und herzlich willkommen zum Spiel „Berlin sucht die Nahverkehrs-Millionen“. Um trotz Haushaltskrise bei Bus und Bahn nicht sparen zu müssen hatte Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) zu Beginn der Woche einen Joker für alternative Finanzierungswege ausgespielt: zusätzliche Einnahmen durch eine City-Maut, höhere Parkgebühren oder eine Pflichtabgabe für Unternehmen, die direkt in den ÖPNV-Ausbau fließen sollten. Der Nahverkehr müsse „nicht nur aus Steuern und Ticketeinnahmen“ finanziert werden, sagte sie. Stattdessen sollte Berlin „die Arbeitgeber da mehr in die Verantwortung nehmen“. Allerdings lagen die Karten kaum auf dem Tisch, da hat Bonde sie auch schon wieder einkassiert. Es gehe ihr „ausdrücklich nicht darum“, eine Arbeitgeberzulage oder City-Maut einzuführen. Nanu, woher der Sinneswandel?
Offenbar aus der CDU-Fraktion. Die soll Bonde den Rückzieher diktiert haben. CDU-Verkehrspolitiker Johannes Kraft räumte dann auch noch gleich die Idee ab, höhere Parkgebühren für den ÖPNV-Ausbau zu nutzen: „Das wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Damit hat er sich allerdings selbst verfahren. Der Checkpoint empfiehlt als Lektüre eine Senatsstudie von 2020 zum Thema. Mit einem Anwohnerparkausweis von 120 Euro pro Jahr und drei Euro je Stunde Gebühren für Gelegenheitsparker kämen pro Jahr immerhin 362,5 Millionen Euro zusammen. Aktuell kostet ein Berliner Anwohnerparkausweis für ein Jahr mit 10,20 Euro übrigens so viel wie eineinhalb Döner. Es ist eben alles eine Frage des Preises. Und Ute Bonde weiß jetzt, wie sich ihre Amtsvorgängerin Manja Schreiner (CDU) gefühlt hat.
Kommen wir zu einem kleinen Jubiläum: Am 15. Juni sausen E-Scooter fünf Jahre durch Berlin. Trotz aller Probleme mit den Fahrzeugen ist an ein Ende derzeit nicht zu denken – anders als in Paris, wo sie 2023 komplett verboten wurden. Man hat sich an den Anblick (und den Ärger) irgendwie gewöhnt. Und ja, viele Leute nutzen sie tatsächlich für ihre Wege. Zugleich haben die mittlerweile vielen, verpflichtenden Abstellflächen im Zentrum dafür gesorgt, dass das Stolper-Potenzial gesunken ist. Trotzdem ist nicht alles gut. Die Zahl der Unfälle mit E-Scootern steigt mit zunehmendem Gebrauch weiter (569 Zusammenstöße mit Verletzten 2023 in Berlin). Und wo es keine Abstellzonen gibt, stellen viele Nutzer sie immer noch achtlos auf den Gehwegen ab. Und selbst Unter den Linden, wo eigentlich Pflicht-Abstellflächen existieren, kam es wegen der Eröffnungsfeier der Fanzone gestern mal wieder zum E-Scooter-Chaos (Beweisfoto hier). Andererseits: Stellen Sie sich mal vor, an der gleichen Stelle hätten Leute versucht, 30 Autos abzustellen... Happy Birthday!
Der Start der Fußball-EM der Männer rückt stündlich näher. Ab jetzt also nur noch einmal schlafen bis die deutsche Nationalmannschaft gegen Schottland das Turnier eröffnet. Allerdings ist der Anpfiff erst um 21 Uhr. Manche könnten also schon wieder schlafen, ehe das Spiel zu Ende ist. In Kneipen darf es wie gestern berichtet bis zum Abpfiff laut zu gehen, hat der Senat geregelt. Eine Entscheidung, die die Checkpoint-Leser in zwei fast gleich große Blöcke gespalten hat.
Im privaten Bereich gilt ohnehin ab 22 Uhr Nachtruhe, also während der gesamten zweiten Halbzeit. Wohin also mit dem Jubelschrei bei einem späten Siegtreffer? Zimmerlautstärke sei dann „grundsätzlich vorgeschrieben“, lässt uns die Anwaltskanzlei Kempgens. Brunnengräber in ihren Infos zu EM-Fanrechten wissen. Aber: „Jubelschreie sind auch ab 22 Uhr noch sozialadäquat, auch der fußballuninteressierte Nachbar muss das hinnehmen.“ So ist das, wenn König Fußball die Welt regiert.
