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Städtische Wohnungsgesellschaft wirbt für AirBnB Bezirke empört über Kürzungen bei der Schulbauoffensive 17 „invasive Arten“ leben in Berlin

diese Grüße haben wir heute aus schönen Venedig erhalten: „direkt neben Harrys Bar, ist die versteckt gelegene Terrasse vom Restaurant Ombra del Leone mit wunderbarem Blick, noch ein kleiner Geheimtipp, und gibt die Muse zum Checkpoint lesen. Tanti saluti von Eleonora & Bernd Gasser
PS (Spritz 5 Euro).“
 

Foto Bernd Gasser (Venedig)

Beach, Berge oder Balkonien – nehmen Sie uns mit! An dieser Stelle zeigen wir während der Sommerferien, wo Sie gerade den Checkpoint lesen. Schicken Sie uns ein Foto mit einem Satz zum Urlaubsort an checkpoint@tagesspiegel.de

Nacht für Nacht wird Berlin dunkler – auch das Rote Rathaus erstrahlt nicht mehr. An 200 öffentlichen Gebäude lässt der Senat wegen der Energiekrise das Licht ausknipsen, Ersparnis pro Kalendertag: 110 Euro – insgesamt. Checkpoint-LeserHelmut Bien schreibt dazu: „Wieviel schneller kämen 110 Euro zustande, wenn auf jedem Tresen eine Lichtspendierdose in Birnen-Design stände wie früher für die Rettung Schiffbrüchiger.“

Aber das 80er-Jahre-Feeling (die Älteren erinnern sich dunkel) scheint auch als Symbol gut anzukommen: Bei unserer Umfrage am vergangenen Sonntag stimmten mehr als 62 % von Ihnen dafür, die Nacht-Beleuchtung von Berlins Wahrzeichen auszuschalten, weitere 15 % zeigten sich dafür offen. Und auch privat scheint das Energiesparen angenommen zu werden: Mehr als 89 % gaben an, sich daran zu beteiligen. Die Lieblingsmaßnahmen: Kürzer duschen (69 %), weniger Auto fahren (55 %), beim Kochen die Restwärme nutzen (38 %). Und immerhin 37 % erklärten, weniger zu heizen – hm, war’s etwa deshalb in der vergangenen Nacht plötzlich draußen so frisch?

Punkt 22 Uhr erlosch gestern auch die Beleuchtung einer der größten Reklameflächen der Stadt – das riesige Banner der Ferienwohnungsplattform AirBnB an der Leipziger Straße Ecke Fischerinsel war dennoch selbst von weitem zu erkennen. Pikant ist allerdings vor allem, was hinter der Fassade steckt: Es ist ein großes Neubauprojekt der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte. Und das wirft dann doch einige Fragen auf. Hatte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel dem Portal nicht einst vorgeworfen, „zum großen Teil rechtswidrig“ zu handeln? Hält der Senat AirBnB nicht für mitverantwortlich für die Wohnungsnot und steigende Mieten? Warum überlässt Berlin dem erklärten Gegner der staatlichen Mietenpolitik dann ausgerechnet eine landeseigene Wohnungsbaustelle zur Werbung?

Mitte-Bürgermeister Stephan von Dassel sagte uns gestern dazu, dass die Gerüstwerbung laut Bauordnung für sechs Monate genehmigt werden musste – einen Einfluss auf den Inhalt habe der Bezirk nicht, aber:

Grundsätzlich sieht das Bezirksamt das Geschäftsmodell von AirBnB kritisch, insbesondere weil sich das Unternehmen nachweislich nicht an die Regeln des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes hält. So werden immer noch Wohnungen annonciert, die über keine Registriernummern verfügen – von allen anderen Problemen, die das Unternehmen verursacht, einmal ganz abgesehen. Insofern bin ich über die Werbung überhaupt nicht glücklich, da aber die Werbefläche an sich regulär genehmigt wurde bzw. werden musste und es sich weder um sittenwidrige Werbung handelt noch um Werbung für ein illegales Unternehmen, sehen wir keine Möglichkeit, gegen die Werbung vorzugehen bzw. bei der WBM auf – wahrscheinlich kostenpflichtige – Rückabwicklung des Vertrages zu drängen. Wir wünschen uns aber von den landeseigenen Unternehmen Sensibilität bei der Auswahl von Werbung an ihren Baugerüsten.“

