wenn Sie angesichts des trüben Wetters da draußen nur noch Netflix-Flimmern sehen, sollten Sie vielleicht mal wieder den Kopf heben: Die Realität ist zuweilen absurder als jedes Zucken auf dem Bildschirm.
In Pankow läuft gerade die erste Staffel Tiny-House of Cards, und eins ist schon nach Folge 2 klar: Erhobenen Hauptes kommt da niemand mehr raus.
„Es gibt Abgründe, in die möchte man nie geblickt haben“, sagte Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Die Linke) gestern Abend dem Checkpoint. „So einer ist das hier. Die wird man nicht mehr ganz los. Die verändern was, ja.“
Am Abend demonstrierten vorm Rathaus 30 Grüne gegen einen Linken – zwei Parteien, die auf Landesebene gern wieder miteinander koalieren möchten. Und am Straßenrand schüttelten sich die Beobachterinnen und fragten sich, ob der Drehbuchautor nicht etwas übertrieben hat.
Der Hauptdarsteller Sören Benn, eigentlich bekannt als pragmatischer Bezirkspolitiker mit klar antifaschistischer Haltung, steht auf einmal als einer da, den die AfD ins Amt gewählt haben könnte. Die CDU will es jedenfalls nicht gewesen sein (zumindest offiziell), denn mit der Linken darf sie ja per Bundesorder nicht (keines der BVV-Mitglieder reagierte gestern auf unsere Anfrage). Und die Grünen, eigentlich stärkste Kraft in Pankow, haben ihre eigene Fraktion zwar so wenig im Griff, dass sie Abweichler nicht ausschließen können, wollen es aber selbstverständlich auch nicht gewesen sein (schließlich sollte es ihre eigene Bürgermeisterin werden).
Alle wissen ganz sicher, wer wen gewählt hat oder vielmehr: wen nicht – was bei einer geheimen Wahl vermutlich am allwissenden Erzähler liegt.
Während die Linke sich in Naivität suhlt (die AfD wählt doch nicht die Linke!), waren es die Grünen, die das Spiel überhaupt eröffnet haben: Schon vor der Wahl hatten sie vor „Thüringer Verhältnissen“ gewarnt – in Anspielung auf den FDP-Fundamentalfehler Thomas Kemmerich. So war sich selbst Bundesgeschäftsführer Michael Kellner gestern nicht zu schade, den Vorgang zu kommentieren: „Als Wahlverlierer sich von Rechtsextremen ins Amt verhelfen zu lassen, das macht man nicht.“ Grünen-Landeschefin Nina Stahr kommentierte: „Es ist nun seine Aufgabe, durch seinen Rücktritt bei der Reparatur des Damms zu helfen und zwar schnellstmöglich.“
Benn selbst sprach von einer „gezielten Diffamierungsaktion“, die er „bis heute von Seiten der Grünen nicht für möglich gehalten“ hätte. „Da sind alle Hemmungen gefallen, die AfD zur Waffe im politischen Kampf des Mitte-Links Lagers zu machen.“
Dass er selbst nach all den Jahren „die Perfidie der AfD unterschätzt“ hat, ist allerdings mehr als naiv. Als hätte es irgendein Kapitel gegeben, das dagegenspricht.
In den Nebenrollen: Fünf AfD-Hansel, die für die Handlung völlig unwichtig sind, sich aber mit all ihren Fans darüber kaputtlachen, die „linke Volksseele“ kaputt zu machen.
Wenn der Abspann läuft, merken sie vielleicht: Sie haben einen linken Antifaschisten ins Amt gewählt. Mal sehen, wer dann lacht.
Kennen Sie den schon? „Wie viele Menschen braucht man, um das Monster am BER zu wecken?“ Da rauchen die Köpfe. Gnädig könnte man sagen: Der Brandschutz funktioniert (die Abläufe danach allerdings nicht). Dass ein Brandmelder – offenbar ausgelöst durch eine Toiletten-Zigarette im Sicherheitsbereich – stundenlanges Chaos auslöste, durch das es auf dem Vorfeld „zu einer Vermischung von ankommenden und abfliegenden Passagieren“ kam, ist leider gar nicht lustig, zumal in Pandemiezeiten.
