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Selenskyj bittet Berliner um Unterstützung für die UkraineFlugausfälle wegen Warnstreiks am BER und anderen FlughäfenTesla-Fabrik in Grünheide wird eröffnet – und Lindner redet weiter vom Tankrabatt

Wir beginnen auch diesen Tag mit einem Blick auf die Geschehnisse des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine seit gestern Abend:

+++ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will sein Volk über jeden möglichen „Kompromiss“ in Verhandlungen mit Russland entscheiden lassen. Er  bezeichnet die russischen Soldaten als „Sklaven ihrer Propaganda, die ihr Bewusstsein verändert hat“. Diese Militärs „haben noch nie tausende Menschen gesehen, die vor ihnen keine Angst haben“.

+++ Russland verstärkt derzeit seine Militäroffensive aus der Luft und zu Wasser. Das Pentagon spricht von „wahllosen und vorsätzlichen Angriffen auf Zivilisten“ und hilft laut einem Sprecher, Beweise für die russischen Kriegsverbrechen zu sammeln. Die Regierung in Washington prüft laut Weißem Haus, die Einreise von Ukrainern in die USA zu erleichtern.

+++ Die ukrainische Spionageabwehr hat nach eigenen Angaben ein mögliches Attentat auf Präsident Wolodymyr Selenskyj gestoppt. Eine Gruppe von russischen Saboteuren, angeführt von einem Geheimdienstler, sei in der Stadt Uschgorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn festgenommen worden, berichtete die Agentur Unian.

+++ US-Präsident Joe Biden bekräftigt Vorwürfe, Russland erwäge den Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine. Russland beharre auf dem erfundenen Vorwurf, die Ukraine verfüge über biologische und chemische Waffen. Das sei ein klares Zeichen dafür, dass Russlands Präsident Wladimir Putin selbst den Einsatz solcher Waffen in Betracht ziehe, sagte Biden.

Der Tagesspiegel-Newsroom informiert Sie weiter rund um die Uhr zu allen Entwicklungen um den russischen Überfall auf die Ukraine. Wenn Sie den betroffenen Menschen helfen möchten: Unsere Informationen dazu werden regelmäßig aktualisiert.

Zuvor hatte sich Wolodymyr Selenskyj direkt an die Berliner:innen gewandt: Vor dem Krieg sei Kiew „das neue Berlin“ genannt worden – wegen seiner Offenheit, der Freiheit, des Nachtlebens. Jetzt kämpfe man gegen die Russen, die „viel weiter kommen wollen als nur bis in die Ukraine“, sagte der Präsident und spielte von seinem Handy den allgegenwärtigen Sirenenton des Luftalarms vor. Von den Deutschen forderte er einen strikten Boykott: „Unterstützt bitte die Kriegsmaschine Russland nicht! Keinen einzigen Euro für Besatzer, sperrt für sie all eure Häfen, liefert keine Güter, verzichtet auf russische Energieressourcen, übt Druck aus, damit Russland die Ukraine verlässt!“. Die Deutschen müssten handeln, „damit Kiew wieder neues Berlin genannt“ und „die Sirenen vergessen“ werden könnten.

Umfrage Energiekosten sparen

Während seine saarländische Parteifreundin weiter über eine „Verhandlungslösung“ phantasiert, als müsste nur mal jemand mit Putin reden, hat sich der Berliner Linken-MdB Gregor Gysi als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion in einem Video an Putins Landsleute gewandt. „Ich sehe immer noch fassungslos, dass die Friedensmacht meiner Kindheit die Ukraine in Angst und Schrecken versetzt. Sie bombardiert Städte und tötet Menschen“, sagt Gysi auf Russisch. „Wollen Sie mit dieser Last leben? Wollen Sie diese Last ihren Kindern und Kindeskindern übergeben?“ Er wisse, dass Demonstrieren in Moskau schwieriger sei als in Berlin, aber „sie können nicht Millionen einsperren. Zeigen Sie Ihrer Regierung, dass dieser Krieg nicht im Namen der Menschen in Russland geführt wird. Ich bitte Sie, ächten Sie diesen Krieg.“

Vier Konzentrationslager hat Boris Romantschenko in Nazideutschland überlebt. Jetzt haben Putins Bomben den 96-Jährigen in Charkiw getötet, wie Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) sagte. Die einzige hoffnungsvolle Nachricht, die sie bei der Jahrespressekonferenz der Brandenburger Gedenkstätten verkünden konnte: „Volodymyr Kororbov lebt“. Der ebenfalls 96-Jährige, der das KZ Sachsenhausen überlebte und zum Jahrestag der Befreiung am 1. Mai die Gedenkstätte besuchen wollte, bangt in Kiew um sein Leben.

