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49-Euro-Ticket: BVG vermeldet 20.000 Neukunden Tanzverbot an Karfreitag und keiner kuckt hin Neue Namen fürs alte Sony Center

von Daniel Böldt
und Lotte Buschenhagen
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Viel los auf den Straßen und Schienen Berlins zurzeit – zumindest im übertragenen Sinne: Während Fahrradaktivisten den Ausbau der Radwege in Berlin durch den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD in Gefahr sehen, legen Bundespolitiker die Nicht-Erwähnung des Weiterbaus der A100 einfach zu ihren Gunsten aus. Die BVG meldet unterdessen, sie habe bereits 20.000 Neukunden seit dem Verkaufsstart des 49-Euro-Tickets gewonnen, das jedoch bekanntermaßen bald Konkurrenz durch das 29-Euro-Ticket in Berlin bekommen soll. Puh, erst mal durchschnaufen…

Zumindest beim 29-Euro-Ticket sind ja auch noch einige Fragen offen. In Brandenburg, das dem Berliner Sonderticket aufgrund des gemeinsamen Verkehrsverbunds zustimmen müsste, ist man not amused über den erneuten Vorstoß. „Für das Land Brandenburg kann ich sagen: Mit dem Deutschlandticket haben wir ein extrem gut rabattiertes Ticket an den Start gebracht“, sagte Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) dem Checkpoint. „Unsere Prioritäten liegen nun beim infrastrukturellen Ausbau des ÖPNV.“ Politisch übersetzt heißt das: 29-Euro-Ticket? Könnt ihr vergessen! Immerhin wertet Beermann es als „ein gutes Zeichen“, dass Brandenburg im Koalitionsvertrag „fast 50-mal erwähnt“ wird.

Nun ist das Wörterzählen in Koalitionsverträgen zwar immer eine recht einfältige Angelegenheit, aber da Beermann angefangen hat, erlauben wird uns ausnahmsweise weiterzuzählen. Also: Das Wort „Berlin“ kommt im Koalitionsvertrag ganze 626-mal vor und damit im Schnitt fast fünfmal pro Seite. Ein bisschen obsessiv, aber gut. „Hamburg“ hat es viermal in den Vertrag geschafft, „München“ nicht einmal. Bei vielen Vorhaben scheinen sich die Verhandler noch nicht sicher gewesen zu sein, was sie überhaupt wollen oder dürfen. Jedenfalls steht das Wort „prüfen“ (in Abwandlungen) rekordverdächtige 208-mal im Koalitionsvertrag. Der Satz „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Besseres findet“ ist nicht dabei.

Wir bleiben noch kurz beim Koalitionsvertrag. Kritik daran gibt es nicht nur von Radfahrern, sondern auch von Rechtsanwälten (Überschneidungen nicht ausgeschlossen). Die „Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen“ verweist gleich auf mehrere möglicherweise verfassungswidrige Vorhaben. Der Präventivgewahrsam, den CDU und SPD von zwei auf fünf Tage ausweiten wollen, sei mit dem „Grundgesetz sehr schwer vereinbar und unverhältnismäßig“, sagte die Rechtsanwältin Lara Wolf am Checkpoint-Telefon. Die anlasslose Videoüberwachung, die ebenfalls kommen könnte, sei gerade erst in Mecklenburg-Vorpommern für verfassungswidrig erklärt worden. Lob gibt‘s aber auch – und zwar für das Vorhaben, die Anwendung der Ersatzfreiheitsstrafe, die Menschen antreten müssen, die sich Geldstrafen nicht bezahlen (können), in Zukunft zu vermeiden.

Jetzt aber genug der Politik – Ostern steht vor der Tür. Hier weiß das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Erfreuliches zu berichten: „Fleißige Legehennen sichern Ostern“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Montag. Aber Moment: Bedeutet das, dass alle Hühner vor Ostern einfach ein, zwei Eier mehr legen, wie die Statistikbehörde suggeriert? „Natürlich nicht. Hennen wissen doch nicht, dass Ostern ist!", sagte Hühnerhalterin Marrin-Arfsten Häussler dem Checkpoint. Wie beruhigend! Die an Ostern immerhin bis zu 40 Prozent steigende Nachfrage im Einzelhandel wird unter anderem dadurch gedeckt, dass weniger Eier in die verarbeitende Lebensmittelindustrie gehen. Wäre das auch geklärt.

Wir bleiben beim Osterfest: Wie es die Tradition will, erhitzt alle Jahre wieder das sogenannte Tanzverbot an Karfreitag die Gemüter. Laut Feiertagsschutzverordnung gilt dieses am kommenden Freitag von 4 bis 21 Uhr. Der ein oder andere Club müsste also früher als gewohnt die Bässe runterregeln. Allerdings ist in Berlin bekanntlich auf nichts so sehr Verlass wie auf geteilte Zuständigkeiten. So schreibt das Bezirksamt Mitte auf Checkpoint-Anfrage: Da Verstoße vor allem in der Nachtzeit zu erwarten sind, „wäre die Frage der Kontrollen eher an die Polizei zu richten.“ Die Berliner Polizei wiederum teilt mit: „Da die Kontrolle im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bezirksämter liegt, verweise ich höflich an deren Pressestellen.“ Na dann: Hoch das Tanzbein!

