Parteivorsitzende braucht die SPD seit einiger Zeit nur noch als Blitzableiter, also um sich abzureagieren. Das gelingt der Partei jedenfalls weitaus überzeugender als die Auseinandersetzung mit der politischen Konkurrenz. Es lässt sich nicht mal mehr sagen, dass die Personaldebatten der SPD zusätzlich schaden – den Leuten draußen ist es inzwischen egal, wen die Partei gerade zur Sau macht und durchs immer kleiner werdende Dorf treibt.
Dazu passt, dass die glaubwürdigsten Worte zum Ausstieg von Andrea Nahles (Aufgabe aller Parteiämter und Rückzug aus dem Bundestag) von Angela Merkel kamen: Die Kanzlerin lobte den „feinen Charakter“ und das „Herzblut“ der früheren Ministerin, die auch als Koalitionspartnerin stets verlässlich gewesen sei.
Politik ist immer ein hartes Geschäft, aber für Andrea Nahles war es zuletzt die Hölle. Was lediglich Vertraute wussten: Als Parteichefin wollte sie eigentlich nur kandidieren, wenn sie ihre Tochter nach Berlin hätte holen können. Doch kurz vor dem Wahlparteitag im April 2018 zog ihr früherer Partner sein Einverständnis zurück – das Kind blieb in der Eifel, Nahles war fortan ständig unterwegs zwischen Berlin und ihrem Heimatort Weiler. Ein hoher Preis, ein großes Opfer.
Der räumlichen Unbehaustheit folgte die politische: In privaten Hintergrundrunden versuchte die frühere Juso-Chefin in Berlin irritierte Banker und Wirtschaftsbosse davon zu überzeugen, dass die SPD die letzte Bastion der marktwirtschaftlichen Mitte sei – während sie draußen von starken Kräften ihrer Partei nach links gezerrt wurde. Hin und her, nie ein fester Stand. Was hielt sie überhaupt?
Kurz vor ihrer Wahl zur Vorsitzenden trug Nahles ein Buch von François Lelord mit sich herum: „Hector und die Kunst der Zuversicht“. Vielleicht dachte sie in den vergangenen Wochen zuweilen an die Ratschläge des zweifelnden, suchenden Hectors: „Schauen Sie nicht zu viel auf die traurigen Dinge, an denen Sie nichts ändern können“, oder auch „Treten Sie ein paar Schritte zurück und schauen Sie auf alles, worin Sie Glück hatten.“ Ein Kapitel heißt übrigens „Die Nacht der Zombieschweine“ – mal sehen, wen die SPD als nächstes zur Sau macht.
Zwei Berliner Stimmen zum Spiel:
1) „Wir beginnen am besten damit, endlich aufzuhören, hässlich, bösartig und hinterlistig miteinander umzugehen. Es reicht.“ (Sawsan Chebli)
2) „Wer mit dem Versprechen nach Gerechtigkeit und Solidarität nun einen neuen Aufbruch wagen will, der darf nie, nie, nie wieder so miteinander umgehen, wie wir das in den letzten Wochen getan haben. Ich schäme mich dafür.“ (Kevin Kühnert)
Die Ziehung der bundespolitischen Lottozahlen wird Ihnen heute präsentiert von Manfred Güllner (Forsa): 7 (Linke), 8 (FDP), 11 (AfD), 12 (SPD), 26 (CDU/CSU), 27 (Grüne), Zusatzzahl 9 (Sonstige).
Und im ZDF-Politbarometer gaben nur 16 % der Befragten an, die SPD präge die Arbeit der großen Koalition – dazu ein Berliner SPD-Funktionär: „In allen Gremien der Partei erzählen wir uns seit Jahren das Gegenteil.“
Der Berliner SPD-Chef Michael Müller fordert unterdessen ein neues Grundsatzprogramm: „Auch mit unseren Beschlüssen zum solidarischen Grundeinkommen, dem Berliner Mietendeckel und der Schwerpunktsetzung ‚digital und sozial‘ hat die Berliner SPD bereits wichtige Impulse gesetzt.“ Der Landesvorstand wurde für heute um 15 Uhr zu einer Telefonkonferenz geladen.
