Warum ist psychische Gesundheit so oft ein Tabu?
Der Berliner SPD-Politiker Kevin Hönicke machte diese Woche seine schwere Depression öffentlich – aber er ist nicht der einzige, den der Politbetrieb aufgerieben hat. Von Lorenz Maroldt
Hinter dem Neuköllner Aktenzeichen KA/176/XXI verbirgt sich eine brisante Frage, die jüngst durch das Depressionsbekenntnis des Lichtenberger Stadtrats Kevin Hönicke an Bedeutung gewonnen hat. Sie lautet: „Wie lange darf ein Stadtrat oder eine Stadträtin erkrankt sein?“ Moment mal: „erkrankt sein dürfen?“ Ja, richtig erraten: Es handelt sich um eine perfide Unterstellung der AfD gegen die ungenannte, aber offensichtlich gemeinte Gesundheitsstadträtin Mirjam Blumenthal, krankgeschrieben seit dem 7.10.2022.
Das ernsthafte Problem, das dahintersteckt, ist allerdings riesengroß, und viele Fragen, die sich damit verbinden, sind ungeklärt – rechtlich, menschlich und politisch.
Im aktuellen Magazin des Otto-Suhr-Instituts sprechen Elke Breitenbach (Linke), Markus Kurth (Grüne) und Orkan Özdemir (SPD) unter dem Titel „Wenn Politik Dich krank macht“ offen über ihre Erfahrungen mit psychischem Druck – auch anhand Beispielen aus dem Checkpoint.
Und in unserem Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ behandeln Ann-Kathrin Hipp und Anke Myrrhe am Freitag u.a. mit Kevin Hönicke die Frage: Warum bleibt mentale Gesundheit zu oft ein Tabu? Und: Können Politikerinnen und Politiker überhaupt öffentlich darüber sprechen, wie es ihnen geht? Oder müssten sie es nicht sogar? Hat die Öffentlichkeit vielleicht einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie gesund diejenigen sind, denen sie per Wahl viel Verantwortung übertragen? Oder ist das eine Privatsache, die niemanden etwas angeht? Alles das und einiges mehr gibt‘s ab Freitag Nachmittag um 15 Uhr hier unter diesem Link zu hören – und überall dort, wo es Podcasts gibt.
Was Mirjam Blumenthal betrifft, haben wir beim Bezirksamt gefragt, wie es da ohne sie weitergeht: Sollte die Gesundheitsstadträtin in absehbarer Zeit nicht gesund werden, gibt es Überlegungen bzw. konkrete Maßnahmen, um den Posten sowie die Leitung des Gesundheitsamts dauerhaft neu zu vergeben? Die knappe, aber klare Antwort: „Nein“.