Bewölkt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, Schnee und Schneeregen möglich

Linke nominiert Lena Kreck als JustizsenatorinAlles neu in Berlin, außer der BERVon Bronze bis Gold: Das sind die Berliner:innen der Woche

wir starten mit einer Runde im Personalkarussell: Der Landesvorstand der Berliner Linken hat Prof. Dr. Lena Kreck als neue Justizsenatorin vorgeschlagen. Die Volljuristin hat derzeit die Professur „Recht und Gesellschaft“ an der Evangelischen Hochschule inne, war bereits in der Beratung für LGBTI*-Geflüchtete tätig – und sorgte im vergangenen Jahr (ungewollt) für einen größeren Aufreger im Berliner Abgeordnetenhaus: Nachdem die Linken Kreck für einen der frei gewordenen Richter:innenposten am Berliner Verfassungsgerichtshof nominiert hatten, scheiterte sie im Parlament – mutmaßlich durch fehlende Stimmen der CDU – an der notwendigen Zweidrittelmehrheit (die eigentlich reine Formsache ist). Jetzt scheint sie zurück. „Sie wird in dem für uns neuen Ressort eine linke Handschrift mit einer fortschrittlichen Rechtspolitik und einer menschenrechtsorientierten Politik für eine offene Gesellschaft deutlich machen“, kommentiert Berlins Linken-Chefin Katina Schubert. Einzige Hürde: Noch müssen die eigenen Parteimitglieder der Koalition zustimmen.

Anderes Thema: Während Olaf Scholz am Freitag zu seiner ersten Kanzlerreise nach Paris und Brüssel aufbrach, Neu-Außenministerin Annalena Baerbock den Zug als diplomatisches Transportmittel wiederbelebte und Karl Lauterbach seine Premierenrede als Gesundheitsminister hielt („Ich weiß, dass wir das schaffen werden“), blieb am BER alles beim Alten: Der Flughafen funktionierte mal wieder nicht.

Thomas Wochnik

Wochniks Wochenende

Die besten Berlin-Tipps für drinnen, draußen und drumherum.

48h Berlin

Samstagmorgen – Wer in der Stadt spazieren geht, tritt bekanntlich mit jedem Schritt Geschichte mit Füßen. Wer das in der Nähe des Bärenzwingers am Köllnischen Park tut, dem sei daher ein Besuch der Gruppenausstellung „Into the drift and sway“ ans Herz gelegt. Thematischer Fokus ist hier vor allem die queere Geschichte der früheren Bedürfnisanstalt und umliegender Lokale, die, verschiedenen historischen Dokumenten zufolge, um 1900 eine Cruising Area gewesen ist, wo sich vor allem homosexuelle Männer trafen. Mit Arbeiten von sechs zeitgenössischen Künstler:innen spürt die Ausstellung dieser Geschichte und daran anschließenden, auch aktuellen Fragen nach.

Samstagmittag – Bekanntlich ist auch jeder Blick in die Sterne einer in die Vergangenheit, weil das Licht nun mal seine Zeit braucht, bis es die galaktische Distanz zu unserer Retina zurückgelegt hat. Wer es nicht nur romantisch findet, dass so manches Himmelsobjekt, das uns anfunkelt, längst vergangen ist, sondern auch gerne mit beeindruckendem Wissen dazu prahlt, bekommt in der Archenhold Sternwarte (Alt-Treptow 1) um 18 Uhr Antworten auf die Frage Welcher Stern ist das?. Der Eintritt kostet 7/5 Euro.

Samstagabend – Was bewusste Wahrnehmung und das Lesen in den Dingen mit Kunst zu tun haben, erfahren Kunstgeneigte im ACUD-Studio (Veteranenstraße 21). Ally Klein und Andrea Scrima haben Romane geschrieben, deren Plots im Orbit der Kunstwelt verlaufen, was beiden Anlass gibt, einen Abend mit dem Titel Über den Kunstbegriff in der Literatur zu veranstalten. Sie lesen dazu nicht nur laut aus ihren Werken, sondern führen im Anschluss auch ein Gespräch darüber – reden hilft ja.

Sonntagmorgen – Wer viel in den Dingen um sich herum liest oder nachts in die Sterne schaut, braucht am Morgen eine ordentliche Stärkung. Die bietet z.B. die Lichtenberger Stadtfarm Herzberge (Allee der Kosmonauten 16) ab 10 Uhr in Form von frischem Fisch in verschiedenen Variationen, Gemüse, Salat und Kräutern, Snacks und Getränken to go im Hofladen. Ab 12 Uhr gibt es am anderen Ende der Stadt auch warme Suppen, Grünkohl mit Schäufele (auch vegetarisch), frisch Geräuchertes aus dem eigenem Räucherofen, Waffeln und selbstgebackenen Kuchen auf dem Kiezmarkt der Schöneberger Naumann-Küche (Wilhelm-Kabus-Str. 36). Dazu Marktstände mit Ölen, Gewürzen, Salzen, Teriyaki, Macarons, handgefertigten Taschen, Blomeyers Käse, Lichterspielen, badischen Spezialitäten und vielem mehr. Apropos Lichterspiele: Dass Neonröhren-Schriftzüge, wie sie Künstler Bruce Naumann seit den Sechzigern als Medium verwendet, mittlerweile beliebte Raumdeko und gern vergebenes Geschenk sind, auch darüber kann man gut in der Naumann-Küche nachdenken. Die Namensverwandtschaft von Künstler und Küche ist leider bloßer Zufall. Beide Märkte, Stadtfarm wie Naumann-Küche, schließen um 16 Uhr.

