wie jeden Samstag starten wir mit einem kurzen Überblick über die Berliner Nachrichtenlage der letzten Stunden:
+++ Wenn der Igel zu früh erwacht: Folgen des milden Januars in Berlin. „Ein Januar auf Höhenflug“: So hatte der Deutsche Wetterdienst die Temperaturen kommentiert. Schadet der milde Winter Tieren und Pflanzen? Ganz so einfach ist es nicht.
+++ Vornamen-Abfrage nach Silvester: In der Berliner CDU wird das Vorgehen als „weniger hilfreich“ kritisiert. Der Geschäftsführer der Jungen Union in Berlin kritisiert die Aktion. Unterdessen bezeichnen Juristen die Wahlkampagne der Partei als „verfassungswidrig“.
+++ „Der AfD-Mann hat mich gebissen“: Rekonstruktion eines rassistischen Angriffs in Berlin-Mitte. Die Musikjournalistin Steph Karl wird im Sommer 2021 Opfer einer Attacke. Der mutmaßliche Täter – ein rechter Politiker. Am Mittwoch beginnt der Prozess gegen den AfD-Mann.
Auf tagesspiegel.de halten wir Sie fortlaufend über alle Entwicklungen in und um Berlin auf dem Laufenden.
Wer seine Winterkleidung bereits ad acta gelegt hat, könnte nächste Woche frieren: Der achterbahnaffine Wetterfrosch soll die Temperaturen kommende Woche wieder unter den Gefrierpunkt sinken lassen. Unter dicht bewölktem Firmament lohnt sich dieses Wochenende also der Ausflug ins Freie ganz besonders, sozusagen auf Vorrat. Wohnungslosen Menschen, denen die kommende Kälte besonders zu schaffen machen wird, können Sie über die Kleiderhilfe helfen.
Für die Drinnenzeit gibt's hier noch zwei Podcastempfehlungen.
1) In der neuen Folge „Berliner & Pfannkuchen“ gehen die Kolleg:innen Lorenz Maroldt und Ann-Kathrin Hipp einem Phänomen nach, das zuletzt sogar das Interessse des Ex-Regierenden geweckt hat: Müll. Warum ist Berlin so dreckig? Wie kann man das ändern? Was wollen Berlins Spitzenkandidat:innen konkret dagegen tun? Und welche Tipps geben Freiburg und Wien? Das hören Sie hier.
2) Im Ringbahnpodcast „Eine Runde Berlin“ sorgen die Zauberer Siegfried & Joy für magische Momente - und erklären unter anderem, wie sie den Fernsehturm verschwinden lassen wollen. Hier geht's zur Folge.
Samstagmorgen – Von kaum mit dem bloßen Auge auszumachenden architektonischen Überbleibseln zeugen auch die Bilder von Arny Schmit. Die Natur selbst dient dem Maler als primäre Inspirationsquelle, die sich, wie man es von Ruinen kennt, in der Regel zurückerobert, was der Mensch nicht mit erheblichem Aufwand sichert. Einerseits also die Natur, andererseits schreibt sich auch die Zivilisation auf technischem Weg in die Gemälde ein, denn der Künstler versieht die Bilder mit elektrischen Leuchtmitteln – Naturgemälde also, die man einschalten muss. Wer sich kognitiven Spannungen dieser Art aussetzen möchte, tut das von 12 bis 18 Uhr in der janinebeangallery (Torstraße 154).
Samstagmittag – Als Schlachthäuser der Moderne bezeichnet Filmemacher Heinz Emigholz die quasi-faschistischen Bauten von Francisco Salamone (1897–1959) in der argentinischen Pampa, die utopischen Bauwerke des indigenen Architekten Freddy Mamani Silvestre und das neue Berliner Schloss. Sie alle lässt er mit der Erzählung Deutsches Requiem (1946) von Jorge Luis Borges kollidieren, um den Doppelcharakter der Architektur zwischen Avantgarde und politischer Propaganda zu entbergen.
Samstagabend – Als kleinen Höhepunkt des Anthropozäns kann man durchaus die Schluckimpfung für Bienen ansehen, die, einerseits, durch entfesselten technischen Fortschritt vom Erdboden verschwinden, und nun, dank des veterinärmedizinischen Fortschritts, eben vor dem menschlichen Frotschritt gerettet werden sollen. Um das Verschwinden der Insekten geht es auch in Michele Noirets Choreografie „Das Auge und der Ort“ im HAU Hebbel am Ufer um 19 Uhr.
Sonntagmorgen – Wie wär's mal wieder mit einem Buch? Ach, Sie sind gerade erst mit den Wälzern durch, die den Raum unter dem Weihnachtsbaum kolonialisiert hatten? Na dann lesen Sie doch zur Abwechslung mal die Stadt. Zum Beispiel unter dem Blickwinkel ihrer postkolonialen Geschichte. „Die Postkoloniale Stadt lesen“ heißt eine entsprechende Publikation von Natalie Bayer und Mark Terkessidis (Verbrecher Verlag, 20 Euro), die Sie dabei anleitet und so manche bislang übersehene Nuance insbesondere Friedrichshain-Kreuzbergs offenbart. Aber, das ist ja doch wieder ein Buch! Na klar ist es das.
