Düster verhangen bei höchtens 5°C, vereinzelt Schauer

Eine Runde Berlin mit Theresa BrücknerWarten auf den LockdownFahrrad- statt Autobahn – Demo sperrt A115 und A100

Das Leben ist gerade eine Dauernachrichtensendung, in der man versucht zu verfolgen und zu verstehen, welche Einschränkungen wo und wann gefordert, geplant oder beschlossen werden, während die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt und steigt und steigt. 29.875 zählte das Robert-Koch-Institut am Freitag, dazu 598 Tote. „Die Lage ist bitterernst“, mahnt Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier. „Wir appellieren an Politik und Öffentlichkeit, den Infektionsschutz ab sofort drastisch zu erhöhen“, erklärt Vivantes-Geschäftsführer Johannes Danckert. Selbst Familienfestverfechter Markus Söder sagt: „Wir brauchen einen grundlegenden Lockdown so schnell wie möglich. Jeder Tag zählt.“ Noch am Wochenende wollen sich Bund und Länder auf eine gemeinsame Linie für weitere Einschränkungen einigen (ein paar haben schon vorbeschlossen, den aktuellen Überblick finden Sie hier).

Diskutiert werden sollen dem Vernehmen nach verfrühte Schulferien, Ausgangsbeschränkungen, striktere Personenobergrenzen und die Schließung des Einzelhandels – an die Kirchen traut sich bislang keiner. Das Bistum Berlin erklärt auf Nachfrage, man solle „sich frühzeitig nach Kapazitäten, Anmeldeformalitäten und aktuellen Zeiten zu erkundigen“ für die Gottesdienste erkundigen. Zum Hygienekonzept gehöre außerdem, „dass wir Risikogruppen, also insbesondere ältere Menschen und damit ‚unsere treusten‘, von Anfang an aufgefordert haben, zuhause zu bleiben“. Pröpstin Christina-Maria Bammel von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz geht „nach derzeitigen Einschätzungen“ nicht von einem „kompletten Gottesdienstlockdown“ aus: „Kleine, kurze Gottesdienstformate, Sorge tragen für die Schwächeren unserer Gesellschaft und vor allem seelsorgliche Angebote sind unsere Antworten.“

Telegramm

In Berlin entstehen immer mehr private Testzentren. Doch wann ist welcher Test geeignet und wo befindet sich die nächste Teststelle? Die Kolleginnen Saara von Alten und Corinna Cerrutti haben eine Übersicht erstellt.

Pandemiebedingt erhöht das Land Berlin die Mittel für Studierendenhilfen um fünf Millionen Euro. Drei Millionen fließen in den Technikfonds (erstmals können auch Lehrbeauftragte Technikmittel beantragen), zwei Millionen sollen Studierende „in der kritischen Phase des Studienstarts oder des Studienabschlusses“ unterstützen. Anträge können vom 4. Januar 2021 an online gestellt werden.

Die Ordnungsämter der Bezirke teilen mit, dass pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 mit ausschließlicher Knallwirkung am 31. Dezember 2020 vor 18 Uhr und am 1. Januar 2021 nach 7 Uhr nicht abgebrannt werden dürfen. Verstöße können mit Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. ***Dies ist eine Kettenmeldung. Schicken Sie sie gerne an all Ihre Berliner Freunde und Bekannten. Mindestens an alle in Kreuzkölln***

Dazu die diesjährigen Bölleverbotszonen (Q: Amtsblatt): 1) Schöneberger Steinmetzkiez – „Die Polizei Berlin rechnet auch in diesem Jahr mit einer Vielzahl von Personen, vornehmlich in der Altersgruppe der 14- bis 30-Jährigen, die sich an dieser Örtlichkeit zusammenfinden wird“ 2) Bereich Alexanderplatz – „Die Polizei Berlin rechnet auch in diesem Jahr mit einer Vielzahl von erlebnisorientierten Personen, die sich an dieser Örtlichkeit zusammenfinden wird, sofern der Alexanderplatz erneut als frei nutzbare Aktionsfläche zur Verfügung steht.“

Nachdem AktivistInnen von „Fridays for Future“ bereits am Freitagabend vor dem Brandenburger Tor für mehr Klimagerechtigkeit demonstriert haben (2.000 Kerzen formten den Satz „Fight for 1 point 5“), werden heute einige Autobahnen autofrei. Mehrere Vereine, darunter Changing Cities, rufen zu Fahrraddemos auf. Die A115 zwischen Kreuz Zehlendorf und Funkturm wird voraussichtlich von 11 bis 13 Uhr, die A100 zwischen Britzer Damm und Tempelhofer Damm von 11 bis 12 Uhr gesperrt. „Für ein lebenswertes Berlin, für eine echte Verkehrswende.“

