tote Hose heute, oder? Kein Wunder, denn: „Die Zeiten des ‚Wünsch Dir was‘ sind vorbei.“ So verkündeten es der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und sein Finanzsenator Stefan Evers (beide CDU) wortgleich bei ihrer Drei-Milliarden-Einspar-Pressekonferenz, deren Folgen die Stadt noch lange zu spüren bekommt. Berlin soll sich nicht mehr nach dem Wünschbaren richten, sondern nach dem Machbaren. Und so summen wir nostalgisch und ein letztes Mal den 90er-Jahre-Schrammel-Hit der „Toten Hosen“ mit dem verheißungsvollen Titel „Wünsch Dir was“ (Schrammel-Video hier) und träumen von einer Welt, in der auch noch Träume zählen dürfen. Summen Sie mit?
„Ich glaube, dass die Menschheit mal in Frieden lebt /
Und es dann wahre Freundschaft gibt /
Und der Planet der Liebe wird die Erde sein /
Und die Sonne wird sich um uns drehen /
Das wird die Zeit /
In der das Wünschen wieder hilft.“
Eine Verkörperung des Machbaren sollen stets Berlins Finanzsenatoren sein. Einer von ihnen, der vor zehn Jahren ins Amt gekommene Matthias Kollatz (SPD), hat sich exklusiv für den Checkpoint über das Sparprogramm seines Nach-Nachfolgers gebeugt und liefert uns eine Expertise aus finanzpolitischer Sicht. Dabei spart er auch nicht mit Kritik an seiner eigenen Partei.
Herr Kollatz, hat Berlin zu lange über seine Verhältnisse gelebt, etwa was die Förderung der Kultur oder den Ausbau des Verkehrs angeht?
Berlin hat über seine Verhältnisse gelebt, das begann in der Corona-Zeit. Gegensteuern war damals nötig und die Netto-Neuverschuldung unvermeidlich, aber zu viele in Linkspartei, Grünen, der SPD und der CDU fanden Spaß daran, über den Corona-Zweck hinauszugehen und das zu versprechen, was man schon immer mal gerne tun wollte. Es wird vielfach erzählt, dass das in anderen Bundesländern auch so gewesen sei. Dem ist nicht so. Die Pro-Kopf-Netto-Neuverschuldung in Berlin seit den Corona-Jahren liegt deutlich über denen der anderen Bundesländer, weil das Parlament bewusst deutlich über die vom Senat geschätzten anti-zyklischen Corona-Bedarfe hinausging und die Mittel für andere Sektoren wie Verkehr verwenden wollte. Das war unverträglich mit der Schuldenbremse, die aber keineswegs aufgehoben ist.
Was hat Sie dabei besonders erstaunt?
Besonders unverständlich war, auf Senatsebene die Haushaltsanmeldungen für 2024 und 2025 nicht um 4000 Millionen Euro pro Jahr einzudampfen – was früher sehr wohl geschah – und in den Parlamentsberatungen noch einmal 800 Millionen für jedes Jahr draufzupacken. Die Entgrenzung wurde noch weiter getrieben durch die Ankündigung eines zuschussbasierten Klima-Sondervermögens ab 2024, das die Neuverschuldung um weitere 500 bis 1000 Millionen pro Jahr nach oben getrieben hätte. Dazu kam es dann richtigerweise nicht.
Wie bewerten Sie die Ansage, dass es auch für die nächsten Jahre kein „Wünsch Dir was“ in der Landespolitik mehr geben dürfe?
Die Sparbeschlüsse beziehen sich jetzt auf 2025. Für 2026 sind je nach Rechnung weitere ein bis eineinhalb Milliarden Euro zu verringern, weil bislang ja Haushaltsrücklagen verbraucht werden, als gäbe es kein Morgen – und einmal verbraucht, stehen sie nicht mehr zur Verfügung. Erst dann ist Berlin wieder auf dem Vor-Corona-Wachstumspfad. Es geht bei allem nicht um Kürzungen, sondern um ein Wachstum seit 2019. Genauer gesagt also darum, sich von Versprechungen der Corona-Jahre sprunghafter Steigerungen zu verabschieden. In den Medien klingt es natürlich viel besser, wenn Kahlschlag oder dramatische Kürzungen behauptet werden. In der Gesamtsumme stimmt das nicht.
