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Verwaltungsrat des RBB entlässt Patricia Schlesinger fristlosS-Bahn im Norden immer noch lahmgelegtStrandbad Grünau lässt nur Ost-Berliner rein

Dies ist der gekürzte Checkpoint.
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gleich mal Butter bei die Fische – oder besser: Margarine. Denn nicht nur Gas und Wasser werden teurer, sondern auch das nach dem Bier beliebteste Fass der Deutschen: das Fass Butter. Unser neuer Tagesspiegel-Inflationsmonitor zeigt, wie geschmiert Lebensmittel teurer werden: Für dasselbe Geld, für das man noch vor sechs Jahren ein 250-Gramm-Stück Butter bekam, bleiben einem heute nur noch 118 Gramm. Auch das Brot fürs Geld ist um 20 Prozent weniger geworden (Details hier). Alle haben gerade zu knabbern – die Frage lautet für immer mehr: Ist es noch genug?

Und damit zum nächsten Thema, das sich gewaschen hat: die führenden Duschköpfe der Nation. Die neueste politische Einlassung zum Wassersparen kommt von der FDP, der Oppositionspartei in der Bundesregierung. Für sie stellt Marco Buschmann fest: „Waschlappen haben in der Politik nichts verloren.“ Wen er damit meint, ließ der Bundesjustizminister offen.

Leicht hat es der Waschlappen nicht, wie eine Checkpoint-Umfrage im Handel ergab. Kaufland will zu den Verkäufen lieber „grundsätzlich keine Aussagen treffen“. Bei Edeka heißt es: „Einen merklichen Anstieg von Waschlappenverkäufen in den Berliner Märkten können wir nicht bestätigen.“ Vielleicht bevorzugen die Menschen sowieso einen Seifenschwamm. Dieses Netz für Kern- oder Duschseife, mit dem ich mich schon als Kind am Ost-Berliner Badeofen eingeschäumt habe und das jetzt wieder in so genannten „DDR-Wundertüten“ im ostdeutschen Erinnerungshandel erhältlich ist (zu sehen hier), wird hergestellt aus wasserabweisendem Polyamid und kratzt einen mehr als die FDP.

Weiche Waschlappen hat die künftige Schwammstadt Berlin auch zu bieten – zum Beispiel einen „mit 3-fach eleganten Viskosestreifen im Tuch und am Saum“. Der Waschlappen Berlinist bis 60 Grad waschbar und sogar „trocknerbeständig“. Perfekt für die nächsten Dürresommer unterm Gartenschlauch.

Offenbar zu viel Sonne abbekommen haben die Betreiber des Strandbads Grünau. Sie schickten eine Tagesspiegel-Leserin aus Schöneberg, die mit ihrem schwerbehinderten Sohn angereist war, nach langem Anstehen wieder weg. An der Kasse fragte ein Kontrolleur nach ihrer Postleitzahl. „Seine Erklärung ergab doch tatsächlich, dass nur Besucherinnen und Besucher aus Ost-Berlin in das Strandbad dürfen”, berichtet die Leserin. Auch eine Familie aus Hamburg sowie Berlinerinnen und Berliner aus anderen Bezirken seien abgewiesen worden, obwohl das Strandbad „augenscheinlich nicht voll” gewesen sei.

Offenbar ist das kein Einzelfall, wie viele Google-Bewertungen zeigen. „Das Strandbad sortiert ziemlich offensichtlich und mit fadenscheinigen Ausreden Menschen mit Migrationshintergrund aus. Zutritt haben hier nur deutsche Mitbürger“, lautet eine Beschwerde. Der Betreiber des Bades, das die Berliner Bäderbetriebe verpachtet haben, reagierte auf Tagesspiegel-Anfragen nicht. Unsere Lokalreporterin Julia Schmitz (ihren Newsletter aus Treptow-Köpenick lesen Sie hier) hat deshalb folgenden Tipp: 12527 lautet die Postleitzahl von Grünau. Falls man da jetzt überhaupt noch hin will.