48 Verkehrstote hat Berlin im Jahr 2020 gezählt. Das Mobilitätsgesetz verpflichtet die „für Verkehrssicherheit im betreffenden Fall zuständige Stelle“ nach jedem tödlichen Unfall an Knoten zu prüfen, ob Maßnahmen ergriffen werden können, „um weitere Unfälle mit Personenschaden zu vermeiden“. Checkpoint-Kollege Stefan Jacobs hat sich die diesjährige Bilanz mal genauer angeschaut. Das Ergebnis: Für die Mehrzahl der Fälle heißt es „Sachstand in Prüfung“. Bei dreizehn lautet das Fazit: „Keine Anhaltspunkte, dass das Risiko für ein ähnliches Ereignis durch eine Veränderung der örtlichen Infrastruktur reduziert werden könnte.“ (Hier geht es zum T+Artikel.)

Vielleicht kann sie ja den Verkehr retten: Xhain-Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) will ins Abgeordnetenhaus. „Ich werde kandidieren. Mein politischer Schwerpunkt liegt dabei auf der Umsetzung der Mobilitätswende“, sagte sie am Freitag der Berliner Morgenpost. Gleich mal nachgefragt, ob da eventuell auch ein Senatorinnenposten interessant wäre? „Keine Leitungsjobs mehr in den nächsten 5 Jahren“ – wir melden uns dann in vier Jahren wieder.

Berlin plant nicht nur, Berlin baut auch manchmal. Am Freitagvormittag haben Bahn und Politik den Wiederaufbauspatenstich der Heidekrautbahn gefeiert. Ende 2023 sollen von Wilhelmsruh bis Schönwalde die ersten Züge fahren.

Nächster Ansiedlungserfolg für Brandenburg: Der BASF-Konzern errichtet in Schwarzheide eine europaweite Pilotanlage, in der Lithium aus alten Batterien von Elektroautos zurückgewonnen werden soll. Geplante Fertigstellung: 2022.

Auch in Krisenzeiten muss man die Zukunft im Blick behalten: Am Freitag ist die Bürgerbeteiligung zum „Strategischen Gesamtrahmen“ für die Hauptstadtregion gestartet. „Berlin und Brandenburg arbeiten an ihrer gemeinsamen Zukunft im 21. Jahrhundert“, heißt es. Ideen können bis zum 17. Januar 2020 über die Plattform www.berlin-brandenburg.de/zusammenarbeit eingebracht werden.

Der mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos, das 2019 zum Sturz der österreichischen Regierung geführt hat, ist in Berlin festgenommen worden. Der Privatdetektiv, der im Video als Begleiter des Lockvogels auftaucht und zuvor die Falle eingefädelt und das Haus verwanzt haben soll, war bislang untergetaucht.

Amt, aber glücklich ist Checkpoint-Leserin Gabriele Schild. „Ich war heute mit einem nicht bestätigten Termin zur Ummeldung meines Vaters im Bürgeramt in Berlin Lichtenrade (Briesingstraße). Die beiden ‚Wachmänner‘ waren total hilfsbereit, schauten alle Listen nach, aber ich stand nicht drauf. Die nette Frau am Counter gab mir eine Sondernummer“, schreibt sie. „Im Bürozimmer leise Weihnachtsmusik, es duftete nach Früchtetee und eine äußerst nette Angestellte nahm sich meines Anliegens an. Ob sie noch etwas für mich tun könne? Unglaublich dann auch die herzliche Verabschiedung mit so vielen guten Wünschen. Das war wirklich Balsam für die Coronaseele!!!“ Berlin weihnachtet.

Die Weihnachtsengel tragen gelb: Rund 400.000 Pakete pro Tag stellt die Deutsche Post in der Weihnachtszeit voraussichtlich in Berlin und im Brandenburger Umland zu. Allein in der Hauptstadt sind zusätzlich rund 2.300 Fahrzeuge im Einsatz. Wer sein Päckchen pünktlich zum Fest will, sollte bis spätestens 19. Dezember bestellen.

Auf die Plätzchen, fertig, los: Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag von E.ON eine Backumfrage gestartet. Das Ergebnis: Butterplätzchen (62,2 Prozent), Vanillekipferl (50,6 Prozent) und Zimtsterne (28,8 Prozent) sind unter BerlinerInnen besonders beliebt.

Dazu eine Twitterweisheit zum Schluss: „Mit dem Knuffelkontakt Glühwein auf dem Balkon trinken. Auch #DitIsBerlin!“

Thomas Wochnik

Wochniks Wochenende

Die besten Berlin-Tipps für drinnen, draußen und drumherum.