Zwei Kommentare zum Ausgleich:
1) Kritik aus der CDU an der CDU: „Wir zeigen zu wenig Haltung, geben zu wenig Orientierung und wirken in der Kampagne altbacken und langweilig.“ (SH-Bildungsministerin Karin Prien, Q: Tagesspiegel).
2) Kritik aus der FDP an der FDP: „Statt künftig nur die Sorgen von Wutbürgern zu diskutieren, sollten Liberale die Anliegen der jungen Generation in den Focus nehmen. Die Aussage von Christian Lindner, Klimapolitik solle man ‚den Profis überlassen‘, war ein Schlag ins Gesicht von allen jungen Menschen.“ (Berlins Juli-Chef David Jahn, Q: Tagesspiegel).
Und zur allgemeinen Desorientierungen hier noch drei Nachrichten aus der Bundespolitik, die auch gut als Satire durchgehen würden (aber echt sind):
1) Der „Bericht aus Berlin“ kündigt an: „Der aktuellen Nachrichtenlage entsprechend wird es heute um 18:30 Uhr um die Zukunft von SPD und CDU gehen – nicht wie angekündigt um die Debatte, wie die etablierten Parteien wieder junge Menschen erreichen können.“
2) Die „Bild am Sonntag“ meldete: „Unionspolitiker wollen eigene YouTube-Stars aufbauen“ – dabei gibt’s da doch schon genug krasses Material von Bloggerin AKK.
3) Die „Welt am Sonntag“ schreibt: „Söder erwägt Live-Streaming von CSU-Vorstandssitzungen“ – läuft sicher demnächst bei Netflix als Serie in der Kategorie „Heimat/Horror“.
Im Doppelhaushalt 20/21 schlummert eine kleine Zeitbombe für die Digitalisierung der Verwaltung: IT-Staatssekretärin Sabine Smentek hat für beide Jahre jeweils Ausgaben von deutlich mehr als 300 Mio Euro angemeldet – anders sei die einheitliche Umstellung der Arbeitsplätze zum IT-Dienstleistungszentrum nicht bis 2026 zu schaffen. Finanzsenator Matthias Kollatz will bisher aber nur weniger als die Hälfte bereitstellen. In der Verwaltung wird eine Verzögerung um mehrere Jahre bei der der phasenweisen Umstellung befürchtet, wenn die Koalition den Etat nicht am 18. Juni freigibt. Noch in dieser Woche soll es dazu eine Sondersitzung der Fachleute im Parlament geben. Einen kleinen Erfolg gab’s allerdings gerade im Stillen zu feiern: In der Justizverwaltung wurde der letzte aktive Rechner mit dem Betriebssystem „Windows 95“ eingemottet. Als der eingerichtet wurde, hieß die Senatorin hier noch Lore Maria Peschel-Gutzeit.
War die „Schulbauoffensive“, die Bildungssenatorin Sandra Scheeres für die Osterferien angekündigt hatte, „ein Riesen-Bluff“, wie CDU-Bildungsexperte Mario Czaja in der „Morgenpost“ sagt – oder ist die Behauptung des Bluffs selbst ein Riesen-Bluff? Pankows CDU-Bildungsstadtrat Torsten Kühne warnt jedenfalls vor falschen Schlüssen, Spandaus SPD-Bürgermeister Helmut Kleebank spricht sogar von „Unfug“: „Schulbau ist ein Marathon, kein Sprint“. Und Ostern ist schließlich jedes Jahr. Alle bekannten Zahlen zum (Still-)Stand der Dinge finden Sie hier.