Stunden nach dem Vorfall am Mittag schildert der Journalist Mischa Heuer sein Ankommen bei Twitter, Auszüge:
„Bei der pünktlichen Ankunft unseres Fliegers um 17:45 kommt nach wenigen Minuten die Durchsage: leider kein Mitarbeiter da, der die Fahrgastbrücke ans Flugzeug fahren könnte. Es werde schnellstmöglich eine Lösung gesucht.
Nach 20 Minuten öffnet sich die Tür zum Flugzeug, Erleichterung. Dann die Passkontrolle: 4 Beamte, die neben Pässen auch ein Covid-Einreiseformular und die 3G-Regeln prüfen müssen. Stau.
Gut eine Stunde nach Landung sind wir dann am Gepäckband und mittendrin im Chaos. Am Sperrgepäck weint eine Frau mit Säugling auf dem Arm, weil sie seit 3 Stunden auf ihren Kinderwagen wartet. Der Mitarbeiter schenkt ihr ein Wasser und ein Sandwich.
An mehreren Orten kommt es zu verbalen Tumulten. Eine spanische Reisegruppe bestürmt einen Mitarbeiter, der Geduld fordert – nach 5 Stunden warten aufs Gepäck.
Ein Reisender beschimpft eine Frau bei Lost & Found, was für ein Scheiß-Flughafen das sei. Die Frau: ‚Ich bin nicht der Flughafen, ich arbeite hier nur.‘ Darauf der Mann: ‚Ich fliege nie wieder von hier.‘
Jedes anlaufende Gepäckband wird mit höhnischem Klatschen und Rufen kommentiert. Erste Familien teilen sich auf. Die Mütter nehmen die Kinder mit, die Väter warten aufs Gepäck.“
Um 21.30 Uhr ist er zu Hause. „Ladies / Gentlemen: der #BER!“
Passenderweise sucht der Flughafen mal wieder einen Feuerwehrmann (w/m/d) sowie Mitarbeiter (m/w/d) in der Leitstelle Technik. Kann ja nur besser werden.
Passend dazu kommen wir jetzt zur Verleihung unserer Berlin-Medaillen:
Bronze hätte nämlich fast der Raum der Stille bekommen, der gestern kurz vorm Chaos mit einem ökumenischen Gottesdienst eingeweiht wurde. Da hilft nicht mal mehr Beten.
Gebetet haben wir auch jahrelang für einen ordentlichen Weihnachtsbaum am Breitscheidplatz. Weil die Tanne, die Gudrun Wilde 1995 bei Hornbach gekauft hat, in diesem Jahr durchaus nach Wunsch ist, kriegt sie von uns die Bronze-Medaille. Die Nordmanntanne, die einst im Topf stand, misst 26 Jahre später 18 Meter und gefällt auch gefällt. Da das nicht immer so war (und weil’s so schön ist), hier eine fröhliche Dokumentation der kreativen Baum-Historie von Schrotttanne bis Elefantenfutter.
Auf die Nominierungsliste für Silber haben es in dieser Woche die Berliner Märchentage geschafft mit ihrer famosen Idee zur Reihe „Politiker*innen erzählen Märchen“. Auch der unermüdliche Marcel Luthe war natürlich dabei (auf der Liste, nicht im Märchen), weil er nicht lockerlässt, die Missstände rund um die Wahlen aufklären zu wollen.
Gewonnen hat die Medaille aber ein anonymer Politik-Professor der FU, der endlosen Slapstick-Hybridseminaren („Geht das lauter?“ / „Wir sehen nix“) ein Ende setzen will: Zur ersten Präsenzsitzung des Seminars in dieser Woche platzierte er gleich mehrere Raummikrofone im Hörsaal sowie eine professionelle Kamera, die er per Fernbedienung (!) steuerte, schwenkte und auf sprechende Studierende hereinzoomen ließ. Unterrichtstechnik, die begeistert.
