Eines der großen Probleme von Polizei und Justiz ist, dass die Menschen zu viel Fernsehen gucken. Ständig sind die Beamten mit Klischees konfrontiert: Nein, Richter haben keinen Hammer; nein, hier trägt niemand den ganzen Tag orangefarbene Schlafanzüge und nein, so einfach kommt man nicht aus dem Gefängnis. Tja, nun wird es leider wieder schwieriger, das alles zu erklären, denn: so einfach ist es offenbar doch. Am Mittwoch oder Donnerstag, so genau weiß man das nicht, ist ein Häftling aus der JVA Tegel geflohen, und zwar indem er eine Attrappe aus Klamotten, Decken, Kissen und Toilettenpapier gebastelt und in sein Bett gelegt hat, samt Mütze, und irgendwie vom Gelände kam, vermutlich mit einem LKW, der Waren angeliefert hat. Der hatte das Gelände mindestens zehn Stunden verlassen, als das Fehlen des Häftlings, der noch vier Jahre wegen räuberischer Erpressung abzusitzen hat (Fahndungsfotos hier), endlich auffiel. Damit sind in den vergangenen sechs Wochen so viele Gefangene aus dem geschlossenen Vollzug entwichen wie in den acht Jahren zuvor insgesamt. Und nein: Die Berlinale hat noch nicht begonnen. Da werden ja auch eher selten schlechte Krimis gezeigt.
Hat sich wohl langsam rumgesprochen, dass in Berliner Gefängnissen derzeit viel Freiheit herrscht. Rücktrittsforderungen an den wieder mal zerknirschten Justizsenator Behrendt (Grüne) gab es von der AfD und der FDP, die CDU fordert zumindest Aufklärung, doch eigentlich sind alle ratlos.