wie jeden Samstag starten wir mit einem kurzen Überblick über die Berliner Nachrichtenlage der letzten Stunden:
+++ Nach Korruptionsvorwürfen: Bezirksamt Lichtenberg verklagt Berliner Großinvestor wegen Verleumdung. Ein vorbestimmter Gewinner, ein Treffen mit Trainer Jürgen Klopp „als Gegenleistung“ – schwere Vorwürfe rund ums Bauprojekt „Spreeküste“.
+++ Auch Briefwahl betroffen: Zwei Millionen Postsendungen bleiben wegen Warnstreik in Berlin und Brandenburg liegen. Zwei Tage lang streiken Postbeschäftigte, auch in Berlin und Brandenburg. Ein Viertel der Beschäftigten legte die Arbeit nieder.
+++ Ufergehölz pflanzen und Flächen entsiegeln: Neues Wasserschutz-Bündnis in Berlin gegründet. Umweltschutzorganisationen und das Museum für Naturkunde haben das „Wassernetz Berlin“ gegründet. So soll die Qualität des Grundwassers und der Wasserläufe besser werden.
Auf tagesspiegel.de halten wir Sie fortlaufend über alle Entwicklungen in und um Berlin auf dem Laufenden.
Es ging nicht anders, dieses Wochenende ist betont wohlklingend, denn auch alle Literatur dreht sich diesmal um die Musik. Was soll man machen, es ist schließlich wieder ganz schön kalt. Und Schall, das weiß man doch, ist Vibration, Vibration ist Reibung und Reibung ist Wärme.
Samstagmorgen – Wer sein Wochenende gerne mit einigem entspannten Schlendern am Wannsee beginnt, schaut dabei selbstredend nicht gern auf die Uhr. Darum: Tun Sie das doch schon vorher und planen Ihre Promenade so, dass Sie um 12 Uhr an der Führung durch Max Liebermanns Garten teilnehmen können. Schon damit Sie, wenn Sie das nächste Mal in Begleitung an dem Anwesen vorübergehen, mit einigem profunden Wissen über den Erbauer und dessen Geschichte glänzen können, aber auch beim Besuch der aktuellen Sonderausstellung einen informierteren Blick haben.
Samstagmittag – Tun Sie das nicht, kommt alles anders. „Es hätte auch anders kommen können“ heißt auch das Programmwochenende des Deutschen Historischen Museums zur Ausstellung „Roads not Taken“, bei der, neben den aus der Geschichtsschreibung bekannten Entwicklungen der Jahre 1848 bis 1989, jene Wege beleuchtet werden, die hätten gegangen werden können. Was, wenn etwa die Gruppe um von Stauffenberg mit ihrem Attentat auf Hitler Erfolg gehabt hätte? Was, wenn Günter Schabowski am 9. November 1989 auf die Frage, ab wann die Mauer geöffnet werde, anders geantwortet hätte als mit „sofort, unverzüglich“? Programmstart ist um 10 Uhr, um 14 Uhr beginnt eine geschichtsphilosophische Matinee mit Dan Diner, Lucian Hölscher und Rahel Jaeggi, bei der ergründet wird, wie man Geschichte macht.
Samstagabend – Apropos Geschichte: Jäh von den Ereignissen im Iran eingeholt wurde das Sujet des Solokonzerts der Bratschistin Muriel Razavi. In einer Reihe von musikalischen Szenen, allesamt von iranischen Komponistinnen und schon vor dem aktuellen Kampf iranischer Frauen geschrieben, zeichnet sie den Lebensweg einer fiktiven, selbstbewussten iranischen Frau nach, die ihr Recht auf Selbstbestimmung einfordert. Und das, im Rahmen des Ultraschall Festivals, am Sonnabend um 21 Uhr im Silent Green Kulturquartier.