In dieser Woche waren wir stark versucht, alle Abgeordneten zu Goldmedaillen-Gewinnern zu erklären, die zur Senatswahl im Jogginganzug aufzutauchen, hatten dann aber Sorge, dass das in dieser Stadt womöglich gar nicht auffällt.
Deswegen gibt’s den Titel heute für unseren Lieblingsvirologen Christian Drosten, der auch nach 18 Monaten Pandemie (trotz Anfeindungen, Dauer-Bullshit, Politikversagen und Morddrohungen) nicht den Humor verliert. Die Autorin und Satirikerin Sarah Bosetti twitterte ihn gestern an:
„Habe eben Christian Drosten beim Hotelfrühstück gesehen & die einmalige Gelegenheit verstreichen lassen ihm zu sagen, dass er ein von Echsenmenschen gesteuerter Pharmalobbyist mit Weltherrschaftsphantasien ist. Ich wäre die schlechteste Querdenkerin der Welt. Bin einfach zu schüchtern.“
Drosten, gar nicht schüchtern, antwortete prompt:
„Ach schade, darüber hätte ich einen schönen Bericht an den Herrscher der Kröten verfassen können. Aber er wird sich auch bei späterer Gelegenheit noch interessiert zeigen!“
Gefundenes Futter für Echsengehirne.
Bleibt noch das Blech: Dafür haben sich zahlreiche Politiker:innen von Grünen und Linken gestern mit ihrer Twitterei qualifiziert (siehe Intro), allen voran Linken-Bundesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow: „Wer die Wahl von @SoerenBenn in #Pankow mit #Thüringen & #Kemmerich vergleichen will, sollte erkennen, dass die #AfD linke Politiker:innen verhindern will, aber sie nicht wählt.“ So einfach ist die Welt.
Auf der Liste war selbstverständlich auch Franziska Giffey, Regierende to be, mit ihren dahingeschlumpsten Fashion-Tipps für Abgeordnete.
Besonders viel Blech geredet hat in dieser Woche aber das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf mit der Feststellung, dass das Vorhandensein von Straßenbäumen für Unfälle mit Bussen und Straßenbäumen „nicht immer begünstigend wirkt“.
Das von Bussen allerdings auch nicht. Und Sie wissen ja: Wo ein Schaden ist, ist auch ein Blech.
Telegramm
Zu den weiteren Meldungen:
+++ Corona I: Womöglich kommt die Maskenpflicht an den Berliner Grundschulen zurück, der Hygienerat will darüber am Montag entscheiden. Als sicher gilt, dass es bei der Testfrequenz von drei Mal pro Woche bleibt. Grund: Die Zahl der infizierten Schülerinnen und Schüler steigt deutlich. Sie lag am Freitag an den allgemeinbildenden öffentlichen Schulen bei 1348. Das könnte der höchste Wert aller Zeiten sein, so genau weiß das die Bildungsverwaltung allerdings auch nicht. Und das ist eigentlich alles, was Sie wissen müssen.
+++ Corona II: Apropos testen. Es kommentiert unsere Kolumnistin Sabine Rennefanz (neueste Kolumne hier): „Heute Morgen haben wir uns unter Aufsicht des Erstklässlers getestet. Es stimmt nicht, dass die Kinder nichts gelernt haben: keiner administriert und beaufsichtigt Schnelltests so gut wie er.“
+++ Corona III: Der Herbst, der Herbst ist da: Schon nächste Woche droht die Überlastung der Intensivstationen. Die Sieben-Tage-Inzidenz springt (Stand 7 Uhr) auf 183,7.
+++ Corona IV: Österreich führt 2G ein: Menschen ohne Corona-Impfung dürfen ab Montag keine Lokale, Friseure und Veranstaltungen mehr besuchen. In Berlin liefe das dann so: „In Kreuzberg ist Covid-19 besiegt! Gestern Abend in der Oranienstraße: Ein Restaurant, vollgepackt, keine Masken nirgendwo, wir sind kurz reingegangen und haben unsere Impfpässe vorgezeigt, der Kellner lachte uns aus. ,Lasst mal stecken‘... Ist doch gut zu wissen, dass es solche Orte der Immunität gibt.“ (Q: Mail von CP-Leserin Christine Schön)
+++ Corona V: In Thüringen hat die Kassenärztliche Vereinigung die Schließung des Impfzentrums gefeiert – mit einer Party für 195.000 Euro und Jan Delay. Oh Jonny.
