Strahlender und sonniger Vormittag, später vereinzelt Wolken bei um die 21°C

Berlin will Flaggen zum Weltkriegs-Gedenken untersagenEnteignung von Wohnkonzernen: Werden auch Banken angetastet?Lehrerinnen und Lehrer müssen doch nicht ihre Tattoos zeigen

es ist bereits der 75. Tag des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Hier die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

- Die Evakuierung von Zivilisten aus der ausgebombten Hafenstadt Mariupol soll nach ukrainischen Angaben weitergehen. Die russische Armee griff allerdings erneut das Stahlwerk Asowstal in Mariupol an, wo sich noch ukrainische Zivilisten und Soldaten aufhalten.

- Die Bundesregierung will Sanktionen gegen russische Oligarchen besser durchsetzen. Dabei geht es darum, Vermögenswerte wie Luxusjachten, Villen und Flugzeuge einzufrieren. Dafür sollen bis zur Sommerpause des Bundestags gesetzliche Änderungen beschlossen werden. 

- Frankreich rechnet bis zum Wochenende mit einer Einigung der EU-Staaten auf ein Einfuhrverbot für russisches Öl. Dieses soll innerhalb des nächsten halben Jahres umgesetzt werden. Ungarn und die Slowakei dürfen durch eine Ausnahmeregelung wohl Öl bis Ende 2023 beziehen.

Alle aktuellen Entwicklungen können Sie Sie in unserem Live-Blog verfolgen, eine aktuelle Karte zur Invasion Russlands in der Ukraine finden Sie hier. Für die Opfer spenden können Sie hier.

Zu einem Kristallisationspunkt der Debatte um den Krieg wird in Berlin der kommende Montag werden, wenn Russlands Propaganda den Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland zum alleinigen Gedenken an die russischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg umzugedenken gedenkt (und dabei die ukrainischen Opfer unterschlägt).

Laut einer Aufstellung von Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD), die dem Checkpoint vorliegt, gibt es am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow, wo sich bisher alljährlich die russischsprachige Community zum Gedenken traf, am Montag von 8 bis 16 Uhr auch eine „Kundgebung gegen den Überfall auf die Ukraine“, zu der Berlins Sicherheitsbehörden 500 Personen erwarten. Allerdings soll auch die Putin-treue Motorradgang der „Nachtwölfe“ anrollen; ebenso planen Reichsbürger und Rechtsextreme prorussische Kundgebungen.

Aus Berlins Sicherheitskreisen heißt es, dass an den Gedenktagen am 8. und 9. Mai das Tragen von russischen und ukrainischen Fahnen sowie von Uniformen und militärischen Abzeichen rund um die sowjetischen Ehrenmale untersagt wird – außer für Weltkriegs-Veteranen und Diplomaten. Interessant in diesem Zusammenhang ist noch eine weitere Auskunft auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Stefan Evers: „Dem Senat ist bislang eine Person mit einer amtlichen Meldeanschrift in Berlin bekannt, die sich an Kampfhandlungen in der Ukraine auf Seiten des ukrainischen Militärs beteiligen will.“

Weil ja gerade halb Berlin wie SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert eine Wohnung sucht, haben wir noch einmal im geplanten Enteignungsgesetz für große Wohnungsunternehmen geblättert. Natürlich findet man im Entwurf zum Gesetz „zur Überführung von Wohnimmobilien in Gemeineigentum“ nicht plötzlich mehr Wohnungen in Berlin, dafür aber eine bisher kaum diskutierte Passage, die auch Einschnitte für finanzierende Banken bringen könnte.