Mit einem Abo des Tagesspiegels können Sie außerdem noch diese Texte lesen:

+ Ein Fahrgast reißt die Taxitür auf, ein Radfahrer prallt dagegen und stirbt später. Nach einem tragischen Unfall in Charlottenburg machen Aktivisten der Polizei schwere Vorwürfe. Die Beamten sehen die Lage anders.

+ Von Zwangsarbeitern ausgebaut, von Millionären aufgekauft: Was die Nazis auf Rügen als gigantisches Ferienparadies planten, wird 90 Jahre später luxuriöse Realität. Ein Ortsbesuch in Prora.

+ Pulver und Kapseln mit Ashwagandha zählen zu den am meisten gehypten Nahrungsergänzungsmitteln. Mehrere Meta-Analysen zeigen, dass das Gewächs offenbar signifikant positive Effekte hat. Doch es gibt ein Aber.

Telegramm

Die NATO hat seit gestern ein neues Mitglied: Am Dienstag ist Finnland offiziell dem Militärbündnis beigetreten. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Außenminister Antony Blinken sprachen von einem „historischen Tag“ für die NATO und für Finnland. Statt 30 hat das Bündnis ab sofort 31 Mitglieder. Der Kreml kritisiert währenddessen den NATO-Beitritt seines Nachbarn: „Die Erweiterung der Nato ist ein Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands.“ 
 
Alle aktuellen Ereignisse im Ukraine-Krieg können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier.

Nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags zwischen CDU und SPD werden erste Personalweichen auch in der zweiten Reihe bekannt. Berlins Chefverwaltungsmodernisierer Ralf Kleindiek (SPD) wird die Landesregierung nach anderthalb Jahren wieder verlassen. „Ich gehe davon aus, dass meine Aufgabe mit der Bildung des neuen Senats beendet ist“, sagte Kleindiek dem Tagesspiegel.

Paris verbietet E-Roller. Und Berlin? Bietet kostenlose E-Scooter-Trainings an. Die Jugendverkehrsschule in Charlottenburg lädt am 12. April zu einer gemeinsamen Rundfahrt mit der Polizei. Auf dem Programm steht nicht die Frage, wie man E-Scooter am nervigsten abstellt, sondern Gefahrenaufklärung. Immerhin.

Sternhagelvoll sind die Berliner Restaurants. 30 Sterne verteilen sich laut dem neuen Michelin-Restaurantführer auf 23 Restaurants in der Stadt. Unter dem Strich verlor Berlin damit einen Stern, allerdings auch deswegen, weil zwei Restaurants die Löffel abgaben.

Nochmal Ostern: Viele Berliner Familien haben keinen eigenen Garten, in denen sie Schokoeier, Hasen oder Geschenke suchen können. Grund für einen Aufruf an die Schwarmintelligenz: Welche Berliner Grünfläche eignet sich besonders gut zum Osterei-Verstecken? Geheimtipps bitte an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestern haben wir Sie gefragt, wie Sie das ehemalige „Sony Center“ gerne taufen würden – und Sie haben, wie so oft, geliefert. Ihre Vorschläge u.a.: „Millennium Center“, „Auge des Hurrikans”, „Poser-Center“, „Helmuts Glaspalast“ (in Anlehnung an Erichs Lampenladen) oder der Einfachheit halber „Potsdamer Platz“. Bitte merken, liebe Eigentümer.

Reinickendorf sucht eine Person, die den Reinickendorfern den Marsch bläst. Per Ausschreibung will das Bezirksamt die Stelle „Technische Beschallung“ für Gedenkveranstaltungen neu besetzen. Spezial-Anforderung für Silvester: „Bläsersound auf dem Rathausturm soll zusätzlich verstärkt werden“.

Wie gewonnen, so zerronnen: Am Montag hat der Bezirk Steglitz-Zehlendorf 10.000 zusätzliche Bürgeramtstermine freigeschaltet – zur Freude der Nutzer auf der Internetplattform Reddit, wo noch immer ein Screenshot voller blauer Terminslots zirkuliert. Die Termine konnte das Amt anbieten, weil nun keine Kapazitäten mehr durch Wahlen beansprucht werden. Ein kurzer Blick aufs Portal bringt aber schlechte Nachrichten – die Slots sind alle schon weg.

Grüße gehen zu guter Letzt an den Mann raus, der Anfang der Woche von Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel seine Einbürgerungsurkunde erhielt – und dabei ein Sweatshirt mit der Aufschrift „Stolzer Alman“ trug (Beweisfoto hier).

Zitat

„Die Erinnerung ist wie ein niedliches Reh, das beißt wie ein Hund und frisst wie ein Schwein.“

Die Band Element of Crime veröffentlicht am Freitag ihr 15. Studioalben – wie gewohnt mit vielen Lebensweisheiten. Meine Kollegin Silvia Silko hat für Sie vorab in das Album reingehört.

