Na, süß geträumt? Dann streuen wir hier gleich mal etwas Salz in den Berliner Alltag – auf den Straßen liegt ja noch genug davon rum. Und woanders könnte man das ein oder andere Korn (und auch den ein oder anderen Korn) gut gebrauchen. Zum Beispiel in der Berliner Philharmonie, wo einem die Vorstellungen in der Pause von Brezeln mit injizierter Butterpampe versalzen werden. Dummerweise ohne Salz, wie Tagesspiegel-Kulturchef Rüdiger Schaper in unserer Theaterbeilage „Spielzeit“ beklagt. Auf seine Frage, warum die Brezeln denn geschmack- und salzlos seien, bekam er die Antwort, dass die kleinen Körner herunterfallen und dabei den Bodenbelag beschädigen könnten. Der stehe schließlich unter Denkmalschutz. Tja, die dafür zuständige Behörde hat in Berlin schon vielen in die Suppe gespuckt – nur eben kein Salz.
Im Berliner Stadtviertel Neu-Bonn ist der Koalitionsvertrag unterzeichnet worden. Für die restlichen zweieinhalb Jahre Regieren bis zum nächsten Bundestagswahlkampf hat sich die große Koalition vorgenommen, nicht nur ein Heimatministerium aufzubauen, sondern auch ein Heimatmuseum, wie der zuständige Minister am Montag mit einem seehofersch-freudschen Versprecher wissen ließ (ein Video gibt‘s hier). Zum Glück gibt es solche Museen außer im Regierungsviertel schon in allen Berliner Bezirken (eine Übersicht gibt‘s hier). Und für Schmalspurfan Seehofer eröffnet am Wochenende eine ganz spezielle Ausstellung: die Frühjahrsschau der Modellbahnbauer Hellersdorf mit Eisenbahnanlagen „im Stil der DDR vor 1989“. Um die Brauchtumspflege in Berlin muss sich Heimat-Horst keine Platte machen.
Falls heute mal wieder der Bus ausfällt: Werden Sie bitte nicht ausfällig! An Berlins Betriebsstörungen sollte man sich nicht mehr stören – es sind einfach zu viele. Am Montag sackte die Autozufahrt zum Flughafen Tegel ab (via „Berliner Zeitung“), nach Berichten meiner Kollegin Sonja Alvarez brach dort zeitgleich die Gepäckanlage zusammen. In anderer Flugrichtung sah es nicht viel besser aus. Auf dem Weg nach Schönefeld konnte die S-Bahn am Montagabend nicht mehr am Betriebsbahnhof Schöneweide halten (via Checkpoint-Leser Berthold Butscher und Eva Müller). Grund: Die Beleuchtung auf dem Bahnsteig ist ausgefallen. Irgendwann wird Berlin nur noch über den Wasserweg erreichbar sein. Dickes Weh an der Spree.
Sie sollen helfen, aber brauchen selbst Hilfe: Lebensretter werden immer öfter angegriffen oder an ihrer Arbeit gehindert. In Berlin-Mitte stach in der Nacht zu Montag eine Frau gar auf einen Polizisten ein, der der Feuerwehr half, sie wegen eines medizinischen Notfalls zu versorgen. Der Beamte wusste sich nach Polizeiangaben nur durch einen Schuss zu helfen, der die Frau verletzte. Laut Kriminalstatistik wurden im vergangenen Jahr mehr als 6800 Polizisten und 235 Rettungskräfte beschimpft, beleidigt oder geschlagen – oft von Menschen, die unter Drogen oder wegen zu viel Alkohols neben sich stehen. Ernüchternde Einsätze häufen sich auch in Brandenburg, wo nach Autounfällen für Retter manchmal keine Gasse mehr gebildet wird. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) will nun die Strafen auf 1000 Euro für diejenigen erhöhen, die die Versorgung Verunglückter verhindern. Hoffentlich hilfts.
Als Paketkunde hat ja jeder sein Päckchen zu tragen. Ein examplarischer Fall zeigt sich nun an den Staatsexamen von 22 Berliner Juristen. Die Papiere sind auf dem Postwege verschwunden, teilte die Justizverwaltung am Montag mit (via dpa). Ein Zweitkorrektor hatte die schriftlichen Arbeiten im Oktober bewertet und sie per DHL-Paket an das Juristische Prüfungsamt geschickt. Nur kamen sie hier nie an. Woanders auch nicht. Damit sind jetzt die ersten Prüfungsnoten gültig; alternativ dürfen die Juristen ihre Klausur nachschreiben. Die Korrekturblätter sollten dann aber per Brieftaube oder Lufttaxi verschickt werden. Absender: Post and found.
Überraschende Personalie in der Berliner Politik: Der frühere Finanzsenator Ulrich Nußbaum (vermögend, parteilos, locker mit der SPD verbunden) wird neuer Staatssekretär im CDU-geführten Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier. Gemeinsam studierten beide in den 80er Jahren Jura im Saarland und verloren nie den Kontakt. Nußbaum machte später sein Geld im Fischereigeschäft. Vielleicht kann er deshalb so gut netzwerken.
