wir starten mit einer Runde im Personalkarussell: Der Landesvorstand der Berliner Linken hat Prof. Dr. Lena Kreck als neue Justizsenatorin vorgeschlagen. Die Volljuristin hat derzeit die Professur „Recht und Gesellschaft“ an der Evangelischen Hochschule inne, war bereits in der Beratung für LGBTI*-Geflüchtete tätig – und sorgte im vergangenen Jahr (ungewollt) für einen größeren Aufreger im Berliner Abgeordnetenhaus: Nachdem die Linken Kreck für einen der frei gewordenen Richter:innenposten am Berliner Verfassungsgerichtshof nominiert hatten, scheiterte sie im Parlament – mutmaßlich durch fehlende Stimmen der CDU – an der notwendigen Zweidrittelmehrheit (die eigentlich reine Formsache ist). Jetzt scheint sie zurück. „Sie wird in dem für uns neuen Ressort eine linke Handschrift mit einer fortschrittlichen Rechtspolitik und einer menschenrechtsorientierten Politik für eine offene Gesellschaft deutlich machen“, kommentiert Berlins Linken-Chefin Katina Schubert. Einzige Hürde: Noch müssen die eigenen Parteimitglieder der Koalition zustimmen.
Anderes Thema: Während Olaf Scholz am Freitag zu seiner ersten Kanzlerreise nach Paris und Brüssel aufbrach, Neu-Außenministerin Annalena Baerbock den Zug als diplomatisches Transportmittel wiederbelebte und Karl Lauterbach seine Premierenrede als Gesundheitsminister hielt („Ich weiß, dass wir das schaffen werden“), blieb am BER alles beim Alten: Der Flughafen funktionierte mal wieder nicht. Krankheitsbedingt konnten nur acht der zwölf Enteisungsfahrzeuge eingesetzt werden, teilten die Betreiber am Freitag mit. Im Schnitt habe die Verspätung etwa eine Stunde betragen. Ein Pilot kommentierte: „In meinem gesamten Berufsleben habe ich noch nie so lange warten müssen. They are really struggling here in Berlin.“ FDP-Politiker Alexander Lambsdorff (ebenfalls an Bord) ergänzte: „BER – eine Schande für Deutschland“. Der Pannenflughafen und seine Negativpreise – demnächst dann in der Hall of Blame. Für uns: Blech der Woche!
Die gute Nachricht: Laut Tagesspiegel-Informationen soll der dänische Top-Manager Thomas Hoff Andersson den Flughafen als neuer „Geschäftsführer für Operations“ auf die richtige Bahn bringen. Ein Game-Changer? Kollege Thorsten Metzner kennt die Details – hier zu lesen mit T+.
„Ich hab 'ne gute Nachricht und 'ne schlechte auch / Zuerst die schlechte: Wir zerfall'n zu Staub. Wir werden zu Asche, kehren in das Nichts / Zurück, aus dem wir alle einst gekommen sind / Und jetzt die gute: heute nicht / Es bleibt noch Zeit für dich und mich“, singt Daniel Pongratz alias Danger Dan in „Die gute Nachricht“. Warum das Lied eigentlich ein Weihnachtslied ist, hat er mir bei einer gemeinsamen Ringbahnfahrt für unsere neue Podcastfolge „Eine Runde Berlin“ erzählt. Wir haben uns in der Adventszeit mal an die großen Themen gewagt und über seinen Nicht-Glauben, abstrakte Utopien, das Leben, den Tod, Fischstäbchen mit Spinat und Rio-Reiser-Predigten an Heiligabend gesprochen. Jetzt auf Tagesspiegel.de, Spotify, Apple Podcasts und überall, wo es Podcasts gibt.
