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Berlin erzielt im ersten Halbjahr 2,3 Milliarden Euro ÜberschussBerliner Wohnungsbaugesellschaften drehen Heizung runterBerlins Enteignungskommission lässt Transparenz vermissen

Dies ist der gekürzte Checkpoint.
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wir beginnen heute ausnahmsweise mal nicht mit dem, was zählt, sondern mit dem, was man zählen kann: also Geld. 2,3 Milliarden Euro Überschuss erzielte das Land Berlin im ersten Halbjahr 2022. Und es war Finanzsenator Daniel Wesener fast unangenehm, die Zahl auf der gestrigen Senatspressekonferenz verkünden zu müssen. Weseners Verschämtheit rührte zum einen daher, dass er zwar der Berechnung seiner Verwaltung traut, aber nicht dem Eindruck, den diese vermittelt. Wesener rechnet in der zweiten Jahreshälfte mit weniger Einnahmen und höheren Ausgaben, was den Milliarden-Überschuss kräftig zusammenschmelzen lassen würde.

Zum anderen ist es die ureigenste Aufgabe eines Finanzsenators, allzu große Begehrlichkeiten anderer Verwaltungen und Koalitionspartner im Keim zu ersticken. Die gibt es in Zeiten der Krisen – Stichwort Entlastungen – zuhauf. Ungeachtet der Mahnung Weseners, dass die 2,3 Milliarden Euro nur ein wenig belastbares Zwischenergebnis seien, verkündete SPD-Fraktionschef Raed Saleh gestern vollmundig, dass „in unserer Stadt über zwei Milliarden Euro übrig sind“, die zum Teil an die Bevölkerung „zurückgegeben“ werden müssten. Und auch die Linke hat bereits Ideen geäußert, wie man mit dem Geld die Bürger:innen unterstützen kann.

Im besten Fall kann man diese recht unterschiedlichen Stimmen aus den Koalitionsparteien als Arbeitsteilung durchgehen lassen. Denn am Ende haben sie eine nicht ganz einfache Aufgabe: das, was zählt, nämlich Solidarität in der Krise, mit dem zusammenzubringen, was man zählen kann.

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM will bekanntermaßen eine Temperatur-Obergrenze für ihre Mieter:innen prüfen (CP vom 15.08.). Und die anderen fünf Landeseigenen? Der Checkpoint hat nachgefragt und eine überraschende Antwort erhalten. Erste Überraschung: Auf die Anfragen antworteten nicht die Unternehmen selbst, sondern der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), der insgesamt rund 340 Unternehmen vertritt, die wiederum nach Angaben des BBU mehr als die Hälfte der rund 1,9 Millionen Wohnungen in Berlin verwalten.

Zweite Überraschung: Eine Absenkung der Heiztemperatur sei nicht nur geprüft, sondern längst beschlossen worden. „Die nach herrschender Rechtsprechung geschuldete Raumtemperatur liegt in Wohnräumen in der Regel zwischen 17 und 20 Grad“, teilte ein Sprecher des Verbandes mit. „Innerhalb dieser Parameter passen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften die Leistung der Heizanlagen in ihren Wohn- und Bürogebäuden bereits an.“

Konkret hätten die Unternehmen beschlossen, die sogenannte Vorlauftemperatur der Heizungen zu senken. Das betreffe nicht nur die landeseigenen, sondern auch die privaten Wohnungsbaugesellschaften, wie der BBU auf Nachfrage erläuterte. Für Mieter:innen bedeutet dies zweierlei: Zum einen könnte es etwas länger dauern, bis ein Raum warm wird. Zum anderen wird die maximal mögliche Heiztemperatur deutlich sinken. In welcher Größenordnung genau, hängt von mehreren Faktoren wie Dämmung, Raumgröße und Zustand der Heizung ab. Zusammengefasst: Frieren soll keiner, allzu mollig wird es in diesem Winter aber auch nicht.

Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen … richtig: Beirat. Neben dem 100-köpfigen Klimabürger:innenrat soll es in Berlin künftig auch einen „touristischen Bürger:innenbeirat“ geben. Leitfrage: Wie erhalten wir die vielfältige Berliner Kiezkultur? Gesucht werden zwei Vertreter:innen pro Bezirk. Bewerben können Sie sich hier. Wir beim Checkpoint sind entzückt, warten aber ehrlich gesagt noch auf die wirklich spannenden Bürger:innenräte, also etwa den „Wie-bekomme-ich-eine-bezahlbare-Wohnung-Beirat“ oder den „Wie-organisiert-man-rechtssichere-Wahlen-Beirat“. Wenn Sie selbst Ideen haben, wofür es in Berlin noch unbedingt einen Bürger:innenrat braucht, schreiben Sie uns an: checkpoint@tagesspiegel.de.