Hätten Sie an einigen Stellen andere Prioritäten gesetzt?
Ja, natürlich. Ich nenne Ihnen drei Beispiele. Erstens: Begonnene Investitionen sollte man fortführen. Die Sanierung der Komischen Oper ist begonnen und drei Jahre Stillstand verursachen deutlich höhere Mehrkosten als eingespart werden. Gegenfinanzierung wäre von einem CDU-Ressort in das andere möglich, indem die Anwohner-Parkausweise das Niveau erreichen, das dem Durchschnitt deutscher großer Städte entspricht und nicht künstlich tief gehalten wird.
Wo kann noch anders gespart werden?
Der Verkehrsvertrag wird von der S-Bahn nicht vollständig erfüllt, Kunden des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin wie ich wissen das. Statt die Umwelttitel im Haushalt überproportional zu verringern, würden zehn Millionen Euro weniger Kürzung bei Umwelt möglich sein durch Umschichtung aus dem wahrscheinlich nicht ausgeschöpften S-Bahn-Verkehrsvertrag. Und mein drittes Beispiel: Die Bevölkerung erwartet, dass klar wird, wie nötige zusätzliche Klima-Investitionen schuldenbremsenverträglich dargestellt werden. Dazu sind Programme geeignet, bei denen keine Zuschüsse zu Investitionen gewährt werden, sondern Darlehen zu vorteilhaften Konditionen oder ganz zinsfrei. Diese werden von den Förderempfängern zurückgezahlt, belasten also die Steuerzahler der Zukunft nicht. Die Finanzierungsidee entspricht der des erfolgreichen Marshall-Plans nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich hätte es daher besser gefunden, nicht nur übers angebliche Kürzen zu reden, sondern auch darüber, was zusätzlich geht und wie es schuldenbremsenverträglich geht. Noch ist Zeit für eine solche Ergänzung.
Einen Wiederaufbau-Plan nach der Einsparrunde braucht auf jeden Fall Berlins Kultur. So soll sich das Stadtmuseum aus dem Humboldt-Forum im Schloss-Nachbau zurückziehen, die Digitalisierung der Bibliotheken wird eingebremst, Philharmoniker, Konzerthaus und Friedrichstadt-Palast müssen jeweils Millionensummen einsparen, ebenso die großen Theaterhäuser (Sparliste hier). Das bei Kindern und Jugendlichen beliebte Theater an der Parkaue in Lichtenberg etwa wird laut Intendantin Christina Schulz nun alle Premieren absetzen, die Theaterclubs schließen und die kulturelle Bildungsarbeit einstellen. Das traditionsreiche Künstlerhaus Bethanien in Kreuzberg sieht sich gar in seiner Existenz bedroht.
Der erfolgreich eingeführte Museumssonntag bei freiem Eintritt wird wieder wegfallen. „Unsystematische Förderungen und kostenfreie Angebote sollten eingestellt werden“, sagt dazu Kultursenator Joe Chialo (CDU). Sein Vorgänger Klaus Lederer (früher Linke) gibt sich auf Facebook konsterniert: „Eine Katastrophe für gesellschaftliche Teilhabe und den Zusammenhalt in dieser Stadt.“ Die Kultur gerate mit den Beschlüssen des schwarz-roten Senats „unter die Räder der haushaltspolitischen Abrissbirne einer Koalition, die ‚Prioritäten setzt‘. Auf dieser Prioritätenliste steht offenkundig: Kultur zuletzt“. Für Chialo, der gegen die massiven Einschnitte kaum Widerstand leistete, hat Lederer nur noch Buh-Rufe übrig: „Wenn es ohnehin nicht ums Kämpfen geht, kann man auch einpacken, lieber Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
Nächster Halt: Zusammenhalt. Dieser Fahrplan gilt in jedem Winter beim Berliner Kältebus. Dieser ist, einst auch unterstützt von der Tagesspiegel-Spendenaktion „Menschen helfen!“, nun schon seit 30 Jahren in der Stadt unterwegs, um auf der Straße lebende Menschen vor dem Erfrieren zu retten. „In 30 Jahren wurde viel geschafft“, erzählt Barbara Breuer von der Stadtmission. Die Arbeit der Kältebusse sei professioneller und das Team größer geworden. Im vergangenen Winter hätten die drei Busse 1.580 obdachlose Menschen in Unterkünfte gebracht. In jeder Nacht kann der Kältebus gerufen werden unter der Telefonnummer 030 / 690 333 690.
