Es ist arg kalt geworden in Berlin, und das bleibt auch erst mal so. Für die mit Gas beheizte Mehrheit der Berliner Wohnungen gibt’s eine gute Nachricht und eine schlechte. Die gute: Laut Bundesnetzagentur sind die Gasspeicher in Deutschland zu 97 Prozent gefüllt, was Heizlüfter-Hamsterei erübrigt. Die schlechte: Gas ist im Großhandel wieder etwas teurer geworden und wird es zum Jahreswechsel erneut, wenn die Ermäßigung der Mehrwertsteuer ausläuft. Dass die Berliner sparen, zeigt die Bilanz der Netzgesellschaft NBB: Von Juni bis September verbrauchten sie (wetterbereinigt) fünf Prozent weniger Gas als im Sommer davor und 17 Prozent weniger als 2021, vor Russlands Überfall auf die Ukraine. Für jene, die kein beheiztes Obdach haben, starten manche Hilfsangebote erst im November, aber das Telefon der Kältehilfe ist schon jetzt besetzt: 030-34 39 71 40 (19 bis 23 Uhr).
Durch das von Kfz-Senatorin Manja Schreiner (CDU) veranlasste Radwegemoratorium ist zwar bisher kein Bundesgeld verfallen (CP von Freitag), aber die Folgen sind spürbar, wie mehrere Bezirksämter auf CP-Anfrage mitteilen: Weil die Verwaltungsspitze die Radwegpläne für Katzbach- und Dudenstraße noch immer nicht freigegeben habe, sei deren Umsetzung – nach Bauarbeiten der Wasserbetriebe für 2024 geplant – in Gefahr, heißt es aus Friedrichshain-Kreuzberg. Außerdem sei wegen der Verzögerung in anderen Bezirken das Radverkehrsbudget der Senatsverwaltung „so stark mit laufenden Projekten vorbelastet, dass die Finanzierung der Umsetzung unserer Projekte im nächsten Jahr stark gefährdet ist“.
In Schöneberg musste der Radweg an der Grunewaldstraße auf 2024 verschoben werden. In Moabit ergaben sich für den Radweg an der Beusselstraße mehrere Monate Verzögerung und „sehr viel erneuter Abstimmungsbedarf mit der Senatsverwaltung“. In Charlottenburg seien beim Bau der „Opernroute Nord“ zwei Monate verschenkt worden und die Verstetigung der Pop-Up-Spuren in der Kantstraße blockiert. Zurzeit ruhen die Arbeiten dort auch wegen des Ausweichverkehrs seit dem Rohrbruch am Kaiserdamm.
Laut „Berliner Morgenpost“ bekommt Schreiner auch aus der eigenen Verwaltung massiv Contra: Ihre Behauptung, dass die seit Jahrzehnten geplante Straßenbahnstrecke in der Leipziger Straße den Autoverkehr dort „komplett zum Erliegen“ brächte, „ist falsch“, stehe in einem internen Vermerk. „Die umfassenden Gutachten kommen hier zu anderen Ergebnissen.“ Eine Klatsche von ihren Fachleuten kassiert Schreiner laut dem Bericht auch für ihre Behauptung, Prämisse für die Tram sei die Verlängerung der Stadtautobahn durch Friedrichshain, weil dann der Verkehr in der Leipziger Straße zurückgehe: Die Sache werde noch geprüft, „insofern sind auch diesbezügliche Stellungnahmen derzeit fachlich nicht ableitbar“.
Vielleicht wird die Lage für Schreiner komfortabler, wenn sie wie geplant eine fachfremde CDU-Frau als Leiterin ihrer Mobilitätsabteilung installiert – falls sie damit durchkommt. Nach dem Bericht über die Klage eines unterlegenen Bewerbers im CP am Donnerstag hat sich einer von denen gemeldet, die sich nach der Umformulierung des Ausschreibungstextes nicht erneut beworben hatten. „Es war danach klar, dass es eine fingierte Ausschreibung ist“, sagte der Interessent, der im Unterschied zur Auserkorenen sowohl die Berliner Verkehrspolitik als auch die Tücken der zweistufigen Verwaltung bestens kennt. „Verwaltungsleute erkennen an den Formulierungen sehr genau, ob wirklich jemand gesucht wird oder ob sie schon jemanden haben.“ Er bedaure die Anpassung des Textes für Schreiners Wunschkandidatin sehr, „weil die Stelle für Berlin so immens wichtig ist“.
