Parteivorsitzende braucht die SPD seit einiger Zeit nur noch als Blitzableiter, also um sich abzureagieren. Das gelingt der Partei jedenfalls weitaus überzeugender als die Auseinandersetzung mit der politischen Konkurrenz. Es lässt sich nicht mal mehr sagen, dass die Personaldebatten der SPD zusätzlich schaden – den Leuten draußen ist es inzwischen egal, wen die Partei gerade zur Sau macht und durchs immer kleiner werdende Dorf treibt.
Dazu passt, dass die glaubwürdigsten Worte zum Ausstieg von Andrea Nahles (Aufgabe aller Parteiämter und Rückzug aus dem Bundestag) von Angela Merkel kamen: Die Kanzlerin lobte den „feinen Charakter“ und das „Herzblut“ der früheren Ministerin, die auch als Koalitionspartnerin stets verlässlich gewesen sei.
Politik ist immer ein hartes Geschäft, aber für Andrea Nahles war es zuletzt die Hölle. Was lediglich Vertraute wussten: Als Parteichefin wollte sie eigentlich nur kandidieren, wenn sie ihre Tochter nach Berlin hätte holen können. Doch kurz vor dem Wahlparteitag im April 2018 zog ihr früherer Partner sein Einverständnis zurück – das Kind blieb in der Eifel, Nahles war fortan ständig unterwegs zwischen Berlin und ihrem Heimatort Weiler.