Wir haben auch die WBM um eine Stellungnahme gebeten, hier die Antwort von Pressesprecher Matthias Borowski:

Für die Plakatwerbung haben wir eine Werbefirma beauftragt. Für die Werbeaushänge sind Genehmigungen erforderlich, diese wurden vom zuständigen Bezirksamt erteilt. Das Geschäftsmodell von AirBnB steht in keinem Zusammenhang mit unserem Neubauvorhaben und der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auf der Fischerinsel. Wir tolerieren nicht, dass Mietwohnungen auf Dauer dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt entzogen werden. Mit der beauftragten Werbeagentur, die für die Umsetzung und Auswahl verantwortlich ist, befinden wir uns über das aktuelle Motiv im Austausch. Bereits jetzt werden in unseren Werbeflächenverträgen bestimmte Inhalte ausgeschlossen. Selbstverständlich werden wir den aktuellen Vorgang reflektieren und zukünftig den Ausschluss um weitere Inhalte erweitern.“

Berliner Corona-Testzentrenbetreiber warten teils seit Monaten auf die Auszahlung von Millionenbeträgen durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) – die Unterlagen sollen erst noch von einem Inkassobüro geprüft werden. Doch jetzt stellt sich heraus: Die Abrechnungen müssen einzeln ausgedruckt und nach Kiel gebracht werden – eine digitale Abrechnung ist angeblich nicht möglich. Da kommen pro Testcenter schnell tausende Seiten zusammen. Auf eine Erklärung der KV wartete der Checkpoint gestern vergebens – vielleicht muss ja auch unsere Mail erst ausgedruckt oder (falls die Patrone alle ist) zur weiteren Bearbeitung und Archivierung im Pappdeckelordner abgeschrieben werden.

Die Bezirke sind empört über die Kürzungen bei der Schulbauoffensive – der Spandauer Bildungsstadtrat Frank Bewig hat seinem Ärger gestern in einem Brief an Finanzstaatssekretärin Barbo Dreher sowie deren Kollegen Alexander Slotty (Bildung) und Christian Gaebler (Stadtentwicklung) Luft gemacht (liegt dem Checkpoint vor). Hier ein Auszug:

Das Bedarfsprogramm ist bereits erstellt und zur Prüfung eingereicht worden (August 2020, seit nunmehr fast zwei Jahren!). Dass diese langwierigen Arbeiten und Bestrebungen angesichts belastbar geglaubter Aussagen zur Umsetzung und Finanzierung der Standorte nun obsolet sein sollen, empfinde ich als äußerst misslich und verwahre mich gegen die Nachteile bringende Akzeptanz dieser getroffenen Entscheidung. Nach meinem Dafürhalten gerät durch solche Entscheidungen und Verfahrensweisen ebenfalls die Glaubhaftigkeit meines Amtes und die gute und offene Kommunikation mit den betroffenen Schulen, die im Rahmen der kürzlich aufgekommenen neuen Problemlagen (Corona, Ukraine-Krieg) immer wieder sehr kompromissbereit sind, in Gefahr.“

Anfang der Woche hatte die Bildungsverwaltung den Bezirken offiziell mitgeteilt, dass bestimmte Vergabefahren beendet wurden und nicht erneuert werden können, „da derzeit keine finanziellen Mittel vorhanden sind“.

Dazu der Blick in den Regierungsvertrag (S. 110):

Die Koalition wird die Berliner Schulbauoffensive fortführen. Holzbau soll dabei verstärkt zum Einsatz.“

Tja, sehr verdächtig – für das Wort „kommen“ hatte es ja da schon nicht mehr gereicht.

Telegramm

The New Unknown – Navigating Zeitenwende“ lautet der etwas spacige Titel der Veranstaltung „Q Berlin 2022“ von Visit Berlin. Hm, da sind doch nicht etwa bewusstseinserweiternde Drogen im Spiel? In der Einladungs-Mail heißt es jedenfalls: „Die Konferenz ist einem breiten Publikum zugänglich.“ Also nüchtern betrachtet… könnte das so ziemlich alles bedeuten.

