Früher Sommerresidenz eines Verbrechers, bald Urlaubsparadies
Das Schloss Dammsmühle ist eine Art Nichtort. In einigen Jahren soll es Luxushotel werden. Doch schon jetzt lockt die Kulisse Touristen an. Von Thoma Wochnik
Foto: Jürgen Ritter/imago images
Auf Lesereise begeben wir uns heute mit dem slowenischen Schriftsteller und Lyriker Aleš Šteger an historische Nichtorte abseits tausendfach gegangener Touristenpfade, wie den Platz der Republik in Ljubljana am Tag des prophezeiten Weltuntergangs und Minamisōma nahe dem Atomkraftwerk von Fukushima. An eine Busstation in Belgrad, die Zwischenstopp syrischer Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Ungarn ist, in das ehemalige Stasi-Gefängnis in Bautzen oder die im südindischen Kerala gelegene Stadt Kochi, die vielen Indienreisenden aus Arundhati Roys Buch „Der Gott der Kleinen Dinge“ bekannt sein dürfte. Ein bisschen so, wie Kerouacs „On The Road“ geschrieben sein wollte (man munkelt, Kerouac habe es mit der Technik nicht so genau genommen), hat Šteger sich für die Niederschrift der Eindrücke zu jedem Ort lediglich zwölf Stunden eingeräumt, um möglichst ungefiltert zu erzählen – und das funktioniert blendend. Logbuch der Gegenwart, 168 Seiten im Hardcover für 19,90 Euro
Urlaub ganz nah – Ein solcher Nichtort ist auch das Schloss Dammsmühle im nördlich von Berlin gelegenen Mühlenbecker Land: Als barockes Schlösschen erbaut, dann heruntergekommen, neobarock wiederaufgebaut, wieder verfallen, ist es 1940 Sommerresidenz Heinrich Himmlers geworden. Später diente es als Jagd- und Tagungsschloss der Stasi und ist heute eine schnöde Baustelle, die die architektonische Strahlkraft nur erahnen lässt. In einigen Jahren soll es Luxushotel und Spa werden, malerisch gelegen und hübsch anzusehen. Ausgiebige Spaziergänge um den Mühenteich und Mühlenbecker See mit Sprung ins Wasser lassen an vieles denken, außer Alltag.