Wir schalten um zum RBB und der neuesten Folge des Fernsehdramas um die Verschwendung öffentlich-rechtlicher Gebührengelder: Die frühere Intendantin Patricia Schlesinger, zuletzt mit einem Jahresgrundgehalt von 303.000 Euro plus Bonuszahlungen ausgestattet, wurde am Montagabend vom Verwaltungsrat fristlos entlassen. Der geschäftsführende Intendant Hagen Brandstäter hat sich für mehrere Wochen krankschreiben lassen. Zuvor war er für die schleppende Aufklärung der Affäre kritisiert worden. Die Vorsitzende des Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, ist zurückgetreten. Zuvor war bekannt geworden, dass sie als Pfarrerin zwei Frauen aus der Chefetage des RBB kirchlich getraut hatte. Der kommissarische ARD-Vorsitzende Tom Buhrow hat wissen lassen, die anderen ARD-Anstalten hätten „kein Vertrauen mehr“ in die RBB-Geschäftsleitung. Der WDR-Intendant ist weiterhin mit einem Jahresgrundgehalt von 413.000 Euro ausgestattet. Fortsetzung folgt – auf Kosten der Mitarbeitenden, die ohne Bonuszahlungen und Massagesitze in Dienstwagen den Sender wieder flott machen sollen.

Platt ist auch mal wieder die S-Bahn im Norden Berlins, diesmal unverschuldet. Ein Diebstahl von 100 Meter Signalkabelsalat legt weiterhin viele Linien lahm. Immerhin gehen die Klauereien insgesamt zurück. Die Bahn registrierte im vergangenen Jahr 320 Fälle – ein Jahr zuvor waren es noch 15 Prozent mehr, zehn Jahre vorher mit 3551 Fällen sogar mehr als zehn Mal so viele. „Jeder einzelne Vorfall ist ärgerlich für die Fahrgäste“, ahnt eine Bahnsprecherin auf Checkpoint-Nachfrage. Immerhin gab es im Norden schon immer Alternativen. Wohl kein Zufall, dass die S-Bahn gestern öffentlich an die früheren Pferdeeisenbahnen erinnerte (hier), die die damals noch nach draußen wachsende Stadt erschlossen. Bis 1907 zuckelte die Pferdebahn etwa bis nach Buchholz (Historie hier). Die S-Bahn hat es mit ihren Signalkabeln bis heute nicht hier rausgeschafft.

Wie finden wir denn das? Berlins Fundbüro hat sich verloren in den Weiten des Internets. „Wegen der Systemumstellung gibt es keine Onlinesuche mehr“, lässt das Büro in Tempelhof wissen. Wie jetzt, sucht Berlin seine Koffer nur noch in Brandenburg am BER und hat sich dafür am früheren Flughafen Tempelhof aufgegeben? „Die 2001 entwickelte Fundverwaltungssoftware mit angeschlossener Onlinesuche wurde vom Nachfolgeprodukt Nova Find ersetzt“, lässt Bezirksstadtrat Matthias Steuckardt (CDU) auf Checkpoint-Nachfrage wissen. Die alte Software sei nicht mehr von Microsoft unterstützt worden. So fand Berlins Suche nach sich selbst ein unsoftes Ende.

Und wie funktioniert das neue Lost and Sound in West-Berlin? „Bei der Erfassung eines Funds wie auch bei der Abgabe einer Verlustmeldung werden die jeweils neuen Datensätze mit Hilfe eines Algorithmus mit den bereits vorhandenen Datensätzen abgeglichen“, erklärt Steuckardt. Mögliche Übereinstimmungen würden nun automatisch angezeigt, die Suchenden danach benachrichtigt. Praktisch: So findet sich für jeden Deckel noch ein Topf.

Telegramm

Er war eine wichtige liberale Stimme der Bundesrepublik, als Liberalität noch ein Ausdruck von weltläufiger Vielschichtigkeit und weitschweifender Neugier war: Theo Sommer, einer der größten Zeitungsmacher der Bundesrepublik, fast 20 Jahre als Chefredakteur und fast zehn Jahre als Herausgeber der „Zeit“, ist nach einem aufregenden Leben voller anregender Geschichten und Gedanken verstorben. Der langjährige Tagesspiegel-Chefredakteur und -Herausgeber Hermann Rudolph schreibt in seinem Nachruf: „Keiner legte wie er die großen Tangenten an das politische Geschehen, raffte den Stoff so brillant mit Witz und Formulierungskraft zu eingängigen Thesen – und der Connaisseur konnte in ihnen auch noch einen Hauch von Bildungsbürgerlichkeit auskosten, die im Leitartikel Cäsar, Napoleon oder Bismarck ihren Auftritt verschaffte.“

Jetzt noch drei gute Nachrichten:

Am Müggelsee kann man auf Surfbrettern übers Wasser fliegen. Beim E-Foilern (Erlebnisbericht im E-Paper) halten einen zwei Tragflächen unter dem Wasser auf dem Board selbst über Wasser. Bis zur nächsten Erfrischung.

