Überwiegend bewölkt bei 2°C

Teil-Lockdown bis 10. Januar verlängertNoch kein Impfplan für DeutschlandKeine gute Ökobilanz für U-Bahn-Ausbau

die Pandemie werde nicht verschwinden, „bis wir wirklich einen Impfstoff haben, mit dem wir die Bevölkerung immunisieren können“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im April dieses Jahres gesagt. Knapp neun Monate später erteilt Großbritannien die weltweit erste Notzulassung. Ein Grund zur Hoffnung, wenn auch nicht zur grenzenlosen Euphorie.

Der Teil-Lockdown, das haben Bund und Länder am Mittwoch beschlossen, wird hierzulande vorerst bis zum 10. Januar verlängert. „Überbordende“ Impfstoffmengen sind im ersten Vierteljahr 2021 nicht zu erwarten. Dazu nochmal Merkel: „Wir müssen durch den Winter durchkommen“ – auch wenn der gerade grau in grau ist.

Einen konkreten Plan, wer in Deutschland in welcher Reihenfolge geimpft werden soll, gibt’s bis dato noch nicht. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat den Bund aufgefordert, schnellstmöglich Regelungen – etwa für das Einladungssystem für die Betroffenen – festzulegen. Die Länder bräuchten Planungssicherheit, denn: „Das macht sich nicht von alleine.“

Was die Länder, unabhängig vom Bund, bereits jetzt alleine planen können und müssen, sind die Impfzentren. Man habe „bereits im August darauf hingewiesen, frühzeitig mit der Beschaffung entsprechenden Zubehörs zu beginnen“, heißt es in einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage von Sandra Bubendorfer-Licht (FDP). Die Bundestagsabgeordnete wollte sich erkundigen, ob ein gegenseitiges Überbieten und Hochtreiben der Preise durch eine koordinierte Beschaffung von Pflastern, Spritzen, Kanülen etc. ausgeschlossen werden kann – scheinbar nicht.

Pandemiebedingte Platzprobleme gibt es aktuell beim Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten. Weil Berlins einzige Quarantäne-Unterkunft für Geflüchtete in der Buchholzer Straße „mittlerweile stark ausgelastet“ ist – 250 Menschen sind hier untergebracht, davon 84 positiv auf Corona getestet und die anderen als Kontaktpersonen – ist die zeitnahe Inbetriebnahme eines zusätzlichen Standorts geplant.

Die Vorbereitung habe bereits vor mehreren Wochen begonnen, heißt es auf Checkpoint-Anfrage, da sich viele Geflüchtete, anders als in der ersten Welle, außerhalb der Unterkunft (Schule/Arbeit/Ausbildung) ansteckten. Die durchschnittliche Verweildauer liege bei 14 Tagen und die Fluktuation sei relativ hoch – 42 weitere Positivfälle seien zudem in ihren eigenen Unterkünften (Wohneinheiten oder Apartments) untergebracht. Sie werden vom Personal des Betreibers betreut und bekommen ihr Essen vor die Zimmertür gestellt.

Fröhliche Hotel-Weihnacht: Nach der Ankündigung des Regierenden, rund um die Feiertage Berlin- Übernachtungen „nicht-touristischer Natur“ zu ermöglichen, haben wir mal nachgehakt, wie sich die Kontrolle gestalten soll. Die Senatskanzlei hat die Anfrage mit „Bitte um Übernahme“ an die Wirtschaftsverwaltung weitergeleitet. Die Wirtschaftsverwaltung erklärt: „Für Kontrollen ist die Innenverwaltung zuständig.“

Und die Hotels selbst? Warten noch auf eine Ansage – oder auch nicht. Drei Beispiele: 1) Im Adlon müssen Gäste aktuell durch eine „Selbsterklärungsformular“ bestätigen, dass sie aus geschäftlichem Grund reisen. „Voraussichtlich wird dies auch bei den Familienbesuchen der Fall sein.“ 2) Im Ritz-Carlton werden die „Gründe für die nicht-touristischen Übernachtungen“ in der Reservierung hinterlegt.

