kaum etwas spaltet Befürworter und Gegner in Berlin stärker als mit Pollern errichtete Durchfahrsperren. Nun setzt Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) selbst verbal die Flex an. Sie fordert die Bezirke auf, die Poller auf den Straßen überall dort zu entfernen, wo sie Polizei und Feuerwehr bei der Arbeit behindern.
„Wenn bestehende Poller Rettungswege einschränken, müssen die aus meiner Sicht abgebaut werden“, sagte Bonde dem Tagesspiegel (T+). Mehrfach hatten die Durchfahrtsperren in den zurückliegenden Monaten Polizei und Feuerwehr wertvolle Zeit gekostet. „Es kann nicht sein, dass Rettungskräfte in irgendeiner Art behindert und dadurch Menschenleben gefährdet werden“, sagte Bonde. Für verkehrsberuhigte Kieze gebe es auch andere Lösungen ohne Straßensperren. Welche genau das sein sollen, ließ Bonde wiederum offen.
Und auf welcher Seite des Pollers stehen Sie?
Berlin bleibt deutsche Filmhauptstadt! Ganze 5000 Drehtage zählten Berlin (& Brandenburg) im vergangenen Jahr. Heißt auch: Etliche Male kämpften sich Produktionsfirmen erfolgreich durch den Behördendschungel, um Drehgenehmigungen zu ergattern. Seit 2024 werden sie dabei unterstützt. „Lotsen“ der „Berlin Brandenburg Film Commission“ (BBFC) fungieren als Vermittler zwischen Filmschaffenden und Ämtern (auf Vermittler für Privatpersonen warten wir noch!).
Der Prozess sei deutlich „effizienter geworden, es gab keinerlei Antragsstau“, sagte BBFC-Chefin Christiane Krone-Raab dem Checkpoint. Und verrät noch die ein oder andere Bezirks-Eigenheiten: In Friedrichshain-Kreuzberg werden seit fünf Jahren keine Genehmigungen für Grünflächen ausgestellt. Begründung: Der geplante Zaun um den Görl … kleiner Spaß! Der Grund lautet natürlich: Personalmangel.
In Marzahn-Hellersdorf gibt’s so wenige Anfragen, dass es praktischerweise auch „keinerlei Beschwerden gibt“. Und in Mitte, wo am meisten gedreht wird, läuft die Bearbeitung „sehr, sehr gut“ (man muss ja auch mal loben!) Zwei Berlin-Orte, für die bisher grundsätzlich keine Genehmigung ausgestellt werden, die auf dem Wunschzettel für 2025 aber ganz weit oben stehen: ICC und BER.
Frank Balzer, Abgeordneter und Chef der Reinickendorfer CDU, meint es offensichtlich ernst mit seinen Neujahrsvorsätzen und hat nun bereits seine dritte Schriftliche Anfrage (DS 19/21275) im Parlament gestellt (im gesamten Vorjahr war es eine). Zum Osterfeuer in Frohnau, zu dem Balzer vor wenigen Tagen die Senatskanzlei fragte, gibt es noch keine Neuigkeiten (wir bleiben wie versprochen dran, CP vom 30.01.)
Nun wollte Balzer von der Verkehrsverwaltung wissen, wie es der Straße „Im Amseltal“ in Frohnau an der Grenze zu Brandenburg denn so geht. Die Verwaltung musste dafür mal wieder beim eigentlich zuständigen Bezirksamt Reinickendorf nachfragen. Dessen Antwort beginnt so: „Der Zustand der Straße Im Amseltal spiegelt das allgemeine Erscheinungsbild der Straßen in Frohnau wider.“
Ein fantastischer Satz, der sowohl Ängste schüren als auch für Hoffnung geben kann. Denn wer außerhalb Frohnaus weiß schon über das allgemeine Erscheinungsbild der Straßen vor Ort Bescheid? Die Hoffnung kassiert das Bezirksamt gleichwohl sofort ein. Die Straßen in Frohnau hätten „ihre Nutzungszeit deutlich überschritten“, heißt es im zweiten Satz.
Abhilfe ist leider auch nicht in Sicht. „Aufgrund der finanziellen Situation im Land Berlin […] können neue Maßnahmen erst ab dem Jahr 2036 aufgenommen werden.“ Da wiederum schließt sich der Kreis: Denn das entspricht dem allgemeinen Erscheinungsbild Berlins.
Hat sich Merz‘ „steiler Move“ (M. Söder) in der Migrationsdebatte gelohnt oder nicht? Zwei Umfragen von Dienstag lassen im Konrad-Adenauer-Haus wahrscheinlich gerade den Puls etwas höher schlagen. Die Union fällt in einer Umfrage von Forsa von unter die 30er-Marke auf 28 Prozent.
Auch bei der Kanzlerfrage sackt Merz auf 22 Prozent ab und kommt nun auf den gleichen Wert wie Robert Habeck. Der wiederum trat am Montagabend seinerseits mit einem Zehn-Punkte-Plan zum Thema Migration auf den Plan, der bei der linken Parteibasis der Grünen keine Freudenstürme auslöste.