Ein aktuelles Problem für die Kältehilfe ist laut Breuer, dass es in der Stadt keine barrierefreien Notunterkünfte gebe. Erst vorige Woche habe ein Kältebusfahrer deshalb drei Menschen im Rollstuhl nicht befördern können. „Es gab keinen Ort, wo er sie hätte hinbringen können. Das musste er sowohl den Menschen erklären, die den Kältebus gerufen haben, als auch den Menschen im Rollstuhl, die er nicht mitnehmen konnte.“ Die Sozialverwaltung ließ auf Nachfrage wissen, es gebe in Berlin durchaus barrierearme Unterkünfte. Eine eher erkenntnisarme Antwort.
Richtig arm dran sind in Berlin die Menschen mit einer Drogensucht. Dabei verbreitet sich Crack – ein aufgekochtes Kokain, das man rauchen kann und welches extrem süchtig macht – rasant in vielen Großstädten wie Berlin. „Wir erleben eine Kokainschwemme. Es bilden sich offene Szenen mit großen Verelendungserscheinungen“, sagte Suchtexperte Heino Stöver am Mittwoch auf einer Fachtagung zum Crackkonsum in Frankfurt am Main. Mit dabei waren auch Beraterinnen und Berater aus Berlin, etwa Astrid Leicht von der Hilfsstelle „Fixpunkt“. Auf Checkpoint-Anfrage berichtet sie von den Hotspots in der Stadt: „Crack-Konsum ist in den letzten Jahren im Wrangelkiez und am Leopoldplatz, seit letztem Jahr auch im Görlitzer Park und im Reiche-Kiez auffälliger geworden.“ Für die schnell verelenden Süchtigen stehe „erstmal die Überlebenshilfe und die Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Ernährung, Schlaf, Hygiene und medizinische Akutversorgung im Vordergrund“. Berlin sieht sich gern als Metropole im Rausch. Doch dieser Rausch ist – auch für das Selbstbild der Stadt – ein Gift.
In rasanter Bewegung bleibt die Politik in und um Berlin. Die SPD-Spitze weiß immer noch nicht, ob Kanzler Olaf Scholz nicht doch der falsche Kandidat fürs höchste Staatsamt ist (die Basis weiß es schon eher). Die Linke versucht auf ihre alten Tage mit einer „Aktion Silberlocke“ noch einmal drei Direktmandate und damit wieder eine politische Gegenwart zu gewinnen (obwohl Gregor Gysi, der erneut in Treptow-Köpenick antritt, eine Glatze hat). In Thüringen greift das populistische Bündnis Sahra Wagenknecht erstmals nach der Regierungsmacht (inzwischen abgesegnet vom Zentralkomitee im Saarland). Sachsen dagegen steuert auf eine Minderheitsregierung und eine politische Blockade zu (selbst ausgelöst von Noch-Ministerpräsident Michael Kretschmer).
Im gleichen Zuge steigen gerade in Ostdeutschland engagierte Menschen wegen permanenter Bedrohungen und Beschimpfungen aus der lokalen Politik aus. Prominentester und aktueller Fall ist der ehemalige Ost-Beauftragte der Bundesregierung Marco Wanderwitz (CDU), der wie seine Lebensgefährtin Yvonne Magwas nicht mehr für den Bundestag kandidiert und dessen Begründung ein Alarmsignal für die Demokratie sein sollte: „Ich muss mich und meine Familie schützen.“
Wanderwitz, der im Erzgebirge lebt, ist einer der Initiatoren eines AfD-Verbotsverfahrens, das mehr als 100 Bundestagsabgeordnete anstoßen wollen. Die Aushebung der rechtsextremen Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“ mit Verbindungen zur lokalen AfD habe gezeigt, „wie eng die Verknüpfungen von Rechtsterrorismus und AfD sind“, sagte Wanderwitz am Mittwochabend bei einem Twitter-Debatten-Space. In Thüringen habe die Partei zudem versucht, „das Konstituierungsrecht des Landtags zu unterlaufen und Demokratie lächerlich zu machen“. Seit seinem Einsatz für ein Verbotsverfahren hätten die Angriffe auf ihn und seine Familie zugenommen, berichtet Wanderwitz. „Die Art und Weise, wie man angegangen wird im Digitalen und im Analogen, hat sich sehr stark verändert. Die wollen uns als Menschen zerstören.“
Welche Entwicklungen Ostdeutschland und damit bald ganz Deutschland noch bewegen, können Sie in unserem wöchentlichen Tagesspiegel-Newsletter „Im Osten“ lesen, der heute wieder von meinem Kollegen Julius Geiler verschickt wird. Ein kostenloses Abo gibt’s hier.