Gestern in der Krumme Straße an der Deutschen Oper: Gedenken an Benno Ohnesorg, hier vor 52 Jahren vom Polizisten und Stasi-Zuträger Karl-Heinz Kurras erschossen. Die Tafel zu Ehren Ohnesorgs ist stark verwittert, zuständig dafür: mal wieder niemand, wie Cay Dobberke in seinem Leute-Newsletter Charlottenburg-Wilmersdorf berichtet: „Die Senatskulturverwaltung und das bezirkliche Kulturamt teilten auf Nachfrage mit, die Erhaltung der Tafel falle nicht in ihren Verantwortungsbereich. Auf die Antwort des Bezirksbauamts warten wir noch.“
Berliner Schnuppen
Telegramm
Fahrräder sind in Berlin weiterhin nicht sicher – das ergibt eine Auswertung der Senatsinnenverwaltung, die am 3. Juni veröffentlicht wurde. 27.529 Fahrräder wurden im vergangenen Jahr in Berlin als geklaut gemeldet – die Zahl bewegt sich in etwa auf Vorjahresniveau. 2017 waren 27.507 gestohlenen Räder gemeldet worden.
Besonders gefährdert sind abgestellte Fahrräder in Friedrichshain-Kreuzberg, dort wurden 4.005 Diebstähle gezählt. Im vergangenen Jahr war noch Mitte der Bezirk mit den meisten Fällen. Hier wurden dieses Jahr 3.857 Räder geklaut. Am Stadtrand stehen die Radl dagegen vergleichsweise sicher. In Marzahn-Hellersdorf (835), Reinickendorf (892), und Spandau (949) wurden nur wenige Fälle gemeldet.
Die heikelsten Kieze, um sein Rad abzustellen, sind Graefekiez und Samariterviertel (insg. 712), Pankow Zentrum (547), Pankow Süd (367), Zehlendorf Mitte (306), Alexanderplatzviertel (243) und Reuterkiez (261).
Die Aufklärungsquote blieb auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre. Vier Prozent aller Fälle wurden 2018 aufgeklärt (nach 3,9 Prozent 2017). Der durchschnittliche Schaden stieg 2018 von 629 auf 683 Euro. Die Innenverwaltung führt dies auf die zunehmende Verbreitung der teureren E-Bikes zurück.
„Es zeigt sich, dass wir mit der Aufklärung kaum voran kommen", kommentiert der Grünen-Abgeordnete Stefan Taschner, der die Zahlen erfragt hat. Andere Städte – etwa München – seien viel weiter. Dort würde die Polizei mehr Präsenz auf der Straße zeigen. In München kümmerten sich manche Streifenpolizisten gezielt um Fahrraddiebställe.
Die Berliner Polizei hatte im vergangenen Jahr die Ermittlungsgruppe "Velo" eingesetzt, die die Organisation der Täter und Banden ermitteln sollte. Die Ergebnisse des Pilotprojektes, das vom 1. Mai 2018 bis 30. April 2019 arbeitete, werden derzeit ausgewertet. Wir sind gespannt.
Die BVG muss jetzt sogar vorübergehend den Betrieb ganzer Tramlinien einstellen, um den Fahrerausfall zu kompensieren (15 % Krankmeldungen) – am Samstag traf es die 16 und die 67. Mit Blick auf Anzeigetafeln wie diese hier sollte Chefin Sigrid Nikutta vielleicht besser eine Glücksspiel-Lizenz beantragen.
Etwas kurios wirkt eine Stellenausschreibung der Polizei: „Sie arbeiten dafür, dass sich alle Verkehrsteilnehmer ohne Schaden zu erleiden im Straßenverkehr bewegen können.“ Aber haben wir denn nicht schon eine Verkehrssenatorin?
Sie sind wieder da – die Hütchenspieler am Checkpoint Charlie. Jeden Tag, ungestört von der Polizei. Betrug gehört in Berlin offenbar zum Tourismuskonzept.
Günther Rühle ärgert sich über die „FAZ“: In einem Interview anlässlich seines heutigen 95. Geburtstags wird er auch kritisch zu Berlin („Piefkes“) und dem Tagesspiegel zitiert – „radikal verkürzt und falsch“, wie der frühere Intendant und Feuilleton-Chef in einer Mail schreibt. Seine Grüße entrichtet er „aus einer Mischung von Zorn und Trauer“: „Mir sind die guten Beziehungen zum Tagesspiegel sehr wichtig.“
Eigentümer aufgepasst, jetzt wird’s ernst: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sucht eine/n juristische/n Referent/in bei der Enteignungsbehörde.