Sonntagmorgen – Musik, würden viele wohl sagen, sei in erster Linie etwas für die Sinne. Wie langweilig wäre es aber, wenn das schon alles wäre. Wer gerne über seine Wahrnehmung nachdenkt und vielleicht sogar mit anderen drüber redet, braucht Lesestoff. Den bieten die Musikjournalistinnen Melanie Gollin, Alena Struzh und Rosalie Ernst nun schon seit 45 zweiwöchentlich erscheinenden Ausgaben eines nicht nach Normschema gedachten, geschriebenen und schließlich ins Newsletter-Format gepackten Pop-Magazins „Zwischen Zwei und Vier“.
Wer Klassik bevorzugt, findet in Gabriel Yorans „Schleichwegen zur Klassik“ ebenfalls einen Newsletter, der eine eigene Perspektive und weniger News als Prosa enthält. Wer schließlich ein kommentiertes Verzeichnis der Berliner Neuen Musik und Jazzwelt sucht, schaut in das großartige „Field Notes Magazin“, das nicht als Newsletter, sondern in Papierform per Briefträger zu Ihnen nach Hause geliefert wird – und das kostenlos.
Sonntagmittag – Wer zeitlebens eingetrichtert bekommt, er sei zu genial, um von dieser Welt zu sein, muss irgendwann ja zumindest erwägen, dass etwas dran ist. Karlheinz Stockhausen schien es irgendwann klar: Der Komponist musste der irdischen Menschheit von der überlegenen Bevölkerung des Planeten Sirius geschickt worden sein, um den Lauf hiesiger Geschichte mithilfe der Musik in bessere, würdigere Bahnen zu lenken. Was fantasielosen Kommentatoren als psychotisch anmutende Wahnvorstellung erscheint, erkannten Thomas von Steinaecker und David von Bassewitz als lupenreines Superheldenepos, das sie in eine liebevoll gestaltete, sauber recherchierte und durchaus informative Graphic Novel gegossen haben. (Carlsen Verlag, 44 Euro)
Sonntagabend – Vorsicht also mit Superlativen? Ach was. Nils Wogram gilt hierzulande vielen als profiliertester Posaunist seiner Generation, Ronny Graupe als Gitarrist mit spektakulär eigener, wiedererkennbarer Sprache. Gemeinsam mit dem ebenfalls mehrfach preisgekrönten Bassisten, Cellisten und Bandleader Henning Sieverts liefern sie um 21 Uhr als „Symmethree“ im Zig Zag Jazz Club einen, wenn man vom Album auf die Bühne schließen kann, melodisch dichten, ohne Schlagzeug kammermusikalisch anmutenden Jazz, der, neben Sieverts Eigenkompositionen, auch einige 300 Jahre alte „Changes“ von Johann Sebastian Bach neu aufmischt.
Sie wollen ewig leben? Oder wenn schon nicht ewig leben, dann wenigstens einen Feiertag pro Woche? Sie wollen, dass der Senat Deutsche Wohnen und Co. sofort enteignet? Eine Digitalverwaltung? Dass Bildung in Berlin erste Priorität wird? Wissen, wie es den Igeln geht? Dann könnte es sich lohnen, Ihr Kreuz diesmal bei einer der 27 Kleinparteien zu machen, die zur Wiederholungswahl stehen. Wer sind Berlins Kleinparteien? Was versprechen sie uns? Wie erfolgreich waren sie in der Vergangenheit? Und wann ist es eine gute Idee, sie zu wählen? Darüber sprechen Ann-Kathrin Hipp und Lorenz Maroldt vom Tagesspiegel Checkpoint in der neuen Folge „Berliner & Pfannkuchen” – jetzt hier und überall, wo es Podcasts gibt.
Mein Wochenende mit
Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.