Zwar ist im Gesetzentwurf nicht wörtlich von Grundschulden und Hypotheken die Rede, die mit Enteignungen angetastet werden können. Aber aus Paragraf 6 sowie der Begründung dazu ergibt sich, dass mit „darauf haftenden privatrechtlichen Verpflichtungen“ genau dies gemeint sein kann, es eben auch um „grundpfandrechtlich gesicherte Kredite“ geht. Ein weites und ein weiteres Feld für juristische Auseinandersetzungen um die Enteignung, denn finanzierende Banken würden laut Gesetzentwurf ihre mit Hypotheken oder Grundschulden gesicherten Kredite höchstens gestreckt zurückbekommen.

Klaus Mindrup, Berliner SPD-Politiker und Experte für Wohnungsbaugenossenschaften, befürchtet Auswirkungen auf den gesamten Wohnungsmarkt. „Diese Regelung würde das Vertrauen finanzierender Banken in den Standort Berlin stark erschüttern“, sagte Mindrup dem Checkpoint. „Dies hätte auch schwere Folgen für die Finanzierung von alternativen und genossenschaftlichen Hausprojekten und wäre keineswegs auf Großkonzerne beschränkt.“

Die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ meint dagegen, die Banken hätten durchaus Anspruch auf Entschädigungen. „Generell wollen wir aber gar nicht, dass so viel Kapital in Immobilien ist wie jetzt – wir wollen das eher umkehren“, sagte ein Sprecher der Initiative auf Nachfrage. Die Suche in Berlin nach der richtigen Wohnung und dem richtigen Umgang mit dem leerverkauften Wohnungsmarkt dürfte noch lange weitergehen.

Jetzt noch ein Sprung ins kalte Wasser: Falls Sie am Wochenende tiefer in Berlin eintauchen wollen, hüpfen sie einfach in die bereits offenen Freibäder am Wannsee, am Olympiastadion, in Kreuzberg und Spandau Süd sowie am Humboldthain oder am Insulaner. In diesem Jahr ist das Wasser besonders erfrischend. Denn, wie berichtet, wird am Gas gespart – und damit an einer 2 Grad höheren Wassertemperatur. Wer’s noch bibbriger mag, badet in der Berliner Sonne. Im Freibad Kreuzberg ist das mit Solarenergie beheizte Becken noch kühler als das andere heruntergekühlte; frischer kommt das Wasser nur aus der Leitung: 12 Grad. Lediglich zwei Berliner Bäder heizen übrigens nur mit Solarenergie ein – die Sommerbäder Mariendorf und Pankow. Die sind aber noch geschlossen. Bis der warme Regen kommt.

Telegramm

Zuerst ein Geständnis: Es gibt keine Liebe ohne Leiden – zumindest nicht, wenn die erwählte Dame auf den Namen Hertha hört. Am Sonnabend werde auch ich ihn wieder rufen, um Berlins so stolzen und so verletzten Fußballverein Hertha BSC im ausverkauften Olympiastadion vor dem Abstieg zu retten. Warum tun wir Hertha-Fans uns das gurkige Gekicke jedes Jahr aufs Neue an? Das habe ich mit sieben Kolleginnen und Kollegen in ganz persönlichen Liebeserklärungen ergründet – am Sonnabend nachzulesen im Tagesspiegel und online schon hier. Berlin kann auch HaHoHerrlich sein.

Da wir gerade bei der Liebe sind: Klaus war Jazz, Elisabeth war Techno. Zusammen waren sie ein Paar, das sich seit der Jugend liebte, früh ein Kind bekam und danach durch das wilde Berlin nach dem Mauerfall tanzte – frisch getrennt auf zwei Planeten in der gleichen Stadt. Aber wie kann das gut gehen: nach neun Jahren Trennung wieder in eine gemeinsame Umlaufbahn zu fliegen? Das erzählen beide hier in unserer aktuellen Liebeskolumne. Fast ohne Leiden.

