Für den Fall, dass Sie gestern vor 22 Uhr Handy, Laptop oder Fernseher ausgeschaltet haben: Annegret Kramp-Karrenbauer wird neue Verteidigungsministerin. Überrascht hat sie damit nicht nur Sie, sondern auch das CDU-Präsidium. Noch am 3. Juli hatte AKK im Interview mit der „Bild“-Zeitung gesagt: „Ich habe mich bewusst entschieden, aus einem Staatsamt in ein Parteiamt zu wechseln. Es gibt in der CDU viel zu tun.“ Doch dann wollte Spahn den Job nicht machen – und stellte damit Angela Merkel vor ein Problem: Weil es nicht zur ursprünglich geplanten Rochade mit Spahn als Verteidigungsminister und Annette Widmann-Mauz als neue Gesundheitsministerin kam, brauchte Merkel eine Frau im Bendlerblock. Sonst wäre der Frauen-Anteil im Kabinett auf sechs zu zehn Männern gesunken. Und AKK ist zur Stelle, wenn Merkel sie braucht. Die Herausforderung ist groß. Doch wenn sie die packt, kann sie auch Kanzlerin werden.
Wenige Stunden zuvor machten neun Stimmen in Brüssel den Unterschied und Ursula von der Leyen als erste Frau zur Präsidentin der Europäischen Kommission. 383 EU-Parlamentarier stimmten für die deutsche Noch-Verteidigungsministerin, 327 gegen sie, 23 Abgeordnete enthielten sich. 40 Jahre ist es her, dass die französische Holocaust-Überlebende Simone Veil Präsidentin des ersten direkt gewählten Europaparlaments wurde. Seit gestern Abend ist von der Leyen eine weitere „europäische Pionierin“, genau wie sie es sich in ihrer Rede, der wohl wichtigsten ihres Lebens, gewünscht hatte.