Guten Morgen, bevor wir uns wieder den hiesigen Luftfahrtabenteuern widmen, schauen wir uns doch erstmal diese Meldung hier an: „Bruno Vezzoli ist es gelungen, den Ärmelkanal mit einem fliegenden Auto zu überqueren. Der Franzose startete sein riskantes Unterfangen auf einem verlassenen Militärflughafen in Ambleteuse, einem kleinen Ort in der Nähe der französischen Hafenstadt Calais. Nach einem 59 Kilometer langen Flug landete er sicher in der Nähe von Dover in Großbritannien.“
Derart beflügelt wagen wir uns dann doch mal an die Meldungen aus Berlin: Die Koalition will ihren Landeanflug auf den Single-Airport BER auch bei einer Niederlage in der TXL-Volksabstimmung nicht abbrechen - SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider sagt: „Unser wichtigstes Argument ist Verlässlichkeit, auch wenn der Wind mal von vorne bläst.“ Blöd ist nur: Wenn Verlässlichkeit das einzige wahrnehmbare Argument bleibt, könnte es auch als Sturheit ausgelegt werden. Also: Höchste Zeit für eine Info-Kampagne, für Plakate, Broschüren … Hallo? Ach so, richtig, ist ja Berlin, also: Delayed. Zuständig ist (noch) Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher, aber die möchte den Regierenden Bürgermeister ins Cockpit schieben und selbst, blub, blub, blub, blub, blub, am liebsten abtauchen. Das passt - sie ist ja auch vollauf damit beschäftigt, die Wohnungsneubauziele der Koalition zu versenken.
Die Medienland(wirt)schaft zeigt sich heute kulinarisch konzentriert: „Tofubutter darf nicht Tofubutter heißen“ (Spiegel), „Veganer Käse darf nicht Käse heißen“ (FAZ) „Pflanzenkäse darf nicht Käse heißen“ (Zeit), Soja darf kein Käse mehr sein“, (B.Z.), „Käse nicht gleich Käse“ (Juve), „Käse ist mir Wurst“ (inFranken.de), „Gemüse ist kein Käse“ (Tsp), „Milch bleibt Milch“ (Standard), „Tofubutter ist keine Butter mehr“ (Kölner Stadt-Anzeiger), „Darf Leberkäse jetzt noch Leberkäse heißen?“ (News, die Antwort: ja), „Veggie-Cheese klingt nach Fleisch“ (svz). Na dann: Guten Appetit. Am klarsten hat der SWR das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zusammengefasst: „Die Milch muss aus dem Euter kommen“. Logo - aus den Ohren wäre ja auch komisch.
Die freiheitsliebende Menschenrechtsmonarchie Katar befreit Berlin endlich von einer schändlichen optischen Umweltverschmutzung: Die barbusige Steinlady am Giebel des denkmalgeschützten Gästehauses in der Schützenallee („Vila Calé"), vom Emirat einst als Botschaft gekauft, ist jetzt hinter zwei Nationalfahnen züchtig komplettverhüllt - dazu auch der Kommentar von Annette Humpe: „Nur der Scheich ist wirklich reich“ - und kann sich in Zehlendorf offenbar alles erlauben.
Die Internationale Linke wird dagegen künftig zu Kreuze kriechen müssen, um ins Schloss zu kommen - die Kuppel auf dem Humboldt-Forum, da lege ich mich jetzt fest, ziert künftig das Christensymbol: Der Senat gibt den Kulturkampf auf. Anders als Senator Klaus Lederer hat Michael Müller, selbst Mitglied der evangelischen Kirche, auch eigentlich nichts dagegen - ihn stört nur der restaurative Rekonstruktionsfuror. Und deshalb ist der Regierende auch im Zweifel für den ZWEIFEL (als Schriftzug an der Nordost-Fassade) obwohl der ja noch besser zur Air-Berlin-Zentrale passt - am Bürgschaftsantrag der flügellahmen Fluggesellschaft gibt’s jedenfalls in Berlin erhebliche Zweifel. Auch wenn die Prüfung offiziell noch läuft und Wirtschaftssenatorin Pop sich ziert, die Checkpoint-Prognose lautet: So wird das nichts - da kann der Senat aus den Millionen auch gleich Papierflieger basteln und vom Rathausbalkon segeln lassen. Aber so oder so: Am Wichtigsten ist, dass 1) die fast immer freundlich-stressresistenten AB-Besatzungen weitermachen können - und 2) ein Käufer (wenn, dann LH) die Schokoherzen übernimmt.
