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Bundesregierung wusste seit Jahren um Bedarf an Schutzkleidung im ErnstfallLage in Berlins Pflegeheimen verschärft sichBritischer Premier Johnson auf Intensivstation verlegt

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schön da draußen, oder? Aber wie sieht es drinnen aus, in uns selbst? Das hängt in Woche vier der Corona-Beschränkungen und in Woche eins der Ferien ohne Ferien ganz von der Perspektive ab – und der eigenen Lebensperspektive.

Da ist Andreas, er spielt Saxophon unter der Bösebrücke (Video hier). Vor ihm rauschen die Züge in den Bahnhof Bornholmer Straße ein; über ihm rattern Autos zwischen Prenzlauer Berg und Wedding hin und her – dort oben, wo vor 30 Jahren Trabbis die Mauer durchbretterten. Heute spazieren hier ein paar Menschen mit Abstand durch den erblühten einstigen Todesstreifen, um ein bisschen frische Luft und etwas Leben im Ausnahmezustand zu tanken. Andreas spielt für sie. „Ich will den Leuten durch diese Zeit helfen“, erzählt der 60-Jährige, der lange als Beleuchter in einem Theater gearbeitet hat und nun Musik macht, jetzt eben ohne Begleitung unter einer Brücke. „Mir hilft es ja auch.“ Ist doch Frühling, trotzdem.

Und da ist Gisela Wojahn, eine Leserin aus Ostwestfalen, die sie uns geschrieben hat, um uns ihre Gefühle zu beschreiben: „Meine größte Sorge gilt im Moment meiner Mutter. Sie ist 86 Jahre alt, lebt im Altenheim und ist dement. Letzte Woche sind zwei Bewohner dort an Corona gestorben, mehrere an Corona erkrankt, alle Bewohner wurden jetzt getestet, meine Mutter Corona-positiv. Vor vier Tagen bekam sie eine Erkältung, seit drei Tagen liegt sie im Bett, fühlt sich krank und zu wackelig um aufzustehen, vor zwei Tagen fiel sie nachts hin, eine Platzwunde wurde im Krankenhaus versorgt, das Personal im Altenheim hat alle Hände voll zu tun. Niemand von uns Angehörigen kann sie besuchen. Ich mache mir große Sorgen.“

So schön da draußen das Leben und die Sonne scheinen, so ernst werfen sich Schatten über uns gleich bei uns um die Ecke. Eine Menge Menschen machen sich Sorgen um Ihre Zukunft (weitere Einsendungen dazu lesen Sie weiter unten); viele bangen um ihre Nächsten und darum, ob unser aller Nächstenliebe für sie reicht, nicht wenige müssen gar um ihr Leben fürchten. Sorgen wir gerade jetzt für sie – und für all jene, die unsere älteren und kranken Mitmenschen versorgen.

Die Retter der Risikopatienten in Berlin wären selbst welche. Die Stadt braucht erfahrene Krisenmanager, wenn sie kein gesundheitlicher Krisenherd wie New York werden will. Und sie hat sie gefunden (Porträts hier). Zum Beispiel Andrea Grebe, 58. Die Vivantes-Chefin wollte im Juni eigentlich Berlin verlassen, um ihre Mutter zu versorgen anstatt sich andauernd vom Senat in die Führung ihrer Klinik reinreden zu lassen. Nun bleibt sie noch vier Monate, weil sie sich nicht vorstellen kann, „wenn ich in der jetzigen Situation nicht helfen könnte“. Zum Beispiel Albrecht Broemme, 66. Berlins früherer Feuerwehrchef wollte endlich im Garten entspannen; nun baut er an der Messe eine temporäre Pandemieklinik für 500 Intensivpatienten auf. Er will nicht zulassen, dass ein Infizierter stirbt, „weil es an Dingen fehlte, die machbar gewesen wären“. Zum Beispiel Ulrich Frei, 72, Vizechef der Charité kurz vor dem Ruhestand. Er hat vor fünf Wochen die erste Corona-Teststation errichten lassen und will das Gesundheitswesen jetzt nicht allein lassen „in der größten medizinischen Herausforderung der bundesdeutschen Geschichte“. Drei Menschen, die selbstlos helfen über ihre eigenen menschlichen Bedürfnisse hinaus. Drei Menschen, die so sicher viele Menschenleben retten.