Mein Körper gehört mir. Außer, wenn man in Berlin eine verbeamtete Lehrkraft werden möchte. In einem Fragebogen sollten Bewerberinnen und Bewerber „Position, Größe, Beschreibung und die persönliche Bedeutung“ ihrer Tätowierungen mitteilen, „inklusive Fotos von jedem Tattoo“. Intimtattoos nicht ausgenommen. Überprüft vom Amtsarzt. Nach Affären um verfassungsfeindliche Tattoos von Amtspersonen in Pankow und in Brandenburg durchaus nachvollziehbar. Dennoch zog die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft öffentlich blank und mit Protest gegen den Fragebogen zu Felde. Die Bildungsverwaltung hielt sich erst bedeckt, ließ die Sache dann aber doch fallen. Ein typischer Fall von: Haut drauf!

Unter die Haut geht eine Forsa-Umfrage der AOK zum Thema Sonnencreme. Brennendste Erkenntnis: „Obwohl knapp zwei Drittel (62 Prozent) beim Duft von Sonnencreme an Urlaub denken, mögen nur knapp die Hälfte (46 Prozent) den Geruch.“ So stranden Studien.

Von Pontius zu Pilatus liefen die Polizistinnen und Polizisten, die wegen Übungsstunden an Berlins maroden Schießständen gesundheitliche Schäden davongetragen haben. Nun wurden 178 Bescheide zur Entschädigung nachgeprüft. Mit gesundheitsgefährdendem Ergebnis: „Es gab keinen Fall, der fehlerfrei war“, bilanziert Michael Böhl vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (via RBB). Zeit für gesunden Menschenverstand.

Und auch das noch: Die Grünflächen am schmucken Savignyplatz werden heute eingezäunt, weil hier vor lauter Menschen kein Gras mehr wächst (mehr im Bezirks-Newsletter – kostenloses Abo hier). Aber ohne Regen kann man sich sowieso fragen: Was bringt Berlin noch zum Rasen?

Zitat

„Ich freue mich auf frischen Salat.“

Der deutsche Astronaut Matthias Maurer kehrt heute nach sechs Monaten auf der Raumstation ISS aus dem All zurück auf die Erde.

 

Tweet des Tages

Die Atombombe wird ganz schön dumm gucken, wenn sie in Deutschland ankommt und wir alle auf Sylt sind.

@AlexUpatov

Stadtleben

Essen – Über das perfekte Schnitzel mit vollkommener Panade (es muss sich wellen, eh), wer es macht und wo man es bekommt, vermögen nicht nur Österreicher hingebungsvoll zu diskutieren. In Berlin ist mit dem „SodaZitron“ in der Kollwitzstraße nun eine neue Adresse hinzugekommen, die Schnitzel-Fans aufhorchen lässt. Hier steht Harald Höllrigl in der Küche, der zuvor jahrelang im „Borchardt“ tätig war. Aber im SodaZitron gibt es natürlich auch andere Klassiker wie Grießnockerlsuppe und Kaiserschmarrn. Zudem ist die Weinkarte ein Showstopper: Co-Betreiber und „Eat Berlin“-Erfinder Bernhard Moser versammelt darauf auch weniger bekannte Namen österreichischer Winzer. Perfekt, um das ein oder andere Glas auf der schönen Terrrasse zu probieren. Mo, Mi–Fr 18–24, Sa, So 12–24 Uhr, Kollwitzstraße 87, U-Bhf Eberswalder Straße
 

Berliner Gesellschaft

Gestorben – Sigurd Kuschnerus, * 27. August 1933, Maler und Grafiker / Prof. Dr. Meinhard Lüning, * 13. Mai 1940 / Jochen Noth, * 8. Januar 1941 / Ronald Schmidt, * 3. Juni 1950, Diplom-Psychologe