Der Senat wird heute beraten, wie sich der Ansturm der ukrainischen Flüchtlinge weiter bewältigen lässt. Am Wochenende ist die Zahl der ankommenden Menschen gesunken, aber im Lagebericht des Krisenstabes heißt es mit Blick ins zwischen Deutschland und der Ukraine gelegene Polen: „Tendenz steigend, Lage eskalierend“. Der Gesamtpersonalrat warnt, dass die permanente Arbeit vieler Landesbediensteter über alle Grenzen hinaus „absehbar krank“ mache. Zuvor hatte der Personalrat die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann zum Stullenschmieren im Akkord eingeladen, nachdem sie befand, Berlin müsse mal „aus Gemütlichkeit rauskommen“ (CP von gestern). Auf Anfrage von Julius Betschka schrieb Strack-Zimmermann: „Wenn ich den Brief selbst erhalten habe und nicht über den Tagesspiegel, dann reagiere ich gerne. :-) Für Hilfe und Stullenschmieren bin ich immer zu haben, war auch 2015 dabei. Ich bleibe dabei: Die Berliner Landesspitze (!) ist gemütlich.“ Nach dieser Antwort wohl nicht mehr.

Elon Musk persönlich will die ersten Teslas Made in Greenheide übergeben, wenn er heute zusammen mit Bundeskanzler, Wirtschaftsminister und Ministerpräsident die „Gigafactory“ eröffnet, die die Zukunft des europäischen Straßenverkehrs in Gestalt von jährlich 500.000 batteriebetriebenen Zweitonnern à 500+ PS verheißt. Die Ampelkoalition bleibt dabei, dass Deutschland auf russische Ölimporte nicht verzichten könne. Offenbar ebenso wenig wie auf die ungebremste Raserei auf der Autobahn, obwohl ein Tempolimit je nach Berechnung mindestens zwei Milliarden Liter Kraftstoff pro Jahr sparen würde. Finanzminister Lindner warb am Abend im TV unverdrossen für seine SUVorthilfe, obwohl der pauschale Tankrabatt auch von den unverdächtigsten Stellen für falsch befunden wurde.

Telegramm

Wenn heute der (1992 von der UNO etablierte) Welttag des Wassers begangen wird, fehlt in Berlin und Brandenburg leider wieder der Hauptdarsteller. Der letzte nennenswerte Regen fiel Ende Februar, der nächste kommt frühestens Anfang April. Gut möglich, dass sich das Drama von 2018 wiederholt, von dem sich Natur und Grundwasservorräte (auf die Berlin als Selbstversorger angewiesen ist) bisher nicht erholen konnten. Hier gibt’s Details und aktuelle Zahlen (T+).

Am Tag vor dem Wasser waren die Bäume dran: Montag war „Tag des Waldes“. Zu dem gibt’s eine gute und eine schlechte Nachricht vom Chef der Berliner Forsten: „Wir sind glimpflich davongekommen“, lautet das Fazit von Gunnar Heyne einen Monat nach Durchzug des außergewöhnlichen Sturmtrios. Etwa 10.000 Festmeter (=Kubikmeter) seien um- oder abgebrochen. Diese Menge wachse in den Berliner Wäldern ungefähr pro Monat nach. Sorge macht dem obersten Förster ein ganz anderes, neues Phänomen, das potentiell alle Waldbesucher (be-)treffen kann (T+).

Der diesjährige „Deutsche Lehrkräftepreisgeht in mehreren Kategorien auch nach Berlin – an die Zehlendorfer Schulleiterin Christiane Wagner, an die Pankower Pädagog:innen Anne Zeng und Konrad Schaller sowie an die Leitung der Quinoa-Schule in Mitte. Ebenfalls in Mitte unterstützt der einst von Bildungssenatorin Scheeres über Bord geworfene Staatssekretär Mark Rackles (SPD) jetzt die Grünen-Stadträtin Stefanie Remlinger, um mit ihr den Schulbau voranzubringen. Genaueres weiß Susanne Vieth-Entus (T+).