Zehn Jahre lang begleitet Sie und uns der Checkpoint. Nach den gestrigen Glückwünschen von Landeswahlleiter Stephan Bröchler (Kennerinnen und Kenner der Landespolitik haben ihn sicherlich erkannt) beantwortet uns heute Monika Herrmann, langjährige Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, drei Fragen zum Jubiläum:
Was war das Beste in den vergangenen zehn Berlin-Jahren? Das Beste in Berlin war für mich, als konsequente Fahrradfahrerin, der Start der Verkehrswende. Endlich wurde diskutiert, geplant und umgesetzt, was der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden dient.
Was wünschen Sie sich für die nächsten zehn Berlin-Jahre? Was wir in den nächsten zehn Jahren dringend brauchen, ist die Weiterführung der Verkehrswende. Der öffentliche Raum muss neu organisiert werden, damit alle Verkehrsteilnehmenden tatsächlich die Wahl haben, wie sie sich in der Stadt fortbewegen wollen.
Was ist der Checkpoint für Sie? Der Checkpoint ist nach wie vor meine morgendliche Erstlektüre, um mich über das Aktuelle in Berlin zu informieren. Allerdings lese ich ihn inzwischen deutlich entspannter als zu meiner Amtszeit.
Morgen gratuliert hier Berlins barmherziger Barde Frank Zander. Alle warten voller Spannung…
Berliner Schnuppen
Telegramm
Wollen Sie zahlen oder wollen Sie Zahlen? Dann haben wir hier was für Sie – einen aufschlussreichen Blick auf die Liste der angemeldeten Rednerinnen und Redner für die heutige Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses, kostenfrei zu Ihrer Information:
CDU: 10 Männer, 2 Frauen;
AfD: 10 Männer, 2 Frauen;
SPD: 8 Männer, 4 Frauen;
Linke: 7 Männer, 5 Frauen;
Grüne: 3 Männer, 9 Frauen.
Dabei heißt es doch: die Rede.
Wir kommen zur Ziehung der neuesten Berliner Umfragezahlen, diesmal unter Aufsicht von „Infratest dimap“ (für den RBB). Die Gewinnzahlen lauten: 27 (CDU), 20 (Grüne), 15 (AfD), 12 (SPD), 7 (BSW) und 6 (Linke). Zusatzzahl ohne Gewinn: 4 (FDP). Alle Angaben, auch für die Briefwahl, sind ohne Kuvert.
Und ab jetzt versenden wir hier nur noch gute Nachrichten.
Da kiekste: Heute ist offizieller Welttag des Fernsehens. Für die Ehrung der Bildschirme, über die man mit dem Staublappen, aber nicht mit dem Fingercursor wischen kann, haben sich 1996 die Vereinten Nationen stark gemacht. Die deutsche Delegation enthielt sich damals der Stimme, da es ja schon den Welttag der Pressefreiheit, den Welttag der Telekommunikation und den Welttag der Information gebe. „Einen weiteren Tag hinzuzufügen, macht nicht viel Sinn“, hieß es damals zur Begründung. Weniger Sinn als manches Fernsehprogramm macht es aber auch nicht.
Lesen wir doch lieber. Zum Beispiel am Sonnabend beim Steglitzer Literaturfest für Kinder und Jugendliche. Dieses gestalten Kinder und Jugendliche selbst und entdecken ihre Fantasie neu beim Blättern in Büchern. Schon zum 22. Mal wird das ehrenamtlich organisiert von Birgit Murke, die mit zwei Mitstreiterinnen auch Literaturkurse in Schulen gibt und mit dem Nachwuchs alljährlich zur Leipziger Buchmesse fährt. „Kinder haben ein Recht darauf, sich beim Lesen gut zu fühlen“, findet Murke. Schön, wenn Berliner Geschichten auch mal gut ausgehen.
