Wind und Regen bei bis zu 10°C

FFP2 statt 2G in Handel und Museen – Senat lockertBER-Terminal 2 soll im März öffnenDas sind die Unfall-Schwerpunktkreuzungen für Radfahrende

Im Kreml saß Bundeskanzler Scholz dem russischen Präsidenten Putin mit größtmöglichem Abstand gegenüber (Bild: Twitter), an Corona lag’s aber eher nicht. Eher am bis nach Berlin hörbaren Kettenrasseln an der ukrainischen Grenze. Wenn auch Sie sich ein Stück dieser diplomatischen Eiszeit nach Hause holen wollen, können Sie vielleicht bei Ikea nachfragen – die Idee für einen sechs Meter langen Tisch „Putin“ hat Potenzial. Die Lage bleibt aber ernst, vor allem für die Menschen in der Ukraine. Immerhin einen Teilrückzug der Truppen kündigte Putin schon vor dem Treffen mit Scholz an. Das könnte ein erstes Zeichen der Deeskalation sein. Oder einfach eine weitere Runde in einem Verwirr- und Verunsicherungsspiel, in dem die Ukraine schon lange Spielball ist.

Während die Stimmung in Moskau eisig ist, wird es in Berlin heute stürmischder Deutsche Wetterdienst warnt vor Orkanböen. Unruhig sind zuletzt womöglich auch die Debatten im Abgeordnetenhaus. Blick in die Senats-PK am Dienstag: Eine etwas abgekämpft aussehende Franziska Giffey setzt sich 40 Minuten zu spät ans Pult. Zwei Stunden habe man sich mit den Experten „auseinandergesetzt“, „eine sehr ausführliche Expertenanhörung“ sei es gewesen. (Unter anderem war Christian Drosten himself zu Gast.) Dann verkündet Giffey Lockerungen – FFP2 statt 2G in Handel und Museensowie eine Diskussion über Schul-Maskenpflicht kommende Woche. Auch in der heutigen Bund-Länder-Konferenz sollen Lockerungen beschlossen werden. Etwa soll die Obergrenze bei Treffen von Geimpften und Genesenen fallen. Dass die Zahlen sinken würden, sagte die Regierende, „bedeutet, dass es aus unserer Sicht zu rechtfertigen ist, weitere Schritte in Richtung Lockerung zu machen“. Aber sehen die Koalitionspartner das genauso?

Vor zwei Wochen nannte Bürgermeisterin Jarasch (Grüne) Öffnungs-Zeitpläne noch „unseriös“. Vergangene Woche hieß es von SPD-Gesundheitsexpertin Bettina König: „Die Zeit für umfassende Lockerungen ist noch nicht da“ (Inzidenz: 1609). Heute (Inzidenz: 1377) brachte der Senat erste Lockerungen auf den Weg. Selbst Gesundheitssenatorin Gote (Grüne), selbsternannter Teil von „Team Vorsicht“ und in einem Radioeins-Interview am Morgen noch tendenziell öffnungsskeptisch, sagte dem Tagesspiegel am Nachmittag, man sei sich „im Senat einig, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um schrittweise und vernünftig Öffnungen einzuleiten“. Politische Kommunikation 101:Adjektive vor dem Wort „Lockerungen“ und nicht exakt definierte zeitliche Eingrenzungen („die Zeit“) helfen beim Nachjustieren.

Ein getöteter Radfahrer, drei schwerverletzte und 21 leichtverletzte: Das ist die Fahrradunfall-Bilanz der Kreuzung Mollstraße/Otto-Braun-Straße in Mitte (2017 und 2019). Sie ist nur eine von 220 Unfallschwerpunkt-Kreuzungen für Radfahrende. Eine Daten-Auswertung des Berliner Start-ups FixMyBerlin hat die Kreuzungen identifiziert, an denen es besonders viele Unfälle mit Radfahrenden gibt – in diesem Artikel des Tagesspiegel Innovation Labs finden Sie alle 220 Fahrradunfall-Schwerpunktkreuzungen. Die meisten sind in Mitte (63), Friedrichshain-Kreuzberg (40) und Charlottenburg-Wilmersdorf (29), die wenigsten in Spandau. Dem Stadtzentrum fern – der Vision Zero näher als der Rest. Viele besonders betroffene Kreuzungen wurden in den letzten Jahren verbessert: Der Checkpoint hat die Senatsverwaltung am Dienstag zu 10 besonders unfallträchtigen Kreuzungen in sieben Bezirken befragt. Zu 8 gab es Antworten. Ergebnis:
 
++ An 6 wurde in den vergangenen drei Jahren etwas getan, um den Radverkehr sicherer zu machen, an 2 nicht.

