Die Lufthansa tut wirklich alles, damit der Luftverkehrsstandort Berlin (drittgrößter in D.) nicht abhebt - erst legten die Air-Berlin-Pleite-Profiteure die Linie nach New York lahm, jetzt ätzte Vorstandsmitglied Thorsten Dirks (verantwortlich für die Tochtergesellschaft Eurowings) beim „Unternehmertag am Tegernsee“: „Das Ding wird abgerissen und neu gebaut.“ (Q: FAZ)
Die Reaktionen aus Berlin: „Das ist Unsinn“, empörte sich Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup – anstatt sich mit dem BER zu beschäftigen, wäre es für die „nationale Airline“ eine lohnende Aufgabe, „mehr Engagement für die Langstrecke in der Hauptstadt“ zu zeigen. Denn auch direkte Asienverbindungen bietet die Lufthansa von Berlin aus nicht an – und gemeinsam mit dem CSU-geführten Verkehrsministerium, das stets das Wohl des Münchener Airports im Sinn hat, blockiert sie mögliche Konkurrenten. Auch IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder warf die Frage auf, „welche Gründehinter diesem Vorgehen stehen“. Und Senatssprecherin Claudia Sünder stellte nüchtern fest: „Wenigstens weiß die Welt jetzt, dass es Thorsten Dirks gibt.“
Ob der auch so nüchtern war bei seinem verbalen Tegernsee-Absturz? Dirks jammerte nämlich, die Lufthansa müsse jetzt „in Berlin alles umbauen“ – dabei ging es ihm doch tatsächlich um das überarbeitete Kranich-Logo, „ich weiß gar nicht, wie das gehen soll“. Ganz einfach, Herr Dirks, so wie in Frankfurt und München: Das alte abkratzen und das neue draufkleben – fertig. (Mehr zur LH heute im „Tweet des Tages“).
Apropos IHK: „Die Berliner Industrie- und Handelskammer hat sich für den Ausbau des Zentralflughafens Tempelhof ausgesprochen“, meldet heute der Tagesspiegel – allerdings in der Ausgabe vom 19. März 1968, die dem aktuellen Epaper beiliegt. Darin heute auch ein Bericht vom Prozess gegen die 68er Aktivisten Rainer Langhans und Fritz Teufel, zur Aussage des psychiatrischen Gutachters Dr. Spengler heißt es: „Beide Angeklagten zeigten eine exaltierte Effekthascherei. Ihr Geltungsbedürfnis grenze an Geltungssucht. Sie seien als abnorme Persönlichkeiten anzusehen, deren konstitutionelle Charakterabweichungen aber nichts Krankhaftes hätten.“
Eine Nachricht nicht nur für Nachtigallen: „Die Koalition wird in Berlin ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen einführen“, heißt es im Koalitionsvertrag (S. 155) – jetzt ist der Referentenentwurf des „BlnTSVKG“ aus dem Haus des Justiz- und Verbraucherschutzsenators Dirk Behrendt fertig und den beteiligten Berliner Institutionen zu Stellungnahme zugeschickt worden. Zur Begründung heißt es u.a.: „Tiere können naturgemäß nicht selbst Klage erheben.“ Das sollen für sie deshalb jetzt Organisationen übernehmen, Voraussetzung u.a.: Sie müssen seit mindesten fünf Jahren aktiv sein. Es soll „das härteste Tierschutzgesetz Deutschlands“ werden, heißt es in der Verwaltung – es beschränkt die Tierschützer nicht nur auf Feststellungsklagen, wie in anderen Bundesländern: Sie bekommen vollständige Akteneinsicht, ihre Widersprüche und Anfechtungsklagen haben aufschiebende Wirkung.
Im Abgeordnetenaus rauchen offenbar nicht nur die Köpfe: „Aus gegebenem Anlass“ weist die Parlamentsverwaltung in einem Schreiben die Geschäftsstellen aller Fraktionen auf das Nichtraucherschutzgesetz vom 1. Januar 2008 hin. Explizit genannt werden „alle Büros, Sitzungssäle, Flure und Sanitäranlagen im Dienstgebäude einschließlich des Verbindungsbaus“ – klare Hinweise auf Tatorte und Indizienfunde. Und für diejenigen Abgeordneten, denen der Hinweis aufs Gesetz nicht reicht: „Das Rauchen an sich (…) verstößt zusätzlich auch noch gegen die Anordnung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses“. Da das Rauchen vor dem Haupteingang, auf dem Dach und in den Innenhöfen (gleich neben der Kantine) gestattet ist, handelt es sich bei der dicken Luft aber offenbar nur um eine wetterbedingte Verpaffung.
In der „Berghain“-Geschichte von Alexander Osang im aktuellen „Spiegel“, in der es um den bisher unbekannten Drogentod einer amerikanischen Touristin geht, wird Kultursenator Klaus Lederer so zitiert: „Man muss an solchen Orten die Regeln untereinander aushandeln. Da können sich Politik und Medien nur schwer einmischen.“ Ein Satz, der unangenehm dröhnt im Ohr, so wie ein zerfetzter Lautsprecher in einer vom Sound überforderten Box. Lederer schreibt auf Twitter, Osang habe ihm beim Gespräch vorenthalten, worum es eigentlich ging.
Telegramm
Joachim Fahrun („Morgenpost“) hat nachgezählt: Von 507 Firmen im Technologiepark Adlershof sind in ihrer Sparte 41 Weltmarkführer – eine schöne Berliner Erfolgsgeschichte.
Und gleich noch eine gute Nachricht (ok., nicht für jeden): Berlins Finanzämter sind am schnellsten – im Durchschnitt war eine 2016er-Erklärung in 36,5 Tagen erledigt, Ex-Spitzenreiter HH (im echten Fußball-Leben inzwischen 18.) kam mit 41 Tagen nur auf Platz 2. (Q: Bund der Steuerzahler, „Welt“).
