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Kommentar zum BöllerverbotSchule mit Corona: 59 Minuten ohne AnsteckungTagesspiegel startet mit neuer Beilage

An diesem Tag erschallt ein lauter Rrrrummmmms: An Silvester darf wohl doch geknallt werden. Die Ministerpräsidenten haben sich am späten Montagabend gegen das von Berlin vorgeschlagene generelle Verkaufsverbot von Böllern und Raketen entschieden. Stattdessen soll auf Eigenverantwortung gesetzt werden, darauf hatten vor allem die CDU-regierten Länder gedrängt. Feuerwerke auf großen Plätzen sollen verboten werden können, Menschenansammlungen sind ohnehin untersagt. Nur das Kanzlerinnenamt muss noch zustimmen.

Damit ist’s wohl aus mit dem rot-grünen Traum, den deutschen Knallfröschen in diesem Jahr Vernunft einzuimpfen. Schließlich sind Böller umweltschädlich, verstören Tiere, zerstören schlimmstenfalls Gliedmaßen. Kurz: Sie sind ähnlich überflüssig wie überschnelle Autos, Alkohol und Zigaretten. Und diese Pandemie schien ein guter Anlass, die Gesellschaft endlich ein Stück weiter in Richtung Ratio zu rücken. Nein, die Freiheit von Dieter und Deniz wird nicht am Raketenregal im Supermarkt verteidigt. Aber es drängte sich doch der Eindruck auf, dass die Zeit der Entbehrungen genutzt werden sollte, den Menschen dieses – ohnehin vielen lästige – Hobby auszutreiben.

Die Begründung dafür wirkt moralisch unanfechtbar: Wer böllert, gefährdet die coronabedingt knappen Behandlungsressourcen. Ärgerlich nur, dass überhaupt keine Zahlen vorliegen, wie viele „Bölleropfer“ an Silvester auf den Intensivstationen landen, weil sie so niedrig sind. Fünf Prozent der gesamten Eingänge auf Rettungsstellen in Berlin werden zum Jahreswechsel durch Feuerwerkskörper verletzt, 95 Prozent haben nichts damit zu tun.