48h Berlin

Samstagmorgen – Wer nach dem Aufstehen besseres mit seiner Freizeit vor hat als einzukaufen, bestelle einfach bei Gorillas. Und zwar keine fertigen Speisen, sondern seinen individuell zusammengestellten Wocheneinkauf. Das junge Startup wirbt mit einer Lieferzeit von nur zehn Minuten nach Bestelleingang, was eigentlich unmöglich ist, immerhin muss so ein Einkauf doch zusammengesucht, eingepackt und transportiert werden. Eine wissenschaftlich wackelige Studie, durchgeführt in meinem Freundeskreis, zeugt davon, dass es dennoch funktioniert. Ein Geschwindigkeit fördernder Faktor ist die Auswahl bestimmter Kieze, in denen die Gorillas keine langen Lieferwege haben – noch ist der Service nicht überall verfügbar. Wer das alles verdächtig findet, bestelle entweder probehalber selbst oder beäuge das Phänomen bis auf Weiteres skeptisch. Der Blick in die unternehmensinternen Stellenausschreibungen zeugt jedenfalls davon, dass die Macher:innen noch einiges vorhaben.

Samstagmittag – Zwölf Stunden lang geht es heute nur um Sie, um Dich, um Euch. Allerdings auf Englisch – und das englische You lässt sich eben vielfältig verwenden. Vor allem aber stellt es eine große Absage an das megalomanische Ich dar, das auf allen Bühnen der Welt überpräsent ist. Der Soundkünstler Christof Migone hat daher an die 30 Künstler:innen dazu bewogen, einen klingenden Beitrag zum Wort You zu schaffen und herausgekommen sind eben diese zwölf Stunden Material aus Live-Musik, Text-Stücken, Performance-Einlagen und voraufgezeichnetem Videomaterial. Start ist um 11 Uhr vormittags, Schluss um 11 Uhr abends hiesiger Zeit (12 Uhr GMT).

Der Samstagabend bietet eine gute Gelegenheit, sich auf den aktuellen Stand in Sachen zeitgenössischer Literatur zu bringen. Der alljährliche Xmas Book Market findet dieses Jahr digital statt. Verlage wie Adocs, Botopress, Mikrotext, Textem stellen in 5-Minuten Blitzpräsentationen ab 20 Uhr neue oder besonders interessante Titel vor, deren Autor:innen und Verleger:innen dem Publikum ab 21 Uhr zum Gespräch zur Verfügung stehen – nur Lesen muss man noch selber. Oder Einpacken und Verschenken.

Sonntagmorgen – Wenn es zwei Formate gibt, an deren Stil- und Design-Entwicklung man den Wandel des letzten halben Jahrhunderts besonders gut nachvollziehen kann, dann sind das Tatort und Ikea-Katalog. Letzterer begeht gerade seinen siebzigsten Geburtstag und kommt fortan ausschließlich in digitaler Form. Ein herber Verlust für die Zeitschriftenablagen in Millionen von Badezimmern, ein längst überfälliges Glück für die Umwelt und ein echter Gewinn für Kulturwissenschaftler:innen und stöberfreudige Nostalgiker:innen, denn alle Ausgaben des Kataloges seit 1950 sind fortan kostenfrei verfügbar im neuen Ikea Online-Museum.

Sonntagmittag – Noch vor zwölf Monaten, irgendwo am Äquator Caipirinha schlürfend, hätte wohl kaum jemand gedacht, dass das Reisen selbst einmal in derartige Ferne rücken würde. Dass auch vor der eigenen Haustür ganze Parallelwelten nur darauf warteten, entdeckt zu werden, wohl auch nicht. Das Projekt Berlin Lokal Zeit macht einige davon hörbar. Künstler:innen wie Kim Albrecht, Peter Cusack, Maren Hartmann oder Auinger und Strobl, die diesen Sommer die Halle am Berghain bespeilt haben, haben zahlreiche Hörspaziergänge durch belebte wie abgelegene Plätze, versteckte Hinterhöfe, Tunnel und Schächte aufgezeichnet. Zu hören ist das pandemieberuhigte Berlin auch über Radio Aporee. Letzteres ist übrigens ein GPS-gekoppeltes Klangarchiv, das allein aus dem öffentlichen Raum Berlin aktuell 2235 Audioaufnahmen bietet, durch die man sich unter aufgesetzten Kopfhörern bei schlechtem Wetter durchstöbern kann.