Was macht eigentlich Ex-Senator Thilo Sarrazin (77, inzwischen parteilos)? Na klar – er hat mal wieder ein Buch geschrieben: Diesmal geht’s um „Irrtümer und Illusionen ideologischen Denkens“. Bei der Präsentation am 22. August im Haus der Bundespressekonferenz spielt als Vorband übrigens Uwe Tellkamp.

Apropos Irrtümer: „Deutschland schafft sich ab“, hatte Sarrazin 2010 orakelt – aber bisher halten wir dem Ansturm „invasiver Arten“ tapfer stand. In Berlin hat der Senat immerhin 17 verschiedene Zuwanderertypen registriert – hier sind sie: der Riesenbärenklau, der Götterbaum, das Drüsige Springkraut, die Gewöhnliche Seidenpflanze, die Schmalblättrige Wasserpest, die Chinesische Wollhandkrabbe, der Amerikanische Flusskrebs, der Rote Amerikanische Sumpfkrebs, der Marmorkrebs, die Fischarten Blaubandbärbling und Sonnenbarsch, die Nilgans, die Säugetierarten Nutria, Waschbär, Bisam und der Marderhund sowie die Buchstaben-Schmuckschildkröte.

Haben Sie Erfahrung mit der Aufbewahrung beschlagnahmter Leichen? Na, vielleicht schauen Sie mal in Ihrem Keller nach. Die Polizei sucht jedenfalls gerade dafür (und für die „beweissichere Überführung“) Spezialisten. Umfang des Auftrags (Laufzeit sechs Monate): ca. 600. Aber Achtung: „Die genannte Anzahl stellt einen ermittelten Richtwert dar und dient lediglich der Orientierung. Sie begründet keinen Anspruch.“ Tja, in Berlin ist eben einfach auf nichts mehr Verlass.

Apropos Friedhofsruhe: Die Junge Union möchte, dass unsere Parkanlagen nicht von saufenden Jugendlichen gestürmt werden, sondern „als Ruhestätte“ dienen. Der Landesvorsitzende Alexander Meyer hält deshalb ein Alkoholverbot für angemessen, wie er dem Checkpoint gestern sagte – aber nur auf den Rasenflächen, „da sonst viele ruhige Spaziergänger und Rastende an der Spree mit ihrem typischen ‚Wegbier‘ oder ‚Abendbier‘ auf der Promenade oder den an den Park grenzenden Steinen, ohne zu stören, in Generalhaftung genommen würden.“

Heute Abend patrouilliert übrigens das Ordnungsamt des Bezirks Mitte das Alkoholverbot im James-Simon-Park. Falls Sie erwischt werden wollen: Die Kontrolleure arbeiten hier von 22 bis 23.30 Uhr (und falls Sie heute schon etwas anderes vorhaben: Am Sonnabend gibt’s eine Wiederholung – natürlich zur gleichen Zeit).

36 Grad – wird es noch heißer?“, möchte der Abgeordnete Niklas Schenker vom Senat wissen. Es antwortet Staatssekretär Christian Gaebler: „Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann.“

Nachtrag zur Meldung „Goodbye Daniel“ (CP von gestern): „Stinksauer“ ist die Künstleragentur von Daniel Brühl über einen „Bunte“-Bericht, demzufolge der Schauspieler mitsamt seiner Familie Berlin verlassen hat und nach Spanien umgezogen ist. Neueste Variante: Brühl will nach Berlin zur Arbeit „pendeln“. Offenbar hat er noch einen Koffer am BER.

Behördle #15

Zitat

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf lässt sich nicht so zuverlässig planen wie die Elternzeit.“

Claudia Große-Leege begründet im Tagesspiegel ihren Rückzug als Geschäftsführerin des VBKI.

 

Tweet des Tages

Fotos twittern von neu gestalteten Innenstadt-Plätzen wo Bäume und Schatten fehlen ist das neue Fotos twittern von Leuten im Zug wo die Nase aus der Maske guckt.