Acht Flugzeuge starteten gestern von unserem Lieblingsflughafen BER Richtung Malle. Warum das eine Meldung ist? Nun ja, weil uns dieser harmlose Satz eine Unterlassungserklärung einbringen könnte. Ein Musikproduzent aus Hilden hat sich im Jahr 2002 die Marke „Malle“ schützen lassen und mahnt seitdem munter Menschen ab, die den Begriff öffentlich verwenden. Nun will das Deutsche Patent- und Markenamt die Marke (endlich) löschen und hat sich Schützenhilfe vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie geholt – konkret: vom Ständigen Ausschuss für Geographische Namen. Dieser fällte gestern sein Urteil: „Malle” sei „eher ein sozio-geographischer Begriff“, im touristischen Kontext „gebräuchlich“ und „kann somit auch als geographischer Name verstanden werden.“ Hätten wir das auch geklärt.

Eine Korrektur, die runter geht wie Wasser: Gestern schrieben wir fälschlicherweise, dass die Wasserbetriebe das Strandbad Grünau verpachten würden. Dessen Betreiber stehen in der Kritik, weil sie offenbar nur Gäste ins Bad lassen, die in der Umgebung wohnen. Richtig ist natürlich: Die Berliner Bäder-Betriebe verpachten das Strandbad. Die „Beschwerde-E-Mail“ der Wasserbetriebe lassen wir Ihnen mal ganz unverbindlich als Vorlage da: „Wir sind ja keine Waschlappen und beschweren uns höchst ungern und selten bei unserem Lieblingsnewsletter – aber mit der Einlasspolitik des Strandbads Grünau haben wir wirklich nichts zu tun. Das haben nämlich die Bäderbetriebe verpachtet. Gleiches Wasser, anderer Laden. Unser Wasser fließt diskriminierungsfrei 24/7 für jede:n :-)“

Telegramm

„Im Grundsatz öffentlich“ soll die Expertenkommission zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen arbeiten. So sieht es ein Senatsbeschluss vor. Die Realität: Keines der Protokolle der ersten drei Arbeitssitzungen liegt bislang vor. Orte und Tagesordnungen der kommenden Sitzungen sucht man vergeblich. Die wohnungspolitischen Sprecher:innen von Linken und Grünen fordern nun, die Geschäftsordnung der Kommission zu ändern, schreibt mein Kollege Robert Kiesel im heutigen Tagesspiegel.

„Ich werde nicht zurücktreten. Denn das hieße ja, die Vorwürfe anzuerkennen.“ Das sagte Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) gestern der Deutschen Presse-Agentur. Von Dassel wird der Versuch vorgeworfen, eine Klage gegen das Bezirksamt mit privatem Geld abgewendet haben zu wollen. Ob von Dassel zurückgetreten wird, entscheidet sich voraussichtlich am 8. September. Dann will die Bezirksverordnetenversammlung über einen Abwahlantrag entscheiden.

„Berlin auf Platz zwei im hundefreundlichen Stadt-Ranking“ meldet das Reiseportal kurz-mal-weg.de. Die Methodik erscheint zwar fragwürdig (unter anderem wurden Google-Suchanfragen und die absolute Anzahl der registrierten Hunde zu Rate gezogen). Aber wenn Berlin schon mal irgendwo auf dem Treppchen landet, drücken wir beide Hundeaugen zu. Wuff!

Eine Nachricht, die nicht nach Berlin und in überhaupt keine Stadt gehört: Am vergangenen Mittwoch filmten zwei Männer die Handballerinnen des SG OSC Schöneberg-Friedenau beim Duschen nach dem Training. Der Verein schaltete die Polizei ein. Dass die Täter gefunden werden, ist jedoch unwahrscheinlich (T+). „Wir haben den Vorfall auf Instagram veröffentlicht, um andere Hallen und Sportarten zu erreichen. Ich denke mal, dass so was kein Einzelfall ist“, sagte eine der Spielerinnen dem Checkpoint.