Und die SPD? Recherchen des Tagesspiegels und von T-Online zeigen, dass der Parteivorsitzende Lars Klingbeil Kanzler Olaf Scholz wiederholt nahegelegt hat, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten. Auch Co-Vorsitzende Saskia Esken und Generalsekretär Matthias Miersch gehörten demnach zu den Zweiflern an Scholz.
Noch 18 Tage bis zur Wahl.
In der Checkpoint-Vollversion bekommen Sie heute ein exklusives Update zur lange geplanten und oft verschobenen S-Bahnlinie S15. Außerdem verraten wir Ihnen, warum sich deutlich mehr Ex-Berliner im Ausland ins Wählerverzeichnis für die Bundestagswahl eintragen ließen als noch 2021. Zudem gibt’s wie immer den weltbesten Berlin-Comic „Berliner Schnuppen“, gezeichnet von Naomi Fearn.
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Telegramm
Nanu, Berlin ist gar nicht Single-Hauptstadt – zumindest bezogen auf die Größe der Haushalte. Laut einer Analyse der Marktforschungsinstitute GfK und NIQ wohnt in 49,5 Prozent aller Berliner Haushalte nur eine Person. Das macht bundesweit Platz zehn. Spitzenreiter ist Regensburg mit einem Anteil von 54,3 Prozent, gefolgt von Passau und Bayreuth.
So langsam sortiert sich der Signa-Nachlass auch in Berlin. Wie die Immobilienzeitung berichtet, hat die Schoeller Group das „Upper West“-Hochhaus am Zoo gekauft. Preis: rund 450 Millionen Euro. Sollte dabei ausnahmsweise mal kein sogenannter Share-Deal zum Einsatz gekommen sein, freut sich auch die Grunderwerbssteuerkasse des Landes Berlins.
Die Zahl der Abschiebungen in Berlin ist im vergangenen Jahr leicht gesunken. 1290 Menschen sind 2024 aus Berlin abgeschoben worden, heißt es auf Anfrage der Abgeordneten Ferat Koçak (Linke) und Jian Omar (Grüne). Im Vorjahr waren es 1370. Die mit Abstand häufigsten Rückführungsstaaten waren Moldau (498 Abschiebungen) und Georgien (253 Abschiebungen).
Der spektakuläre Rohrbruch an der Seestraße zu Silvester mag da nicht ins Bild passen, aber: Berlins Wasserleitungen sind in einem vergleichsweise guten Zustand. Die Gesamtschadensrate lag laut Wasserbetrieben 2023 bei 0,035 Rohrschäden pro Kilometer Leitung und damit weiter unter dem Wert von 0,1, der nach den Bestimmungen der Branche als niedrig gilt. Läuft (meistens).
Bei der komplizierten Suche nach Mitarbeitern für Berlins Verwaltung versucht es das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) bei einer neuen Stellenausschreibung mit einem Trick. „Sie können erwarten: eine Arbeitsstunde wöchentlich als Belohnung für Ihre Teilnahme an gesundheitserhaltenden Aktivitäten.“ Gretchenfrage: zusätzlich oder abzüglich?
Korrektur: In der Meldung zu falschen Wahlplakaten im gestrigen Checkpoint ist uns ein Fehler unterlaufen. Die Satire-„Partei“ nennt sich „Außerirdische Invasoren-Partei Deutschlands“. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
Die nächste schwarz-rote Kürzungsrunde für 2026 treibt die Berliner Hochschulen zur Weißglut – und dass sie die Information mal wieder aus dem Tagesspiegel erfahren hätten, ist da noch das kleinste Problem. Viel existenzieller ist die Frage, welche Folgen die Sparsumme von 84 Millionen Euro, die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) zusammenstreichen muss, bei den Unis hinterlassen. Lehrpersonal entlassen oder bis zu 25.000 Studierende weniger annehmen? Eva Murašov und Tilman Warnecke kennen die Drohszenarien für Berlins Hochschullandschaft.
Mehr als 230 Millionen Euro sind im Land Berlin 2023 für den Rettungsdienst angefallen, wie aus der Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Vasili Franco im Abgeordnetenhaus hervorgeht (DS 19/21250). Klingt viel, macht aber pro Einwohner gerade mal 59,54 Euro. Das sollte uns – bei aller berechtigten Kritik an unnötigen Notrufen – eine schnelle Rettung wert sein.
Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: Unser Datenteam beim Tagesspiegel hat die Berliner Ergebnisse aller Bundestagswahlen seit 1990 in einer interaktiven Karte für Sie aufbereitet – Wahlkreis für Wahlkreis, Kiez für Kiez. Selten war das Auf und Ab einzelner Parteien in Berlin besser nachvollziehbar. Hier geht’s zur Karte.
Zitat
„Es wäre das Ende der Berlinale, wenn wir nicht die Kunst- und Meinungsfreiheit in jede Richtung verteidigen. Diese umfasst Filme, die unseren Blick auf die Welt hier in Deutschland herausfordern.“
Die neue Berlinale-Leiterin Tricia Tuttle hat mit Christiane Peitz und Andreas Busche über die Herausforderung, ein Filmfestival in politisierten Zeiten zu organisieren, gesprochen.