Die EM herrscht aktuell auch über Berlins Verkehr. Durch die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni sind wichtige Verbindungen durch die Stadt unterbrochen. Das Thema erreicht jetzt sogar die Bundespolitik. Den CDU-Fraktionsvize und chronischen Berlin-Kritiker Jens Spahn ärgern die Verkehrseinschränkungen massiv. „Die Fanmeile gefährdet die Arbeitsfähigkeit des Parlaments“, übertreibt er maximal in der „Rheinischen Post“. „Es nervt die Leute. Und es macht die Stimmung nicht besser in einer Zeit, in der eh schon alle gereizt sind.“ Peng. Bevor Spahn selbst wegen der Straßensperre noch zum Hooligan wird, nennt er immerhin einen Alternativort für künftige Großveranstaltungen in Berlin: das Tempelhofer Feld. Und wer weiß, vielleicht ist das ja am Ende der unfreiwillige Steilpass für eine schwarz-grüne Spielvereinigung in Berlin: Die CDU kriegt Fan-Feste am alten Flughafen und die Grünen ein unbebautes Spielfeld.
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+ Mit welcher ungewöhnlichen Idee der Bezirk Mitte die Junkie-Toilette am Leopoldplatz wieder für alle nutzbar machen will
+ Was die Grünen nach dem Vorfall um Tuba Bozkurt noch immer verschweigen
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Telegramm
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat sich am späten Mittwochabend auf eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes geeinigt. Was trocken klingt, könnte große Auswirkungen haben: Deutsche Städte und Kommunen sollen künftig einfacher Tempo-30-Zonen, Busspuren und Anwohnerparken anordnen können. Noch in dieser Woche könnte das Gesetz vom Parlament und der Länderkammer beschlossen werden.
Die Bildungsverwaltung hat die Bescheide über die Schulzuweisungen der künftigen Siebtklässler verschickt. Und das Ergebnis: 2600 Berliner Schüler können aus Platzgründen nicht auf ihre Wunsch-Schule wechseln. Das gesamte Ranking der gefragtesten Schulen mit einigen Auf- und Absteigern finden Sie hier.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat am Mittwoch Besuch seines Kyiver Amtskollegen Vitali Klitschko bekommen. Gemeinsam besuchten die beiden das Projekt „Prothesenzentrum Berlin-Kyiv“. Ukrainer werden dort für drei Monate in Berliner Werkstätten geschult, um für amputationsverletzte Soldaten maßangefertigte Prothesen herzustellen.
Die Unterbringung von Flüchtlingen, wird das Land in den kommenden Jahren voraussichtlich über eine Milliarde Euro mehr kosten als geplant. Einen entsprechenden Plan der Finanzverwaltung hat der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am Mittwoch beschlossen.
Unbekannte bedrohen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und FU-Präsident Günter M. Ziegler mit dem roten Hamas-Dreieck. Auf mehreren Graffitis in der Stadt ist das Symbol der Terror-Propaganda neben den Namen zu sehen, mit dem Zusatz: „Kai will pay“ oder „Ziegler will pay“.
Derweil zeigt die Plattform X seit Mittwoch die Likes von Accounts nicht mehr öffentlich an. TU-Präsidentin Geraldine Rauch hätte sich wohl gewünscht, dass diese Funktion ein paar Wochen früher eingeführt worden wäre.
Staugefahr in Mitte: Ab Donnerstag steht bis voraussichtlich September auf der Grunerstraße nur noch ein Fahrstreifen Richtung Mühlendammbrücke zur Verfügung. Ab kommenden Montag wird dann für den Ersatzneubau der Mühlendammbrücke ein Provisorium errichtet. Wer kann, sollte die Strecke also ohnehin die nächsten Jahre besser umfahren.
Für die von der Grünen- und Linken-Fraktion zurückgegebenen EM-Tickets gibt es eine Lösung. Beide Fraktionen haben nach Aufforderung der Senatssportverwaltung eine Namensliste mit Ehrenamtlichen aus dem Berliner Sport übersandt, die nun statt der Politiker ins Stadion gehen dürfen.
Wegen einer massiven Mieterhöhung muss Boulderworx in Wilmersdorf, eine der ältesten Boulderhallen Berlins schließen. Die Vermieterin wollte die Miete verdoppeln. Wo, wie und wann es das Kletter-Inventar zu kaufen gibt, schreibt Bezirks-Kollege Cay Dobberke.
