Der Teppich ist rot, der Schal ist es nicht. Mit diesen beiden Erkenntnissen ist die 68. Berlinale gestern Abend eröffnet worden, diesmal mit Wau-Effekt, ansonsten aber ohne besondere Vorkommnisse. Aufgrund der Debatten über Sexismus und sexuelle Übergriffe in der Filmbranche hatte eine Initiative gefordert, den Teppich schwarz zu färben, eine von vielen Vorschlägen dieser Tage. Da hat die Berlinale nicht mitgemacht, Festival-Direktor Dieter Kosslick ließ aber zumindest den roten Schal weg, der sonst ebenso unbedingt dazu gehört wie Tilda Swinton, die aber zum Glück trotzdem gekommen ist. Auch wenn der Eröffnungsfilm zum ersten Mal ein Animationsfilm war („Isle of Dogs“ von Wes Anderson, Tsp-Urteil: „Überzeugt mit Charme und Splatter“), war die Angst vorm Promi-Mangel völlig unbegründet: Bill Murray, Jeff Goldblum, sogar Helen Mirren reiste überraschend an, eine der wenigen, die gestern nicht hochgeschlossen kamen.
Auch das darf durchaus als Statement verstanden werden in einer Zeit, in der ohnehin alles politisch ist. Apropos: Michael Müller war natürlich auch da und musste erstmal einen Seitenhieb von Moderatorin Anke Engelke parieren: „In Zeiten des Exzesses und der Ausschweifungen ist es gut, einen Mann an der Spitze zu wissen, der dieser Dinge überhaupt nicht verdächtig ist.“ Reaktion des Regierenden: „Ich werde mal wieder unterschätzt.“ Na, da dürfen wir uns ja auf die nächste Folge SPD freuen, diesmal: 16 Prozent (aktueller ARD-Deutschlandtrend), der Ausweg aus der Volkspartei.
Aber das ist sicher alles nur Fiktion
In seiner Eröffnungsrede hat Müller jedenfalls geschickt in wenigen Sätzen alles abgeräumt, was gerade so rumschwirrt: Filmstadt Berlin, Zirkeltag, Flüchtlingskrise, Populismus, Nationalismus, ja und auch MeToo: „Es geht vor allem darum, die Grenzen des Gegenübers ganz selbstverständlich zu respektieren und nicht gewaltsam zu verletzen.“ Das sollte doch zu schaffen sein.