++ An einer der beiden unveränderten Kreuzungen war der Unfallgrund eine Baustelle (mittlerweile abgebaut).

++ An der zweiten unveränderten, der Mollstraße/Otto-Braun-Straße, an der etwa 2018 ein Radfahrer von einem abbiegenden Lkw getötet wurde, geschah bisher: nichts. „Aufgrund der sehr komplexen Verkehrssituation“ habe die Unfallkommission „bisher keine Einzelmaßnahmen veranlasst“, teilt Senatssprecher Jan Thomsen mit. Hier müsse „eine gesamthafte Verkehrsuntersuchung“ stattfinden. „Perspektivisch“ wolle man die Lage im Anschluss an einen „in Vorbereitung befindlichen“ Modellversuch am Platz der Vereinten Nationen erneut bewerten. Gefahr erkannt, Gefahr … Wir warten gebannt.

Die Verkehrsverwaltung weist zudem darauf hin, dass es sich bei den genannten Kreuzungen um vielbefahrene Orte handelt. Es kommt dort absolut betrachtet häufiger zu Unfällen als in kleineren Straßen. Logisch. Logisch ist aber auch, dass es dort besonders vielen helfen würde, wenn diese Orte so sicher wie möglich sind. Wo das konkret der Fall ist, zeigt die Auswertung von FixMyBerlin.

Findet am anderen Ende der Verkehrs-Nahrungskette heute womöglich eine Verkehrswende der anderen Art statt? Gut möglich, dass heute Flüge vom BER zum BER auf den Anzeigetafeln locken. Moment mal. Linien-Rundflüge über Berlin? Nein, keine Sorge, teilt die FBB in Erwartung der nächsten BER-Chaosmeldung in diesem Newsletter proaktiv mit: Heute testen Mitarbeiter:innen Terminal 2. In Terminal 1 läuft der Betrieb normal weiter. Aber während des Testbetriebs könne es auch dort vorkommen, dass groteske, ja, „völlig sinnlose“ Ziele angezeigt würden. Diesmal offenbar kein BER-Chaos, sondern geplant. Fotos von abstrusen Anzeigetafeln nehmen wir trotzdem gerne entgegen: checkpoint@tagesspiegel.de.

Terminal 2 … War das nicht das Terminal, das schon zur Eröffnung hätte in Betrieb gehen sollen, aber wegen Corona geschlossen blieb? Richtig! Spätestens am 27. März soll es so weit sein. Ganz sicher? „Dann ist es auf jeden Fall da“, sagt FBB-Sprecher Jan-Peter Haack. Womöglich eröffne es sogar ein paar Tage vorher für einzelne Flüge – verfrüht, sozusagen.

Mist ausgekippt haben gestern nicht nur einige Klimaaktivist*innen im Landwirtschaftsministerium, sondern auch Neuköllns Sozialstadtrat und stellvertretender CDU-Landesvorsitzender Falko Liecke auf Twitter: „ein fröhliches ‚Allahu Akbar‘“ wünsche er den frisch gewählten Grünen-Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour (Screenshot hier). Liecke bezog sich auf eine verkürzt wiedergegebene Aussage Nouripours, die dazu führte, dass dem Politiker fälschlicherweise unterstellt wurde, er wolle die Scharia einführen (Faktencheck hier) – vor allem in rechtspopulistischen Kreisen kursierte die Behauptung. Liecke löschte den Tweet, entschuldigte sich für die „Art meiner Kritik“. Sie sei „in dieser Form missverständlich“ gewesen – aber „in der Sache“ mache ihm der „zunehmende Geltungsdrang und Einfluss des politischen Islam (…) seit geraumer Zeit Sorge“.