„Für unsere Ladies & Gentlemen besteht keine Berechtigung oder Pflicht zur Prüfung der Angaben der Gäste. Unsere Ladies & Gentlemen müssen die Registrierung lediglich auf Plausibilität prüfen und dürfen bei offensichtlichen Falschangaben (z. B. Donald Duck) von unserem Hausrecht Gebrauch machen.“ 3) Im Interkontinental werden die gesetzlichen Richtlinien und Beschränkungen „selbstverständlich eingehalten“. Wie, verrät man uns leider nicht.

Die Deutsche Bahn ist mit ihren Weihnachtsplanungen deutlich weiter und hat für das hygienische „Driving Home for Christmas“ (erlaubt, aber nicht erwünscht!) ein Maßnahmenpaket geschnürt. 100 Sonderzüge sollen zwischen dem 18. und 27. Dezember eingesetzt werden, 13.000 Sitzplätze zusätzlich zur Verfügung stehen („So viele Kapazitäten wie noch nie“) und nur noch 60 Prozent der Fernverkehrssitze reservierbar sein.

Dazu kommen 4.300 Reinigungskräfte und Masken-Kontroll-Teams in 50 Prozent der Züge. 650 Desinfektionsspender. 25.000 Ansagen an Bahnhöfen. 6.500 Plakate. 500 Monitore. Und 230.000 Aufkleber! Weihnachten macht’s möglich.

An dieser Stelle der Hinweis für alle, die über Mietautos als Alternative nachdenken: „Noch“ ist die Verfügbarkeit dem Vergleichportal Check24 zufolge in Berlin hoch. Es wurden allerdings bereits doppelt so viele Fahrzeuge gebucht wie im Vorjahr.

Was für’s Herz: Eine Kolonne aus Polizeimotorrädern, Streifenwagen und anderen Einsatzfahrzeugen ist am Mittwoch auf den Vorplatz des Helios Klinikums in Berlin-Buch gefahren, um mit den gemeinnützigen Vereinen Kolibri Hilfe für krebskranke Kinder Deutschland e.V. und EPCU European Police Car Unit e.V. Geschenke zu übergeben.

Unter den handgemalten Wunschzetteln der 60 Kinder, die in der Klinik gegen den Krebs kämpfen, war auch ein Bild des dreijährigen Leon, der sich eine Polizeistation mit Gefängnis ausmalte. „Natürlich ließ sich da was machen.“ Weihnachtsgeschichte Berliner Art.

Telegramm

Was ihr nicht seht (119)

Das Projekt @wasihrnichtseht macht Rassismuserfahrungen von Schwarzen sichtbar. Wir machen das durch eine Kooperation an dieser Stelle auch.

Zu wenige Schnelltests und zu wenige Masken für Pflegekräfte: Die Zahl der Corona-Infektionen in Berliner Altenheimen hat sich binnen zwei Wochen verdoppelt. Die Opposition fordert jetzt eine Sondersitzung des Gesundheitsausschusses.

Österreich schlittert in die Skisaison. Pisten und Lifte sollen vom 24. Dezember an öffnen. Für Einreisende aus Ü-100-Inzidenz-Ländern gilt allerdings eine 10-tägige Quarantänepflicht. In der EU betrifft das alle außer Irland (83,8).

Viele Internetjahre (und eine Pandemie) hat es gebraucht, jetzt ist es endlich so weit: Am Dienstagabend hat sich auf Einladung von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) der Landesbeirat Digitalisierung konstituiert, um eine „umfängliche Strategie der Schule in der digitalen Welt“ auszuarbeiten. Der Auftakt erfolgte via Videokonferenz. Vielleicht ja ein gutes Zeichen.

Online geht’s weiter: Berlins Bezirksverordnetenversammlungen könnten coronabedingt bald digital stattfinden. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes soll am Dienstag im Senat und später im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Allein die technische Voraussetzung für rechtssichere Abstimmungen fehlt. Also das Wesentliche.

Berlins Jugendarbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent gestiegen. In keinem anderen Bundesland sind so viele 15- bis 25-Jährige ohne Job (17.791 Personen). Die Pandemie habe viele Ausbildungsplätze zerstört, Jobmessen hätten nicht stattgefunden und viele kleinere Hilfsjobs seien weggefallen, sagt Holger Seibert von der Bundesagentur für Arbeit. Corona-Plus – aber als Minuspunkt.