Um sich selbst besser zu helfen, muss sich Berlin besser schützen. Doch in den Kliniken und Arztpraxen sind nach Aussage von Pflegekräften immer noch nicht genügend Schutzmasken vorhanden. Dabei wird der Ansturm an schwer erkrankten Patienten schon in den nächsten Wochen, spätestens im Mai erwartet. Doch in Berlin und Deutschland sind Schutzkleidungen knapp, weil offenbar zu spät und zu zaghaft bestellt worden ist und nun die ganze Welt an den zu wenigen Schutzkitteln zerrt. Bundes- und Landesregierung hätten jedenfalls schon mit dem Ausbruch und der rasanten Ausbreitung des Coronavirus in China wissen können, was auf sie zukommt. Denn für ihren „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz“ ließ die Bundesregierung bereits 2012 vom Robert-Koch-Institut und mehreren Bundesbehörden eine Pandemie durch einen noch unbekannten „Virus Modi-SARS“ simulieren.

In dem Bericht (Drucksache 17/12051 des Bundestages) wird als Szenario „ein außergewöhnliches Seuchengeschehen“ beschrieben, „eine von Asien ausgehende, weltweite Verbreitung eines hypothetischen neuen Virus“. Weil in dem Szenario vor acht Jahren wie jetzt in der Realität keine Medikamente und noch kein Impfstoff vorhanden sind, empfehlen die Experten der Bundesregierung: „Neben Einhaltung von Hygienemaßnahmen können Schutzmaßnahmen in dem Sinne also ausschließlich durch Absonderung Erkrankter bzw. Ansteckungsverdächtiger, sowie den Einsatz von Schutzausrüstung wie Schutzmasken, Schutzbrillen und Handschuhen getroffen werden.“ Also genau das, was jetzt so schmerzlich fehlt. Niemand kann heute oder morgen sagen, das hätte man gestern noch nicht ahnen können.

Als besonders kritisch stellt sich auch in Berlin die Lage in Pflegeheimen dar, elf Einrichtungen sind bereits betroffen. Derzeit sind hier 82 Infektionen mit dem Coronavirus und vier Todesfälle unter den Bewohnern bekannt. Zugleich seien 25 Beschäftigte mit dem Sars-Covid-19-Virus infiziert. Dramatisch ist die Lage im Hermann-Radtke-Haus in Britz, wo bereits drei Bewohner verstorben sind; 22 Personen wurden hier schon positiv getestet. Die Bewohner sind nach Angaben des Gesundheitsstadtrates Falko Liecke (CDU) in ihren Zimmern isoliert, vor den Wohnräumen der positiv Getesteten seien Schleusen installiert. Einen weiteren Ausbruch gab es im Johanniter-Stift in Tegel: Hier sind nach Angaben des zuständigen Amtsarztes Patrick Larscheid zehn Krankheitsfälle bekannt (mehr Details hier). Menschen mit Demenz lassen sich vor Ansteckung kaum schützen, da sie gar nicht isoliert (laut Larscheid „eingesperrt“) werden können. Ein Drama im Drama.

Wie man sich auf den Straßen am besten aus dem Weg gehen soll, darüber wird in den Videokonferenzen der Politik noch gestritten. In Jena gilt seit gestern die Pflicht, nur noch mit einem Mundschutz einkaufen gehen zu dürfen. Rot-Rot-Grün in Berlin ist zu dieser Position mindestens 1,50 Meter auf Abstand gegangen und lehnt die Idee ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist dagegen schon einen Schritt weiter dran und deutet zumindest an, dass es in Deutschland noch soweit kommen könnte. Denn Masken, selbst selbst genähte, schützen immerhin andere vor den Tröpfchen, die man als möglicherweise unwissender Infizierter auf seine Mitmenschen loslassen könnte. Selbst schützen tun sie einen nach Meinung von Wissenschaftlern nicht – nur insofern, dass man sich nicht so oft ins Gesicht fasst und somit eine Schmierinfektion verhindert (aller Erkenntnisse der Wissenschaft dazu und zu allen anderen Fragen hier). Womöglich ist aber die Maske am Ende ein Schmiermittel für eine Lockerung der Kontaktverbote – und deshalb könnte uns die Pflicht zum Umbinden von einer anderen Pflicht, möglichst weiter zu Hause zu bleiben, entbinden. Eines ist allerdings gleich bei jeder Pflicht: Sie beruht auf dem Bewusstsein dafür.