+++ Aprops feiern: Das neue Abba-Album ist da. „Eine große Enttäuschung“, kommentiert mein Kollege Frederik Hanssen. Die Süddeutsche schreibt: „Ganz dicht dran an der perfekten Liebe.“ Ist wohl Geschmacksache.
+++ Apropos Geschmacksache: Die BZ präsentiert heute auf einer Doppelseite „Berlins Verkehr der Zukunft“ und lässt die Politiker:innen ihre Wünsche äußern. Saleh (SPD): „Wir müssen auch neue U-Bahnen und Trams planen“; S. Czaja (FDP): „Wir wollen mehr Seilbahnen in Berlin“; Helm (Linke): „Verbrennermotoren sollen aus dem Stadtbild verschwinden“; Wegner (CDU): „Wir brauchen auch Magnetschwebebahnen“; Kapek (Grüne): „Schwere Unfälle wird es nicht mehr geben“. Es grüßt: der Weihnachtsmann.
Wochniks Wochenende
Die besten Berlin-Tipps für drinnen, draußen und drumherum.
48h Berlin
Samstagmorgen – Wer unter der Woche von einem Termin zum nächsten rast, hat wahrscheinlich keinen Blick für die kleinen Dinge übrig. Wie gut, dass Wochenende ist! Unter dem vermeintlich Nebensächlichen findet sich nämlich manchmal auch ganz Großes. Beispiel: eine Menükarte von 1927. Aufgetischt wurde Ochsenschwanzsuppe, Ostender Steinbutt mit Sauce Mousselline, Rehrücken mit Gemüse nach Jägerart, ein süßes „Omelette Surprise“ und Käsegebäck zum Abschluss. Diese Karte ist übrigens in der Liebermann Villa am Wannsee zu sehen. Excusez-moi, eine schnöde Menükarte? Es handelt sich dabei um die persönliche Menükarte von Martha Liebermann. Als Druckgrafik mit vier Lithografien von Maler Max Slevogt gestaltet, ist sie eigentlich eine Dankeskarte mit humoristischen Illustrationen der Gerichte anlässlich eines feierlichen Essens zum 80. Geburtstag von Martha Liebermanns Mann Max. Darauf handgeschriebene Widmungen vom Who-is-Who der Berliner Kunst- und Kulturszene, die seinerzeit bei den Liebermanns ein- und ausging, geben einen Einblick in die Atmosphäre kurz vor Wirtschaftskrise und Nazi-Terror. Anfang März 1943, nachdem sie vom Regime faktisch enteignet und ihrer nächsten Menschen beraubt war, entzog sich Martha Liebermann der Deportation ins KZ Theresienstadt durch Suizid.
Samstagmittag – Als das „Unbewusste Berlins“ bezeichnet Regisseur Stefan Nolte die Lausitz: Kaum jemand, der das Leuchten der Stadt vor Augen hat, denkt an die vernarbte Tagebau-Wüste im unweiten Osten. Dabei stecke die Lausitz „in jeder Pore dieser Stadt – von der Energie bis zur Bausubstanz“. Gemeinsam mit dem Theaterkollektiv Recherchepraxis, Schauspieler Heiner Bomhard und dem Chor der Statistik hat Nolte ein Landschaftstheater geschaffen, das auf die Beziehung der energiehungrigen Stadt zum geschundenen Land aufmerksam machen will – mit Musik von Bernadette La Hengst, Wolfsgeheul und einem eigens gebauten Schiff, das um 16 Uhr vor dem Mercedes-Platz, um 18 Uhr am Dom-Aquarée und um 19.30 Uhr vor dem Haus der Kulturen der Welt anlegt.