„Wir haben es getan: Chantal und meine Wenigkeit haben den Kreis geschlossen. Wir sind eine Runde Ringbahn gefahren. Und ich muss sagen: nicht schlecht! Man kommt tatsächlich genau da an, wo man eingestiegen war. Platzprobleme hatten wir keine – freundlicherweise überließen uns einige Zweibeiner ungelenk sofort ihre Plätze, als wir freundlich zur Begrüßung grunzten. Komisch eigentlich, wie sie geradezu übereifrig aus dem Waggon stürmten, na ja. Unter vier Augen unterhielten Chantal und ich uns dann ganz ausgezeichnet, kamen vom Hölzchen aufs Stöckchen, überlegten irgendwann sogar, ob man da nicht einen Podcast draus machen könnte. Abgefahrene Idee, oder?
Bis dato hatte ich ja gedacht, dass das Bahnfahren nichts für mich sei. Wussten Sie, dass die Eisenbahn aus der Hölle kommt? Ein beachtlicher Teil der Lokomotivherstellung im Kaiserreich kam nämlich aus Wildau, unweit vom Höllengrund, gleich neben dem nicht weniger Vertrauen erweckenden Pulverberg. Als ausgezeichnet zum Wandern war mir die Strecke von Zeuthen nach Wildau schon lange bekannt, mit ihren hübschen Perspektiven auf die Dahme, der anfänglichen Naturbelassenheit, die mehr und mehr in einen Park, den Kurpark Wildau, dann in die alte Wohnsiedlung des Lokomotivherstellers BMAG, eine Perle der Industriearchitektur, übergeht. Wer wollte da noch Bahnfahren? Na ich. Ich empfehle mich. Mit freundlichen Grunzen.“
Leseempfehlungen
Fluide, freie Sexualität jenseits seines normativen Hetero-Cis-Mann-Selbstverständnisses wünscht sich Schauspieler Fahri Yardım (u.a. Tatort, jerks.) im Alter für sich. Was ihn jetzt noch daran hindert, hat Markus Ehrenberg (T+) im Interview herausgefunden.
Yoga ist out – „Breathwork“, also Atmen ist in. Wie bitte? Was es mit dem neuen Wellnesstrend, der gerade in der Hauptstadt bei vielen um das eigene seelische Wohlbefinden Bemühten um sich greift, auf sich hat, hat Corinna von Bodisco (T+) herausgefunden.
Graubraun – die Schönheit der Mark hat schon viele illustre Autor:innen und Wandersleute in ihren Bann gezogen. Zuletzt auch Antje Scherer (T+), die sich von Wanderführer Frank Goyke in einige noch nicht tausendfach in Reimform geschriebene Geheimnisse Brandenburgs hat einweihen lassen.
Atemlos durch die Silvesternacht – Duisburger Notärztin Carola Holzner aka Doc Caro produziert Webvideos und schreibt Bücher. Mit Susanne Kippenberger (T+) sprach sie über ihren Job im ständigen Ausnahmezustand.
Wochenrätsel
Gewonnen! Nach erfolgreicher Bearbeitung einer Meldung über die Ordnungsamts-App und der schriftlichen Versicherung, dass das Anliegen des Meldenden ernst genommen worden sei, steht auf dem Mittelstreifen der Chausseestraße am U-Bahnhof Reinickendrofer Straße ein…
a) …Motorradwrack, umwickelt mit Absperrband.
b) …Hinkelstein, umwickelt mit Lametta.
c) …geklautes Halteverbotsschild, umwickelt mit etwas, das aussieht „wie eine Mischung aus Seetang, Haferschleim und diesem einen Glitzerstoff, an dem bei der Fashion Week immer alle Hunde bis zur Benommenheit schnüffelten“.
Tipp: Wer den Checkpoint letzte Woche aufmerksam las, ist im Vorteil!
Schicken Sie uns die richtige Lösung und gewinnen Sie einen Checkpott.
Jetzt mitmachenDiesen Checkpoint hat Ihnen Kathrin Maurer heute auf den Bildschirm gebeamt, am Montag rekonfiguriert an dieser Stelle Ann-Kathrin Hipp den graubeigen Neutrinoregen dieser Stadt zum Regenbogen.
Ihr Thomas Wochnik