Ja, ist denn heut schon Ostern vorbei? Das Land Berlin schreibt schon mal die Beschaffung von 170 Weihnachtsbäumen aus. Bevorzugt werden Nordmanntannen zwischen anderthalb und sechs Metern. Damit keiner mehr hinter die Fichte geführt wird.

Ja, sie leben noch! Berlins Naturkundemuseum hat seine Dinos zurück, ab heute können Tristan Otto und seine ausgestorbenen T-rex-Kumpels wieder bewundert werden (via BZ). Dafür, dass sie es so lange auf dieser Erde ausgehalten haben.

Ach ja, der Drogentest der feiernden finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin ist negativ ausgefallen. Damit dürfen wir alle wieder das Selbstverständliche im Leben tun: mal aus der Reihe tanzen.

Zitat

„Nein, sorg dich nicht um mich /
Du weißt, ich liebe das Leben /
Und weine ich manchmal noch um dich /
Das geht vorüber sicherlich.“


Vicky Leandros in ihrem berühmtesten Lied (zum Mitsingen hier). Die Schlagersängerin aus Korfu wird heute 70 und hat in ihrer Karriere mehr als 4000 Songs gesungen.

 

Tweet des Tages

Ich habe Salzränder an den Socken, so ein Tag war heute.

@lovelyropes

Stadtleben

Essen & Trinken – Appetit auf einen Sabich-Teller? Das Bistro „middle“ serviert israelische Speisen, die Sie vielleicht auch aus dem Kitten Deli kennen – die Küche ist nämlich dieselbe. Abgesehen von allerlei Hummus und geröstetem Blumenkohl mixt das Barpersonal Negronis, Margaritas und Spritzes, die für Abkühlung sorgen. So-Do 18-22.30, Fr-Sa 18-23.30 Uhr, Mainzer Straße 39, Neukölln, U-Bhf Boddinstraße

Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag Carmen-Maja Antoni (77), Schauspielerin und Hörspielsprecherin / Gerhard Cerny (78), Schriftsteller / Michael Grabner (74), österreichischer Verlagsmanager / Lucie Hollmann (29), Schauspielerin / Friederike Kempter (43), Schauspielerin / „Glück, Gesundheit und Gelassenheit wünsche ich meiner Mutter, Maria Marzahl, an ihrem 85. Geburtstag.“ / Alexander Nützenadel (57), Historiker / Nachträglich zum 13. August:Prof. Dr. Sabine Mönch-Kalina (60plus) Für Dich soll's rote Rosen regnen!“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Prof. Dr. Jan Martin Eickelberg, verstorben am 13. August 2022, Notar und Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht / Christine Fichtner-Butte, * 25. August 1969 / Margrit Jäger, * 8. Februar 1930 / Christa Elisabeth Reents-Umbach, * 18. November 1939 / Gudrun Sikatzis, * 5. März 1936

Stolperstein – Jenny Hirschbruch (geb. Joel) kam am 9. Dezember 1855 in Kostrzyn/Schroda/Posen zur Welt und hatte drei Schwestern. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Hermann Hirschbruch bekam sie einen Sohn und eine Tochter. Laut dem Jüdischen Adressbuch für Groß-Berlin von 1931 wohnte sie erst in der Jablonskistraße 2, später in der „Kolonie am See“, dem heutigen Süderholmer Steig in Heiligensee. Danach zog sie in das „Judenhaus“ in der Elsässer Straße 54. Von dort aus deportierten die Nationalsozialisten sie am 28. Juli 1942 mit dem 31. Alterstransport in das Konzentrationslager Theresienstadt. Hier starb Jenny Hirschbruch heute vor 80 Jahren.

Encore

Berliner Hausnummern (II): Bloß weg mit der Plörre? Nicht ganz! Durchschnittlich 158 Tonnen Klärschlamm werden in Berlin pro Tag entsorgt – ergo: verbrannt. Mit einem Teil der Faulgase erzeugen die Wasserbetriebe Öko-Strom. Saubere Sache. (Q: Landesamt für Statistik/BWB)

Ich kümmere mich heute mal wieder um das Frischwasser in meinem Garten. Mit mir nachtaktiv durch die Stadt geschwirrt sind Thomas Lippold (Recherche), Sophie Rosenfeld (Stadtleben) und Cristina Marina (Produktion). Morgen gießt hier Daniel Böldt trockenen Wein ins Wasser. Ich grüße Sie!

Ihr Robert Ide

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