Anders als Neukölln (z.Zt. nicht nur bei der Auszahlung des Elterngeldes vorbildlich) leistet sich der zubetonierte Bezirk Mitte (wie zuvor auch schon Pankow, CP v. 29.5.) zur Imagepflege ein Grauflächenamt – Bürgerengagement zur Baumscheibenbegrünung unerwünscht. In einem Schreiben aus dem Haus der zuständigen Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) heißt es: „Es ist wichtig, dass eine solche Begrünung fachgerecht angelegt und vom Amt begleitet wird“, mit anderen Worten: Der Bürger ist zu blöd (die Bürgerin natürlich auch). In jedem Fall erforderlich ist „ein Bepflanzungskonzept“, die Dauer der Antragsbearbeitung dürfte sich in Jahresringen messen lassen. Schließlich der Hinweis: „Alles, was man hier im Bezirk noch sehen kann, ist nicht genehmigt und wird von uns entfernt.“ Tja, was soll man davon halten? Fragen wir zur Einschätzung doch einfach mal ein von wild entschlossenen Grauflächenhütern rausgerupftes Gänseblümchen: „Die spinnen, die spinnen nicht, die spinnen, die spinnen nicht … die spinnen.“ Mal so ganz unverblümt gesagt.
Telegramm
Durch die dicken Türen der Justizverwaltung dringt durch: Senator Dirk Behrendt soll sich in Sachen Generalstaatsanwältin für Margarete Koppers entschieden haben. Die Besetzung ist wegen Verfahrensfragen umstritten, eine Konkurrentinnenklage möglich - und die bisherige Vize-Polizeipräsidentin könnte es im neuen Amt wegen alter Geschichten mitErmittlungen gegen sich selbst zu tun bekommen.
Neue Details von der CDU-Affäre in Wild-Südwest (CP von gestern): Im Gutachten (dem Landesvorstand seit Montag bekannt) wird eine Beteiligung von Bundestagskandidat Thomas Heilmann wegen des zeitlichen Ablaufs ausgeschlossen - ein gefälschter Abstimmungsbogen, der bei einem Mitarbeiter von Heilmanns Konkurrenten Karl-Georg Wellmann aufgetaucht war, ist erst zwei Tage nach einer umstrittenen Mailaktion des Ex-Justizsenators gedruckt worden. Außerdem haben inzwischen drei bisherige Parteimitglieder aus Wellmanns Umfeld die CDU verlassen - sie entzogen sich so einer internen Untersuchung. Eine von ihnen besitzt - Tata: einen Copyshop. Da wurde offenbar gelogen wie gedruckt.
Eigentlich wollte der Senat keine Zahlen zu den Verfahren in Sachen Ferienwohnungen herausrücken - angeblich aus „datentechnischen Gründen“. Jetzt ging’s auf einmal doch, nachdem die FDP-Abgeordnete Maren Jasper-Winter auf eine Antwort insistierte. Das Ergebnis einer Umfrage in den Bezirken: Von 1264 Widersprüchen gegen eine versagte Nutzung sind noch immer 875 offen (allein in Mitte 510), am Verwaltungsgericht hängen noch 135 Klageverfahren. Ziemlich großer (und teurer) Aufwand für einen relativ kleinen Nutzen.
