da ist sie wieder, die Zeit der zwei Realitäten. Während die Inzidenzen völlig überraschend nicht mehr weiter sinken (Wissenschaftler sagen das seit Wochen voraus), steigt die Zahl der Öffnungsforderungen exponentiell. Dazwischen üben sich einsichtige Politiker in Selbstkritik: Hätten wir doch im Herbst auf die Experten gehört! Was eine Transferleistung ist, könnten ihre Kinder ihnen möglicherweise zwischen zwei Videokonferenzen auf einer alten Serviette am Küchentisch erläutern.
Der Modellexperte Michael Meyer-Hermann (einer der NoCovid-Initiatoren) sagt: „Wir können eine Pandemie, die eine Zeitskala von zwei Wochen hat, nicht mit Entscheidungsprozessen kontrollieren, die sechs Wochen dauern. Weil wir dadurch immer der Pandemie hinterherlaufen. Wir müssen schneller werden als die Pandemie.“ (Q: NDR-Podcast „Die Idee”)
Die nächste Bund-Länder-Runde findet übrigens in der nächsten Woche (3. März) statt. Bis dahin läuft auf allen Polit-Kanälen ein Klassiker in Dauerschleife: Menschen, die auf Zahlen starren.
In Berlin allerdings will man nun weg von der reinen Zahlenlehre. Geniale Idee: Da das Virus sich gern in Clustern vermehrt, reagieren wir einfach mit Clustern! Ein Stufenplan, den der Senat in der vergangenen Woche erarbeitet hat (offenbar mit Beteiligung aller Senatsverwaltungen), liegt dem Tagesspiegel exklusiv vor. Das Wichtigste im Überblick:
Mit Ausnahme von Kindersport und Schulen (dazu gleich mehr) beginnt ab einem Wert kleiner als 50 innerhalb von sieben Tagen die schrittweise Öffnung in vier „Clustern“ (Stufen):
+ Cluster 0: Ein Inzidenzwert kleiner als 50 innerhalb von 7 Tagen
+ Cluster 1: Ein Inzidenzwert kleiner als 35 innerhalb von 7 Tagen
+ Cluster 2: Der Inzidenzwert ist für 14 Tage stabil oder sinkend
+ Cluster 3: Der Inzidenzwert ist für weitere 14 Tage stabil oder sinkend
Zusätzlich hinzugezogen werden sollen sogenannte „dynamische Faktoren“: R-Wert, Intensivbetten-Kapazitäten, Veränderungsrate der Inzidenz, perspektivisch auch die Impfquote.