Immer wieder Verwirrung um das Schild „Radfahrer absteigen“ (1012-32) – zur Klarstellung: Es ist nicht in der StVO erwähnt, es droht kein Bußgeld, keine Strafe, es dient der Behörde nur dazu, sich der „Amtshaftung“ zu entziehen, wenn an einer Gefahrenstelle etwas passiert. Die Idee ist ausbaufähig: An gefährlichen Kreuzungen z.B. wäre für Rechtsabbieger das Schild „Autofahrer aussteigen“ angebracht.
Neues vom Abgeordneten Marcel „Lunte“ Luthe: Der hundepolitische Sprecher der FDP-Fraktion (laut „Berliner Zeitung“ Besitzer von „Nuna“, einem vierjährigen Tervueren-Mix) hat beim Senat die Zahl der gestohlenen Wauwaus erfragt – 309 waren es in den vergangenen fünf Jahren.
„Sophia Thomalla tritt heute Abend gegen Günther Jauch“, meldet die „B.Z.“ (sagt aber nicht wohin) – na ja, hoffentlich nicht zu doll.
Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt – und das aus gutem Grund. Was passiert, wenn mehrere Menschen mit eingeschränkter Sicht gleichzeitig „Klar zur Verkehrswende!“ rufen, zeigt dieses schöne Bild hier – oder haben Sie eine Idee, wie der E-Automobilist an seine Ladesäule kommen soll? (via @DroidAlexandra).
Checkpoint-Leserin Kati Krause hat Bilder von Begegnungszonen in Barcelona geschickt – mit Parklets und bunt bemaltem Asphalt (Dreiecke, keine Punkte). Wenn Sie mal schauen wollen.
Das BA Tempelhof-Schöneberg sucht ab sofort eine Hauptsachbearbeitung im Bürgeramt, Anforderung unter anderem: „Häufiges, spontanes Wechseln in der Anwendung der vorzuhaltenden Fachkenntnisse.“ Die einen Kunden wollen eben einen Termin, und die anderen wollen einen Termin. Und beides gibt’s mal weniger - und dann mal wieder weniger.
Service-Hinweis zur exakten Planung für die Besucher des Biergartens am Neuen See – hier ist „bis Ende geöffnet“. Gilt übrigens auch für den Rest von Berlin.
Der nächste Straßenärger in Berlin: Ein breites Bündnis protestiert in einem Schreiben an Verkehrssenatorin Regine Günther gegen die Pläne am Molkenmarkt – neue Klimaschutzanforderungen würden „komplett ignoriert“, die Aufenthaltsqualität werde „dem Durchgangsverkehr geopfert“. Den ganzen Brief finden Sie hier.
Der ICE 504 von Berlin nach Hamburg hat in der Nacht zu Sonntag den Jackpot beim Betriebsstörungsbingo geknackt: 1) Der Zug hielt um 21.25 Uhr außerplanmäßig in Wittenberge – Bombendrohung. 2) Der erste Ersatzbus konnte nicht losfahren – technischer Defekt. 3) Der zweite Ersatzbus konnte nicht losfahren – Busfahrer besoffen (1,14 Promille) und bewaffnet (Totschläger). Um 1.47 Uhr ging es dann weiter. Wer bietet mehr (außer den obligatorisch defekten Klimaanlagen)?
Heute mal eine respektvolle Verbeugung vor dem Grauflächenamt Mitte, Dirk Jericho schreibt in der „Berliner Woche“: „Mittes Grünflächenchef Jürgen Götte ist Berlins schnellster Gärtner“ – mehr als 100mal ist der 60-Jährige bereits einen Marathon gelaufen, zuletzt in 2:56:50. Beste Voraussetzung also für die Pflege der Grünflächen, bei der Ausdauer und Tempo gleichermaßen gefragt sind – und für ein paar Runden mit der Checkpoint-Laufgruppe. Dazu bald wieder mehr an dieser Stelle.