Heute bleibt das Triebwerk kalt: Die Gewerkschaft Verdi ruft an fast allen großen Flughäfen in Deutschland das Bodenpersonal zum nächsten ganztägigen Warnsteik auf. Auch am BER werden deshalb wieder viele Flüge ausfallen.

Die Polizei hat gestern an der Königstraße zwischen Wannsee und Glienicker Brücke gelasert. Der Schnellste, der sich erwischen ließ, fuhr Tempo 109 auf der 50er-Strecke. „Außerdem wurden sechs Gehweg-Radler gestoppt.“ Es darf geraten werden, warum die lieber auf dem Gehweg fuhren statt auf dem Radfahrstreifen.

Für 16 neue Zebrastreifen in Berlin steht trotz „vorläufiger Haushaltswirtschaft“ aktuell Geld bereit. Elf wurden im vergangenen Jahr markiert. Und 32 sind aktuell bereits angeordnet, also verkehrsrechtlich beauftragt worden, aber noch nicht realisiert (Q: Senat auf Anfrage Kristian Ronneburg, Linke). Die letzte Zahl entspricht etwa der maximalen Lebenserwartung von Zebras.

Die Berliner Polizei hat gerade die Beschaffung von bis zu 25 „neutralen Einsatzwagen“ ausgeschrieben, Nettowert 1,1 Mio. Euro. Außerdem 4-6 „Führungskraftwagen“ im „geschätzten Gesamtwert“ von 383.193 Euro sowie einen Rahmenvertrag über die Beschaffung von Opel-Ersatzteilen für reichlich eine Mio. Euro. Falls Ihnen dazu ein – zweifellos deplatzierter, aber zumindest unpeinlicher – Manta-Witz einfällt, schicken Sie ihn gern an checkpoint@tagesspiegel.de. Danke.

Die AfD-Fraktionsvorstände von Berlin und Brandenburg fordern nach ihrer gemeinsamen Tagung gestern den Atomeinstieg Berlins, konkret: „den Ausbau eines universitären Exzellenzclusters für die Erforschung sicherer Kernenergie“. Berlin biete sich „wegen der bereits bestehenden Forschung am Helmholtz-Zentrum“ (dessen Reaktor übrigens 2019 stillgelegt wurde) dafür „geradezu an“. Mit den ausgedienten Brennstäben kann dann Putins Marzahner Fan Gunnar Lindemann (MdA, AfD) die Dosenrouladen für seinen Youtube-Kochkurs warmmachen.

Vielleicht bietet sich als Endlager auch der „CleanTech Business Park“ in Marzahn geradezu an, dessen Vermarktung sich seit jeher als zäh erweist. Nachdem vor einem Jahr die vom Adlershofer Erfolgsmodell bekannte Wista-Gesellschaft die Regie übernommen hat, wollte der Abgeordnete Kristian Ronneburg (Linke) jetzt wissen, wie es vorangeht. Antwort des Senats: Es gebe „wöchentlich ca. 1-3 Anfragen von Interessenten“, mit drei Unternehmen werde zurzeit verhandelt, eines sei erfolgreich angesiedelt worden, nämlich die Swissbit Germany AG. Laut Tagesspiegel-Archiv allerdings schon 2018.

Zitat

„Zunächst konnte ich nicht glauben, dass hier Wasser aus dem Hahn fließt, dass es Strom gibt.“

Oleg, 19, aus Mariupol, der sich in eine Ortschaft in der Nähe gerettet hat. Alexander Kauschanski hat seinen bedrückenden Bericht aus der belagerten Stadt aufgeschrieben.

 

Tweet des Tages

#Papiermangel Der Spitzenverband der GKV hat in einer Stellungnahme angeführt, dass die Umsetzung einer #Impfpflicht wegen des Mangels an #Papier für die nötigen Anschreiben nicht möglich sei. Wir können dies nicht nachvollziehen. Die deutsche #Papierindustrie ist lieferfähig.

