auch ohne „Helau“ und „Alaaf“ liefert Berlin am heutigen Rosenmontag karnevaleske Schlagzeilen: Die Bundestagswahl 2021 ist fast zweieinhalb Jahre nach dem eigentlichen Wahltermin endgültig abgeschlossen. 51 Prozent der 550.000 Wahlberechtigten haben am Sonntag ihre Stimme abgegeben. Bei all dem (schwarzen) Humor, ist das wahrscheinlich die bitterste Nachricht: Nur knapp die Hälfte der Wahlberechtigten hat von ihrem demokratischen Grundrecht Gebrauch gemacht.
„Wenn man sich fragt, warum: Es sind verschiedene Gründe. Wir haben den letzten Tag der Winterferien, viele sind jetzt erst aus dem Urlaub wiedergekommen. Das schlechte Wetter spielt sicher auch eine Rolle“, versuchserklärte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Vor allem aber sei ins Gewicht gefallen, dass nur in einer geringen Anzahl von Wahlbezirken gewählt wurde: „Das ist bei den Leuten schon angekommen, dass diese Wahl jetzt nicht die Welt verändern wird.“ Andere These: Viele haben das Kabinett der Wahlkuriositäten nicht mal mehr verfolgt, geschweige denn verstanden.
So oder so: Für die Parteien dient diese Teil-Wiederholung aufgrund ihrer besonderen Umstände maximal als „Stimmungstestchen“. Vor allem SPD und FDP verlieren. Grüne und Linke bleiben in etwa stabil. AfD und CDU legen zu. Die Gewinne seiner Partei rechnet Berlins Regierender seiner „guten Regierungsarbeit“ zu (Q: rbb). Die Bundes-CDU sieht in den Ergebnissen vor allem ein „deutliches Stopp-Zeichen für die Ampel“.
Weitere Erkenntnisse im Schnelldurchlauf:
+ Trotz massenhafter Proteste in den vergangenen Wochen gewinnt die AfD in absoluten Zahlen als einzige Partei Zweitstimmen hinzu (+ 5326). Den größten Erfolg erzielt die Partei in Marzahn-Hellersdorf, einem Kreisverband, der für seine Nähe zum mittlerweile aufgelösten „Höcke-Flügel“ bekannt ist.
+ In Steglitz-Zehlendorf haben fast 1.000 Menschen die in Untersuchungshaft sitzende Terrorverdächtige Birgit Malsack-Winkemann (AfD) per Erststimme gewählt. Sie hat ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2021 fast verdoppelt.
+ Bei den zwölf Berliner Direktmandaten gab es keine Veränderungen; u.a. Ex-Regierungschef Michael Müller (SPD), Ex-Kulturstaatsministern Monika Grütters (CDU) und SPD-Generalssekretär Kevin Kühnert bleiben im Bundestag.
+ Vier Berliner Parlamentarier müssen sich aus dem Bundestag verabschieden: Ana-Maria Trăsnea (SPD), Lars Lindemann (FDP), Pascal Meiser (Linke) und Nina Stahr (Grüne). Stahr hat dadurch zumindest einen Vorteil: Sie kann ohne weiteres Landesvorsitzende der Berliner Grünen bleiben; die Trennung von Amt und Mandat ist jetzt gegeben.
+ Der Solinger CDU-Politiker Jürgen Hardt (seit 14 Jahren im Bundestag) verliert sein Mandat nicht.
+ Bei dem „unkooperativen“ Wahlvorstand im Wahllokal 405 handelte es sich – anders als zunächst vermutet – nicht um einen Betrunkenen.
Eine Übersicht mit allen Wahlergebnissen finden Sie auf unserer interaktiven Karte hier. Auf unserem Liveblog halten wir Sie weiterhin auf dem Laufenden. Und sonst? Bleibt vor allem die Erkenntnis, dass Wahlen nie wieder derart verpatzt und verschludert werden dürfen, weil mit jeder Wiederholung das Herz der Demokratie etwas langsamer schlägt. Und damit zu den weiteren Themen des Tages…