Aus der senatsoffiziellen Website berlin.de zur Übersicht der Wasserspielplätze („Hinein ins nasskalte Vergnügen!“): „Trotz sorgfältiger Recherche kann leider keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die hier gelisteten Wasserspielplätze zum gewünschten Zeitpunkt auch tatsächlich in Betrieb sind.“ Gilt übrigens auch für Flughäfen. (via CP-Leserin Aline von Drateln).
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Die Deutschen feiern hundertjähriges Jubiläum, bezogen auf die Nazi-Olympiade? Das kann nicht sein.“
Sportminister Horst Seehofer schließt eine Bewerbung Berlins um die Austragung Olympischer Spiele im Jahr 2036 aus. (Q: Interview in der „FAZ“).
Tweet des Tages
Der Busfahrer hält einfach zwischen zwei Haltestellen, steigt aus, begrüßt den Obsthändler seines Vertrauens, steigt ein und wartet auf seine Obstlieferung.... Dit is Berlin.
Stadtleben
Eisessen in Prenzlauer Berg – Die Eissaison kam plötzlich dieses Jahr. Also möglichst auskosten, bevor sie vielleicht allzu plötzlich wieder zu Ende geht. Und am besten natürlich nicht einfach irgendwelches Eis, sondern hausgemacht und möglicherweise auch noch ausgefallen: Im Süßfein, das im vergangenen Monat in der Rykestraße 50 eine zweite Filiale eröffnet hat, erfüllen die Eissorten diese Kriterien definitiv. Spannend klingen geröstete Kokosnuss und das Acai Sorbet, Süßmäuler werden wohl zum Chocolate Cookie Dough (schmeckt wie Schokokuchenteig) greifen. Doch es geht auch ganz klassisch mit Joghurteis und Himbeersorbet. Wie auch immer: Hauptsache Abkühlung! Tägl. 12.30-19.30 Uhr, U-Bhf Senefelderplatz
Trinken & Geschenk – Birgit Zellner betreibt seit 19 Jahren die Kaffee-Bar Torrefazione (italienisch für Kaffeerösterei) in Lichterfelde. Genauso lange trinkt Immo Knossalla, einer der vielen Stammgäste am Oberhofer Weg 4, ganz in der Nähe vom Kranoldplatz, dort seinen Kaffee. Das berichtete er Leute-Autor und Steglitz-Zehlendorf-Reporter Boris Buchholz in seinem letzten Newsletter. Der Stammgast schwärmt vom Geschmack des Kaffees, der sei schön stark, der Preis angemessen. Wer den Wachmacher probiert hat und ähnlich überzeugt ist: Die Bohnen aus eigener Röstung (schonend bei niedrigen Temperaturen und kleinen Mengen) kann man bei Frau Zellner auch in größeren Mengen kaufen. Ein besonderes Angebot der Torrefazione: Kunden können sich ihre eigene Hausmischung zusammenstellen lassen und vor Ort verkosten. Verschenkt man die Bohnen, bekommt man hier auch original italienische Kaffeedosen – da kann man sich das Geschenkpapier gleich sparen. Mo-Fr 9-18.30 Uhr, Sa 8.30-14 Uhr, S-Bhf Lichterfelde Ost
Berlinbesuch – Sie ist die zweitgrößte Insel im Tegeler See: Valentinswerder. Zwischen lauter Wochenendhäuschen, die sich wie im Bilderbuch aneinanderreihen, findet man dort vor allem tolle Natur. Gerade blühen Pfingstrosen und Flieder, Buchen und Kastanien spenden bei den sommerlichen Temperaturen Schatten. Wem es trotzdem zu heiß ist (verständlich!), kann am Badestrand an der Südallee in den Tegeler See hüpfen (er dürfte noch ziemlich kühl sein) und anschließend die entspannte Atmosphäre genießen, für die Valentinswerder von regelmäßigen Besuchern und den – tatsächlich, es gibt sie – Einwohnern geschätzt wird. Am Wochenende fährt eine Fähre, von Mo-Do viermal täglich ein Zubringerdienst ab Tegelort.