Kiekste
Postbotinnen und Postboten können aufatmen. Gesehen in Zehlendorf von Leser Peter Tiemeier. Danke! Weitere Bilder gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.
>Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Ahne (bürgerlich: Arne Seidel, 57), Schriftsteller und Lesebühnenautor, „Zwiegespräche mit Gott“ auf „radioeins“ / „Der lieben Antonia alles Herzliche zum Geburtstag und viel Spaß heute Abend. Wir freuen uns schon Deine Lieblingstochter und Dein Mann“ / Henriette Confurius (34), deutsch-niederländische Schauspielerin („Die geliebten Schwestern“, Serie „Tannbach“), in einem Interview erzählt sie, dass sie in Berlin gerne auf Bäume klettert („Es gibt sehr viele schöne Bäume in Berlin. Ich steige dann so weit hoch, bis ich Angst bekomme.“) / „MinRat aD Joachim Dauke (100), weiterhin erfreuen sich die Senioren im Spandauer Katharinenhof an jedem Dienstag an Deinem Klavierspiel. Toll wie Du Deinen Alltag bei guter Gesundheit noch selber so gut managt. Wir sind für Deine Liebe und Deinen Rat unendlich dankbar. Bleib so. Uta, Detlef, Eva“ / „Dr. Bernhard Dombek (86), Rechtsanwalt und Notar a.D., Präsident der BRAK a.D., herzlichen Glückwunsch von Betz Rakete Dombek, Rechtsanwälte und Notare“ / Ólafur Elíasson (58), dänischer Künstler, Studio in Berlin; betreute an der UdK das Institut für Raumexperimente, 2010 Einzelausstellung im Martin-Gropius-Bau / „Liebste herzliche Glückwünsche von der begeisterten Familie an Mathis Hartung in die Freiburger Ferne zum 29. Geburtstag“ / Joachim Schmettau (88), Bildhauer, er entwarf zahlreiche Arbeiten für Berlin, unter anderem den Erdkugelbrunnen am Breitscheidplatz
Nachträglich: „Verena Kauffmann, bleib wie du bist, jung, dynamisch, witzig und all das bei bester Gesundheit und umgeben von lieben Freunden und manchmal auch mit/bei uns, wünschen dir aus dem kalten Rheinland deine Eltern zZt in Königswinter“ / „Glückwunsch, lieber Thomas! Auch nach der Bioklippe geht das Leben weiter <3“
+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++
Gestorben – Peter Gross, * 27. Juli 1950, verstorben am 27. Januar 2025 / Doris Hensen, * 13. Oktober 1946, verstorben am 2. Januar 2025 / Charlotte Kollmorgen, * 24. September 1939, verstorben am 15. Januar 2025 / Gero Willi, * 22. Februar 1970, verstorben am 19. Januar 2025 / Harro Zimmer, * 12. Februar 1935, verstorben am 20. Januar 2025
Stolperstein – Martha Ndumbe wurde am 27. Juli 1902 in Berlin geboren, ihr Vater, Jacob Ndumbe, stammte aus Kamerun. Im Verlauf der 30er-Jahre verschlechterte sich die Situation für Schwarze Menschen in Deutschland, u.a. aufgrund zunehmender Diskriminierung, rapide, Martha fiel es schwer, eine feste Anstellung zu finden. Sie arbeitete gelegentlich als Näherin, verdiente ihren Lebensunterhalt aber mehr und mehr als Prostituierte. Im November 1943 wurde sie zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt; 1944 wurde sie als sogenannte „Asoziale“ ins KZ Ravensbrück deportiert. Dort starb sie am 5. Februar 1945, angeblich an Tuberkulose. An Martha Ndumbe erinnert ein Stolperstein in der Max-Beer-Straße 24 in Mitte.
Encore
Wir schauen zum Abschluss kurz nach Paris. Dort wird ab März eine Fahrbahn auf der Stadtautobahn für Fahrgemeinschaften, Taxis und Busse reserviert. Ziel: weniger Verkehr, weniger Stau, weniger Luftverschmutzung.
Nun kann man von den zahlreichen verkehrspolitischen Maßnahmen der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo – vom exzessiven Bau von Fahrradwegen, über die Verbannung von E-Scootern, bis zu sehr hohen Parkgebühren für SUV – halten, was man will.
Eines kann man aber nicht bestreiten. Hidalgo tut das, was Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner ständig ankündigt: Einfach mal machen.
Ziemlich viel gemacht für diesen Checkpoint hat Co-Autor Christian Latz. Ebenfalls fleißig dabei waren Isabella Klose, Ann-Kathrin Hipp (Recherche), Antje Scherer, unsere Schülerpraktikantin Matilda Stachursky (Stadtleben) und Jaqueline Frank (Produktion). Morgen machen hier wieder Anke Myrrhe und Jessica Gummersbach das Beste draus.
Auf bald
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