Noch fünf Wochen bis Weihnachten. Freuen Sie sich schon auf das mühsame Verpacken Ihrer Geschenke? Dann lassen Sie sich helfen von der Deutschen Rentenversicherung. Die versteigert eine Packstraße zum automatischen Verschnüren von Paketen. Das wird zwar etwas teuer (aktuell steht der Preis bei 20.000 Euro), spart dafür aber Zeit. An Gebrauchsspuren müssen Sie lediglich „leichte Schmierflecken vom Einfetten“ in Kauf nehmen. Abzuholen ist Ihr neues Möbelstück in Wilmersdorf (hier). Und Sie müssen es nicht einmal einpacken.
In Berlin wird Wasser nicht zu Wein, sondern zu Wodka. Der schillernde Unternehmer Hamid Djadda, der zuletzt die alte Avus-Tribüne kaufte und restaurierte sowie einen prächtigen vergessenen Tanzsaal in einer seiner Immobilien hinter einer Supermarktdecke entdeckte, füllt nun Alkohol in blau schimmernden Flaschen ab. Eigentlich wollte er darin nur weich gefiltertes Berliner Leitungswasser verkaufen. Doch das Ordnungsamt von Tempelhof-Schöneberg untersagte ihm den Ausschank unter dem Namen „Eau de Berlin“. Denn eine Ortsbezeichnung für Mineral- oder Quellwasser dürfen nur Hersteller verwenden, die dort auch eine Quelle besitzen. Aber so gute Quellen hat niemand in Berlin.
Zitat
„Die Art und Weise, wie ich in Erinnerung bleiben will, ist: als eine gute Person aus einem kleinen Dorf auf Mallorca.“
Rafael Nadal, spanische Tennislegende, Olympiasieger und stets bescheidener Gewinner von 22 Grand-Slam-Titeln, bei seinem Abschied vom Profisport.
Stadtleben
Verlosung – Als Mittel gegen Drachen gibt es nur ein Mittel: „Man muss seinen eigenen Drachen haben.“ Deshalb opfern die Menschen in Jewgeni Schwarz‘ Märchen „Der Drache“ ihrem Untier auch Jahr für Jahr bereitwillig eine junge Frau, mein Gott, dafür beschützt er sie schließlich. Das 1944 in Moskau uraufgeführte (und sofort verbotene) Stück ist eine ziemlich zeitlose Geschichte über Opportunismus. Wie sich Dieter Hallervorden als machtgieriger Bürgermeister an seinem Schlosspark Theater in dem Stück schlägt, können Sie selbst angucken: Wir verlosen 3x2 Tickets für morgen Abend (20 Uhr)! Reguläre Karten 23-42 Euro, Schloßstraße 48, S-/U-Bhf Rathaus Steglitz
Trinken – Die Trauben sind kaum gelesen, da wollen alle wissen, wie der neue Jahrgang schmeckt. Beim Beaujolais Nouveau muss man damit nur bis zum dritten Donnerstag im November warten. Heute ab 12 Uhr darf der junge Wein auf der ganzen Welt ausgeschenkt werden. Zum Wein, der viel Farbe und Frucht, aber wenig Gerbstoffe besitzt, wird rustikale Küche gereicht. In den Neunzigern war die Qualität oft bescheiden. Heute erlebt der junge Beaujolais eine Renaissance durch beherzte Winzer wie Jean-Claude Lapalu, für den Bioanbau und Handwerkskunst auch beim Nouveau Grundlage ist. Sein keineswegs banaler und billiger Wein wird (ab 17 Uhr) in der Bar der „Kurpfalz-Weinstuben“ ausgeschenkt, dazu gibt es stilecht Terrine, Wurst und eingelegtes Gemüse. Wilmersdorfer Straße 93, U-Bhf Adenauerplatz