Samstagabend – Pandemiebedingt konnte das Jazzfest im letzten Jahr bekanntlich nur online stattfinden. Um das Beste aus dem digitalen Rahmen zu holen, wurde um es vom Standort Berlin losgelöst und als Jazzfest New York-Berlin umgesetzt, wobei zahlreiche Echtzeit-Übertragungen zwischen den beiden Städten ungewohnte Formen des musikalischen Zusammenspiels ermöglichten. Diesmal ist es wieder offline zu erleben. Da sich das Brückenschlagen zu weit entfernten Musikszenen aber bewährt hat, gibt es nun gleich drei bilaterale Programme parallel: Berlin-Kairo, Berlin-São Paulo und Berlin-Johannesburg. Programm und Tickets gibt's hier.
Sonntagmorgen – Menükarten – siehe oben – sind im Übrigen auch dann, wenn sie ganz schnöde daherkommen, Dokumente ihrer Zeit. Ochsenschwanzsuppe und Rehrücken etwa werden in den unzähligen Menüs auf der Veggieworld-Messe garantiert nicht zu finden sein. Wer sich für vegane Ernährung interessiert, Einblicke in Zukunftstrends und Produktions-Hintergründe erhalten oder sich einfach mal durch ein riesiges Angebot an feinen und mitunter kuriosen Speisen fräsen will: Von 10 bis 18 Uhr in der Luckenwalder Straße 4-6 (Gleisdreieck), Tickets kosten 12 Euro.
Sonntagmittag – Ein Dokument seiner Zeit ist auch der gerade in den Kinos angelaufene Dokumentarfilm der Berliner Regisseurin Yael Reuveny, „Kinder der Hoffnung“. Vor 40 Jahren in Israel geboren und aufgewachsen, beschreibt sie ihre Generation, die zwischen Zeiten „optimistischer Friedensverhandlungen“ und der Intifada aufwuchs, als eine, die mit der Hoffnung begann und mit dem Verlust derselben zu leben lernen musste. Reuveny reist zurück in ihre Heimat, um gleichaltrigen Freunden aus ihrer Kindheit und Jugend wiederzubegegnen und herauszufinden, was aus ihnen geworden ist. 15 Uhr im Kino Krokodil (Greifenhagener Straße 32), 16 Uhr im fsk-Kino (Oranienplatz).
Sonntagabend – Zum Schluss noch einmal zu den kleinen Dingen: Von Komponist:innen wird erwartet, große Werke zu schreiben, mit viel Pomp, Glanz und Glamour. Dabei sind es oft kurze Miniaturen, in denen bestimmte musikalische Ideen vorgestellt und erprobt werden, ohne umständlich auf Länge aufgeblasen werden zu müssen. US-Komponist Sidney Corbett hat mit seinen „Piano Valentines“ mehrere Notenbücher voller solcher Miniaturen geschrieben und heute um 19 Uhr lässt Pianistin Yoriko Ikeya mit ihnen das Wochenendeende ausklingen. Sirje Viise durchschreitet in einer Performance zudem singend den Konzertraum im Kunstraum Bethanien. Das Ganze findet im Rahmen der Klangwerkstatt Berlin statt, Tickets kosten 8 Euro.
Mein Wochenende mit
Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.