Und was hielten Sie vom Mundschutz? Halten Sie dazu nicht den Mund, sondern stimmen Sie ab bei unserer Checkpoint-Umfrage, ganz freiwillig natürlich.

Umfrage zu möglicher Maskenpflicht

Wo wir schon zu Hause sind, schallt uns die Frage entgegen: Und was machen wir mit den Kindern? In den Ferien ohne Ferien merken viele, wie wenig unsere Gesellschaft die Bedürfnisse derjenigen berücksichtigt, die durchs Homeoffice tollen und später unser Land am Laufen halten sollen. Sehen wir endlich ein, dass wir auch nach der Corona-Zeit mehr Sinn, mehr Infrastruktur, mehr Hinwendung für unsere Kinder brauchen (Leitartikel von Moritz Honert hier) – als Eltern und als erwachsenes Land. Nicht nur für die Kleinen zeigt sich im Kleinen das Große.

Und draußen ist Frühling vorm Balkon. Man lehnt am (etwa schon geputzten?) Fenster und drückt die Klinke hinunter, um hinauszuschauen in die Welt – mit Blick auf den Vollmond (heute Nacht gesehen?) oder auf einen Hinterhof; von einem Souterrain am Bürgersteig oder einer Terrasse zum Träumen. Vielleicht mit dem Lied „Am Fenster“ von der Berliner Band City im Ohr (einst weltberühmt in der DDR; zum Nachhören hier); und vielleicht mit einem schönen, beruhigenden oder interessanten Blick hinaus auf das Leben, das auch in Berlin noch lebt. Schauen Sie raus, machen Sie was draus, zumindest in Gedanken – oder wie City singen: „Flieg ich durch die Welt“. Und um andere mitzunehmen, schicken Sie uns bitte bis morgen ein Foto Ihrer Aussicht an stadtleben@tagesspiegel.de. Die schönsten Bilder am Fenster veröffentlichen wir im Rahmen unserer Reihe „Zu Hause mit dem Tagesspiegel“ (Sonderseite hier) digital und in der gedruckten Zeitung. Denn auch wenn wir jetzt zu Hause bleiben: Die Welt draußen wartet auf uns. So wie wir auf sie, angelehnt an unserem Fenster.

Telegramm

Wach? Nee! Heute Abend hätten Sie gut einschlafen können. In einer Zeit vor dieser Zeit würde an diesem Dienstag das Viertelfinale der Champions League ausgetragen. Ideal zum Eindösen, denn wer will schon Spiele von RB Leipzig oder Bayern München zu Ende gucken? Nun aber hat nichts mal mehr einen Anfang, auch nicht die eigentlich für heute angekündigten Stücke auf Berliner Bühnen: „Die drei Räuber“ im Atze Musiktheater, „Der Menschenfeind“ im Deutschen Theater, und „Gott ist nicht schüchtern“ im Berliner Ensemble. Drei Stücke über Verwandlung, Verführung, Verflüchtigung. Drei Stücke über das Leben in jeder Zeit – verflüchtigt nur in dieser.

Werfen wir unseren Blick zu den wichtigsten Corona-Entwicklungen im Ausland:

+ Spanien führt in der Krise ein bedingungsloses Grundeinkommen ein (via „Independent“)

+ In Großbritannien ist der am Coronavirus erkrankte Premier Boris Johnson auf eine Intensivstation verlegt worden.

+ In Indien ziehen Hunderttausende Wanderarbeiter ungeschützt durchs Land, nachdem sie in der Hauptstadt Neu-Delhi ihre Arbeit verloren haben (via „Tagesschau“)

+  In Italien gegen die Todeszahlen langsam zurück, liegen aber immer noch bei schrecklichen 500 am Tag (mehr im Tagesspiegel-Blog hier).

+ In den USA empfiehlt Präsident Donald Trump, Gesichtsmasken zu tragen – mit einer Einschränkung: „Eine Gesichtsmaske zu tragen, wenn ich Präsidenten, Ministerpräsidenten, Diktatoren, Könige, Königinnen grüße, ich weiß nicht, irgendwie sehe ich das für mich selbst nicht. Sehe ich einfach nicht. Vielleicht werde ich meine Meinung ändern.“ Bis dahin alles Gute!