Sonntagmittag – Wer, statt selber zu lesen, sich lieber was erzählen lässt, geht um 16 Uhr ins CLB am Moritzplatz. Da beginnt nämlich das Ende, sprich die Finissage, von Nika Radićs Ausstellung Everything was Green, bei der die Künstlerin im Gespräch mit Kulturwissenschaftler Sven Sappelt die Zukunft klärt. Wieso können die das? Nun, Grundlage der Schau ist eine Reihe von unter Hypnose durchgeführten Interviews, in denen die Proband:innen nach ihren persönlichen Vorstellungen von der Zukunft befragt wurden. Wer auch an der eigenen Zukunft interessiert ist, kann in dieser offenen Runde natürlich Fragen stellen. Prinzenstraße 84, U-Bhf Moritzplatz.
Sonntagabend – So manche Musiker:innen-Laufbahn hätte ohne eine freundliche Musikalienhandlung in der Nachbarschaft niemals stattgefunden: Hier hat man in Prä-Internet-Zeiten Instrumente kennengelernt, Menschen, die sie spielten, unterrichteten, hörte womöglich erstmals von Bands, Musikklubs und begegnete auch seinen ersten Mitmusiker:innen auf dem schwarzen Brett: Im Musikgeschäft entstanden Jugendträume mit Größenwahn, Projekte mit abstrusen Laufbahntrajektorien oder auch die Qualen musikalischer Früherziehung. Komponist* Neo Hülcker und Dramaturg Bastian Zimmermann bringen das Schauspiel Sonnabend und Sonntag jeweils um 19 Uhr auf die Bühne der Uferstudios (Badstraße 41a, U-Bhf Pankstraße).
Mein Wochenende mit
Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.
„Dieses Wetter, was soll denn das? Modebewussten Schweinen, wie mir und der werten Chantal von Nebenan, macht das ganz schön zu schaffen, ich sage Ihnen. Das Winterfell war für 15°C, wie vorletzte Woche, deutlich zu warm. Es abzuwerfen ist aber auch noch keine Option, sollen doch nächste Woche wieder Minusgrade herrschen. Wie man's macht… Es sei denn, man begibt sich zum Werbellinsee, wie die findige Chantal erspürt hat: „Kevin, ich habe die Lösung erspürt“, sagte sie. Auf dem treibt nämlich das Saunafloß, vom Anleger Badewiese Joachimsthal aus zu betreten. Ist es zu kalt, heizt man hier an. Ist es zu warm, springt man ins kühle Nass. Und das ganzjährig, solange der See nicht zugefroren ist. Das haben wir ausprobiert. Betritt man die Sauna nasskalt zur richtigen Zeit, wenn die Sonne im günstigen Winkel steht, sauniert man in Regenbögen. Ganz schön kitschig eigentlich. Was soll's, ich empfehle das trotzdem. Und mich empfehle ich, mit nasskalten Grunzen.“
Leseempfehlungen
Abtritt – In der Navigation durch die Pandemiejahre war das Robert-Koch-Institut wohl der wichtigste Kompass. An seiner Spitze stand bislang Lothar Wieler. Bislang? Mit dem nun allerorten ausgerufenen Ende der Pandemie verlässt auch er seinen Posten. Dana Bethkenhagen hat ihn porträtiert (T+).
Odyssee – Kaum ist die Pandemie für überwunden erklärt, das Primat des Zuhausebleibens aufgehoben, versetzen BVG und Bahn die Stadt in die griechische Antike zurück. Der Versuch Ronja Merkels (T+), von A nach B zu gelangen, lässt eigentlich nur diesen Schluss zu: Nie war Zuhausebleiben attraktiver als in diesem SEV-Chaos.
Zweckmusik – In der unaufhaltsam voranschreitenden Rationalisierung, sprich Bürokratisierung und Zweckorientierung der Gesellschaft sah der Soziologe Max Weber schon vor über 100 Jahren einen Vorgang der „Entmenschlichung“. Die heute ein wenig in Vergessenheit geratene Idee taucht nun in der Musikwelt wieder auf: Das Musikhören wird durch die Logik von Streamingdiensten zunehmend zweckrational. Was Kritiker:innen verloren gehen sehen, hat Till Hubers (T+) aufgeschrieben.
Putinismus – Zur Lage in der Ukraine gibt es unzählige Meinungen, aber nur wenige sind wissenschaftlich fundiert. Eine solche hat Osteuropa-Experte Karl Schlögel. Claudia von Salzen hat ihn gesprochen (T+).
Wochenrätsel
Gewonnen! BOB ist da! Endlich können Sie in Berlin über das neue Online-Portal melden, wenn Sie mal wieder…
a) …etwas Größeres sprengen möchten.
b) …eine geologische Bohrung durchführen möchten.
c) …auf Hirschjagd gehen möchten.
Tipp: Wer den Checkpoint vergangene Woche aufmerksam las, ist im Vorteil!
Schicken Sie uns die richtige Lösung und gewinnen Sie einen Checkpott.
Jetzt mitmachenOutro – Diesen Checkpoint hat Ihnen Lionel Kreglinger in der Frühproduktion auf den Bildschirm gezaubert, am Montag lesen Sie an dieser Stelle die Entwirrungen des Lorenz Maroldt. Haben Sie ein schönes Wochenende!
Ihr Thomas Wochnik