Der ehemalige Regiermeister Klaus Wowereit (SPD) hat sich zum 70. Geburtstag mehr Anerkennung für die Arbeit von Politiker:innen gewünscht. Auf einem Empfang der Berliner SPD im ehemaligen THF-Tower am Sonntag sagte er: „Wenn dann mal ein Zustand erreicht wird, in dem auch die Bevölkerung erkennt, dass Politikerinnen und Politiker nicht nur irgendwelche Deppen sind, die sich selbst bereichern wollen, sondern dass die viel, viel Zeit und Kraft investieren, damit es uns allen besser geht, dann wäre auch mal was erreicht.“ Franziska Giffey pries Wowereits Errungenschaften und merkte an: „Wenn ich mit dir durch die Stadt gehe, dann stelle ich fest: einmal Bürgermeister, immer Bürgermeister. Das geht uns ein bisschen beiden so.“ Aber nicht allen.
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Wer in eine fremde Stadt zieht, lässt die gewohnte Umgebung und viele Freunde hinter sich. Zehn Tipps für Studierende, um zum Semesterbeginn neue Kontakte zu knüpfen.
Telegramm
Der Polizeibericht vom Wochenende, eine Woche nach dem Überfall auf Israel in Berlin aus polizeilicher Sicht: Davidsterne an Häuser mit jüdischen Bewohnern geschmiert, Brandstiftungen in auffälliger Nähe zu antiisraelischen Parolen, mehrere verbotene Kundgebungen mit hunderten Teilnehmern in Neukölln und mitten in der City inkl. Jubel über das Massaker, Schändung einer israelischen Fahne. „Hass gegen Israel hat in Berlin keinen Platz“, stellte Regiermeister Kai Wegner (CDU) am Sonntag nochmals klar. Allerdings quillt der Hass gerade aus so vielen Ritzen, dass die Polizei kaum nachkommt.
Mit Beginn der neuen Woche dürfte es auch an vielen Schulen wieder hoch hergehen. Die Meinungen über das von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) erlassene Verbot palästinensischer Symbole gehen auseinander: SPD-Bildungspolitiker und der Landesschülerausschuss halten die Vorgabe für übertrieben, während Landeselternsprecher und Schulleiter die Option richtig finden, sofern sie mit Augenmaß genutzt wird.
Nachdem im „ND-Haus“ in Friedrichshain der Terror der Hamas gepriesen wurde, erwägen mehrere dort ansässige Vereine, aus dem Gebäude wegzuziehen. „Gaza hat seine Gefängnismauern gesprengt“, heißt es in der Abschlussresolution des „Kommunistischen Kongresses“ von jenem Tag, als die monströsen Verbrechen der Hamas-Terroristen bekannt wurden. Die Vereine „Berliner Ratschlag für Demokratie“ und „Gesicht zeigen“ distanzierten sich scharf. Wem es hilft, wenn sie das Feld für die radikalen räumen sollten, ist eine andere Frage.
Keine 100 Kilometer liegen zwischen Polen und Berlin, gefühlt leider deutlich mehr. Nach der Wahl am Sonntag könnte diese mentale Distanz endlich schrumpfen: Den Prognosen zufolge ist eine Mehrheit gegen die EU- und deutschlandfeindliche PiS-Regierung realistisch. In Berlin standen Pol:innen teils stundenlang vor den Wahllokalen an.
110 ist Chiffre für Alarm. Zurecht, denn nur 110 Stunden im Durchschnitt war jeder der 56 Handlaser der Polizei im vergangenen Jahr bei Geschwindigkeitskontrollen im Einsatz – und zwar inklusive An- und Abfahrt. Mit anderen Worten: 8650 von 8760 Stunden des Jahres lagen die Geräte ungenutzt herum. Die Bilanz für die Radarwagen ist kaum besser und hat sich im Langzeitvergleich ebenfalls noch verschlechtert; mehr dazu hier (T+).