Keine gute Bilanz: Einer aktuellen Studie zufolge bräuchten alle in Berlin diskutierten U-Bahn-Verlängerungen mehr als 100 Jahre, bis sie sich ökologisch lohnen. Hauptprobleme sind die extrem CO2-intensive Zementherstellung und der Bedarf an Stahl.

Berlins Abgeordnetenhaus arbeitet aktuell am „Ersten Gesetz zur Änderung des Mobilitätsgesetzes, Teil Fußverkehr“. Darin ein Vorschlag der Koalition (Paragraph 22 (3)): „Während aller Baumaßnahmen (…) sollen Beschränkungen des verfügbaren Straßenraums nicht zu Lasten des Umweltverbundes erfolgen.“ Dazu der FDP-Änderungsantrag: „Während aller Baumaßnahmen (…) sollen Beschränkungen des verfügbaren Straßenraums möglichst nicht zu Lasten des Umweltverbundes erfolgen.“ Dazu der CDU-Änderungsantrag: „Während aller Baumaßnahmen (…) sollen Beschränkungen des verfügbaren Straßenraums möglichst nicht zu (sic!)“. Für die letzten vier Worte hat die Copy-Paste-Taste wohl nicht mehr gereicht.

„Von der Elefantenpressemitteilung zur Mückenmeldung“ – die Geschichte: Das Bezirksamt verkündet „Berlins größte Kita bald in Lichtenberg.“ Senatsverwaltung und Volkssolidarität prüfen auf Anfrage des Kollegen Robert Klages nochmal nach und stellen fest: doch nur die zwölftgrößte. Knapp daneben, aber vorbei.

An dieser Stelle noch ein Service-Hinweis für alle JournalistInnen, die irgendwann mal eine Presseanfrage an easyJet stellen wollen… Den Kontakt findet man so: Webseite öffnen, auf „Englisch“ umstellen, runter scrollen, unter „About easyJet“ auf „Company Information“, dann auf „Contacts“ – da sind alle AnsprechpartnerInnen nach Ländern aufgelistet. Eine Info gab’s dann auch noch: Die Airline baut pandemiebedingt 418 Arbeitsplätze ab. Weil das freiwillige Abfindungsprogramm nicht ausreichend in Anspruch genommen wurde, wurden vergangene Woche Kündigungen verschickt – professionell personalisiert.

Kein Anschluss unter Berlin: „Bei meiner allmorgendlichen Checkpoint-Lektüre bin ich heute über die Meldung gestolpert, dass der Handyempfang in Berlin so toll sei. Leider konnte ich diese Nachricht fast nicht lesen, da ich im gefühlt einzigen Funkloch von Berlin lebe. Meine WG geht zum Telefonieren immer auf den Balkon, einzig dort ist unregelmäßig Empfang vorhanden“, schreibt Checkpoint-Leser Felix K. Wohnort: direkt neben der Berliner Außenstelle der Bundesnetzagentur.

Ganz anderes Thema: Liebe! In Berlin fällt die gefühlt seltener irgendwo hin als im Rest der Bundesrepublik. Die Online-Community „berlinerSingles“ hat ihre Mitglieder dazu befragt. Das (nicht-repräsentative) Ergebnis: Vier Prozent finden die Partnersuche in der Hauptstadt einfach, 30 Prozent „fast unmöglich“ und 63 Prozent gehen davon aus, dass sich die Leute nicht mehr fest an einen Partner binden wollen. Aber (!): Auf dem Land läuft’s scheinbar auch nicht besser. 58 Prozent der Befragten glauben, dass sich die Suche dort nicht einfacher gestaltet. Die Begründung: zu wenige potenzielle Partner.

Sonst noch was? Achja, die AfD Nordrhein-Westfalen hat zu einer Veranstaltung mit einem gewissen Bernd Höcke eingeladen. Müssen Sie aber nicht kennen.

Zitat

„Es erscheint lebensfern, dass ein gerade volljähriger junger Mann ernsthaft den Wunsch verfolgen könnte, ein Einfamilienhaus am Stadtrand von Berlin zu erwerben.“

Kammergericht Berlin zum Villa-Kauf des Remmo-Clans (die ganze Geschichte lesen Sie hier mit T+)

 

Tweet des Tages

Hier, eine Wohnung, wir wollen Sie vermieten. Hier ein Bild von draußen und eins aus dem Treppenhaus. Wir erwarten Ihre AUSFÜHRLICHE Bewerbung inklusive Stammbaum und Grundschulzeugnisse per E-Mail.