 

Tweet des Tages

elon nimm den hund da weg

@miguelrausa

Antwort d. Red.: Was der Hund, der vor kurzem das Twitter-Symbol auf der Plattform ersetzt hat, da überhaupt soll, können Sie hier nochmal nachlesen.

Stadtleben

Essen & Trinken – Das „Eins44“ in der Nähe des Weichselplatzes versteckt sich im dritten Hinterhof der Otto-Reichel-Höfe. Das Menü des Restaurants mit Loft-Charakter wird von Küchenchef Julius Noack gestaltet – à la bodenständiges Fine Dining. Auf der Karte finden die Gäste u.a. Regenbogenforelle, Vichyssoise und Bärlauch oder Spanferkel mit Erbsen, Estragon und Artischocke. Zum Abschluss kommt je nach Geschmack Käse oder Dessert auf den Teller. Mehr-Gänge-Menüs genießen Sie ab 95 Euro. Di-Sa 18-23 Uhr, Elbestraße 28/29, Neukölln, U-Bhf Rathaus Neukölln

Kiekste

Zwei Monate später war sie Geschichte – die Berliner Mauer. Hier mit Todesstreifen am Potsdamer Platz im September 1989. Herzlichen Dank an Leserin Sigrid Engelbrecht für diesen Blick in die Vergangenheit. Ihre besten Berlinbilder, historisch wie aktuell, erreichen uns per checkpoint@tagesspiegel.de.

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Franziska van Almsick (45), ehemalige Schwimmerin, seit 2010 stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Sporthilfe / „Lieber OPapa Bernd, aus der Provence schicken wir dir unsere herzlichsten Glückwünsche zu deinem 84. Geburtstag. Bleib weiterhin so fit und interessiert, optimistisch und unternehmungslustig. Deine vier Fischies“ / „Carola, liebste Freundin und Powerfrau, alles Liebe und Gute.“ / „Zu Deinem Wiegenfeste das Allerbeste, liebe Carola! Wünsche Dir ein wundervolles, hoffentlich auch bald sonnenenergetisch aufgeladenes neues Lebensjahr! Johanna“ / „Carola Pinnow (67), Hipp, hipp, hurra, liebe Carola! Die besten Wünsche von deinen Töchtern für ein fantastisches neues Lebensjahr mit spannenden Reisen und unvergesslichen Erlebnissen!“ / „Allerbeste Geburtstags-Glückwünsche, liebe Christine, deine 114-erinnen von nah und fern!“ / Bora Ćosić (91), serbischer Schriftsteller / Agnetha Fältskog (73), schwedische Sängerin und Komponistin („ABBA“) / Andreas Gram (68), Rechtsanwalt, Notar, „Es gratulieren die üblichen Verdächtigen Andreas Gram, früherer Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses und CDU-Politiker, sehr herzlich zum Geburtstag und wünschen auch ein neues Lebensjahr voller Gesundheit, Frohsinn, Lebens- und Familienfreude.“ / Thomas Hitzlspergers (41), DFB-Botschafter für Vielfalt und ehemaliger Fußballspieler / Peter Kurth (63), deutscher Jurist und CDU-Politiker, ehem. Senator in Berlin (1999-2001) / Robert Lohr (56), Schauspieler / Irmgard Schwaetzer (81), deutsche Politikerin (FDP) und ehemalige Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland / „Dr. Brit Schnegelsberg (5x), zum Geburtstag alles Liebe und viel Spaß heute mit der Familie, Dein Christoph“ / „Ein wundervolles, phänomenales, fabelhaftes, grandioses, hammermäßiges, famoses, extragutes und absolut supertolles neues Lebensjahr für die Sonnenkäfer-Tüvvel-Mama

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Wolfgang Breyer, * 20. Februar 1955 / Dr. Volker Klepp, * 8. Mai 1945 / Hans-Georg Lange, * 28. Januar 1931 / Ursula Warndorf-May, * 1956 / Michel Würthle, * 7. September 1943

Stolperstein – Bernhard Mayer wurde am 17. Januar 1879 in Barmen-Elberfeld geboren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wohnte er gemeinsam mit seiner verwitweten und verrenteten Mutter Elise in der Münchener Straße 16 in Schöneberg. 1941 wurde er mit seiner Frau Lydia mit dem „1. Deportationszug“ nach Łódź/ Litzmannstadt deportiert, wo er heute vor 81 Jahren ermordet wurde.

Encore

Zum Schluss blicken wir doch nochmal auf den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD. Irgendwie kommt der uns bekannt vor. Der ein oder andere, Kommafehler ist dabei. In den letzten Kapiteln hat man wohl vor Müdigkeit die Fettungen vergessen. Trotzdem soll „Das Beste für Berlin“ drinstehen. Klarer Fall: Der Koalitionsvertrag will den Checkpoint imitieren. Wir raten: Bleiben Sie dem Original treu!

Die Treue haben Ihnen heute gehalten: Sophie Rosenfeld (Stadtleben) und Lionel Kreglinger (Produktion). Lotte Buschenhagen hat für diese Ausgabe recherchiert, geschrieben und empfängt Sie morgen an dieser Stelle gleich wieder.
Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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