Kurze Zwischenlandung am Flughafen Tegel: Hier sollen heute neun Flugzeuge starten – in Schönefeld gar keins, und zwar nicht nur nicht am BER. Die Putzfrauen machen nun jede Klinke und jeden Sitzplatz sauber, Spatzen erobern twitternd die Geschäfte – nur die Mitarbeiter im Starbucks sind noch da, um nicht vorhandenen Kunden Bagels, Sandwiches, Muffins und Kekse anzubieten. „Wir wurden vergessen“, sagt der Verkäufer hinter der Kuchenvitrine (Reportage hier). An Berlins Leerport kann man sich noch verkrümeln. Und hier versandet auch was: Jeden Tag geht hier immer noch ein Koffer verloren. Sonst könnte Tegel ja auch einpacken.

Eine echte Prüfung für Berlins Schulen werden die Abiturprüfungen. Denn die Schulverwaltung von Senatorin Sandra Scheeres (SPD) muss wegen ihrer mangelhaften Kommunikation mal wieder nachsitzen. Ob Schülerinnen und Schüler nun ein Attest brauchen oder nicht, falls sie nicht zu den Prüfungen kommen wollen können, ist vielen Schulleitern aus einem Schreiben von Scheeres nicht klar geworden. Und die Vorschriften zur Vorsorge in Viruszeiten fallen offenbar unter die Prozentrechnung: Die Schulen sollen alles desinfizieren und in ihren vielen Prüfungsräumen Desinfektionsmittel bereitstellen, dabei sind die gar nicht in allen Bezirke lieferbar. Mehrere Schulen haben sich deshalb große Mengen Alkohol beschafft, um Desinfektionsmittel selbst herzustellen. Damit wäre die praktische Prüfung in Chemie schon mal bestanden. Falls keiner schon bei der Vorbereitung einen Knall bekommt.

Mindestens einen Sprudelwasserkorken knallen lassen konnte gestern Abend Kevin Hönicke. Der frühere Mathe- und Physiklehrer wurde zum Baustadtrat und stellvertretenden Bezirksbürgermeister von Lichtenberg gewählt. Die Wahl des SPD-Lokalpolitikers erfolgte nicht lokal, sondern dezentral per Briefwahl. „Die Schule wird mir fehlen“, schrieb Hönicke auf Nachfrage zur guten Nacht. Aber zum Glück können auch Politiker immer was dazulernen.

Hoppela, die Berliner Polizei hat einen Osterhasen gefunden. Offenbar hatte er statt der Geschenke sich selbst in Tempelhof versteckt (Fotos hier). Zur Identität des Tiers konnte die Polizei bisher keine Angaben machen – außer sein Name: Er heißt Hase. Und weiß von nix.

Kommen wir langsam zum Höhepunkt dieses Newsletters: dem Rat von Sexualtherapeutin Ulrika Vogt aus Köln. Sie schlägt vor: „Ich kann Paaren nur nahelegen, so viel Sex wie möglich zu haben, weil das unglaublich entspannend ist.“ Singles sollten sich derweil auf Vibrationskissen verlegen. Damit keinem die Bettdecke auf den Kopf fällt.

Checkpoint-Abonnenten lesen heute außerdem:

+ Scheinstudium: Worauf sich Berlins Studierende im Sommersemester gefasst machen müssen

+ Bierdeckel-Derby: Wie Hertha- und Union-Fans ihre Kiezkneipen aus der Krise retten wollen

+ Auch ohne Eismaschine: Wie Sie leckere Eissorten ganz einfach selber machen können

+ Berlin – Hamburg – München: Welcher Renaissancemaler derzeit ganz schön rum kommt

+ Musik hören und über Musik reden: zwei neue Formate für die Ohren

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BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

„Wir erwarten keinen Babyboom.“

Christian Kern, Zoologischer Leiter des Tierparks. Er berichtet, dass die Tiere die menschlichen Besucher gar nicht vermissen – nur das Obst, das sie sonst verfüttern.

 

Tweet des Tages

An Weihnachten dann der erste Corona-Tatort mit Ballauf und Schenk an zwei getrennten Currywurstbuden.