Sonntagabend – Wie jedes Jahr, türmen sich auch in diesem unzählige Jahresrückblicke mit Best-Of-Listen und angeblichen Highlights, die man sich bei vertrauenswürdigen anderen abgeschrieben hat. Eine dieser zuverlässigen Quellen, von denen andere gerne abschreiben, ist die Liste der Top 100 Songs des Jahres, sowie die der Top 50 Alben vom Pitchfork Magazine. Das Gute an diesen Listen: Sie werden von Musikjournalist:innen erstellt, die sich auf ihrem Feld auskennen. Das führt dazu, dass die Listen nicht nur zum abermaligen Hören populärer safe bets verleiten, sondern auch manch kleine unbekannte Künstler:innen entdecken lassen. Wer gänzlich vom Mainstream weg und sich anhören möchte, was die experimentelle Avantgarde 2020 so getan hat, findet im Rewind des Wire Magazine die höchste Instanz, die Ausgabe kostet mit Versand nach Deutschland 8 Pfund Sterling.

Mein Wochenende mit

Durchgecheckt

Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.

„Was ich nicht so schnell wieder tun werde, ist, im Boden des Görlitzer Parks zu wühlen, das kann ich Ihnen sagen. So habe sie mich noch nie gesehen, sagt Chantal, habe mich von einer ganz anderen Seite kennengelernt. Total entspannt nämlich und so gar nicht pflichtbewusst, wie ich mich üblicherweise zu geben pflege. Eigentlich hatten wir vor, einen der unwahrscheinlichsten Grünpfade der Stadt entlang zu promenieren. Vom Lausitzer Platz über den Görlitzer Park, immer weiter gen Südosten, über den Landwehrkanal und weiter auf dem Damm zwischen Kiefholz- und Jordanstraße. An dessen Ende nach links in die Elsenstraße, und hier kommt der einzige Straßenabschnitt der Strecke: 500 Meter ostwärts bis zum Treptower Park. Dann weiter südostwärts, vorbei am Sommerblumengarten, wo ich eine Wühleinlage wärmstens empfehle, vielleicht mit Abstecher zum Sowjetischen Ehrenmal, dann den Kaffeebecher auf der Insel der Jugend nachfüllen und weiter am alten Spreepark vorbei bis Baumschulenweg. Auf 8 Kilometern überwiegend grünem Hufweg nur 500 Meter Straße. So war das gedacht. Wir sind aber gar nicht übern Görli hinausgekommen. Plötzlich war mir gar nicht mehr nach stressigem Gehen zumute. Seltsam, welche Wirkung manche Orte ausüben können."

Lese­empfehlungen

In Metropolen wie Berlin entsteht naturgemäß eine ganze Menge schmutziger Wäsche, erst recht in Gegenden wie Kreuzberg, mit besonders hoher Einwohner:innendichte. Und die will natürlich schonend gereinigt werden. Die für den Reporterpreis nominierte Reportage von Maris Hubschmid und Moritz Honert (Abo) über eine Kreuzberger Textilreinigung lesen Sie hier.

Wie es ist, Berlin in Pandemiezeiten über Weihnachten verlassen zu wollen, um Eltern und Großeltern zu sehen, oder seine Enkel zu sich zu holen, hat Deike Diening (Abo) mit diesem Stück bedacht.

Was das Jahr 2020 für Jugendliche in der ganzen Welt bedeutete, haben Corinna von Bodisco und Inga Dreyer (Abo) hier zusammengetragen.

Wochen­rätsel

Welche Gruppierung war bei der Großrazzia am Donnerstagmorgen keinesfalls involviert?
a) Abou-Chaker-Clan 
b) Berliner Unterwelten e.V.
c) Hell's Angels

Schicken Sie uns die richtige Lösung und gewinnen Sie einen Checkpott.

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Encore

Hinter unserem 12. Adventskalendertürchen befindet sich heute Sandra Eibisch, Veranstaltungsleiterin im Hotel Schloss Neuhardenberg: „Keine Hochzeiten oder Feiern und nur wenige Tagungen, das ist die Quintessenz der letzten Monate und im Moment sind Hotel und Landgasthaus Brennerei ganz geschlossen. Für die Branche ein Desaster, aber es geht immer irgendwie weiter, zunächst mit guten Ideen“, sagt sie. Eine davon: An den Adventswochenenden gibt‘s Ente to go. 

Dieser Checkpoint wurde mit der freundlichen Unterstützung von Thomas Lippold (Recherche) und Florian Schwabe (Produktion) in Ihr digitales Postfach geliefert. Am Montag begrüßt Sie an dieser Stelle Lorenz Maroldt. Kommen Sie gut (und hoffentlich shoppingfrei) durchs Wochenende!

Ihre Ann-Kathrin Hipp