Seine E-Bikes und E-Roller sind omnipräsent in der Stadt. Nun verlässt der Berliner Sharing-Anbieter Tier die Strategie, die auf „schnelles Wachstum und geographische Expansion“ (Tier-CEO Lawrence Leuschner) ausgelegt war, und will auf einen Schlag 180 Mitarbeiter:innen entlassen (T+). Die Meldung reiht sich ein in die schlechten Nachrichten aus der Berliner Start-Up-Branche (T+).

Falls Sie sich fragen, wie viele Badegäste sich an einem Dienstag um 15 Uhr bei 24 Grad Celsius im Sommerbad Neukölln aufhalten: ungefähr 20. Falls Sie sich darüber hinaus fragen, warum ein Checkpoint-Autor Zeit für Freibad mitten am Tag hat: Im Tagesspiegel finden Sie demnächst die Antwort.

Zitat

„Das Territorium der Ukraine ist unteilbar und unantastbar. Von heute an gelten auf dem Territorium der Ukraine ausschließlich die Verfassung und die Gesetze der Ukraine.“

Vor genau 31 Jahren erklärt sich die Ukraine mit diesen Sätzen zu einem souveränen und unabhängigen Staat. Über 90 Prozent der Bevölkerung der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik stimmten dem Referendum über die Unabhängigkeit zu.

 

Stadtleben

Essen & Trinken – In Schöneberg kocht die Berliner Spitzenköchin Malakeh Jazmati Gerichte aus ihrer Heimat, abseits von Shawarma: Das syrische Restaurant Malakeh serviert raffinierte Gemüsegerichte, wie in Tomatensoße gegarte Aubergine oder Blumenkohl-Steak sowie Fisch und Fleisch vom Grill. Die orientalische Mittelmeerküche mitsamt Mezze wird am besten in Gesellschaft verspeist. Di-Fr 15-23, Sa/So 12-23 Uhr, Potsdamer Straße 153, Schöneberg, U-Bhf Bülowstraße

Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Anna Carlsson (49), deutsch-schwedische Schauspielerin und Synchronsprecherin / Hermann Gerbaulet (74), Honorarkonsul von Jamaika und Ehrenvorsitzender des Berliner Trabrenn-Vereins / Martin Grütter (39), Komponist und Pianist / Michael Kleeberg (63), Schriftsteller und Übersetzer / Helga Korthaase (84), ehem. Politikerin und Staatssekretärin (SPD) / Salomé, bürgerlich: Wolfgang Ludwig Cihlarz (68), Künstler / Stefan Schlede (82), CDU-Politiker / Dirk Stettner (53), stellv. Vorsitzender der CDU-Fraktion im AGH, Fachsprecher für Bauen, Wohnen und die „bauenden Beteiligungen“ des Landes Berlin sowie Vorsitzender der CDU Pankow

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Babette Conradt / Sabine Gensior, * 24. Mai 1945, Soziologin / Michael Hamann, * 12. August 1951, Facharzt für Urologie / Dr. Hans-Joachim Koubenec, * 22. Januar 1943, ehem. Mitarbeiter der Stiftung Warentest / Jürgen Lübker, * 16. Oktober 1941 / Ingeborg Musold, verstorben am 20. Juli 2022

Stolperstein – Theresa Zlotnicki (geb. Crohn, 1872) bekam mit ihrem Ehemann fünf Kinder. Gemäß den Unterlagen der Volkszählung vom Mai 1939 lebte sie nach dem Tod ihres Ehemanns nur mit Tochter Else in der Fehrbelliner Straße 3 in Prenzlauer Berg. Ihre letzte Adresse scheint laut einem Kontrollblatt das Jüdische Altersheim in Berlin-Köpenick gewesen zu sein. Heute vor 80 Jahren wurde sie mit dem „48. Alterstransport“ erst nach Theresienstadt, dann weiter nach Treblinka deportiert und dort ermordet.

Encore

Berliner Hausnummern (III): Einmal mit alles, bitte! Satte 400.000 Döner werden durchschnittlich am Tag in Berlin verschlungen. Das sind 950 Spieße oder 60 Tonnen Fleisch – Gemüsedöner nicht mit eingerechnet (Q: Visit Berlin).

Ihr rotierendes Checkpoint-Team bestand heute aus: Thomas Lippold (Recherche), Sophie Rosenfeld (Stadtleben) und Cristina Marina (Produktion). Morgen dreht hier Christian Latz seine Runden. Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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