die Uhren stehen noch auf Sommerzeit und weder meteorologisch noch kalendarisch haben wir den Winter bereits erreicht. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: Es wird ein langer und wohl auch einsamer Winter. Denn das Coronavirus breitet sich immer schneller in Berlin aus. Innerhalb von 24 Stunden wurden am Mittwoch 971 bestätigte Fälle gemeldet, so viele wie noch nie. Darunter Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Inzidenz liegt in der Stadt inzwischen bei über 100, die Kontaktnachverfolgung wird immer mehr zur Warteschleife. Der Redaktion sind mehrere Fälle bekannt, in denen positiv Getestete erst nach mehreren Tagen, teils nach einer Woche, ihren Bescheid erhielten. Wahrscheinlich nur die Spitze des Virus-Bergs. Statt die Welle zu brechen, türmt sie sich immer höher auf.
Um die Gesundheitsämter zu entlasten, fordern die zwölf Amtsärzte einen Strategiewechsel. Pauschal wird eine Fokussierung auf vulnerable Gruppen angestrebt, doch wie das konkret funktionieren soll, darauf konnten sie sich nicht einigen. Den ganzen Mittwoch wurde „mit sich und miteinander gerungen“ – ohne Ergebnis. In einigen Bezirken gelten bereits Allgemeinverfügungen, wonach direkte Kontaktpersonen automatisch mit Kenntnis des Kontaktstatus zur Selbstisolierung verpflichtet sind. Auch ohne Anordnung durch das jeweilige Gesundheitsamt. „Als Bürger ist man in so einem Fall verpflichtet, gefälligst zu Hause zu bleiben“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). Vielleicht die letzte Chance, zu beweisen, dass nicht nur weniger Freiheiten, sondern auch mehr Eigenverantwortlichkeit ein Weg aus der Krise sein kann.