Alltäglicher Antisemitismus: Was Juden in Deutschland alles ertragen müssen
Hakenkreuze, Hitlergruß, zerrissene Porträts – am Holocaust-Gedenktag kam es zu zahlreichen antisemitischen Vorfällen. Ein Überblick von Julius Betschka
Nachtrag zum Holocaust-Gedenktag: Jeder fünfte Deutsche findet laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov, es werde zu viel des Holocausts gedacht. Versprochen: Wir werden Sie damit nicht in Ruhe lassen. Wir werden schon gar nicht aufhören, Fälle von Antisemitismus und Israelhass öffentlich zu machen.
Was Juden in Deutschland täglich ertragen müssen? Ein Einblick:
1) Am Montag wurde ein Video öffentlich, dass einen antisemitischen Vorfall in der U1 zeigt. In dem Video ist zu sehen, wie ein Mann lautstark erklärt, Israel habe „Millionen Menschen getötet”. Der Mossad würde die Organe junger Männer an Reiche verkaufen. Hitler sei „nicht nur schlecht“ gewesen. Zwei Menschen diskutieren, die anderen Fahrgäste schauen weg.
2) Tagesspiegel-Leser Malte Schümann wartet seit zwei Wochen auf eine Reaktion der Berliner Polizei. Er hatte mehrere antisemitische „Witze“ angezeigt. Auf einem Internetportal, das fälschlicherweise „Witze-Paradies“ heißt, findet man mehrere solcher Sprüche. Einer handelt etwa davon, warum man mit einer Gasleitung gut Juden vergasen könne. Geschmacklos, volksverhetzend.
3) Überreste einer Tagesspiegel-Ausgabe vom Sonntag sind am Holocaust-Gedenktag in einer Werbevitrine am U-Bahnhof Frankfurter Allee aufgetaucht. Jemand hatte die Gesichter von Holocaust-Überlebenden zerrissen und in den Glaskasten gestopft. Nach einem Hinweis hat die BVG sofort reagiert, alles entfernt. Danke für die schnelle Reaktion!
4) Im sächsischen Pirna wurde am Holocaustgedenktag bei einer Veranstaltung der Hitlergruß gezeigt. Die Polizisten vor Ort nahmen keine Anzeige auf. Erst als der Fall öffentlich wurde, reagierte die Polizei.
5) Noch einmal Sachsen: In Leipzig haben Unbekannte am Tag der Befreiung von Auschwitz eine Israel-Fahne auf einen 30 Meter hohen Fabrikschornstein montiert. Die Feuerwehr holte die Fahne runter, die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung.
6) In Hannover ist auf einem Mahnmal für das Konzentrationslager im Stadtteil Ahlem eine Gedenktafel beschädigt worden. Unbekannte hatten in der Nacht ein Hakenkreuz eingeritzt.