Es sind geschichtsträchtige Zeiten – und in diesen ist es oft hilfreich, in die Geschichte zu blicken. Vor 32 Jahren ist um uns herum die Mauer gefallen, der Kalte Krieg erloschen, besiegt vom Freiheitswillen der Menschen. Berlin ist wieder eine friedlich vereinte Stadt, die allein schon deshalb ihren Blick in den Osten Europas nie aus den Augen verlieren darf.
Sprechen wir deshalb mit Markus Meckel, dem ersten frei gewählten und letztlich letzten Außenminister der DDR. Der 69-Jährige, einst als Bürgerrechtler in der DDR-Opposition und später als SPD-Politiker in der internationalen Politik unterwegs, kennt sich bestens in der wechselvollen Russland-Politik aus. Am Vorabend der Ukraine-Invasion berichtet Meckel im Checkpoint-Interview von seiner Sicht auf Osteuropa – und der Hilfe, die Berlin jetzt leisten kann.
Herr Meckel, sind Sie überrascht vom Krieg Russlands gegen die Ukraine?
Ja und Nein. Vom Verhalten her ist die russische Angriffsaktion nicht neu, das haben wir schon auf der Krim erlebt. Aber es handelt sich jetzt nicht nur um eine militärische Aktion, sondern um einen hochpolitischen Kurswechsel, einen Völkerrechtsbruch neuer Qualität. Bisher hat Wladimir Putin die alte Sowjetunion nur herbeiphantasiert, jetzt stellt er die Souveränität der ganzen Ukraine infrage, spricht ihr das Existenzrecht ab. Das Großmacht-Gehabe, man könne als Staat entscheiden, wo andere Staaten hingehören, ist ein eklatanter Rückfall ins 19.