@uedio

Stadtleben

Essen to go  – Berlin wäre nicht Berlin, wenn nicht spätestens am Donnerstag die Wochenendplanung begänne. Der Weihnachtsmarkt im klassischen Sinne fällt dieses Jahr aus, darum geht es auf einen Weihnachts-Walk der anderen Art. Im zum „Schmankerlmarkt“ umfunktionierten Horváth gibt es Langosch und Glühwein, im benachbarten Restaurant Volt Blutwurstravioli und Glühwein, und im Gault&Millau-ausgezeichneten Restaurant Tulus Lotrek Reibekuchen mit Kaviar... und Glühwein. Ein Euro pro Becher geht an diesen drei Orten an die Berliner Tafel, die mit den Spenden die Berliner Kältehilfe finanziert. Am Samstag um 14 Uhr geht's los.

Das ganze Stadtleben gibt's mit Tagesspiegel-Plus-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Titus Molkenbur (30): „Lieblingssohn, bester Bruder, tollster Freund, Kämpfer für Humanität und Gerechtigkeit, Alles Liebe zum runden Geburtstag!“ / Simone Peter (55), ehem. Grünen-Politikerin, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie / „Meinem guten Freund Ulrich Phillip zum 69. die besten Glückwünsche“ / „Rockige Glückwünsche für Jutta Schober und liebe Grüße T + 3 x M“ / Katarina Witt (55), Eiskunstläuferin

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestorben – Hans Joachim Ernst, Ehrenvorsitzender des Landschaftspflegeverbandes Spandau und Landwirtschaftsrichter / Hartmut Herrmann, * 22. August 1936, vors. Richter am Verwaltungsgericht Berlin i.R. / Prof. Dipl.-Ing. Ernst-Peter Meyer, * 6. Juni 1934 / Geert Müller-Gerbes, * 18. September 1937 / Harald Schlierike, * 2. Januar 1951, Evangelische Schule Steglitz / Jürgen Stephan, * 28. Juni 1939

Stolperstein – Arthur und Gertrud Lewy, beide gebürtige Polen, lebten in der Markgraf-Albrecht-Straße 15, bevor sie sich am 30. Oktober 1941 im Sammellager für zur Deportation vorgesehene Juden in der Synagoge an der Levetzowstraße registrieren lassen mussten. Nur zwei Tage später wurden sie in das Ghetto Łódź deportiert, wo sie heute vor 79 Jahren ermordet wurden.

Encore

Zum Schluss werfen wir in unserem Adventskalender wieder einen Blick hinter Berlins geschlossene Türchen. Marike K. Langhorst, Studienreiseleiterin aus Zehlendorf, hat coronabedingt den Brandenburg-Blog „Reisefrequenzen gestartet. Motto: Nah ist‘s auch schön. „Das ist so ein bisschen mein nichtkommerzielles, beschäftigungstherapeutisches Projekt. Man muss ja zur Zeit nicht auf Biegen und Brechen weit weg fahren und für Berliner sind das schöne Anregungen, die gut zu erreichen sind.“ Es kann so einfach sein.

Den heutigen Checkpoint aus dem Homeoffice bereichert haben Vivien Krüger (Recherche), Juliane Reichert (Stadtleben) und Kathrin Maurer (Produktion). Morgen übernimmt Lorenz Maroldt! Kommen Sie gut durch den Tag,

Ihre Ann-Kathrin Hipp

Berlin braucht guten Journalismus!

Finden Sie auch? Unterstützen Sie uns!
JETZT GRATISMONAT STARTEN

Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

Das finden Sie gut? Dann unterstützen Sie uns mit dem neuen Tagesspiegel Plus-Abo! Für 14,99 € im Monat erhalten Sie den ungekürzten Checkpoint-Newsletter, den Checkpoint am Wochenende und das Beste vom Tagesspiegel im Web und in der App. Und Sie ermöglichen uns, auch weiterhin vor Ort zu sein, genau hinzuschauen und unabhängig zu bleiben. Die Anmeldung dauert nur eine Minute. Wir würden uns freuen!