Die Grünen wollen im heute tagenden Innenausschuss die Installation weiterer 50 stationärer Blitzer beantragen – zusätzlich zu den von noch von Rot-Grün-Rot beschlossenen 60 Stück und insbesondere für bekannte Raserstrecken. Zweimal 7,5 Mio. Euro für den nächsten Doppelhaushalt will die Fraktion dafür bereitstellen lassen. Parallel fordern die Grünen die personelle und technische Aufrüstung der Bußgeldstelle. Verkehrspolitikerin Antje Kapek sprach am Sonntag von „Win-win-Investitionen“, durch die das Land mehr Geld einnähme und Menschenleben gerettet würden.
Wenn gutes Rad teuer ist, dürfte Riesenrad sauteuer werden. Die Grün Berlin GmbH hat die Wiederbelebung des Spreepark-Wahrzeichens bis 2026 ausgeschrieben, das 1989 kurz vor der finalen Havarie der DDR in Betrieb gegangen und damals das größte seiner Art in Europa war. Wie das Rad nach dem Neustart aussehen könnte, sehen Sie hier.
Die Flughafengesellschaft verstößt aus Sicht der Berliner Tierschutzbeauftragten Kathrin Herrmann systematisch gegen Tierschutzrecht, weil an der Glasfassade des BER massenhaft Vögel sterben – teils sofort, teils qualvoll an ihren Verletzungen. Bis zu 30 Kadaver seien pro Tag entdeckt worden und das Problem seit 2012 (BER-Eröffnungsversuch; die Älteren erinnern sich) bekannt. Die Flughafengesellschaft erklärt auf CP-Anfrage, alle ihre Gebäude „entsprechen den Baugenehmigungen“; das Phänomen gebe es weltweit, am BER seien „bereits neuralgische Glasflächen mit Folien ausgerüstet“, was geholfen habe. Weitere Maßnahmen seien geplant.
Berliner Polizisten sollen künftig mit einem Virtual-Reality-System fürs wahre Berufsleben trainieren. Laut Ausschreibung soll die Technik Einsatzszenarien auf etwa 900 Quadratmetern sowie unterschiedlichste Situationen an Orten und Gebäuden zu Tages- und Nachtzeiten simulieren können. Auch die Schurken, die hier NPC heißen („Non-Player Characters“), sollen integriert werden. Klingt kompliziert, aber womöglich sind Schurken in der virtuellen Welt sogar leichter integrierbar als in der echten.
Kollege Jörn Hasselmann hat sich auf der immerwährenden Baustelle des Bahnhofs Zoo umgetan. Erkenntnis: Während Umsteiger jahrelang hässliche Umwege laufen müssen, erobert sich die Natur die abgesperrten Bereiche zurück. Gebaut wird seit 2015; zurzeit läuft bzw. schleicht die Sanierung der S-Bahn-Halle, die bis 2027 dauern soll. Danach stehen weitere, laut Bahn komplizierte Arbeiten von ungewisser Dauer an (T+).
Zitat
„Wir sind erschüttert von den brutalen Angriffen auf Israel. Unser Mitgefühl gilt den Menschen in Israel, den Opfern, ihren Familien und Freunden.“
Anzeige auf den Geldautomaten der Berliner Sparkasse bei Geldabhebungen mit israelischen Kreditkarten.
Stadtleben
Menü sichern – Im Oktober schleicht sich der Kürbis wieder vermehrt auf den Speisezettel. Das Bloom Bistro serviert das Kult-Gemüse zum Brunch: Orange und nussig wird er mit Honigkarotten, Bratkartoffeln, rotem Kopfsalat, Mais, Kürbiskernen und klassischem Honig-Senf-Dressing angerichtet. Wer hier klickt, bekommt den Gaumenschmaus visualisiert. Do-So 10.30-16.30 Uhr. Flughafenstraße 84, Neukölln, U-Bhf Boddinstraße
Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.
Kiekste
„Wer bitte geht da rein?“, fragte sich Checkpoint-Leser Frank Richter im Krankenhaus Waldfriede in Zehlendorf und schickte uns umgehend diesen schaurigen Schnappschuss. Vielen Dank! Wir freuen uns auf Ihre schaurig-schönen Fotos aus Berlin: checkpoint@tagesspiegel.de.
