Michael Müller rettet nur die Flucht nach vorn
Landespolitik II: Wo Michael Müller auch hinschaut, tun sich gerade Probleme auf. Aus seinem Heimatbezirk Tempelhof-Schöneberg hat ihn Juso-Chef Kevin Kühnert verdrängt. In seinem Ausweichwahlkreis für den Bundestag erwägt seine eigene Staatsekretärin, Sawsan Chebli, gegen ihn anzutreten, weil sie sich dort schon vor Monaten für eine Kandidatur in Stellung gebracht hatte. Müller würde eine mögliche Abstimmung wohl gewinnen, aber was für ein Signal wäre das für einen Regierenden Bürgermeister? Selbst die Berliner Spitzenkandidatur soll ihm Kühnert, der sich zu einem der drei bis vier medial einflussreichsten Sozialdemokraten entwickelt hat, streitig machen wollen – viele in der SPD meinen: zurecht. Ob der Regierende diese Kampfkandidatur auch gewinnen würde? Eher nicht, heißt es aus der Partei. Müller bliebe jetzt die beherzte Flucht nach vorn, kommentiert Tagesspiegel-Herausgeber Stephan-Andreas Casdorff: Der große Auftritt auf dem Parteitag, der Rücktritt zugunsten seiner Nachfolgerin Franziska Giffey, Jubel, als Lohn die Spitzenkandidatur, der Dank dafür, über den eigenen Schatten gesprungen zu sein, der Lohn für das gut-nüchterne Management der Corona-Krise. Er hätte den Weg freigemacht, sich in den Dienst seiner Partei gestellt. Es wäre ein stilvoller Abgang.