@Peter_Ahrens

Antwort d. Red.:

 

Stadtleben

Vom Suchen und Finden – In diesem Jahr ist einiges anders, auch die Ostereiersuche. Aber wenn schon anders, dann doch bitte nach den eigenen Vorstellungen. Warum nicht schon heute beginnen, kleine Nettigkeiten in der Wohnung zu verstecken? Ein bisschen Schoki unterm Zahnputzbecher, ein buntes Ei im Brotkorb, eine kleine Liebesbotschaft im Lesebuch auf dem Nachttisch. Könnte man sogar eine Schnitzeljagd draus machen, oder eine kleine Familienchallenge (wer versteckt am besten?). Sicher denken Sie auch schon über alternative Ostern nach – wir würden uns freuen, wenn Sie ihre Ideen mit uns teilen. Bitte per Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Apropos Ostereiersuche: Warum feiern wir eigentlich Ostern? Für die einen höchstes christliches Fest, für die anderen größte Geschenkeschlacht nach Weihnachten. In Norwegen fährt man zu Ostern übrigens gern Ski oder liest Krimis. Anderswo findet nach dem Gottesdienst eine Eierschlacht statt – mehr über Osterbräuche aus aller Welt erfahren Sie hier. Außerdem einen Basteltipp für Osterhasen aus Klopapierrollen (müssten ja einige im Umlauf sein).

Lammhaxe statt Schokoeier – Wer traditionell Essen gegangen wäre an den Osterfeiertagen, findet hier eine Auswahl an Ostermenüs, die in Restaurants diese Woche noch bestellt und am Wochenende abgeholt werden können. Mit dabei ist auch das Jolesch, wo das Ostermenü (3-Gänge) selbst zusammengestellt werden kann. Römerherzensalat (6,50 Euro), Lammhaxe (19 Euro) und Kaiserscharren (8,50 Euro) werden innerhalb des Rings auch geliefert (Bestellungen für Ostern werden bis Freitag per Mail oder online entgegengenommen). Unsere Genuss-Redaktion hat außerdem Rezepte für Osterbackwaren für Sie gesammelt – der Vorteil: Sie kommen alle ohne Hefe aus. 

Weitere Tipps für Daheim? Finden Sie auf der Themenseite „Zu Hause mit dem Tagesspiegel“. Einen erlebnisreichen Dienstag in den eigenen vier Wänden wünscht Stefanie Golla.

Berlins heimliche HeldInnen

 „Wir leben zusammen mit meiner Mutter, ohne deren regelmäßige Betreuung für meinen Sohn es mir nicht möglich wäre, zu arbeiten“, erzählt Juliane Kroner. Gemeinsam mit ihrem Mann Seif Adouni ist Kroner für einen Pizza-Lieferservice tätig, sie als Schichtleitung, er ist abends als Fahrer unterwegs. Auf diese Jobs sind die beiden angewiesen: Kronberg ist gelernte Kauffrau für Tourismus und Freizeit, angesichts der aktuellen Situation gibt es in der Branche jedoch keine Chance auf Anstellung; seinen Nebenjob als Fahrer bei einem Versandhändler muss Adouni momentan ruhen lassen, wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr durch Kundenkontakt. Beim Lieferservice koordiniert Kroner Abläufe, hält Ordnung im Laden und nimmt Bestellungen entgegen. Der Ton der Kunden habe sich in den vergangenen Tagen verschärft. Trotz eigener Verhaltenshinweise kämen schriftliche Anmerkungen wie „Essen einfach ablegen, klopfen/klingeln und gehen!!!!“. „Kein Bitte, kein Danke“, sagt Kroner.  Auch Trinkgeld gebe es für die Fahrer*innen kaum noch „Heute hatte mein Mann bei 7 Stunden gerademal 2 Euro. Ein einziger Kunde hatte ein Zweieurostück auf die Fußmatte gelegt.“ Andere berichten, sie würden hinter verschlossenen Türen angebrüllt, wegzugehen. Da tröste es auch wenig, dass sich die Zahl der Bestellungen verdoppelt habe. Was helfe, sei der Zusammenhal: „Wir in unserem Laden sind wie eine Familie.“ Wütend werde sie, wenn sie sehe, wie einige Menschen mit der derzeitigen Situation umgehen. „Wenn ich im Laden bin und Menschengruppen am Schaufenster vorbeilaufen sehe, möchte ich jedem einzelnen ins Gesicht schreien: ‚Bleibt zu Hause, verdammt! Ok, wir sind jung und gesund. Uns kann nix Schlimmes passieren. Aber ihr könntet einem Betroffenen der Risikogruppe quasi den Tod bringen!‘“ (Text: Paul Lufter; Foto: privat)

In den kommenden Tagen wollen wir an dieser Stelle Menschen vorstellen, die Berlin aktuell am Laufen halten. Wem wollen Sie danke sagen? Schreiben Sie uns gerne: checkpoint@tagesspiegel.de