@larsweisbrod

Stadtleben

Essen& Trinken – Wer schon aus dem Urlaub zurück ist oder sich noch ein bisschen gedulden muss, bis es so weit ist, dem sei ein süditalienischer Feierabend auf der Goltzstraße ans Herz gelegt. Schon im Winter gilt es als Wohnzimmer Schönebergs. Im Sommer verlagert sich das Geschehen auf die Straßen, bis keiner mehr eine andere Wahl hat, als sich dazuzugesellen. Wer das Glück hat, einen Tisch zu kriegen, der setzt sich mit einem Aperol Spritz und einer Focaccia auf die Straße vor das „caramia“. Im winzigen Laden mit ausgezeichneter Weinkarte gibt es köstliche Antipasti, Focaccia und Pasta aus Süditalien zur Selbstbedienung. Von Walnuss mit Gorgonzola über Champignons, Rucola und Aubergine ist für jeden die passende Focaccia dabei. Mit ein bisschen Glück singt der Besitzer beim Tische abräumen noch ein Ständchen auf Italienisch. Di-Sa 12-22 Uhr, Goltzstraße 32, U-Bhf Nollendorfplatz.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Micaela Jary (66), Schriftstellerin / „Oliver Koch (48), Schauspieler, Lebenskünstler, Sohn. Liebe Grüße von Deinem Papa.“ / „Eva Lessing, freundliche Marienfelderin“ / Sten Nadolny (80), Schriftsteller / „Lieber Ulrich Tukur, alles Gute zum 65.! Erfreuen Sie uns bitte mit Kurzgeschichten über Berlin und schon haben Sie die Stadt und uns in der Hand. Prosit, eine Wahlberlinerin“ / Klaus Töpfer (84), Politiker (CDU)

Sonnabend  Nikolai Kinski (46), Schauspieler / Irene Ruttmann (89), Schriftstellerin / Ingo Schmitt (65), Jurist und ehemaliger Landesvorsitzender der CDU / Luke Sikma (33), Basketballspieler bei Alba Berlin

Sonntag –  Heinz Buschkowsky (74), ehem. SPD-Bezirksbürgermeister von Neukölln / Joachim Deutschland (42), Sänger und Musiker / Beatrice Manowski (54), Schauspielerin /  Hartmut Mehdorn (80), ehem. BER-Flughafenchef / Harald Moritz (65), ehem. Mitglied im AGH für die Grünen / Cees Nooteboom (89), Schriftsteller und Journalist /Caspar Schwietering, Background-Redakteur beim Tagesspiegel, hoch soll er leben! Es gratuliert das ganze Checkpoint-Team! / „Lieber Uwe, der Grenzübergang Heinrich-Heine war die erste Begegnungsstätte. Hoch emotional. Herzlichen Glückwunsch Achim Melchior“ / Gustav Peter Wöhler (66), Schauspieler

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Andreas Hoffmann, *1959 / Immo Krawczyk, * 15. Mai 1945 / Michael Senger, * 5. Oktober 1946

Stolperstein – Martin Brieger (* 1879 in Wałbrzych / Waldenburg) war ab dem 14. Juni 1940 im KZ Buchenwald inhaftiert. Wenige Wochen später – heute vor 82 Jahren – wurde er dort ermordet. An seinem ehemaligen Wohnort in der Dieffenbachstraße 49 in Kreuzberg liegt zu seinem Gedenken ein Stolperstein.

Encore

An dieser Stelle gibt’s in den Sommerferien jeden Tag einen Neun-Euro-Ticket-Tipp für Kurzentschlossene. Alles, was Sie tun müssen, ist: den Checkpoint lesen, um 9 Uhr am Hauptbahnhof stehen und losfahren. Heute zum Beispiel geht es nach N... Und zum Probe-Abo hier entlang.

Und das war’s dann für heute – mitrecherchiert hat Joana Voss, die Frühproduktion lag in den Händen von Lionel Kreglinger. Morgen früh begrüßt Sie hier Thomas Wochnik mit den besten Tipps für ein gelungenes Wochenende. Bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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