Last-Minute-Tickets ergattern Sie noch für das Gastspiel des Züricher Schauspielhauses am Deutschen Theater: Im Rahmen der Autorentheatertage führt das Ensemble unter der Regie von René Pollesch „Ich weiß nicht, was ein Ort ist, ich kenne nur seinen Preis" auf. So verwirrend, wie der Titel klingt, so spielt sich auch die Handlung ab. Erst mal wird in dem Stück nicht der Ort, sondern die Zeit vermisst. Direkt zu Beginn (19.30 Uhr) führen die Schauspieler das Ende von Shakespeares Sommernachtstraum auf. Doch wo ist der Anfang geblieben? Wann ist die Zeit vergangen und was ist eigentlich währenddessen passiert? Es kommt zu einer Spurensuche, die sich als Zeitgeistdiagnose herausstellt. Karten kosten zwischen 5 und 48 Euro. Schumannstraße 13a, U-Bhf Oranienburger Tor
Plätze sichern für die Lange Nacht der Ideen am 6. Juni: An 17 Orten – vom Tresor Club über den Roten Salon der Volksbühne bis zum Dachatelier des Auswärtigen Amtes – wird den Besuchern Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nähergebracht. Am Donnerstag diskutieren im Pierre Boulez Saal ab 19 Uhr Claudia Roth, Vizepräsidentin des Bundestages, Sophie Pornschlegel vom Progressiven Zentrum, sowie die Autoren Ingo Schulze und Albert Ostermaier über die Frage „Welche Kultur hat Europa überhaupt noch?“. Stephan-Andreas Casdorff, publizistischer Herausgeber des Tagesspiegels, moderiert. Gefolgt wird die Veranstaltung von einem Konzert des West-Eastern Divan Orchestra und Studierenden der Barenboim-Said Akademie. Der Eintritt ist frei, zur Anmeldung geht's hier.
Noch hingehen ins Wintergarten Varieté, wo man sich noch bis Ende Juni in die 50er Jahre zurückkatapultieren lassen kann. „Let's twist again – Rockabilly Hits & Acrobatics" heißt die Show, die Kulthits von Chuck Berry, Ray Charles und den Blues Brothers mit beeindruckender Akrobatik und Tanz verbindet. Tickets gibt's ab 29 Euro. Potsdamer Straße 96, U-Bhf Kurfürstenstraße
Verlosung – Wer öfters Podcasts hört und sich denkt: Ich wäre gerne mal live dabei, wie einer aufgenommen wird, für den haben wir das perfekte Event in der Factory Berlin (Rheinsberger Straße 76-77, U-Bhf Bernauer Straße). Am Dienstag (ab 18 Uhr) wird der Telekom Electronic Beats Podcast mit dem DJ und Produzenten Richie Hawtin aufgenommen, es moderiert Journalistin Gesine Kühne. Anschließend folgt eine offene Gesprächsrunde zwischen dem Publikum und Hawtin, dessen Musik als richtungsweisend in der Elektroszene gilt. Für den Live-Podcast verlosen wir ein paar Plätze für Interessierte (bis 12 Uhr).
Das Stadtleben zum Wochenstart von: Maria Kotsev
Prominent verraten
Der in dieser Woche gesuchte Wahlberliner, 1941 in Iserlohn geboren, brach vor dem Abitur die Schule ab, um seinen Traum der Schauspielkarriere zu verfolgen.
Bekannte Berliner fotografieren für uns eine Woche lang täglich Ausschnitte aus ihrem Leben. Die Auflösung kommt immer freitags - mit einem Selfie.
