Berlins Mobilitätswende kommt nicht voran

Wenn man sich die Verkehrspolitik Berlins als Auto vorstellt, wäre sie wohl ein Citroën 2CV, genannt: „Ente“: Kommt nicht richtig voran, ist von gestern, rostet schnell, wackelt dünnblechig vor sich hin und jeder schraubt ein bisschen dran rum. Ach ja, die Fahrer halten sich natürlich trotzdem (oder auch deswegen) für ziemlich coole Typen. Die zweifelhafte Zwischenbilanz nach zweieinhalb Jahren Rot-Rot-Grün und einem Jahr Mobilitätsgesetz (gestern exklusiv im Checkpoint, heute ausführlich im Tagespiegel, abgefagt von SPD-MdA Sven Kohlmeier) ist vor allem für Radfahrer eine Enttäuschung – statt langer Radwege gibt’s lange Verwaltungswege, und statt „Vision Zero“ näher zu kommen, steigt die Zahl der Verletzten. Der Grünen-MdA Hans Moritz stellt selbstkritisch fest: „Wir wollten mehr Radfahrer, nicht mehr Unfälle.“

Auch heute dazu ein paar Fragen:

1) Wie viele Schwerpunktkontrollen fanden in den letzten Jahren statt, um den seitlichen Abstand beim Überholen von Radfahrer*innen zu kontrollieren? Antwort: keine.

2) Welche Bezirksämter haben noch keine für die Koordinierung der Radverkehrsangelegenheiten zuständige Person benannt? Antwort: Pankow, Neukölln, Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau – u.a., weil „weder im Mobilitätsgesetz bzw. durch die zuständige Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eine Aufgabenbeschreibung dieser Leistung vorliegt.“ 

3) Wie lange braucht die Verwaltung für 700 Meter Radweg an der Heerstraße? Antwort: 400 Werktage. So steht’s jedenfalls in der 37-seitigen Baubeschreibung. Kommentar eines Verwaltungssprechers: „Das ist doch keinem Menschen zu vermitteln!“ (Aus dem „Leute“-Newsletter Spandau von André Görke)

Außerdem zum Radverkehr:

Eine gute Nachricht: Die Wasserbetriebe haben 88 Laster mit Abbiegeassistenten ausgestattet.

Ein gutes Vorbild: Adel Tawil, Präsident der ZNS-Stiftung, verschenkte gestern u.a. vor der Gedächtniskirche Helme an Oben-Ohne-Fahrerinnen (Foto hier). Der ADFC nennt das übrigens „Victim blaming“ – ungefähr so hat damals auch der ADAC gegen die Gurtpflicht agitiert und stattdessen das Abholzen von Straßenbäumen gefordert.

Ein gutes Beispiel (jedenfalls was der Umgang mit Fehlverhalten von Autofahrern betrifft): In Köln hat die Oberbürgermeisterin Plakate mit dem Slogan „Parken auf Radstreifen gefährdet Leben!“ aufgestellt. (Foto hier)

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