Nachtrag zu „Westberlin“ vs. „West-Berlin“
Nachtrag zur Meldung „Family Open Air am ehemaligen Flughafen Tempelhof“ (CP v.11.5.) – darin hieß es u.a.: „Vor 75 Jahren endete die Blockade Westberlins“.
Hm, da fehlt doch was… ja klar: Der „Bindestrich der Freiheit“ – so wurde jedenfalls einst im Westen das unscheinbare Satzzeichen zwischen „West“ und „Berlin“ genannt. Hier war die zusammengeschriebene Stadt als vom Osten oktroyiertes Symbol der Trennung verpönt.
Und so gibt’s auch heute noch Ärger für „Westberlin“ im Checkpoint, jedenfalls aus dem Westen: „Mir kräuseln sich die Nackenhaare“, „Wir Eingeborenen Berliner sind da doch etwas sensibel“ und „Erik Reger würde sich beim Lesen Ihres Textes im Grabe umdrehen!“, das waren am Wochenende so die Reaktionen.
Allerdings ist „Westberlin“ keine Erfindung des Ostens – in den Nachkriegsjahren und damit auch zur Zeit der Luftbrücke war im Westen der Begriff „Westberlin“ durchaus geläufig, als Pendant zu „Ostberlin“. Selbst der oben erwähnte Tagesspiegel-Gründer und -Chefredakteur Erik Reger schrieb in seinem Leitartikel zum 17. Juni 1953 von „Westberlin“.
Erst 1960, Reger war da schon sechs Jahre tot, empfahl eine Senatskommission den Bindestrich, und nach dem Mauerbau 1961 wurde er dann zum „Bindestrich der Freiheit“.
Fünf Jahre später erließ das „Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen“ aber schon wieder neue Richtlinien, denen zufolge es einerseits „Berlin (West)“ zu heißen habe und andererseits „Sowjetsektor“.
Das letzte Wort in dieser Angelegenheit hatte allerdings Tagesspiegel-Chef Günter Matthes, der 1967 in seiner berühmten Kolumne „Am Rande bemerkt“ schrieb:
„Schöneberg wie Pankow gehören zu Berlin, indes gibt es eine Philologie der politischen Teilung, welche die Tatsachen um der klaren Begriffe willen anerkennen muss. Um dennoch zu dokumentieren, dass Berlins erster Buchstabe ein großes B ist, schreiben wir die Hälften mit einem Bindestrich in des Wortes umfassender Bedeutung: West-Berlin und Ost-Berlin. Die sprachliche und ortskundliche Identitätwird gerade durch das Auseinanderhalten hergestellt.“
So ist es. Und deshalb liefern wir hier allen, denen es auch heute noch wichtig ist, zum nachträglichen Einkleben ein „-“ hinterher.