>Berliner Gesellschaft
Geburtstag – „Unserem italienischen Tenor Carlo ‚Tanti auguri di buon compleanno!‘ und ein tolles Konzert am 2. Dezember, Deine Herzschrittmacher“ / Bettina Cramer (54), Fernsehmoderatorin u.a. beim Sat.1-Frühstücksfernsehen, Filmproduzentin und Autorin / Markus Dröge (69), ehem. Berliner Bischof / Annette Gerlach (59), Journalistin und Fernsehmoderatorin (Arte) / Corinna Harfouch (69), Schauspielerin, u.a. am Maxim-Gorki-Theater / René Hecht (62), ehem. Volleyballer, Präsident des Deutschen Volleyballverbandes / „Brenda Hecktheuer, Zum besonderen Geburtstag die allerbesten Glückwünsche! Feier schön und lass es dir gut gehen. Lisa“ / Sascha Hingst (52), Moderator, u.a. der Berliner Abendschau / Raymond Ley (65), Autor und Film- und Fernsehregisseur / Stefan Reuter (57), ehem. deutscher Fußball-Nationalspieler und Weltmeister 1990 / Mehmet Scholl (53), ehem. deutscher Fußball-Nationalspieler / Ozan Ünal (43), Hörspiel- und Synchronsprecher, u.a. für die Schauspieler Ian Somerhalder / Jenke von Wilmsdorff (58), Fernsehjournalist und Schauspieler, u.a. in seiner eigenen RTL-Doku-Reihe „Das Jenke-Experiment“
Nachträglich zum 14. Oktober: „NADJA zu deinem runden Geburtstag nur das Beste für dich von allem. Ich gratuliere herzlich, Iris.“
+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++
Gestorben – Thomas „Thommy“ Danneberg, * 2. Juni 1942, Schauspieler, Synchronsprecher, Schlagzeuger, Segler / Armin Fremgen, * 23. Januar 1949 / Norbert Leiner, * 25. August 1951 / Andreas Obersteller, * 3. September 1953 in Wentorf b. Hamburg, ehem. Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle / Prof. Dr. Peter Schiwy, Mitbegründer des Lionsclub Berlin-Dahlem 1974
Stolperstein – Gottlieb Bier (Jg. 1878) arbeitete als selbstständiger Immobilienmakler und Direktor der Maklerfirma „Julius M. Bier A.G.“. 1910 heiratete er Amalie Kanarek. 1942 wurde das Ehepaar nach Theresienstadt deportiert. Drei Wochen nach der Ankunft, heute vor 81 Jahren, wurde Gottlieb Bier dort ermordet. Auf der Fasanenstraße 33 in Wilmersdorf liegt ein Stolperstein, um an ihn zu erinnern. Amalie Kanarek wurde zwei Jahre später nach Auschwitz verschleppt, wo sie sofort ermordet wurde.
Encore
Pünktlich zum Wetterumschwung hat die BSR ihren alljährlichen Spezialeinsatz zur Beseitigung des Straßenlaubes gestartet. 2300 Beschäftigte mit 550 Fahr- und 100 Teufelszeugen (Laubsaugern) stehen bereit. Die durchschnittliche Laubmenge pro Saison beziffert die BSR auf 36.000 Tonnen – „das entspricht dem Gewicht von etwa 6000 afrikanischen Elefanten“ (aE). Da biste Blatt! Da aE als Maßeinheit bisher kaum etabliert ist, gibt’s als besonderen CP-Service hier noch vertrautere Bezugsgrößen: Wenn das durchschnittliche Berliner Herbstblatt ein Gramm wiegt und 20 Quadratzentimeter groß ist, ergeben die 36.000 Tonnen eine Gesamtblattfläche von 72 Quadratkilometern. Das entspricht rund 10.000 Fußballfeldern oder knapp drei Prozent des Saarlandes.
Rund und bunt ist dieser CP u.a. dank Anna Thewalt und Thomas Lippold (Recherche) sowie Sophie Rosenfeld (Stadtleben) und Florian Schwabe (Frühproduktion) geworden. Kommen Sie gut in die neue Woche, bis morgen!
Ihr Stefan JacobsBerlin braucht guten Journalismus!
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