Telegramm
Zunächst eine gute Nachricht: Der Kleinwagen, der fast eine Woche auf einem Radweg in der Schlesischen Straße herumstand (Beweisvideo hier), ist nach Protesten in sozialen Netzwerken und Checkpoint-Nachfragen beim Ordnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg nicht mehr da. Bei einem abgestellten Fahrrad auf einer Fahrbahn hätte es sicher nicht ganz so lange gedauert.
Der gewaltsame Tod einer 14-jährigen Schülerin in ihrem Kinderzimmer in Hohenschönhausen bewegt weiterhin viele Berliner. Gegen den mutmaßlichen Täter, einen 15 Jahre jungen Mitschüler, wurde Haftbefehl erlassen. Er soll die tödlichen Messerstiche gestanden haben. Ihm drohen wegen Totschlags oder Mordes bis zu zehn Jahre Haft.
Irritierende Zahl der Woche: Die geschäftsführende Bundesregierung hat in dem knappen halben Jahr ihres Amtierens Waffenexporte in Höhe von zwei Milliarden Euro genehmigt (via „Spiegel“). Dabei hatte sie sich hier eigentlich selbst Zurückhaltung auferlegt. Für Rüstungsexporte selbst ins kriselnde Ägypten reichte es dennoch. Getreu dem Motto: Frieden schaffen mit deutschen Waffen.
Wieder mal muss sich Berlins Polizei mit einem eigenen Azubi über sein Benehmen ins Benehmen setzen. Nach Angaben aus dem Präsidium hat sich einer von fünf jugendlichen Angreifern, die am Wochenende einen Mann in Friedrichshain attackierten und mit Reizgas zu Boden brachten, als Polizeischüler herausgestellt. Die Polizei ermittelt nun in eine Richtung - gegen sich selbst.
Wir schalten kurz um zur Fußball-Bundesliga: Hier hat ein weiteres umstrittenes Montagsspiel stattgefunden. Und der trostlose Hamburger SV hat nun auch noch Trai….. ach, ist sowieso schon egal.
Neukölln bleibt überall: Nach dem Aufstieg von Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey in die Bundespolitik verspricht Nachrücker Martin Hikel, den Kampf im Kiez gegen Organisierte Kriminalität und Drogenhandel fortzusetzen. „Es ist falsch, sich an anderen zu bereichern oder sie in Abhängigkeit zu bringen“, sagt der 31-jährige Mathelehrer, der in einer Woche gewählt werden soll. Die erste Prüfung hat er damit bestanden.
Noch schnell ein wichtiges Rezept für Neu-Berliner: Für echte Buletten braucht man ein Pfund gemischtes Hack, zwei in Milch eingeweichte Schrippen, ein Ei, gedünstete Zwiebeln, Salz und Pfeffer. So schreibt es jedenfalls Tagesspiegel-Gourmetkritiker Bernd Matthies. Dass Starkoch Kolja Kleeberg nun sogar ein Bulettenbuch mit 88 Rezepten veröffentlicht hat, ist manchem Veganer sicher wurst. Hauptsache, man sagt nicht Frikadelle (und schreibt nicht: Freakadelle).
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Ich bin mir sicher, die Mehrheit der Menschen kann zwischen Flirten und sexueller Belästigung unterscheiden.“
Karin Fornander, Gründerin der „Berlin Feminist Film Week“, zur #Metoo-Debatte. Ein Interview mit Video von Jana Demnitz gibt es hier, das Programm des bis morgen laufenden Festivals hier.
Tweet des Tages
„Und plötzlich haste Santa Maria im Kopf. Bitte. Gerne.“
Stadtleben
Essen in Wilmersdorf Nach Silvester und Hüttenazuber im Skiurlaub hat man von Fondue eigentlich genug, aber es gibt auch eine chinesische Version, den Feuertopf. In einer Brühe lässt man Fleisch- und Gemüse nach Belieben kurz garen und isst es dann direkt aus dem großen Topf. Wie wir wissen, ist Berlins kulinarische Weltkarte auch für China nicht zu klein. Im Tian Fu in der Berliner Straße 15 (U-Bhf Berliner Straße) kann man sich am üppigen Feuertopf-Buffet gütlich tun, außerdem gibt es zahlreiche klassisch chinesische Gerichte à la carte. Geöffnet täglich 12-23 Uhr
Geschenk Schon seit 1986 existiert das in einem klassischen Souterrain-Laden in Mitte ansässige Kulturprojekt Papyri. Die Druckerzeugnisse, durch die man sich hier stöbern kann, sind zwar größtenteils auf Papier gedruckt, vieles kommt aber genauso wie die Schilfpflanze Papyrus vom Land am Nil: Der Laden führt vor allem arabische und insbesondere ägyptische Literatur, in Originalsprache und auf Deutsch, darunter auch Wörterbücher und Sprachbücher. Außerdem bietet das Projekt auch Sprachkurse in Hocharabisch, arabischer Umgangssprache und ägyptischem Dialekt an. Mo-Fr 14-18 Uhr. Fehrbelliner Straße 22 (U-Bhf Rosenthaler Platz)