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Joachim Appel, „es grüßen die Nachbarn aus dem Haus“ / Sabine Bangert (65), für die Grünen im AGH / Martin Buß (44), ehem. Leichtathlet / Petra Krüger, „Herzliche Glückwünsche per Feldpost von deinem Netzwerk“ / Katrin Lompscher (58), linke Senatorin für Stadtentwicklung / „Alles Liebe zum Geburtstag dem Arzt unseres Vertrauens, Dr. Tilmann Rieken, wir erheben unser Glas ,remote' auf Dich, viele Grüße von Martina und Christof“ / Christof Schaaf (30), „Happy Birthday Sheepy!“

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestorben – Rudolf Gerlach, * 04. Februar 1937, Abteilungspräsident i.R. / Dr. Rüdiger Klessmann, * 15. März 1927 / Tilmann Lehnert, * 1941, Dichter / Hilde Ribbe, * 04. Juli 1923, ehem. Schulleiterin des Robert-Blum-Gymnasiums / Antje Schimpf, * 03. März 1957, Waldorfpädagogin / Christoph "Stucki" von Stuckrad, * 15. Februar 1957 / Ingrid Zell, * 13. August 1941

Stolperstein Adolf Wiegel (Jhg. 1882) lebte mit seiner Frau Frida in der Köpenicker Straße 36-38 in Mitte. Gemeinsam führten sie eine Bürobedarfsfabrik, wo sie jüdische Hilfsarbeiter beschäftigten. Verfolgten und Untergetauchten stellten sie gefälschte Werksausweise aus. Im Oktober 1944 nahm die Gestapo das Ehepaar fest. Adolf Wiegel wurde heute vor 75 Jahren auf einem „Todesmarsch“ ins KZ Dachau erschossen. 

Encore

Schön da draußen, oder? Doch vor dem Fenster lockt nicht nur der Frühling; es lauern auch Ängste, Kummer, Sorgen. Wir haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, gefragt, was Ihnen gerade am meisten Sorge bereitet. Hier einige von sehr vielen Antworten, die vor allem eines zeigen: Wer sich um andere Sorgen macht, sorgt gut für uns alle.

„Meine größte Sorge ist, dass das Leben in Bezug auf Gesundheit, friedliches Zusammenleben und finanzielle Sicherheit aus den Fugen gerät.“

„Dass diese Situation noch lange anhalten könnte, obwohl die Dunkelziffer der Genesenen und damit Immunen eigentlich zur Lockerung der Beschränkungen zumindest für diesen Personenkreis führen könnte.“

„Dass meiner Familie in Barcelona und London was passiert, und ich nicht hinkann. Wenn ich den Gedanken zulasse, macht er mich wahnsinnig.“

„Die größte Sorge machen mir Nichten und Neffen und alle jüngeren Freunde am Beginn ihrer Berufslaufbahn: sich um die Kinder kümmern gleichzeitig mit Homeoffice-Arbeit – über die man/frau eigentlich glücklich ist, weil es besser ist als Arbeitslosigkeit.“

„Bleibt mein Mann als Arzt in seiner HNO-Praxis gesund und wann bekommt er endlich die nötigen Masken für seine täglichen Untersuchungen im Mund-, Nasen- und Rachenraum?“

„Ich habe große Sorge, dass – falls und wenn diese Krise überstanden ist – keinerlei Lehren daraus gezogen werden und der ganze Wahnsinn von wirtschaftlichem Wachstum, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten aller Art, Umweltbelastungen usw. unverändert weitergeht.“

„Dass meine Tochter, die Dialyse-Patientin ist, diese Zeit gut übersteht.“

„Die Ungeduld und Unvernunft vieler Menschen.“

„Die größte Sorge macht mir, dass die Grundrechte, von denen wir dachten, sie seien unveräußerlich, immer mehr außer Kraft gesetzt werden. Dass Denunziantentum und Willkür zunehmen könnten.“

„Dass ich wegen einem Edeka-Besuch sterben könnte.“

„Dass Menschen einsam sind und keine Kraft in der Natur oder mit anderen Menschen tanken können.“

„Wie sieht die Welt nach Corona aus? Ist es noch dieselbe?“

Bleiben Sie gesund! Und voller Hoffnung. Denn die stirbt nie, nicht mal zuletzt. Morgen geht es auch hier weiter, mit Ann-Kathrin Hipp. Ich grüße Sie,

Ihr Robert Ide

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Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

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