„Neulich war ich mit Chantal, der werten Sau von Nebenan, im Bredower Forst in Falkensee, Verwandtschaft besuchen. Eine Cousine Chantals zweiten Grades bewohnt nämlich schon in dritter Generation einen Schlossbau auf dem Schneewittchenberg. Schneewittchenberg? Davon hatte ich bis dato noch nie gehört. Dabei hätte ich, wie sich herausstellte, nur etwas genauer lesen müssen, gewesen bin ich dort nämlich durchaus schon einmal. Denn der Schneewittchenberg ist beschriftet, wie so ziemlich alles entlang des angeblich ältesten Naturlehrpfads Deutschlands. Und eben deshalb, scheint mir, fühlen sich dort auch Zweibeiner sauwohl, in der Stadt ist schließlich auch alles beschriftet. Ich dagegen pflege ja eher im Unterholz zu lesen, denn das Unterholz, das erzählt einem keine Märchen. Schneewittchen, sowas… Stattdessen empfehle ich den stattlichen Hainbuchen und Eichen Beachtung zu schenken, an deren Fuß manchmal Waldmeister wächst. Oder dem Lied des Eichelhähers zu lauschen. Auch die Cousine zweiten Grades, obwohl schon zeitlebens hier ansässig, war für die märchenhaften Nuancen des Waldes noch durchaus zu begeistern – er unterstreiche ihren Teint, wie sie sagte, so sei sie nämlich die Schönste im ganzen Land. Aus Höflichkeit widersprach ich nicht, fand bei näherer Betrachtung aber doch mich selbst hübscher. Darum kann ich mich auch guten Gewissens empfehlen, mit freundlichen Grunzen.“
Leseempfehlungen
Wird hierzulande über den Islam gesprochen, dann allzu oft mit sehr viel Meinung, Emotion und wenig fundiertem Wissen. Mira Sievers, Juniorprofessorin für Islamische Glaubensgrundlagen, Philosophie und Ethik an der HU, trägt wesentlich dazu bei, dieses Verhältnis umzukehren – und erhält dafür den Berliner Wissenschaftspreis. Auch der Politikwissenschaftler Michael Zürn wird ausgezeichnet, für seine grenzüberschreitende Perspektive auf Probleme der Weltgemeinschaft. Amory Burchard (Abo) hat für Sie genauer hingeschaut.
Das Gesicht Ronald Zehrfeld ist aus zahllosen Fernsehfilmen weit bekannt – was der Mensch hinter den vielen Rollen und ehemalige DDR-Judo-Meister sonst so denkt, etwa über Identitäten, Panikattacken und #allesdichtmachen, hat er Robert Ide (Abo) im Interview erzählt.
Wer in Berlin einen Ort für Kunst schaffen will, muss natürlich mitten ins Zentrum. Der Galerist Avi Feldman sieht das anders und eröffnet eine Galerie in Wannsee. Boris Buchholz (Abo) hat ihn gesprochen.
Wochenrätsel
Vergangene Woche ließ Franziska Giffey, künftige Regierende Bürgermeisterin, im Fernsehen verlauten: „Ich finde es auch für Berlin wichtig, dass wir nicht so dahergeschlumpst kommen.“ Was steckt dahinter?
a) Jeder Berliner Haushalt erhält vom neuen Senat eine aktuelle Duden-Ausgabe für adäquate Ausdrucksweise.
b) Politiker:innen sollten zwecks angemessener Repräsentation unserer Weltstadt auf ihren Kleidungsstil achten
c) Alle Berliner:innen bekommen freien Zutritt zu Städtischen Sportstätten, um sich fit zu halten.
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Wie zeitgemäßer Unterricht aussehen könnte, darüber macht sich ja so mancher in Pandemie-Zeiten mehr Gedanken als zuvor. So auch der AfD-Abgeordnete Franz Kerker in einer kleinen Anfrage mit dem Titel „Zeitgemäße Prüfungskultur und Lernerfolgskontrollen“.
Frage: „Inwiefern sind Leistung und Leistungsbewertung soziale Konstruktionen und was folgt daraus?“
Antwort der Bildungsverwaltung: „Aus mikrosoziologischer Perspektive stellen Leistungsunterschiede soziale Konstruktionen dar, die als Erklärungsansatz für Leistungsdisparitäten ernst zu nehmen sind.“
Frage: „Der Zukunftspodcast der Tagesschau fragte: ,Mal angenommen, es gibt keine Schulnoten mehr: Wer lernt dann noch?‘“
Antwort: „Es ist keine Frage des Abgeordneten erkennbar.“
Keine Frage, keine Antwort. Wieder was gelernt.
Heute für Sie unterrichtet haben Lotte Buschenhagen (Recherche) und Kathrin Maurer (Schrift und Form). Am Montag meldet sich hier wieder Chefdozent Lorenz Maroldt mit dem Dauerseminar „soziale Konstruktionen dieser Stadt“.
Bis bald!