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Neue Folge vom Checkpoint-Podcast „Eine Runde Berlin“Polizeipräsidentin über Corona-Demo: Immense BrutalitätVerkehrsverwaltung empfiehlt Pflegekräften das Rad

heute ist der „Tag des Nichtstuns“, und das passt ja eigentlich prima zur Corona-Helden-Kampagne der Bundesregierung („Wir taten – nichts“, CP vom 16.11.) – aber wer die bitter-brillante Satire vom „ZDF Magazin Royal“ dazu gesehen hat (und wer noch nicht: hier ist sie), weiß: Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist – es wär‘ nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt („Die Ärzte“).

In Berlin bereiten sich zur Zeit viele Engagierte darauf vor, den tausenden Wohnungslosen zu helfen, denen die ersten Frostnächte bevorstehen. Einer der Menschen, die seit vielen Jahren auf der Straße leben, ist Ingo Bauer. Für unseren Checkpoint-Podcast „Eine Runde Berlin“ hat sich Ann-Kathrin Hipp in dieser Woche mit ihm getroffen.

Ihr könnt mich alles fragen“, bot der 58-Jährige an – und dann erzählte er knapp eine Stunde lang über sein Leben: von der Republikflucht aus der DDR, den Einbrüchen, die ihn ins Gefängnis brachten und der Alkoholsucht; davon, wie er 2008 auf der Straße landete und warum er glaubt, dass er dort für den Rest seines Lebens bleibt; wieso ihm sein neuer Job im Rahmen des Solidarischen Grundeinkommens nur wenig bringt, welche Unterstützung er sich wünscht („Es geht nicht um Geld, sondern um Akzeptanz“) – und welchen Traum er sich noch erfüllen möchte.

Es ist ein berührendes Gespräch geworden, in dem es natürlich auch um Corona ging („Wir sind völlig außer Acht, und das finde ich verantwortungslos“), um den Alltag und die Regeln in der Rummelsburger Bucht („mein Zuhause“), um ein Tiny Haus, um Vegetarismus, Donald Trump und Weihnachten. Falls Sie also doch an diesem Wochenende mal (fast) nichts tun wollen – dann tun Sie sich etwas Gutes und hören Sie rein (z.B. bei Spotify und bei Apple Podcasts). Es lohnt sich! Hier geht‘s los.

Aus dem Bericht der 35. Einsatzhundertschaft von der Corona-Demo: 24 Beamte der Einheit wurden verletzt, 3 von ihnen mussten im Bundeswehrkrankenhaus behandelt werden wegen

1) einer Knieverletzung mit Absplitterung eines Knochenfragments,
2) einer ausgekugelten Schulter, die unter Narkose eingerenkt werden musste,
3) eines Schädeltraumas nach diversen Tritten gegen den Kopf, nachdem dem Beamten der Helm im Rahmen einer Festnahme abgerissen wurde (nach CP-Infos wurde der Polizist zuvor in die Menge gezogen)

Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte gestern unseren Kollegen Julius Betschka und Alexander Fröhlich: „Das Potenzial und die Brutalität der Gewalt waren immens. Ich würde heute nicht mehr akzeptieren, dass Menschen sagen, ihnen ist nicht klar, dass sie dort mit Rechtsextremisten auf dem Platz stehen.“ Das ganze Interview können Sie hier lesen (nur mit Abo).

Nochmal zurück zum internen „Brennpunktbericht“ der 35. Ehu, in dem die Gewalt aus der Menge gegen die Polizei detailliert beschrieben wird (u.a. Tritte, Schläge, Würfe mit Flaschen, Stühlen und Pyrotechnik):

Als ein Beispiel des erheblichen Widerstands sei erwähnt, dass um 13:15 Uhr ein mobiles Klavier durch mehrere Personen mit vereinten Kräften in die Polizeikette hineingeschoben wurde, um diese zu durchbrechen. Nur durch den Einsatz von 2 Zügen und erheblichen Zwangseinsatz konnte das Klavier nebst einer männlichen Person aus der Personengruppe herausgezogen werden. Die Festnahme der Person erfolgte sodann durch Kräfte der 12. Ehu.“

Das Schicksal des Klaviers wird nicht weiter erwähnt – zu vermuten ist allerdings, dass es für den Badonviller-Marsch demnächst nicht zur Verfügung steht. Erste erkennbare Folge des Instrumentenverlusts: Die für Sonntag angekündigte Versammlung von 5000 Impfgegnern (vom S-Bahnhof Bornholmer Straße zur Straße des 17. Juni) wurde als Schweigemarsch angemeldet. Und ein letzter Blick in die Bilanz der 35. Ehu, hier zu den eingesetzten Reizsprühgeräten: „Es wurden 16 RSG 8 komplett entleert und mehrere RSG 3.“ Tja, das ist die Berliner Luft.

Ganz besonders dicke Luft ist in Berlin immer in der Silvesternacht, und die Rettungskräfte fahren wegen der vielen Opfer der Knallerei Sonderschichten. Immer lauter werden deshalb die Forderungen, das Böllern zu verbieten, die Grünen sind schon länger dafür. Doch die Innenverwaltung ist skeptisch, mehr als ein paar Verbotszonen durchsetzen zu können. Das neue Jahr wird wohl also wieder mit einem Berliner Beben begrüßt. Und was ist mit Ihnen?

Umfrage Böllerverbot

Außerdem heute u.a. in der Abo-Ausgabe:

+ Warum die Verkehrsverwaltung Berlins Pflegekräften für den Heimweg das Fahrrad empfiehlt

+ Neues Corona-Schnelltest-Zentrum am Moritzplatz

+ Keine Lockerung vom Lockdown in Sicht

+ Die Kunst kehrt zurück – live, aber hinter der Scheibe

+ Wo die Warteräume im Bürgeramt überbelegt sind

+ Die letzten geschriebenen Worte von Udo Walz

+ Was es mit der Großschlachterei im Tiergarten auf sich hat

+ Mit Tempo 114 durch die Straßen von Neukölln: Was dem Raser für eine Strafe droht

+ Was der Papst mit einem Bikini-Model zu tun hat

+ Wochniks Wochenende: Wie Sie die nächsten 24 Stunden super in Berlin verbringen können – trotz Corona

+ Das Berlin-Rätsel – als Jackpott gibt’s den Checkpott!

Wir wünschen Ihnen jedenfalls ein göttliches Wochenende. Mitrecherchiert hat heute Thomas Lippold und Kathrin Maurer hat nochmal alles gecheckt und auf den Weg zu Ihnen gebracht. Wir sehen uns hier wieder am Montagmorgen – mit den besten Nachrichten aus der ewig werdenden Stadt. Bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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