Telegramm

Auch dieser Newsletter wird an dieser Stelle für eine kurze Faktencheck-Durchsage unterbrochen: „Wir sind hier nicht auf dem Ponyhof“, stellte Katalin Gennburg zu einem „Franziska Giffey? Nein Danke“-Sticker auf ihrem Laptop klar (Robert Kiesel berichtet). Aber wenn wir nicht auf einem Ponyhof sind – wo denn dann? In Bullerbü vielleicht? Ach nee, auch nicht (Q: Giffey). Vielleicht ja einfach im Kindergarten.

Personalie 1: Die Humboldt-Uni hat eine neue Präsidentin: die Politikwissenschaftlerin Julia von Blumenthal, 51, bisher Präsidentin der Viadrina in Frankfurt/Oder. Kann sie den akademischen Mittelbau aus der Krise und die Studierenden aus der Corona-Isolation zurück in den Hörsaal holen? Interview hier.

Personalie 2: Ex-Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) ist jetzt auf Linkedin (Q: Insta). Sucht da etwa jemand einen neuen Job?

Gefunden hat derweil Checkpointer Robert Ide, und zwar die kürzesten Filme in Berlin. In seiner neuesten Berlinale-Kolumne schreibt er über Shorts im Winter und die kürzesten Sätze der Stadt.

Im falschen Film landen heute Abend die Beobachter:innen der Bezirksverordnetenversammlung in Tempelhof-Schöneberg: Die Verordneten tagen nicht im BVV-Saal. Der wurde nämlich als zu klein befunden. Also haben sie die BVV kurzerhand in einen größeren Saal verlegt. So weit, so nachvollziehbar. Bloß das Publikum, wohin nur mit dem Publikum? Das sitzt nicht im selben Saal – kein Platz – oder zu Hause vor dem Monitor. Letzteres wäre ja geradezu praktisch! Aber keine Sorge, hier die Lösung à la TempelSchön: Der BVV-Saal ist ja unverhofft frei! In ihm dürfen Beobachter:innen sitzen – zur Videoübertragung der BVV. Aber kommen darf nur, wer geboostert sowie aktuell getestet ist, berichtet Sigrid Kneist im „Leute“-Bezirksnewsletter für Tempelhof-Schöneberg.

Wie praktisch, dass Pankow gleich zwei „Sachbearbeiter:innen (m/w/d) Zweckentfremdung“ sucht, allerdings nicht für das Grünflächen-, sondern für das Wohnungsamt. Insbesondere um Leerstand, Zweckentfremdung und Ferienwohnungen solle man sich kümmern (berlin.de). Checkpoint-Prognose nach kurzem Blick auf ein einschlägiges Ferienunterkunft-Portal für ein Märzwochenende in Prenzlauer Berg („mehr als 300 Unterkünfte im Kartenbereich“): Zwei weitere Mitarbeiter werden nicht reichen.

Zitat

„Eine produktive Videokonferenz mit 32 Siebtklässlern bleibt eine pädagogische Wunschvorstellung.“

Der Berliner Gymnasiallehrer Robert Rauh über die Grenzen des Distanzunterrichts.

 

Tweet des Tages

Stufenweise Lockerung bedeutet für mich aber auch, dass alle nochmal Stoffmasken tragen müssen 😌

@ichunddieabwehr

Stadtleben

Essen und Trinken – Das Café „Steel Vintage Bikes“ vereint zwei Lifestyles, die ganz gut zusammenpassen: zum einen die Leidenschaft für schöne, alte aufpolierte und instandgesetzte Fahrräder, die einen gewissen Vintage Charme zurück auf die Straßen und Fahrradwege Berlins zaubern. Zum anderen die Vorliebe für frisch gerösteten Kaffee und gesundes, aber dennoch leckeres Essen wie Pancakes mit Bacon, Avocado-Stulle und Bowls. Neben Retro-Velos an den Wänden, lassen sich auch schicke Fahrradbekleidung oder Drucke von 9 bis 20 Uhr in der Auguststraße 91, U-Bhf Oranienburger Tor, oder in der Wilhelmstraße 91, U-Bhf Mohrenstraße, von 8 bis 20 Uhr begutachten.

