Bevor Sie gleich loshetzen, schnell noch diese Nachricht: Der Alltag in Berlin ist ein tägliches Stressfest. Selbst die Wissenschaft bestätigt, dass Berliner laufend am Rennen sind. Der tägliche U-Bahn-Sprint entspringe dem „Tempomythos der Berlin-Alexanderplatz-Welt der 20er Jahre“, analysiert Stadtsoziologin Martina Löw von der Technischen Universität. Das hektische Berlin verkleinert sogar das Hirn seiner Bewohner; um diese Erkenntnis winden sich Neurologen nicht mehr herum, wie mein Kollege Lars Spannagel herausgefunden hat. Schon vor 100 Jahren diagnostizierte der Arzt Albert Eulenburg den Berlinerinnen und Berlinern ein „gesteigertes und erhitztes Genusstempo“ sowie ein „vermehrtes Genussquantum“. Deshalb hier ein Quantum Trost: Die nächste volle Bahn kommt bestimmt. In Berlin ist nur die Frage: wann?
Die Große Koalition wird schon vor dem Start immer kleiner (und mangels großer Projekte wohl auch immer öfter klein geschrieben). Die SPD läuft Sturm gegen die Sondierung; nur rennt sie im Gegensatz zu FDP-Chef Christian Lindner nicht gleich ganz weg, sondern verhandelt bis zur eigenen Selbstaufgabe weiter. So sucht die Sehnsuchtsvolle Partei Deutschlands nach dem Sinn ihrer selbst und nach der einstigen Bedeutung ihres Anfangsbuchstabens. Und in den Buchstaben des Sondierungspakets mit der Union findet sich offensichtlich nicht genug Soziales. „Bei Wohnen, Zuwanderung und Integration geht es so nicht. Die Bürgerversicherung fehlt ganz“, bemängelte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller im Tagespiegel-Interview und gab dem Widerstand gegen die große Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners seine Stimme.