Der Obstgroßhandel in Groß Kreutz entwickelt sich zum großen Drehkreuz für den Drogenhandel. Die Polizei stellte am Mittwoch erneut 450 Kilogramm Drogen sicher, die sich in Bananenkisten befanden.
Zitat
„Wir haben keine Alternative als zu kämpfen, aber die Menschen zahlen einen hohen Preis dafür.“
Der Bürgermeister der Stadt Kyiv, Vitali Klitschko über die zahlreichen verletzten ukrainischen Soldaten in Folge des russischen Angriffskriegs.
Kiekste
Ein Marienkirchen-Fernsehturm-Mashup von Leser Olaf Kormannshaus. Spitze! Weitere Bilder gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Mo Asumang (61), Regisseurin, Fernsehmoderatorin, Schauspielerin, Sängerin, Synchronsprecherin und Filmproduzentin („Die Arier“) / „Liebe Barbara, alles Liebe zum Geburtstag. Morgen feiern wir Dich und lassen Dich hochleben, heute dürfen Dich alle anderen vorab verwöhnen. Fühl Dich gedrückt, Alex“ / Mario Benedikt, Geschäftsführer Getränke Hofmann GmbH, „Das beste Alter ist bekanntlich jetzt! In diesem Sinne alles Gute zum 60. Geburtstag, beste Gesundheit und alle Wünsche sollen in Erfüllung gehen, LG Retty, Gerhard, Rolf, Monika, Marion, Tobias“ / „Liebe Cornelia, als letzte hast Du es nun auch geschafft: Happy Birthday und welcome bei den 75ern! Bleibe einfach weiter gesund! Deine CCC-Freundinnen bonded since 1958.“ / Callum Dehner-Mclean (39), Torwart-Trainer bei Union Berlin (U17-Juniorinnen), vorher beim 1. FFC Turbine Potsdam / Volker Ludwig (87), Schriftsteller, Bühnenautor und Theaterleiter, Gründer des Grips-Theaters / „Lieber Andreas Rabenstein, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und zu drei Jahrzehnten prallem Leben in Berlin. Lass es weiter krachen und hab‘ einen guten Tag! Deine dpa-Kolleginnen und Kollegen“ / „Meine Tante, Ingeborg Schmidt, wird heute 100 Jahre alt! Die ganze Familie Urbschat wünscht weiter gute Gesundheit!“
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Gestorben – Otto Höhne, * 30. Juli 1926, verstorben am 28. April 2024 / Christiane Rätzel, * 14. August 1965, verstorben am 27. April 2024 / Heinz Schade, * 30. Juli 1933, verstorben am 21. Mai 2024 / Dr. phil. Frauke Steenbook, * 29. Dezember 1926, verstorben am 1. Juni 2024
Stolperstein – Lieselotte Flatow wurde am 18. November 1916 in Berlin geboren. Ihr Vater und ihre Schwester emigrierten 1938; Lieselotte wollte nicht auswandern, möglicherweise wegen einer Liebschaft. Sie wurde am 24. Juni 1939 Mutter einer Tochter: Bela Etta. Lieselotte wurde 1940 von den Nazis inhaftiert und ins KZ Ravensbrück gebracht. Von dort wurde sie am 13. Juni 1942 weiter in die Tötungsanstalt Bernburg an der Saale deportiert, wo sie sofort nach ihrer Ankunft ermordet wurde. Ihre Tochter überlebte in einem Versteck. An Lieselotte Flatow erinnert ein Stolperstein in der Mommsenstraße 50 in Charlottenburg.
Encore
Im morgigen Finale der Sendung „Germanys Next Topmodel“ will Heidi Klum zwei solche küren – vielleicht sogar drei. Spätestens nachdem offensichtlich talentiertere Kandidaten im Viertelfinale rausflogen, machten sich Gerüchte breit: die schüchterne Fabienne kam nur so weit, weil sie die Cousine des Sängers Sasha und die drolligen Zwillinge, Luka und Julian, weil sie Zwillinge sind (Heidi mag Zwillinge, sie ist mit einem liiert). Für den letzten Berliner in der Runde, den muskulösen Linus, stehen die Chancen damit schlecht.
Ein gutes Blatt haben heute hingegen Antje Scherer (Stadtleben) und Lea-Marie Henn (Produktion) gemischt. Morgen legt Ihnen hier Daniel Böldt die Karten.
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