnert ein Stolperstein an ihn. Lilli Brandt wurde weiter nach Auschwitz verschleppt. Ihr Todesdatum ist unbekannt. 

Encore

Wenn man dem Straßenkünstler Dan K. Sigurd drei Worte und drei Euro gibt, setzt er sich an seine Schreibmaschine und macht aus den Worten ein Gedicht. Kollege Robert Klages hat keine Kosten gescheut und das mit den Begriffen „Zeitung, Kreuzberg, Kiez“ ausprobiert. Spoiler: „Kiez“ reimt sich auf „Freaks“, wenn man nur will. Mehr über den Künstler und sein Werk gibt’s heute im neuen Bezirksnewsletter für Friedrichshain-Kreuzberg.

Nach allen Regeln der Kunst hat Florian Schwabe für diesen CP recherchiert. Sophie Rosenfeld hat das Stadtleben zusammengereimt und Jasmine Dellé alles glücklich vermailt. Morgen sortiert Daniel Böldt hier Dichtung und Wahrheit.

Ihr Stefan Jacobs

Berlin braucht guten Journalismus!

Finden Sie auch? Unterstützen Sie uns!
JETZT GRATISMONAT STARTEN

Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

Das finden Sie gut? Dann unterstützen Sie uns mit dem neuen Tagesspiegel Plus-Abo! Für 14,99 € im Monat erhalten Sie den ungekürzten Checkpoint-Newsletter, den Checkpoint am Wochenende und das Beste vom Tagesspiegel im Web und in der App. Und Sie ermöglichen uns, auch weiterhin vor Ort zu sein, genau hinzuschauen und unabhängig zu bleiben. Die Anmeldung dauert nur eine Minute. Wir würden uns freuen!