Flucht und Exil in Kunst und Literatur: Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

„Wir sind die Neuen“

60 der insgesamt 147 Parlamentarier sind in dieser Legislaturperiode neu im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Checkpoint stellen wir sie vor.

Name: Alexander J. Herrmann (CDU)
Beruf: Rechtsanwalt
Alter:  47 Jahre
Wahlkreis: Marzahn-Hellersdorf (WK 6)
Berliner Lieblingsort: „Das Wuhletal lädt zum Laufen und Spazieren ein. Hier kann ich Kraft tanken, die Natur erleben und mich erholen.“
Eine Sache, auf die ich mich 2022 in Berlin freue: „​​Als ‚neuer‘ Abgeordneter freue ich mich in 2022 natürlich besonders darauf, im Parlament den vielen kleinen und großen Themen der Menschen am Berliner Stadtrand eine starke Stimme sein zu dürfen.“

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Susanne Baer (58), Richterin des Bundesverfassungsgerichts / „Gratulation Sepp Brandtner. Er kämpft gerade um seine sportliche Fitness in der Rehabilitation. Golfplatz, Tennisplatz und Skipiste waren sportliche Aktionsbereiche. In allen Bereichen hatte er bemerkenswerte Leistungen. Es kommt wieder – trainiere. Dein Freund Achim Melchior“ / Jan Peter Bremer (57), Schriftsteller / Israel Gonzáles (47), Chef-Trainer bei Alba Berlin / Wolfgang Lippert (70), Sänger und Moderator / Sibylle Pomorin (66), Jazzmusikerin / Edzard Reuter (94), Jurist und Industriemanager / „Peter Sötje (Chef der Senatskanzlei a.D. und einiges mehr) es gratulieren die drei Enkelsöhne zu 20x4+1!“ / Christian Tänzler (60), „Das gesamte visitBerlin Team gratuliert zum runden Geburtstag!“ / „Alles Gute zum 13. Geburtstag, liebe Ava Yilmaz! wünscht Aykut"

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Dorothea Bieber, * 3. Januar 1945 / Alexander Nobiling, * 5. April 1940 / Prof. Dr. Yahya Ridha, * 21. März 1943, Arzt und Pädagoge / Adrian Clemens Tews, Rechtsanwalt

Stolperstein – Julius Lachmann kam am 8. April 1872 in Lauenburg (Pommern) zur Welt, aber wuchs als Kind eines jüdischen Kantors im bayrischen Hürben (Krumbach) auf. Julius war ein talentierter Sänger, er studierte Musik und wollte Kapellmeister werden, aber wurde schließlich Versicherungsvertreter in Berlin. Mit seiner Frau Elly, geborene Liebrecht, und deren Schwester wohnte er in der Mainzer Straße 15 bis zu ihrer Deportation am 1. November 1941. Nachdem die Drei von Nationalsozialisten nach Łódź / Litzmannstadt deportiert wurden, wurde Julius heute vor 80 Jahren dort hingerichtet. In der Mainzer Straße 15 in Wilmersdorf liegt ein Stolperstein, um an ihn zu erinnern.

Encore

Zum Abschluss gewährt uns die Polizei Berlin Einblick in die agentenfilmreifen Namen ihrer 26 Ermittlungsgruppen: EG Westwind (Ziel: eine Gruppe litauischer Autodiebe bekämpfen), EG Biber (Gruppe polnischer Autodiebe bekämpfen), EG Mittelklasse (Auto-Brandstiftungen in Neukölln), EG Pandora (vormals EG Quantum, Ziel: bundesweiter Behörden-Informationsaustausch). Allein die EG Stahl beschäftigt sich bodenständig und entsprechend ihres Namens mit dem „Beschuss eines Wohnhauses mit Stahlkugeln“. Bei dem Namen sollte das gelingen. Quelle: Schriftliche Anfrage von Niklas Schrader (Linke).

Kompetent ermittelt haben für diesen Newsletter Thomas Lippold, David Meidinger und Helena Wittlich (Recherche und Daten) sowie Sophie Rosenfeld (Stadtleben). Cristina Marina hat ihn produziert. Morgen lesen Sie hier von Lorenz Maroldt.

Ihre Nina Breher

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