Berlinbesuch – Vorglühen mit Glögi: Wer schon am Wochenende vor dem ersten Advent sachte in Richtung Weihnachten einbiegen möchte, kann das beim Adventsbasar im Finnland-Zentrum tun (Sa/So, jeweils 12 bis 18 Uhr). Es gibt Loimulohi (Flammlachs), Gebäck und nordischen Glühwein plus allerlei schön designtes Kunsthandwerk zum Verschenken. Anscheinend will es auch der finnische Weihnachtsmann Joulupukki einrichten, auch wenn es dafür ja wirklich noch etwas früh ist, aber okay. Eintritt frei, Passionskirche (Marheinekeplatz) und Innenhof Finnland-Zentrum (Schleiermacherstraße 24A), U-Bhf Gneisenaustraße
Noch hingehen – Maliha Jami ist Weberin und war in Kabul Abgeordnete im Ältestenrat – bis 2021 die Taliban die Macht übernahmen und sie nach Deutschland fliehen musste. Sie ist der lebendige Mittelpunkt der Ausstellung „Empowering Threads“. Im Kühlhaus sind noch bis Sonntag rund 35 wunderschöne, handgefertigte Teppiche mehrerer afghanischer Künstlerinnen zu sehen. Viele Tiere sind in flauschiger Wolle zu sehen und Menschen, gänzlich unverschleiert. Die Idee dahinter ist eine friedliche Gegenbewegung zu den sogenannten „Kriegs-Teppichen“, die Bilder von Waffen, Panzern und Soldaten zeigen. Tgl. 10-18 Uhr, Eintritt frei, Luckenwalder Straße 3, U-Bhf Gleisdreieck
Grübelstoff – Am Sonntag ist Totensonntag, vor allem evangelische Christ:innen gedenken der Verstorbenen. Haben Sie das Gefühl, dass Sie persönlich stimmige Rituale für Tod und Abschied-Nehmen gefunden haben? Und wir als Gesellschaft?
Kiekste
Ente gut, alles gut …? Auf dem Richard-von-Weizsäcker-Platz in Schöneberg schützt sich dieser schräge Vogel vor dem Regen. Vielen Dank an Checkpoint-Leserin Barbara Hinz für diesen Schnappschuss! Wir freuen uns auf Ihre Berlin-Fotos zwischen Frust oder Freude: checkpoint@tagesspiegel.de. Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.
>Berlin heute
Verkehr – A111 (Reinickendorf-Zubringer): Die A111 wird von 21 bis 5 Uhr stadtauswärts zwischen Holzhauser Straße und Waidmannsluster Damm gesperrt.
Hohenschönhauser Straße (Falkenberg): Die Straße ist in beiden Richtungen zwischen Bitterfelder Straße und Anbindung Tankstelle für den Kfz-Verkehr gesperrt (bis Mitte Dezember).
Demonstration – Für heute sind 16 Demos angemeldet (Stand 20.11., 13.45 Uhr), u.a. „Unkürzbar – Gegen Kürzungen in der Sozialarbeit und Jugendhilfe“: 1.500 Demonstrierende, GEW, Anhalter Bahnhof, Wilhelmstraße, Niederkirchner Straße 5 (9.30-14 Uhr)
„Solidarität mit der syrischen Revolution“: zehn Menschen, Platz des 18. März (10-20 Uhr)
„Solidarische Prozessbegleitung“: 20 Teilnehmende, Turmstraße 91 (12.30-16 Uhr)
„Gegen Querdenker*Innen, Verschwörungstheoretiker*-Innen und rechte Populist*Innen“: 30 Demonstrierende, Omas gegen Rechts, Tempelhofer Damm (17-18.30 Uhr)
„Silvio-Meier-Mahnwache-Kundgebung“: 300 Menschen, Silvio-Meier-Straße (19-21 Uhr)
Universität – An der Hochschule Ernst Busch hat heute die Produktion „Heartland“ Premiere (20 Uhr). Bei dem Stück von Calle Fuhr geht es um Verschwörungserzählungen zum Klima – von der Schwurbler-Tante bis hin zum US-Fossil-Lobbyisten. Die ersten drei Vorstellungen sind ausgebucht (evtl. Restkarten an der Abendkasse), für Dezember (6.-8.12.) gibt es wieder kostenlose Tickets, bat-Studiotheater, Belforter Straße 15.