Nicht nur die Polizei bekommt bekloppte Notrufe (110) - Axel Lier von der „B.Z.“ hat sich interne Dokumente der Feuerwehr (112) angeschaut, ein Brandmeister sagt: „Diese Einsatzbögen spiegeln den täglichen Wahnsinn wieder.“ Auszüge: „Schluckauf“, „2 Enten mit einem Ei fühlen sich nicht wohl“, „Fingerschmerzen“, „Kann nicht schlafen“, „Pickel am Penis“, „Klodeckel um den Hals“… Merke: Manchmal ist der Anruf beim Klempner klüger.
„An den Jungen vom Gleis gegenüber“ stand auf dem Zettel am Bratwurststand Gleis 3 Bahnhof Bornholmer Straße, der seit vergangenen Donnerstag als Foto tausendfach im Netz geteilt wurde: Denise (16) hatte zu lange gezögert, obwohl er („schwarze Nike-Socken, Kapuze, Sportbeutel“) ein Zeichen gab. Und jetzt: „Wenn du willst, dann treffen wir uns am Sonntag um dieselbe Zeit (12 h) am selben Ort.“ Es kamen dann aber nur ein paar Journalisten.
Auch so eine Meldung mit Hautgout: „Käse im Osten besonders beliebt“ – und im Westen macht sich mancher zum Würstchen, na und?
In der „Morgenpost“ macht sich Hajo Schumacher dagegen Gedanken um die Gefühle von Minderheitengemüse und erklärt: „Vorsorglich lehne ich Massenpflanzenhaltung als moralisch untragbar ab und fordere ein Herz für Inklusionsgemüse. Wenn Pflanzen fühlen, dann können wir die Schrumpeligen, Krummen, Angedetschten nicht länger unbeachtet liegen lassen.“ Gut, dass es mal einer sagt – im Koalitionsvertrag haben sie das Thema glatt vergessen.
Gestern auf der Rückfahrt nach Berlin, die Ansage im Bahnhof Köln (im echten Fußball-Leben nicht mehr 18.): „Wegen Personalmangels wird sich die Abfahrt Ihres Zuges auf unbestimmte Zeit verzögern.“ Es stellte sich als hoffnungsfrohe Prognose heraus – der Zug fiel aus. Immerhin habe ich jetzt die Meldung „Bahn stellt 19.000 neue Leute ein“ verstanden.
Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf sucht eine/n Musikschullehrerin/Musikschullehrer – als „wichtig“ werden folgende Anforderungen genannt: „Wirtschaftliches Handeln, Selbstständigkeit und Konfliktfähigkeit“. Tja, da scheint es den einen oder anderen Misston gegeben zu haben. (Laufbahngruppe 2, Gehobener Dienst, Kennzahl 3620-Tneu12).
Hertha-Trainer Pal Dardai nimmt den 2:1-Sieg beim HSV ganz auf seine Kappe: „Mein Kuss hat Kalou beflügelt“, gab er bekannt – er hatte dem Siegtorschützen kurz vor seiner Einwechslung „einen dicken Schmatzer auf die Stirn“ gegeben („B.Z.“).
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Jetzt neu: Bitte die Müllbeutel in (in!) die Müllcontainer werfen.
Hof-Aushang in Prenzlauer Berg (via Notes of Berlin)
Tweet des Tages
„Ende einer Reise, bevor sie angefangen hat. Lange Schlange am Serviceschalter der Lufthansa. So landet Lisa nicht mehr in der Ferne, aber vielleicht im Checkpoint von Lorenz Maroldt.“
Stadtleben
Essen & Trinken nach dem Motto "Spreewald vs. Schwarzwald": Im Chicago Williams BBQ in der Hannoverschen Straße 2 in Mitte (U-Bhf Oranienburger Tor) sorgt das Team von Spree-Gin mit ihrem Bio-Gurken-Geist für eine heitere Atmosphäre. Um 17 Uhr geht's los, "till drunk" - so die Ansage der Veranstalter. Gut, dass die Chicago-Küchencrew eine nahrhafte Grundlage in Form von Chicago Hot Dogs mit Frankfurter Rindswurst, Pastarma oder Mixed Martial Pickels und Neuköllner Senf bereitstellt. Zur Reservierung geht's hier.
Pizza-Weltrekord Es geht kaum etwas über extra Käse auf der Pizza. Die Pizzabäcker im Vadoli sind sich dem sehr wohl bewusst und bieten gleich eine Auswahl aus 111 Käsesorten. Das klingt rekordverdächtig, ist es auch: Das Restaurant in Charlottenburg hat es damit ins Guinnessbuch der Rekordegeschafft. Falls Sie sich das nächste Mal in der Kantstraße 55 (U-Bhf Wilmersdorfer Straße) nicht entscheiden können: Besondere Varianten sind die Pizzen mit Roquefort, Gorgonzola und Pecorino. Mo-So 11-23 Uhr
Möglichkeiten, Sushi zu essen, gibt es in Berlin gefühlt unendlich viele. Zu ganz besonderen Gaumenfreuden werden die japanischen Reisröllchen hingegen, wenn man sie selbstmacht. Doch die Kunst des Sushirollens will gelernt sein. Bei Sushi Circle schult der Sensai ("Sushi-Meister") seine Kochkursteilnehmer im Umgang mit dem klebrigen Sushi-Reis, frischem Fisch und den algigen Nori-Blättern. Für zwei Personen kostet ein 2,5-stündiger Kurs am Rosenthaler Platz oder im Kranzlereck (Kurfürstendamm 21) 149 Euro.