@Papierfabriken

Stadtleben

Trinken – Wenn eine Cocktailbar so gut ist wie ihr bester Drink, dann ist der „Limonadier“ an der Nostitzstraße in Kreuzberg kurz vor Wolke 7. Denn der „Bonnie and Clyde“ mit Bourbon, Single Malt, hausgemachtem Hibiskuslikör und Eiweiß ist so köstlich, dass sogar die mitteilungsbedürftigste Frauenrunde schon minutenlang verstummt sein soll, als die erste Runde serviert wurde. Mit 12 Euro sind die schaumig-süß-bitteren Träume nicht ganz günstig, zur Happy Hour (19-20 Uhr) kommen lohnt sich aber, dann kosten sie deutlich weniger. Di-Do 19-1 Uhr, Fr-Sa 19-3 Uhr, Nostitzstraße 12, U-Bhf Gneisenaustraße

Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag –„Mohamad Bahr, begeistertem Berliner, zum 30. Geburtstag herzliche Glückwünsche und Wünsche von den Wilmersdorfern und Kreuzbergern!“ / Hugo Egon Balder (71), TV-Moderator / Lieselotte „Pieke“ Biermann (72), Journalistin / Diana Simone Borgwardt (56), Synchronsprecherin / Norbert Kopp (68), ehem. Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf / Alexa Hennig von Lange (49), Schriftstellerin / Laura Laß (38), Schauspielerin / Lorenz Maroldt (alterslos), Checkpoint-Erfinder, Tagesspiegel-Chefredakteur, Anti-Reagan-Rockabilly-Bassist: „Einen sonnigen Geburtstag, mindestens so viel Dusel in allen Lebenslagen wie Beverly beim Radfahren und ein vergnügtes neues Lebensjahr vom Team Checkpoint. Wir heben die Kölschgläser auf Dein Wohl!“ / Konrad Rufus Müller (82), Fotograf / „Alla hopp: dem liebsten Pfälzer Roland die besten Wünsche zum 71. von Monika" / „Regina Widera (67), beste Krankenschwester, tollste Mutter, und schönste Liebste der Welt!“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Anja, * 14. Januar 1976 / Ulrich Gutensohn, * 19. April 1945 / Martina Heinemann, * 13. Mai 1963, Apothekerin / Heinz-Jörg Söllner, verstorben am 9. März 2022, Diplomvolkswirt

Stolperstein – Henriette Harris (geb. Lewek) wurde am 13. Januar 1861 in Konitz, heute das polnische Chojnize, geboren. Sie wurde am 12. Januar 1943 vom Bahnhof Grunewald ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie an ihrem 82. Geburtstag eintraf und am 22. März, heute vor 79 Jahren, starb. An der Markgraf-Albrecht-Str. 5 in Halensee erinnert seit 2012 ein Stolperstein an Henriette Harris.

Encore

Der BER sucht eine/n Mitarbeiter/in „Bird & Wildlife Control“. Klingt ein bisschen wie Paw Patrol, ist aber eher Airwolf, weil „in operativer Verantwortung“ und „mit scharfen Waffen“. Zum Aufgabengebiet gehört nicht nur die „technische Betreuung des Vogelzugradars und der Gaskanonen“. Ornithologische Kenntnisse sind ebenso nötig wie ein Führer- und ein Jagdschein. Laut Anforderungsprofil sind „hohe Team- und Kommunikationsfähigkeit“ sowie Kenntnisse in Word, Excel, Powerpoint und Flughafenbetrieb erwünscht, außerdem „Durchsetzungsvermögen“. Wer je versucht hat, eine Krähe vom Abfalleimer zu verscheuchen oder eine Spatzengang von den Pommes, weiß, wovon die Rede ist.

Morgen lesen Sie hier vielleicht was übers Zugvogel-Management der Bahn, aber wahrscheinlich ist (leider) wieder anderes wichtiger. Das Wichtige von heute hat Matthieu Praun mitrecherchiert. Das Stadtleben hat Sarah Borufka geschrieben, die Frühproduktion Cristina Marina geleistet. Kommen Sie gut durch den Tag, bis morgen!

Ihr Stefan Jacobs

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