Und damit zu den top Berlinerinnen und Berlinern der Woche! *Trommelwirbel*
Kandidat für den dritten Platz war (jeglichen BER-Pannen zum Trotz) Tief „Justus“, das mit seinem Weiß ein bisschen Abwechslung ins Berliner Grau brachte; es kommentiert Ex-MdA Sven Kohlmeier: „Besser als gar nix. So wie Berlin“. Auch Neu-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der mit seiner Ernennungsurkunde auf dem Sattel die Limousinen seiner Kolleg:innen überradelte, hätte sicherlich eine kleine Auszeichnung verdient; ebenso wie der neue, sehr niedliche Roboter der Altstadt-Bücherei Spandau (mit dem Kollege André Goerke hier ein Interview geführt hat). Das Rennen gemacht hat in dieser kalten Zeit dann letztlich doch ein Heißgetränk, bzw. die Männer und Frauen, die es am Impfzentrum Tegel verteilt haben. „Dieser Tee hat die Laune von bestimmt 100.000 Menschen, die in der Schlange standen, deutlich gehoben“, kommentiert Checkpointerin Anke Myrrhe. Macht für uns: Bronze!
Kommen wir zu Silber und leiten das Lied „Alle Jahre wieder“ ein: Bereits zum 24. Mal düsen die „Christmas Biker“ vom Verein „Santa Claus on Road“ an diesem Samstag für den guten Zweck durch die Stadt. Bei der Tour im Weihnachtsmann-, Engel- oder auch Rentierkostüm geht es einerseits um Aufmerksamkeit, andererseits aber auch um konkrete Unterstützung für Berliner Einrichtungen: Die Biker sammeln und übergeben Spenden; in diesem Jahr für die Neuköllner Notübernachtungsstelle „Evas Obdach“ und die Kinder- und Jugendfarm „Moritzhof“ in Prenzlauer Berg. Stellvertretend für all die guten Guter-Zweck-Sachen, die jetzt und immer laufen und Berlin ein bisschen l(i)ebenswerter machen, verleihen wir an dieser Stelle Silber.
Gold klingelt dieser Tage sicherlich immer mal wieder an Ihrer Tür. Rund 10.000 Paketboten, Briefzusteller und Sortierer der Deutschen Post arbeiten in der Vorweihnachtszeit in der Hauptstadtregion, um täglich rund 1,3 Millionen Päckchen auszuliefern (zum Vergleich: im Jahresschnitt sind es 800.000 täglich). Dazu kommen noch mal viele, viele mehr, die für Hermes, Amazon und Co. unterwegs sind. Maximaler Stress in einer – eigentlich – besinnlichen Zeit. Vielleicht lassen wir ihnen ja beim nächsten Besuch nicht nur die Goldmedaille, sondern auch gleich ein Danke, Schokolade oder ne Flasche Wein da.

Wochniks Wochenende
Die besten Berlin-Tipps für drinnen, draußen und drumherum.
48h Berlin
Samstagmorgen – Wer in der Stadt spazieren geht, tritt bekanntlich mit jedem Schritt Geschichte mit Füßen. Wer das in der Nähe des Bärenzwingers am Köllnischen Park tut, dem sei daher ein Besuch der Gruppenausstellung „Into the drift and sway“ ans Herz gelegt. Thematischer Fokus ist hier vor allem die queere Geschichte der früheren Bedürfnisanstalt und umliegender Lokale, die, verschiedenen historischen Dokumenten zufolge, um 1900 eine Cruising Area gewesen ist, wo sich vor allem homosexuelle Männer trafen. Mit Arbeiten von sechs zeitgenössischen Künstler:innen spürt die Ausstellung dieser Geschichte und daran anschließenden, auch aktuellen Fragen nach.