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Berlin heute
Verkehr – Gleich an mehreren Stellen in der Stadt gibt es Einschränkungen aufgrund von „Verkehrssicherungsmaßnahmen": So etwa auf der A10 / A2, wo im Bereich AD Werder Richtung Magdeburg die Fahrbahn erneuert und deshalb mit zwei Fahrstreifen auf die Gegenfahrbahn umgeleitet wird. Außerdem gibt's bis Ende des Monats stadtauswärts auf der Prenzlauer Allee (Prenzlauer Berg) im Kreuzungsbereich Wisbyer Straße / Ostseestraße nur eine Spur. Das Linksabbiegen in die Wisbyer Straße ist nicht möglich und auch auf der Ostseestraße darf der Blinker nicht mehr links gesetzt werden. Die Monumentenbrücke in Schöneberg wird die nächsten drei Wochen instandgesetzt, weshalb die Monumentenstraße zwischen Bautzener Straße und Kreuzbergstraße in beiden Richtungen für den Autoverkehr gesperrt ist. Sogar „dringende Instandsetzungsarbeiten" werden an der Sellheimbrücke (Karow / Blankenburg) durchgeführt, was bedeutet, dass der Straßenzug Karower Damm / Blankenburger Chaussee zwischen Straße 45 / Straße 35 und Treseburger Straße / Straße 26 bis Ende Juni gesperrt ist. Ebenso auf der Brücke über dem Britzer Zweigkanal (Baumschulenweg), was zur Sperrung der Baumschulenstraße in Richtung Späthstraße zwischenb Forsthausallee und Königsheideweg führt (bis Anfang August). Weitere Infos finden Sie auf der VIZ.
Demonstration – Eine Gruppe von 7 Menschen möchte um der Nigerianischen Botschaft um 14 Uhr ein Protestschreiben übergeben, in dem sie fordern: „Stoppt die Kriminalisierung des Nigerianischen Aktivisten für Arbeiterrechte". Und eine ca. 30-köpfige Gruppe steht von 17-20 Uhr unter dem Motto „Stoppt das Morden in Idlib, Syrien" auf dem Breitscheidplatz.
Gericht – Zwei Männer, die zehn hochwertige Autos unter Täuschungen geleast oder auf Kredit gekauft, dann Wildunfälle oder Brände inszeniert und von Versicherungen Leistungen erschlichen haben sollen, kommen wegen gewerbsmäßigen Betrugs auf die Anklagebank. Die 26- und 42-Jährigen hätten 260 000 Euro kassiert (9.30 Uhr, Kriminalgericht Moabit, Turmstraße 91, Saal 820).
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Heinz Dreier (81), „glücklicher Bayer, gebürtiger Münchner und seit 23 Jahren kritisch-interessierter Berliner." / Margot Käßmann (61), Theologin, ehem. Ratsvorsitzende der EKD (2009-10) und ehem. Landesbischöfin von Hannover (1999-2010) / Monika Maron (78), Schriftstellerin / Sven Ottke (52), ehem. Boxer / Günther Rühle (95), Journalist und ehem. Theaterintendant, ehem. Feuilletonchef des Tagesspiegels
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Gestorben – Achim Beier, * 15. Juni 1961, Geschäftsführer und Gesellschafter der messenger Transport & Logistic GmbH / Margot L. Grunert, * 28. September 1936 / Fritz Schösser, ehem. Aufsichtsratsvorsitzender des AOK-Bundesverbands
Stolperstein – Heute vor 76 Jahren wurde Hedwig Krayn (Jhg. 1868) in Theresienstadt von den Nazis ermordet. Vor ihrer Deportation dorthin am 18. Mai 1943 lebte sie in der Helmstedter Straße 19 in Wilmersdorf.
Im Tagesspiegel
Eigentlich wollte er nur mit seiner Frau Urlaub in China machen. Doch es kam anders: Harald Schmitt, Fotograf des „Stern", wurde Zeitzeuge des Massakers vom Platz des Himmlischen Friedens. Am Dienstag jährt es sich zum 30. Mal. Auf Seite 23 im Tagesspiegel und im E-Papererinnert sich Harald Schmitt an die dramatischen Tage von Peking.
Encore
Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: Sie haben heute die Kurzstrecke gelesen, in der viel journalistische Leidenschaft steckt. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie unsere Arbeit mit einem Checkpoint-Abonnement unterstützen würden – auch wenn Ihnen die Kurzstrecke eigentlich genügt. Viele Tausend Leserinnen und Leser zeigen mit ihrem Checkpoint-Abo bereits, dass Ihnen unabhängiger Berlin-Journalismus etwas wert ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch bald dabei wären. Und dann bewegen wir gemeinsam Berlin!
Kommen sie gut in die Woche, morgen früh begrüßt Sie hier meine Kollegin Laura Hofmann – bis dahin,
Ihr Lorenz Maroldt