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Inka Bause (56), Schlagersängerin („Herz im Stroh“) und Moderatorin von u.a. „Bauer sucht Frau“, hat an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ studiert / Björk (59), isländische Musikerin („Venus as a boy“), für den Film „Dancer in the Dark“ schrieb sie die Filmmusik und spielte die Hauptrolle, dafür wurde sie 2000 in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet, 2022 hat sie in der Waldbühne gespielt / Diego Demme (33), deutsch-italienischer Fußballprofi, spielt bei Hertha BSC im Mittelfeld / „Die üblichen Verdächtigen gratulieren der ansonsten unverdächtigen und so liebenswerten Sybille Gram sehr herzlich zum Geburtstag und wünschen weiterhin viel Lebensfreude zwischen Usedom und Schildow, gute Gesundheit, schöne Reisen und immer wieder gesellige Stunden mit uns.“ / Gina Lückenkemper (28), Leichtathletin, 2022 EM-Gold im 100-Meter-Lauf und der 4-mal-100-Meter-Staffel; 2018 bei den Europameisterschaften in Berlin Silbermedaille im 100-Meter-Finale / Manuel Wiederer (28), Eishockeyprofi, spielt bei den Eisbären Berlin
+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++
Gestorben – Wilfried Büchte, * 31. Januar 1943, verstorben am 1. Oktober 2024 / Ingrid Casimir (geb. Schoenfeldt), * 15. Februar 1935, verstorben am 17. Oktober 2024 / Peter John Lind, verstorben am 15. Oktober 2024 / Dr. Heinz-Udo Middelmann, * 28. Februar 1944, verstorben am 1. November 2024 / Rudi Müller, * 14. Mai 1929, verstorben am 19. Oktober 2024 / Prof. Dr. Frank-W. Peter, * 16. Februar 1954, verstorben am 2. November 2024 / Mathias Wenzel, * 4. August 1952, verstorben am 11. Oktober 2024
Stolperstein – Arkadi Maslow (* 1891) wurde als Isaak Jefimowitsch Tschemerinski in der Ukraine geboren und wuchs u.a. in Berlin auf. Als Jugendlicher war er ein erfolgreicher Konzertpianist und bereiste die Welt. Er stand in den 1920ern zeitweise an der Spitze der KPD, wurde aber 1926 aus der Partei ausgeschlossen. 1933 floh er nach Paris, dann nach Kuba. Im November 1941 wurde er auf der Straße in Havanna tot aufgefunden, möglicherweise ermordet vom sowjetischen Geheimdienst. An Arkadi Maslow erinnert ein Stolperstein mit dem Todesdatum 21. November 1941 in der Andreasberger Straße 9 in Britz.
Encore
Einst flog hier das halbe Berlin hinaus in die ganze weite Welt. Denn über den Wolken war die Freiheit einer geteilten Stadt tatsächlich grenzenlos, zumindest wenn es ab Tegel ging. Längst ist der Lärm hier verflogen und hat sich ins südöstliche Schönefeld verzogen. Im Nordwesten dagegen ist Ruh‘ – und langsam macht hier alles zu. Die Hafenbar Tegel, eine der wenigen Klubs in Reinickendorf, muss noch diese Woche überraschend schließen. Die Abschiedssause an der Greenwichpromenade steigt bereits am Sonntag.
Wo schon vor knapp zwei Jahren Kai Wegner und Kathrina Günter-Wünsch, heute Regierender Bürgermeister und Bildungssenatorin (beide CDU und beide ein Paar), gemeinsam bei einem Konzert gesichtet wurden, rockte am Dienstag mit Laura Evans der letzte internationale Star (via BZ). „Dass aus der Hafenbar Tegel jemals eine bis weit über die Grenzen Deutschlands bekannte und angesehene Konzertlocation wird, das hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet“, sagt Betreiber Daniel Schüler wehmütig (mehr Details in unserem Lokal-Newsletter hier). Der Letzte macht das Showlicht aus. Und still ruht er dann, der Tegeler See.
Mit allen Wassern gewaschen waren heute Isabella Klose (Recherche), Antje Scherer (Stadtleben) und Jaqueline Frank (Produktion). Morgen tauchen hier Jessica Gummersbach und Ann-Kathrin Hipp auf. Man liest sich und ich grüße Sie!
Ihr Robert Ide