Samstagmittag – Bekanntlich ist auch jeder Blick in die Sterne einer in die Vergangenheit, weil das Licht nun mal seine Zeit braucht, bis es die galaktische Distanz zu unserer Retina zurückgelegt hat. Wer es nicht nur romantisch findet, dass so manches Himmelsobjekt, das uns anfunkelt, längst vergangen ist, sondern auch gerne mit beeindruckendem Wissen dazu prahlt, bekommt in der Archenhold Sternwarte (Alt-Treptow 1) um 18 Uhr Antworten auf die Frage „Welcher Stern ist das?“. Der Eintritt kostet 7/5 Euro.
Samstagabend – Was bewusste Wahrnehmung und das Lesen in den Dingen mit Kunst zu tun haben, erfahren Kunstgeneigte im ACUD-Studio (Veteranenstraße 21). Ally Klein und Andrea Scrima haben Romane geschrieben, deren Plots im Orbit der Kunstwelt verlaufen, was beiden Anlass gibt, einen Abend mit dem Titel „Über den Kunstbegriff in der Literatur“ zu veranstalten. Sie lesen dazu nicht nur laut aus ihren Werken, sondern führen im Anschluss auch ein Gespräch darüber – reden hilft ja.
Sonntagmorgen – Wer viel in den Dingen um sich herum liest oder nachts in die Sterne schaut, braucht am Morgen eine ordentliche Stärkung. Die bietet z.B. die Lichtenberger Stadtfarm Herzberge (Allee der Kosmonauten 16) ab 10 Uhr in Form von frischem Fisch in verschiedenen Variationen, Gemüse, Salat und Kräutern, Snacks und Getränken to go im Hofladen. Ab 12 Uhr gibt es am anderen Ende der Stadt auch warme Suppen, Grünkohl mit Schäufele (auch vegetarisch), frisch Geräuchertes aus dem eigenem Räucherofen, Waffeln und selbstgebackenen Kuchen auf dem Kiezmarkt der Schöneberger Naumann-Küche (Wilhelm-Kabus-Str. 36). Dazu Marktstände mit Ölen, Gewürzen, Salzen, Teriyaki, Macarons, handgefertigten Taschen, Blomeyers Käse, Lichterspielen, badischen Spezialitäten und vielem mehr. Apropos Lichterspiele: Dass Neonröhren-Schriftzüge, wie sie Künstler Bruce Naumann seit den Sechzigern als Medium verwendet, mittlerweile beliebte Raumdeko und gern vergebenes Geschenk sind, auch darüber kann man gut in der Naumann-Küche nachdenken. Die Namensverwandtschaft von Künstler und Küche ist leider bloßer Zufall. Beide Märkte, Stadtfarm wie Naumann-Küche, schließen um 16 Uhr.
Sonntagmittag – Von der Vergangenheit in die Zukunft: Die Zukunft am Ostkreuz (Laskerstraße 5) sieht derzeit nicht gerade rosig aus, denn dem Konglomerat aus Kino und Freiluftkino, Brauerei, Ringtheater, Jazzbar und Galerie droht die Räumung zu Ende März 2022 – wie so vielen Kulturschaffenden der Stadt wird den Betreiber:innen der Vertrag nicht verlängert, eine Petition dagegen ist übrigens im Gange. Die bis zur Gentrifizierung andauernde Gegenwart wird noch genutzt, um zu zeigen, wie es auch anders geht, und bringen scheinbar Disparates zusammen: Etwa Folk-Musik von Amalia Chikh und Jana Berwig mit Jazz von Susi B., Augustin Lehfuss und Roz Macdonald. 16.30 bis 22 Uhr, Eintritt 10/ 7 Euro.
Sonntagabend – Zum Wochenendeende dann die Anrufung der Gegenwart in der Villa Elisabeth (Invalidenstraße 3): Der in Hamburg arbeitende New Yorker Komponist Rama Gottfried hat sich in seinem Werk Animism der Belebung skurriler Licht- und Klangobjekte angenommen. Das Ensemblekollektiv Berlin hilft ihm dabei, indem es feinfühlig virtuos mit seinen Apparaturen interagiert. Zeitgenössische Musik trifft Installationskunst trifft Puppenspiel und experimentelles Musiktheater – alles vermengt in einer Partitur, deren Musik nach kybernetischen Prozessen organisiert ist. Tickets kosten 15/10 Euro.