Tierisch hoch war das Interesse an der von Daniel Buchholz angebotenen Zoo-Tour mit Direktor Andreas Knieriem – zehn Plätze hatte der SPD-Abgeordnete für den Checkpoint reserviert, die ausgelosten Teilnehmer werden benachrichtigt. Selbstverständlich haben wir alle eingegangenen Fragen weitergeleitet.
Als Lieblingstiere wurden neben den Klassikern u.a. genannt: Schuhschnabel („Sympathisch schräger Vogel, passt allerbestens zu meiner Heimatstadt Berlin“, Dirk Lausch),Schabrackentapir (Tarek El-Naschef), Takine („Weil sie aussehen wie Elchkühe, klettern wie Ziegen und trotten wie Bären“, Dina Fleschen), Riesendampfschiffente (Nina Paasch) undPinselohrschwein („Eher auf den zweiten Blick attraktiv“, Saskia Solar).
Die perfekte Überleitung kommt von Nora Woiwode: „Mein Lieblingstier ist der Löwe. Meine Frage an den Zoodirektor: Haben Sie einen Job für mich?“ Ein paar (wenige, sorry!) weitere Fragen: „Wenn Pandas zu faul sind zum Sex, sollte man sie nicht einfach aussterben lassen?“ (Seema Mehta), „Warum spucken Ziegen die Kirschkerne zur Seite weg?“ (Monika Mönig), und zum Schluss noch meine absolute Lieblingsfrage, gestellt von Emilia „Birdy“ Garavy (4): „Haben Vögel auch Popel?“
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„1980 mit der U-Bahn ins Märkische Viertel.“
Schlagzeile aus dem Tagesspiegel aus dem Jahr 1970. Hinweis: Der Zug hat zur Zeit 37 Jahre Verspätung.
Tweet des Tages
„Das Highlight von Spandau ist die Kantine des Finanzamts.“
Stadtleben
Wer mittags schnell und gesund, das heißt zucker- und kalorienarm in der City West essen will, findet bei Choozo die nötige Auswahl an leichten Speisen. Ein Kalorienzähler hilft, die individuelle Dosis zu ermitteln, wie viel Wok-Gemüse in die Box mit Vollkornnudeln darf. Dennoch gilt: Alles kann, nichts muss - proteinreiche Zutaten wie Hühnchen, Shrimps und Tofu stehen ebenfalls zur Auswahl. Dazu Smoothies und Eistee und wem Kalorien herzlich egal sind, greift eben zum Cheat Muffin. Kurfürstendamm 22 (U-Bhf Kurfürstendamm), Mo-Fr 9-19 Uhr, Sa 11-17 Uhr
Berlinbesuch kann diesen heißen Tag heute auf einem schattigen Terrassenplatz im Schlosscafé Biesdorf genießen. Die spätklassizistische Prunkvilla der Familie Siemenswurde aufwendig saniert und beherbergt seit September das ZKR, das Zentrum für Kunst und öffentlichen Raum (derzeit mit einer Schau über urbane Räume, die künstlerische Positionen aus New York, der DDR und der Gegenwart nebeneinander stellt), und ein helles, in Cremetönen gehaltenes Café. Der Gast fühlt sich ein bisschen wie beim Adel zu Hauseund blickt bei einem Stück supercremigen altdeutschen Käsekuchens weit in den 14 Hektar großen Park, den Stadtgartendirektor Albert Brodersen einst im Stile eines englischen Landschaftsgartens anlegte. Ein Abstecher lohnt auch noch nach Feierabend - ZKR und Café sind donnerstags bis 21 Uhr geöffnet. Alt-Biesdorf 55 (direkt am S-Bhf Biesdorf)
Wer von Berlin nicht schon verzaubert genug ist, sollte sich im Ritz Carlton mal von Fabian Weiss verzaubern lassen. Der Magier lädt regelmäßig zur Stunde des Staunens in den Salon Tiergarten, am Sonnabend sogar mit einem echten Falschspieler (Tickets kosten 29 Euro). Wir verlosen zwei Freikarten (bis 12 Uhr) für die 18 Uhr Vorstellung, inkl. Aperitif.