Geburtstag Nachträglich: „Die ehemaligen Kollegen Thomas und Siggi gratulieren dem ruhelosen Zeitzeugen Eugen nachträglich zum 74. Geburtstag“ / Marco Baldi (60), Geschäftsführer von Alba Berlin / Till Brönner (51), Trompeter und Komponist /  Sigrun Dierkes (80), „der regelmäßigen Checkpointleserin alles Gute zum Geburtstag!“ / „Alain Gouriou ist  ein eingedeutschter Franzose, den das französische Temperament nicht verlassen hat. Glückwunsch von Hans-Joachim Melchior/ Wolke Alma Hegenbarth (42), Schauspielerin / Christoph Heubner (74),  „Schriftsteller, Menschenfreund, Freundesfreund: Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, zum 73. alles erdenklich Gute vom Sidekick“ /  Stelian Moculescu (72), Volleyballtrainer bei den BR Volleys /  Stefan Rupp (54), deutscher Hörfunk-, Podcast- und Veranstaltungsmoderator und Journalist

Sonnabend Hans Peter Adamski (75), Grafiker und Maler / Volker Braun (83), Schriftsteller und Dramatiker / „Berlins Promis kennen Dein Lachen neben der Kamera: Eva Oertwig, Fotografin aus Leidenschaft. Der vierte Stock verneigt sich vor Dir. Bleib gesund“ / „Rund 40 Jahre führte er Berlins legendärste Künstlerkneipe, den „Diener“ in Charlottenburg: Rolf Honold. Wie er sich früher um seine Gäste kümmerte, kümmern sich heute andere um ihm. Der Fährmann hebt ein paar Gläser auf Dich und Deinen 80.“  / Oliver Reese (58) Theaterregisseur und Dramatiker u.a. am BE / Georg Zeitblom (60), Musiker und Performancekünstler

 
Sonnatag–  Wolfgang Engler (70), ehem. Direktor der Schauspielschule Ernst Busch / Erika Franke (68), Militärärztin, Offizierin a.D. und die erste Frau, die in der Bundeswehr den Dienstgrad des Zwei-Sterne-Generals erreicht hat / Matti Geschonneck (79), Regisseur / Prof. Dr. Uli Kockelkorn (81) / Colja Löffler (33), ehem. Handballspieler bei den Füchsen / Norbert Nigbur (74), ehem. Fußballspieler bei Hertha / Joachim von Vietinghoff (81), Filmproduzent / Danuta Zuhmann „Beste Partnerin und Mama ever! Axel und die Kinder gratulieren mit viel Liebe!“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Stolperstein lngeborg Löbl wurde heute vor 89 Jahren, am 6. Mai 1933, in Berlin geboren.  Mit ihrer Mutter wohnte sie bei den Eheleuten Herrmann in Berlin-Frohnau. Ob eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den beiden Familien bestand ist unklar. Die 9-jährige lngeborg Löbl wurde am 29. November 1942, zusammen mit 997 anderen Personen, mit dem „23. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und ermordet. An Ingeborg Löbl erinnert seit 2011 Im Amseltal 29 in Frohnau ein Stolperstein.

Encore

Zum Schluss noch eine Rückfahrkarte: Mit der Ringbahn geht es heute (vor ihrer teilweisen Schließung wegen Bauarbeiten) noch einmal zurück in die Vergangenheit. Kurz vor Gesundbrunnen hören wir die Durchsage, hier könne man in Richtung ICC umsteigen (wo auch einst die verschollene, aber noch ausgeschilderte Deutschlandhalle stand). Unser Leser Stefan Walz bemerkt dazu so heiter wie trocken: „Das ICC wurde 2014 geschlossen.“ Das wiederum will in Berlin nichts heißen. Denn als unabreißbare Bauruine ist der silberne Koloss immer eine Reise wert. Per Kurzstrecke zur Endstation Sehnsucht.

Runden Sie heute Ihren Tag auch ohne Rundfahrt ab. Mit mir sind heute Thomas Lippold (Recherche), Sarah Borufka (Stadtleben) und Kathrin Maurer (Produktion) durch die Nacht gerattert. Morgen tourt hier Thomas Wochnik durch das Wochenende. Wir sehen uns draußen! Und ich grüße Sie,

Ihr Robert Ide

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