Mein Wochenende mit

Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.
„Endlich wieder vernünftiges Sauwetter, herrlich! Natur, Kälte, Dunkelheit… Chantal, die findige Sau von Nebenan, hat mich neulich wieder aus dem Schönheitsschlaf gerissen, mit einer übergroßen aufblasbaren Gummiente im Arm. Die hat sie, sagt sie, beim Schrottwichteln gewonnen. Schrottwichteln, das kennen Sie doch: Was man nicht braucht, vielleicht noch nie gebraucht hat und nie brauchen wird, verschenkt man weiter an Menschen, die es ebenfalls nicht brauchen, nie gebraucht haben und es wohl auch niemals brauchen werden. Ist die Nutzlosigkeit der Dinge in der Runde der Wichtelnden allgemein anerkannt, gilt die Sache als erfolgreich. Das Problem bei Persönlichkeiten wie der allzeit inspirierten Chantal ist, dass sie bei allem, wirklich allem, auf Ideen kommen. Was macht man mit einer aufblasbaren Gummiente im Winter? Wer dieser Tage, um etwas Ruhe zu tanken, einen schönen Schneespaziergang um den abgelegenen Beetzer See macht, könnte von lautem Lachen, das von einem quietschgelben Objekt im Wasser zu kommen scheint, aus der Kontemplation gerissen werden. Chantal hat nämlich vor Freude über den Gewinn ihren persönlichen Sommer eingeläutet. Ich habe mir das näher angeschaut und kann es niemandem empfehlen – außer Chantal natürlich. Die Runde um den Beetzer See empfehle ich dagegen gerne, ebenso den Aufenthalt im Spa des Hotels Sommerfeld, das einen nach der gemütlichen Runde wieder auf Temperatur bringt – und ein wenig des verlorenen Schönheitsschlafs kompensiert. Und mich empfehle ich, mit freundlichen Grunzen.“
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Nur drei Tage hat Fernando K. gebraucht, um eine bezahlbare Mietwohnung in Friedenau zu finden. Wie ihm das gelungen ist – und was auch andere Wohnungssuchende daraus lernen können – hat Thorsten Mumme (Abo) aufgeschrieben.
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Wer schon mal in der slowenischen Hafenstadt Piran war, weiß, wie angenehm sich eine autofreie Stadt anfühlen kann. Die Lösung dort: Gigantische Parkhäuser vor den Stadttoren, in denen die Fahrzeuge stehengelassen werden. Eins zu Eins lässt sich das in Berlin natürlich nicht umsetzen, aber mit ÖPNV, verkehrsberuhigten Zonen, Sharing statt Privat-Pkw und Lastenrädern tut sich auch hier etwas – und wie sich Berliner Parkhäuser dafür ändern, hat Jutta Maier (Abo) aufgeschrieben.
Schließlich ist der Status Quo nicht sonderlich erhaltenswert – über Aggression im Berliner Verkehr schreibt Stefan Jakobs (Abo).
Wochenrätsel
Ein Fall von Kannibalismus erschüttert Berlin. Was wird am S-Bhf Schöneberg als „Proviant des Monats“ angeboten?
a) Frankfurter in Linsensuppe
b) Hamburger mit doppelt Käse
c) Berliner mit Mehrfruchtfüllung
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So, letzte Meldung: Heute ist der offizielle „Welttag der Berge“. In Berlin also ausnahmsweise absolut kein Grund zu feiern. Kommen Sie trotzdem gut durch den Tag!
An diesem Checkpoint mitgewirkt haben die beste Lotte Buschenhagen (Recherche) sowie die beste Cristina Marina (Frühschicht). Wir lesen uns die Tage wieder. Bis dahin!
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