Sonntagmittag – Von der Vergangenheit in die Zukunft: Die Zukunft am Ostkreuz (Laskerstraße 5) sieht derzeit nicht gerade rosig aus, denn dem Konglomerat aus Kino und Freiluftkino, Brauerei, Ringtheater, Jazzbar und Galerie droht die Räumung zu Ende März 2022 – wie so vielen Kulturschaffenden der Stadt wird den Betreiber:innen der Vertrag nicht verlängert, eine Petition dagegen ist übrigens im Gange. Die bis zur Gentrifizierung andauernde Gegenwart wird noch genutzt, um zu zeigen, wie es auch anders geht, und bringen scheinbar Disparates zusammen: Etwa Folk-Musik von Amalia Chikh und Jana Berwig mit Jazz von Susi B.Augustin Lehfuss und Roz Macdonald. 16.30 bis 22 Uhr, Eintritt 10/ 7 Euro.

Sonntagabend – Zum Wochenendeende dann die Anrufung der Gegenwart in der Villa Elisabeth (Invalidenstraße 3): Der in Hamburg arbeitende New Yorker Komponist Rama Gottfried hat sich in seinem Werk Animism der Belebung skurriler Licht- und Klangobjekte angenommen. Das Ensemblekollektiv Berlin hilft ihm dabei, indem es feinfühlig virtuos mit seinen Apparaturen interagiert. Zeitgenössische Musik trifft Installationskunst trifft Puppenspiel und experimentelles Musiktheater – alles vermengt in einer Partitur, deren Musik nach kybernetischen Prozessen organisiert ist. Tickets kosten 15/10 Euro.

Mein Wochenende mit

Durchgecheckt

Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.

„Endlich wieder vernünftiges Sauwetter, herrlich! Natur, Kälte, Dunkelheit… Chantal, die findige Sau von Nebenan, hat mich neulich wieder aus dem Schönheitsschlaf gerissen, mit einer übergroßen aufblasbaren Gummiente im Arm. Die hat sie, sagt sie, beim Schrottwichteln gewonnen. Schrottwichteln, das kennen Sie doch: Was man nicht braucht, vielleicht noch nie gebraucht hat und nie brauchen wird, verschenkt man weiter an Menschen, die es ebenfalls nicht brauchen, nie gebraucht haben und es wohl auch niemals brauchen werden. Ist die Nutzlosigkeit der Dinge in der Runde der Wichtelnden allgemein anerkannt, gilt die Sache als erfolgreich. Das Problem bei Persönlichkeiten wie der allzeit inspirierten Chantal ist, dass sie bei allem, wirklich allem, auf Ideen kommen. Was macht man mit einer aufblasbaren Gummiente im Winter? Wer dieser Tage, um etwas Ruhe zu tanken, einen schönen Schneespaziergang um den abgelegenen Beetzer See macht, könnte von lautem Lachen, das von einem quietschgelben Objekt im Wasser zu kommen scheint, aus der Kontemplation gerissen werden. Chantal hat nämlich vor Freude über den Gewinn ihren persönlichen Sommer eingeläutet. Ich habe mir das näher angeschaut und kann es niemandem empfehlen – außer Chantal natürlich. Die Runde um den Beetzer See empfehle ich dagegen gerne, ebenso den Aufenthalt im Spa des Hotels Sommerfeld, das einen nach der gemütlichen Runde wieder auf Temperatur bringt – und ein wenig des verlorenen Schönheitsschlafs kompensiert. Und mich empfehle ich, mit freundlichen Grunzen.“

Lese­empfehlungen

Nur drei Tage hat Fernando K. gebraucht, um eine bezahlbare Mietwohnung in Friedenau zu finden. Wie ihm das gelungen ist – und was auch andere Wohnungssuchende daraus lernen können – hat Thorsten Mumme (Abo) aufgeschrieben.

Bis zu seinem 18. Geburtstag war er bereits 26 Mal umgezogen. „Meist, weil meine Mutter einen neuen Mann kennengelernt hatte.“ Mit seinem Chart-Hit „If you believe“ ist Sasha 1998 berühmt geworden, jetzt wird er 50. Mit Moritz Honert (Abo) sprach er über ein halbes Jahrhundert.

Weil Winter ist und das Leben auf der Straße bei Kälte besonders hart: Boris Buchholz (Abo) war mit dem Obdachlosenbus des Roten Kreuzes unterwegs.

Wer schon mal in der slowenischen Hafenstadt Piran war, weiß, wie angenehm sich eine autofreie Stadt anfühlen kann. Die Lösung dort: Gigantische Parkhäuser vor den Stadttoren, in denen die Fahrzeuge stehengelassen werden. Eins zu Eins lässt sich das in Berlin natürlich nicht umsetzen, aber mit ÖPNV, verkehrsberuhigten Zonen, Sharing statt Privat-Pkw und Lastenrädern tut sich auch hier etwas – und wie sich Berliner Parkhäuser dafür ändern, hat Jutta Maier (Abo) aufgeschrieben.

Schließlich ist der Status Quo nicht sonderlich erhaltenswert – über Aggression im Berliner Verkehr schreibt Stefan Jakobs (Abo).

Wochen­rätsel

Ein Fall von Kannibalismus erschüttert Berlin. Was wird am S-Bhf Schöneberg als „Proviant des Monats“ angeboten?

a) Frankfurter in Linsensuppe
b) Hamburger mit doppelt Käse
c) Berliner mit Mehrfruchtfüllung

 

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Encore

So, letzte Meldung: Heute ist der offizielle „Welttag der Berge“. In Berlin also ausnahmsweise absolut kein Grund zu feiern. Kommen Sie trotzdem gut durch den Tag!

An diesem Checkpoint mitgewirkt haben die beste Lotte Buschenhagen (Recherche) sowie die beste Cristina Marina (Frühschicht). Wir lesen uns die Tage wieder. Bis dahin!

Ihre Ann-Kathrin Hipp